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Wetter im Wandel | Wetter | bpb.de

Wetter Editorial Vom Wissen um das Nichtwissen. Die Meteorologie im Spannungsfeld zwischen Legenden und Naturwissenschaft Eine Geschichte des Wetterwissens Zum Stand der Technik in der Wettervorhersage Wetter im Wandel. Wie der Klimawandel unser Wetter der Zukunft beeinflusst Gesellschaftlicher Umgang mit Wetterextremen. Risiko, Management und Anpassung

Wetter im Wandel Wie der Klimawandel unser Wetter der Zukunft beeinflusst

Kai Kornhuber

/ 19 Minuten zu lesen

Klima, Wetter und menschliches Verhalten sind untrennbar miteinander verbunden. Wie sehr diese Verbindung nicht nur unseren Alltag beeinflusst, sondern auch prägend für unsere Zukunft sein kann, wird besonders durch die Zunahme von Wetterextremen deutlich.

Die unmittelbare Erfahrbarkeit und der Einfluss auf den menschlichen Alltag machen das Wetter nicht nur zum sprichwörtlichen Eisbrecher eingefrorener Kommunikation, die Beobachtung, Aufzeichnung und Vorhersage von Wetter beschäftigen die Menschen schon weitaus länger als es die Meteorologie als empirische Wissenschaft gibt. Das wissenschaftliche Verständnis von "Wetter" – definiert als momentaner Zustand der Atmosphäre – ist daher von einem starken menschlichen Bezug geprägt: Wetter wird gemeinhin hergeleitet durch die Faktoren, die wir auf der Erdoberfläche erleben (können), insbesondere die Windstärke in Bodennähe, Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Wolkenform und Sonnenbedeckung sowie Menge und Form des Niederschlags. In Nordamerika, Europa und dem nördlichen Asien wechseln Wetterbedingungen für gewöhnlich innerhalb von Tagen. Hoch- und Tiefdruckgebiete von nahezu kontinentaler Ausbreitung werden von starken Winden der oberen Troposphäre, also in Höhen von etwa zehn Kilometern über der Erdoberfläche, meist von West nach Ost verlagert – eine Dynamik, die als Jetstream bekannt ist. Die atmosphärische Zirkulation ist freilich ein chaotisches System, dessen Anfangsbedingungen man nur zu einem gewissen Maß an Genauigkeit kennt und in dem kleinste Störungen große Auswirkungen haben können. Die Vorhersagbarkeit des täglichen Wetters ist daher auf etwa zwei Wochen begrenzt.

Über diesen Zeitraum hinaus kann man sich auf einige Gewissheiten stützen, die sich aus Alltagserfahrungen und Messungen ergeben, etwa darauf, dass es in den Sommermonaten wärmer als im Winter und auf einem Berg meist kälter als im Tal ist, oder darauf, dass es wärmer wird, je näher man den Tropen kommt. Hier kommt der Begriff des "Klimas" ins Spiel, der orts- und zeitgebundenen Statistik des Wetters. Diese basiert auf langen Messreihen unterschiedlicher Wetterdienste, definiert durch statistische Größen wie Mittelwert und Variabilität. Der von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) standardisierte Zeitraum, durch den das Klima einer Region festgelegt wird, beträgt 30 Jahre. Da auf solchen Zeitskalen die physikalischen Randbedingungen, beispielsweise der Kohlenstoffanteil in der Atmosphäre, relevante Prozesse dominieren, können Aussagen über die Entwicklung des Klimas über längere Zeitspannen getroffen werden als über das Wetter. Steht die Entwicklung der Randbedingungen fest, geben uns Projektionen mit Klimamodellen einen zuverlässigen Einblick in das Klima zukünftiger Jahrzehnte bis Jahrhunderte, doch dazu später mehr.

Ein über Jahrzehnte ermitteltes regionales Klima gibt eine Orientierung für das, was gemeinhin als saisonal angebrachtes Wetter gilt. Auf dieses verlassen wir uns beispielsweise, wenn wir unser Gepäck mit Sandalen, Shorts und Sonnencreme für den Mittelmeerurlaub ausstatten oder zur winterlichen Skiwandertour Handschuhe, Winterjacke und Wollmütze einpacken. Klima, Wetter und menschliches Verhalten sind auf diese Weise untrennbar verbunden. Wie sehr diese Verbindung aber nicht nur unseren Alltag beeinflusst, sondern auch prägend für unsere Vergangenheit war und für unsere Zukunft sein kann, soll im Folgenden verdeutlicht werden.

Meteorologische und klimatologische Messungen

Das Klima als Mittelwert und Taktgeber des Wetters ist weder stationär noch ewig konstant. So wissen wir von der Existenz vergangener Warm- und Eiszeiten, in denen menschliches Leben noch nicht existierte und klimatische Bedingungen herrschten, die eine andere Tier- und Pflanzenwelt ermöglichten. Substanzielles Wissen über Klimabedingungen der Vergangenheit erhalten wir zunächst aus Messreihen und Wetteraufzeichnungen. Verglichen mit erdgeschichtlichen Zeitskalen reichen diese nicht allzu weit in die Vergangenheit zurück. Die längsten ununterbrochenen Messreihen gehen bis in die Anfänge des 18. Jahrhunderts, wie beispielsweise die Temperaturmessreihe der niederländischen Gemeinde De Bilt. Die längste verfügbare Temperaturzeitreihe Deutschlands begann ab 1719 in der Region um Berlin. Damit Messungen für die aktuelle Forschung verwendbar sind, müssen diese idealerweise unter gleichen und gut dokumentierten Bedingungen angefertigt werden. Als erste Initiative dieser Art gilt die Zeitreihe vom bayerischen Hohenpeißenberg, beginnend im Jahr 1781, die im Rahmen eines internationalen Messnetzes initiiert wurde und auf einheitlichen Messbedingungen und -methoden beruht.

Jenseits der Landflächen können beispielsweise Logbücher alter Handelsschiffe Quelle wichtiger Informationen über die Wetterbedingungen unseres "blauen Planeten" sein. Diese Aufzeichnungen zu einem kohärenten und wissenschaftlich nutzbaren Katalog zusammenzutragen und zu digitalisieren, ist ein ebenso mühsames wie wichtiges Großprojekt, das nicht nur die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Historikern, Archivaren und Klimawissenschaftlern erfordert, sondern auch vom freiwilligen Engagement interessierter Bürger profitieren kann.

Im Verlauf des Industriezeitalters verdichtete sich das Netz globaler Aufzeichnungen. Die Wetterbedingungen gut – oder zumindest besser als jemand anderes – zu kennen, wurde mit der aufkommenden Luftfahrt nicht nur in beiden Weltkriegen, sondern auch aus ökonomischer Perspektive relevant. Die Verwendung von Wetterballons erlaubte Messungen bis hoch in die Atmosphäre hinein, was erste Erkenntnisse über die Zusammenhänge der globalen Zirkulation ermöglichte. Die aufsteigenden Messgeräte nutzte beispielsweise der japanische Meteorologe Wasaburo Ooishi, der seine Erkenntnisse 1926 veröffentlichte und als einer der Entdecker des Jetstreams gilt. Seit den 1970er Jahren werden zudem meteorologische Bodenstationen von Wettersatelliten komplementiert und, da die Betreibung der Bodenstationen recht kostspielig ist, zum Teil abgelöst. Daher sinkt seit mehreren Jahrzehnten die Anzahl an meteorologischen Bodenstationen. Satellitenmessungen erlauben zwar eine nahezu lückenlose Dokumentation der globalen Wetterbedingungen, um die Richtigkeit ihrer Messungen sicherzustellen, bleiben jedoch ortsfeste Bodenmessungen zur Kontrolle unabdingbar. Die gesammelten Daten werden in computergestützten mathematischen Modellen aufbereitet, die dann von Wissenschaftlern ausgewertet, analysiert und – beispielsweise vom US-amerikanischen Amt für Ozean- und Atmosphärenforschung oder vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen – für Modelle der Wetterprognose genutzt werden können.

Woher aber stammt nun unser Wissen über klimatische Bedingungen vor Zeiten systematischer Wetteraufzeichnungen? Stetiges Wetter, also Klima, beeinflusst seine Umwelt und hinterlässt Spuren in Gestein, Eis, Tier- und Pflanzenwelt, sogenannte proxies (Stellvertreter). Paläoklimatologen suchen nach diesen indirekten Spuren vergangener Klimaverhältnisse und rekonstruieren auf dieser Grundlage die Klimabedingungen vergangener Jahrtausende. So wird beispielsweise das Pflanzenwachstum durch regenreiche, warme Sommer meist angeregt. Wenn also Baumstämme Jahrhunderte überdauern, weil sie luftdicht im Schlick eingelagert wurden, dann kann man anhand ihrer Wachstumsringe auf Niederschlagsmenge und Temperatur schließen – und so letztlich auf vergangene Klimabedingungen.

Klimatologisch hochspannende Quellen weiterer proxies sind die Eispanzer Grönlands und der Antarktis. Diese werden von wiederkehrend fallendem Schnee genährt, der unter dem Druck nachkommender Schneeschichten langsam zu Eis gepresst wird. Je tiefer man also in den Eispanzer hervordringt, desto älter wird das Eis, das man vorfindet – und desto weiter reist man in der Zeit zurück. Dass man dieses Potenzial klimatologisch nutzen kann, soll, so eine gern erzählte Anekdote, in den 1960er Jahren dem französischen Wissenschaftler Claude Lorius beim Beobachten austretender Luftblasen aus den schmelzenden Eiswürfeln seines Whiskeys bewusst geworden sein. In den vergangenen Jahrzehnten wurden wiederholt Eisbohrkerne entnommen und in Laboren Schicht um Schicht geschmolzen, um die austretenden Gase zu analysieren.

Von besonderem Interesse sind die im Eis eingeschlossenen jahrtausendealten Luftbläschen dabei, weil man anhand ihrer chemischen Komposition Informationen über vergangene Klimabedingungen gewinnen kann. So hängt das Verhältnis von Sauerstoff-16-Isotopen zu Sauerstoff-18-Isotopen linear von der Umgebungstemperatur ab. Kann man mittels der Luftbläschen dieses Verhältnis bestimmen, lassen sich also Rückschlüsse auf die damalige Umgebungstemperatur und letztlich auch auf die globalen Temperaturen ziehen. Die beispielsweise im Rahmen der Antarktis-Expeditionen von Claude Lorius entnommenen Eiskerne liefern so Informationen über die globale Mitteltemperatur vergangener Jahrhunderte und Jahrtausende. Zudem lässt sich die Konzentration anderer Moleküle wie Kohlenstoffdioxid bestimmen. Die längsten Zeitreihen, die auf Basis dieser eisigen Zeitzeugen rekonstruiert werden können, reichen bis zu 123.000 Jahre in Grönland und bis zu 800.000 Jahre in der Antarktis in die Vergangenheit.

Auch durch die Auswertung dieser Zeitreihen wissen wir, dass sich das Klima seit Beginn der Industrialisierung rapide verändert. Vergleicht man den Zeitraum der vergangenen 150 Jahre mit dem restlichen Holozän, dem Erdzeitalter, das vor etwa 12.000 Jahren begann und dessen klimatische Stabilität zur zivilisatorischen Entwicklung maßgeblich beigetragen hat, so steigen Temperaturen momentan schneller als jemals zuvor. In jüngerer Zeit rücken insbesondere mehr oder weniger subtil wahrgenommene Abweichungen vom gewohnten Wetter den Klimawandel, der vor allem durch eine globale Erwärmung bemerkbar wird, ins tägliche Bewusstsein: Immer häufiger treten Hitzerekorde auf, lassen sich sowohl Dürren als auch Überschwemmungen durch Starkregen feststellen oder bleibt im Winter der Schnee aus. Welche Abweichungen vom "gewöhnlichen" Wetter aber lassen sich durch natürliche Schwankungen erklären, bei welchen lässt sich ein Einfluss des Klimawandels nachweisen?

Natürlicher und anthropogener Klimawandel

Klimatische Bedingungen haben sich schon immer gewandelt. Schauen wir in die Vergangenheit, so lassen sich diese Schwankungen oft durch natürliche, also nicht vom Menschen angestoßene Prozesse erklären. Die Atmosphäre steht dabei in ständiger Wechselwirkung mit den übrigen Komponenten des Klimasystems: den Ozeanen, Seen und Flüssen, den Wäldern und Pflanzen, den Landflächen und Gesteinen sowie dem Meereis und den Gletschern. Diese Wechselwirkungen sind vielfältig und verlaufen oft zyklisch. In Abhängigkeit von den involvierten chemischen und physikalischen Prozessen zeigen sich Zyklen auf unterschiedlichen Zeitskalen, die zwischen Jahren bis hin zu Jahrtausenden variieren und sich gegenseitig überlagern.

Das wohl prominenteste Beispiel natürlicher Variabilität ist die "El Niño Southern Oscillation" (ENSO), das übergeordnete Muster der sogenannten El-Niño-Ereignisse. Die Temperatur des pazifischen Ozeans westlich von Zentralamerika variiert unregelmäßig in einem Rhythmus von zwei bis sieben Jahren zwischen El-Niño- und La-Niña-Phasen. Bei El Niño ist der äquatornahe Ostpazifik besonders warm, bei La Niña dagegen besonders kalt. Durch Wechselwirkungen des Ozeans mit der Atmosphäre hat dies Auswirkungen über die betreffende Region hinaus. So sind El Niño und La Niña je nach Region meist mit erhöhtem oder verringertem Niederschlag und Sturmaufkommen verbunden. Im Falle von El Niño ist zum Beispiel die Niederschlagsmenge im Südwesten Südamerikas – insbesondere westlich der Anden, an denen Wolken meist abregnen – oft besonders hoch, im Nordosten dagegen besonders niedrig. El-Niño-Perioden sind zudem mit einer weltweit erhöhten Mitteltemperatur verknüpft.

Während der etwa elfjährige Zyklus der Sonnenaktivität, messbar insbesondere anhand der Anzahl und Größe von "Sonnenflecken", vermutlich geringen Einfluss auf Wetterbedingungen hat, haben Variationen der eintreffenden Strahlung auf der Erde über längere Zeitskalen durch sogenannte Milanković-Zyklen großen Einfluss auf globale Klimabedingungen. Diese Variationen können sich ergeben, da aufgrund von Anziehungskräften zwischen weiteren Himmelskörpern und der Erde die Umlaufbahn unseres Planeten um die Sonne nicht gleichmäßig verläuft. Sie variiert, ebenso wie sich die Neigung und relative Position der Erdrotationsachse gegenüber der Sonne über Zeiträume von etwa 25.000 bis 100.000 Jahren verändern. Die in den langen Temperaturzeitreihen verzeichneten Warm- und Eiszeiten können zu einem großen Anteil durch die Überlagerungen dieser Zyklen erklärt werden. Sowohl der Abstand zur Sonne als auch die Neigung der Erde zur Sonne beeinflussen über Phasenabhängigkeit der eintreffenden Sonnenstrahlen die Erdtemperatur. Eiszeiten bilden sich daher vermehrt, wenn sich die kalten Phasen der Zyklen überlagern.

Ein weiteres Beispiel für natürliche, jedoch nicht zyklische Einflussfaktoren sind Vulkanausbrüche. Diese katapultieren Staubpartikel bis in die oberen Schichten der Atmosphäre, wo sie innerhalb weniger Tage über das globale Windsystem gleichmäßig verteilt werden. Wärmende Sonnenstrahlen werden so effizient abgeschirmt. Die massiven Eruptionen des Pinatubo auf den Philippinen (1991) oder des mexikanischen El Chichón (1982) hatten einen messbaren Effekt auf das Klima mit weltweit kühleren Temperaturen in den nachfolgenden Jahren. Diese Temperatureinbrüche können drastische Folgen haben, was an dieser Stelle am Beispiel des Jahres 1816 verdeutlicht werden soll. Dieses ging als "Jahr ohne Sommer" in die Geschichtsbücher ein und war von außergewöhnlich kühlen Temperaturen gekennzeichnet, was zu Missernten und Erfrierungstoten insbesondere in Nordamerika und Europa führte. Während es damals aufgrund fehlender Messdaten und einem begrenzten Verständnis für das globale Klimasystem keine Erklärung für diese Klimaanomalie gab, gilt mittlerweile der Ausbruch des Vulkans Tambora auf Indonesien im Jahr zuvor als wahrscheinlichste Ursache. Durch diesen wurde die Sonne sprichwörtlich verdunkelt, die als externer Faktor die wohl bedeutendste Rolle für unser Klima einnimmt.

Neben diesen Faktoren ist auch die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre wichtig für das Erdklima. Das spezielle Gemisch an Gasen, das in der Erdatmosphäre zu finden ist, ist für das Leben auf der Erde essenziell. Denn durch dieses werden sowohl die Erdoberfläche und ihre Bewohner vor schädlicher Strahlung bewahrt als auch Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht abgemildert und die globale Durchschnittstemperatur gehoben. Zentral ist dabei der natürliche Treibhauseffekt der Atmosphäre. Dieser macht Leben auf der Erde, die sonst weitgehend gefroren wäre, erst möglich.

Der Treibhauseffekt resultiert aus der Eigenschaft sogenannter Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid, Methan und Wasserdampf, eingehende Sonnenstrahlen passieren zu lassen, während diese Gase die von der so erwärmten Erde ausgehende Wärmestrahlung wiederum teilweise aufnehmen und zur Erde zurückstrahlen. So kommt es zu einem Wärmestau, der zu einem Temperaturunterschied von etwa 33 Grad Celsius (von minus 18 Grad auf plus 15 Grad) der globalen Durchschnittstemperatur führt. Die Wirkung und Relevanz der Treibhausgase für die Temperaturverhältnisse der Erde ist schon länger bekannt und wurde im 19. Jahrhundert von Naturwissenschaftlern wie Jean-Baptiste Fourier, John Tyndall und Svante Arrhenius diskutiert, in ersten Experimenten quantifiziert und seitdem in moderneren Studien immer wieder von Neuem belegt.

Auch die Gasanalysen der zuvor diskutierten Eisbohrkerne bestätigen den direkten Zusammenhang von Treibhausgaskonzentrationen und globalen Temperaturen. Dank dieser Eisbohrkerne lässt sich herleiten, dass die heutige Konzentration von Kohlenstoff in der Atmosphäre mit über 410ppm (parts per million) die höchste seit 800.000 Jahren ist. Solche Werte können zuletzt für das Pliozän festgestellt werden, also für eine Phase, die vor etwa 2,5 Millionen Jahren endete und in der der Meeresspiegel um etwa 15 bis 25 Meter höher war als heute.

Spätestens mit dem Eintritt in das Industriezeitalter Mitte des 18. Jahrhunderts wirkt der Mensch als dominante Kraft auf Umwelt und Klima. Obwohl wir uns offiziell weiterhin im erdgeschichtlichen Zeitabschnitt des Holozäns befinden, wird seit einiger Zeit in Fachgremien diskutiert, ob die vom griechischen anthropos (Mensch) abgeleitete Bezeichnung "Anthropozän" nicht passender wäre. Unbestritten befinden wir uns in einer Epoche, in der das Gleichgewicht des Erd- und Klimasystems stark durch menschliche Aktivitäten beeinflusst wird: Für die Energiegewinnung verbrennen wir fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas und setzen so Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid und Methan in die Atmosphäre frei. Es ist kein natürlicher Prozess bekannt, der eine so schnelle Zunahme an Treibhausgasen in der lebenswichtigen chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre erklären könnte, zudem unterscheidet sich durch Verbrennung entstandenes Kohlenstoffdioxid chemisch von dem anderen Ursprungs. Durch die Analyse der Isotope lässt sich daher jeweils der Anteil von Kohlenstoffdioxid aus Ozeanen, Pflanzen und eben fossiler Verbrennung ermitteln. Die durch Zunahme der Treibhausgase verursachte Erwärmung lässt sich so zweifelsfrei auf durch Menschen verursachte Emissionen zurückführen.

Seit dem Beginn der Industrialisierung hat sich die globale Durchschnittstemperatur der Erde bereits um etwa ein Grad Celsius erhöht. Die Erwärmung kann lokal allerdings deutlich stärker ausfallen. Denn der Fokus auf einen globalen Mittelwert täuscht darüber hinweg, dass sich Landflächen viel schneller erwärmt haben, während die Ozeane die aufgenommene Wärme in tieferliegende Meeresschichten transportieren. Die Erwärmung der Erde und der sie umgebenden Atmosphäre hat auch unmittelbare Folgen für die physikalische Eigenschaft, Wasserdampf zu speichern. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Luftfeuchtigkeit binden; zugleich fördert die Erderwärmung eine verstärkte Verdunstung von Wasser, was wiederum an anderer Stelle eine Zunahme von Regen bedeuten kann. Die Veränderung von Niederschlagsmustern ist allerdings global nicht so einheitlich wie die Zunahme der gemessenen Temperaturen. Dies liegt vor allem am starken Zusammenhang von Regen und der ihn transportierenden atmosphärischen Zirkulation. So fördert das vermehrt in der Atmosphäre aufgenommene Wasser die Zunahme von Regen vor allem in Regionen Zentralnordamerikas, Osteuropas und Russlands sowie im Westen Südamerikas und im Norden Australiens. Für die Mittelmeerregion, für Zentral- und Westafrika sowie für Ostasien wurde dagegen eine starke Verringerung des Niederschlags festgestellt. Anhand von Studien lässt sich aber aufzeigen, dass global insbesondere Extremniederschläge zunehmen und diese Veränderung über die Zunahme der globalen Mitteltemperatur zu erklären ist.

Wetterextreme

Wenn Klima als Statistik den physikalischen Randbedingungen folgt, so ist die Erderwärmung Ausdruck der Tatsache, dass unser Wetter im Durchschnitt immer wärmer wurde. Neun der zehn heißesten Jahre seit 1880, dem Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen auf globaler Ebene, wurden im 21. Jahrhundert gemessen. Die vergangenen fünf Jahre waren die fünf heißesten dieser "Top Ten", und das Jahr 2019 wird mit den Temperaturrekorden vom Juni und Juli zu großer Wahrscheinlichkeit das letzte Jahr vor 2005 (1998, ein stark von El Niño beeinflusstes Jahr) von der Liste verdrängen.

Als Folge breiten sich Warmzonen nach Norden aus, Frühlingswärme tritt früher ein, Winter werden milder und kürzer, und Sommer werden immer extremer. Denn eine Verschiebung des Durchschnittswetters bedeutet als Konsequenz auch eine Zunahme von extremen Wetterphänomenen in Intensität und Häufigkeit. Eine direkte Folge der Erwärmung sind eine größere Anzahl von Hitzetagen und länger anhaltende großflächige Hitzewellen. Lokale Hitzerekorde werden, wie im Sommer 2019 jüngst messbar war, in immer kürzeren Abständen gebrochen. Nimmt man die Durchschnittswerte der Jahre 1981 bis 2010 als Referenz, so lässt sich beispielsweise in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten ein starker Anstieg ungewöhnlich warmer Monate und Jahre nachweisen, die Entwicklung von extremen Niederschlägen ist in Deutschland dagegen nicht so eindeutig.

Freilich gab es schon immer Wetterextreme. Woher können wir uns also sicher sein, dass der Klimawandel und menschliche Emissionen zum Beispiel aus fossiler Energiegewinnung oder veränderter Landnutzung zu ihrer Häufigkeit und Intensität beitragen? Ein vergleichsweise neues Feld der Klimaforschung, in dem man sich dieser Frage widmet, ist die Extremwetter-Attribution. Mit Hilfe von Computermodellen werden die aktuellen Rahmenbedingungen einzelner Extremwetterereignisse möglichst genau simuliert und so die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines bestimmten Extremereignisses in Ausbreitung, Dauer und Intensität unter realen Klimaverhältnissen ermittelt. Die genutzten Klimamodelle erlauben es aber zugleich, ähnlich wie bei einem Laborexperiment, einzelne Paramater wie beispielsweise die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu verändern und so zu testen, wie sich die Änderung auf den Rest des Klimasystems auswirkt. Stellt man beispielsweise die Werte der Treibhausgaskonzentration im Modell einmal auf aktuelle und einmal auf vorindustrielle Werte ein, lässt sich über das Vergleichen der Ereigniswahrscheinlichkeiten der beiden Experimente eine Aussage über den Einfluss menschlicher Emissionen auf ein bestimmtes Extremwetterereignis machen. So lässt sich nachvollziehen, dass insbesondere in Europa nahezu alle Hitzeextreme der jüngsten Vergangenheit durch menschliche Emissionen verschlimmert und wahrscheinlicher wurden, wobei das genaue Ausmaß von der Art des Ereignisses abhängt.

Obwohl der weniger eindeutige Trend bei Niederschlagsextremen auf den ersten Blick etwas anderes vermuten lässt, können auf diese Weise auch vereinzelt Regenextreme dem Klimawandel und menschlichen Emissionen zugeordnet werden. So wurde beispielsweise im Rahmen eines an der US-amerikanischen Stony Brook University angesiedelten Projekts geschätzt, dass die Regenmenge des tropischen Wirbelsturms Florence, der im September 2018 an der US-Ostküste Schäden in Milliardenhöhe verursachte, durch anthropogene Erwärmung um etwa 50 Prozent erhöht wurde.

Neben diesen direkten Einflüssen der globalen Erwärmung auf unser Wetter werden durch diese auch andere Komponenten des Klimasystems beeinflusst. Ein wichtiger Effekt ist der Anstieg des Meeresspiegels durch thermische Ausdehnung, sowie das Abschmelzen von Gletschern und der Rückgang des Meereises. Über komplexe Zusammenhänge des Klimasystems können sich solche Veränderungen indirekt auf unser Wetter auswirken. So wird seit Längerem diskutiert, ob sich Veränderungen im Meereis auf die atmosphärische Zirkulation auswirken. Falls ja, könnte es im Winter häufiger zur Verbreitung arktischer Kaltluft in gemäßigteren Breiten und so zu Kälteextremen kommen.

Wie sieht das Wetter der Zukunft aus?

Es wird vermutet, dass die Stärke tropischer Wirbelstürme, die Jahr für Jahr auf die Ostküsten am Atlantik und Pazifik treffen, mit der Erwärmung zunimmt. Allein die Erhöhung des Meeresspiegels und die höhere Wasserspeicherkapazität der Atmosphäre als Effekte der globalen Erwärmung machen tropische Wirbelstürme verheerender, da Sturmfluten weiter ins Landesinnere hineinreichen und die Niederschlagsmenge ansteigt. Das vermehrte Auftreten von Wetterextremen macht zudem das gleichzeitige Auftreten zweier Extreme wahrscheinlicher, was Infrastruktur und Versorgung gleich mehrfach belastet und so zu höheren Schäden und Verlusten an Menschenleben führen kann. Die Erforschung struktureller Zusammenhänge als Summe einzelner isolierter Extreme und ihrer Wechselwirkungen ist daher von besonderem Interesse.

Zwar können für die kommenden Jahrzehnte keine Wettervorhersagen gemacht werden, da aber das Klima physikalischen Randbedingungen folgt, lässt unser Verständnis vom Erdsystem Klimaprognosen unter verschiedenen Emissionsszenarien zu. Diese Projektionen lassen sich als Leitfäden verstehen, an denen sich unser zukünftiges Wetter bis zum Ende des 21. Jahrhunderts orientieren wird. Die Entwicklung dieser Szenarien ist herausfordernd, bedingt insbesondere durch die Nichtlinearitäten im Klimasystem. Durch die Wechselwirkungen einzelner Komponenten des Klimasystems führen diese dazu, dass Veränderungen eines Teilsystems meist Veränderungen in anderen Subsystemen nach sich ziehen. Solche Wechselwirkungen können zu sogenannten positiven Rückkopplungen führen, welche sich, einmal initiiert, selbst verstärken.

Ein Beispiel dafür sind die Permafrostböden, die in höheren Breiten durch die längeren Sommer und milderen Winter auftauen – ein Prozess, bei dem das starke Treibhausgas Methan freigesetzt wird, was die Erwärmung wiederum verstärkt. Ein weiteres Beispiel ist das schmelzende Meereis. Die helle Eisoberfläche reflektiert Sonnenlicht und Wärme in größerem Maße als dunkles Meerwasser, das Wärme stärker absorbiert. Das Schmelzen des Meereises steigert so die Aufnahme von Wärme in den Ozeanen, wodurch das Eis (noch) schneller schmilzt, was wiederum die Erwärmung beschleunigt.

Weitere Beispiele der nichtlinearen Wechselwirkungen im Klimasystem sind die sogenannten Kippelemente (Abbildung). Mit diesem Begriff werden Prozesse beschrieben, die, vergleichbar mit einer Reihe von Dominosteinen, vom Klimawandel getrieben, ab einem gewissen Grenzwert in einen neuen Zustand kippen. Einmal angestoßen, verselbständigen sie sich und entziehen sich unserer Kontrolle durch etwaige Emissionsminderungen. Ein identifiziertes Kippelement im Klimasystem ist zum Beispiel der grönländische Eispanzer. Wenn sich durch Abschmelzen die Höhe des Grönlandeises so sehr vermindert, dass es wärmerer Luft ausgesetzt ist, und Niederschlag vermehrt in Form von Regen anstatt von Schnee niedergeht, wird der Schmelzprozess weiter und unaufhaltsam beschleunigt. Das Abschmelzen des Grönlandeises wiederum führt schon jetzt zu einer Veränderung des Salzgehalts im anliegenden Ozeanbecken. Diese Veränderung der Salinität wirkt sich auf die Ozeanzirkulation im Atlantik, die thermohaline Zirkulation, durch die verschiedene Meeresströmungen miteinander verbunden werden, oder den Golfstrom aus. Mögliche Auswirkungen auf die atmosphärische Zirkulation und den Jetstream hätten dann direkte Folgen für unser Wetter.

Kippelemente im Erdsystem (© Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung 2017, www.pik-potsdam.de/services/infothek/kippelemente/kippelemente.)

Neueren Studien zufolge ist der westantarktische Eisschild mit großer Wahrscheinlichkeit bereits gekippt. Dies würde bedeuten, dass dieser Prozess, der einen Anstieg des Meeresspiegels um einige Meter bedeuten würde, nicht mehr aufzuhalten wäre. Die Existenz dieser nichtlinearen Zusammenhänge verdeutlicht, wie komplex das Klimasystem ist und lässt befürchten, dass in Klimaprojektionen Veränderungen des Wetters der Zukunft zumeist eher konservativ, also eher vorsichtig abgeschätzt wird.

Die in der Vergangenheit mit Klimamodellen erstellten wissenschaftlichen Prognosen zur Entwicklung des Erdklimas unter gestiegenen Treibhausgasemissionen sind weitgehend eingetroffen, mit den Konsequenzen für Wetter und Umwelt, die wir heute spüren. Während in den vergangenen zwei Jahrhunderten der Mensch auf das Klima eingewirkt hat, erleben wir mittlerweile, wie Wetterextreme mehr und mehr auf den Menschen einwirken. Hitzewellen sind insbesondere in unseren Breitengeraden das gemeinhin tödlichste Wetterextrem und besonders gefährlich für die Schwächeren der Gesellschaft, etwa ältere Menschen, Kleinkinder, Kranke und Menschen ohne Zugang zu fließendem Wasser oder kühlenden Innenbereichen.

Um weitere Gefahren und Risiken abzuwenden, wurde 2015 das Pariser Klimaabkommen geschlossen, das eine Eindämmung der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 2 Grad Celsius, möglichst auf 1,5 Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vorsieht. Dieser Wert wurde nicht zuletzt mit Blick auf die Kippelemente im Erdsystem als wichtige Leitplanke festgelegt, um Risiken zu verhindern. Klimamodelle helfen dabei, die für diesen Wert maximal verbleibenden Emissionen einzuschätzen. Menschliche Treibhausgasemissionen sind dabei der zentrale physikalische Parameter für zukünftige Klimaprojektionen. Aktuelle Emissionswerte weisen zurzeit auf einen globalen Durchschnittswert zu von über 3 Grad zum Ende dieses Jahrhunderts hin – ein Wert, der lokale Extremwetterbedingungen beispiellosen Ausmaßes zur Folge hätte. Für das Wetter unserer Zukunft treffen wir also bereits heute die Entscheidungen.

ist promovierter Klimatologe und forscht am Lamont-Doherty Earth Observatory und am Earth Institute der Columbia University in New York insbesondere zu den Zusammenhängen zwischen Atmosphärendynamik, Klimawandel und Extremwetterereignissen. E-Mail Link: kk3397@columbia.edu