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Die Wolga im Lauf der Geschichte

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Europas längster Strom gilt als russischer Mythos. Bevor das Wolgagebiet im 16. Jahrhundert von Russland erobert wurde, lebten dort vor allem turksprachige und finno-ugrische Stämme. Unter Katharina der Großen wurde die Wolga auch zur Heimat für deutsche Siedler. Unter Stalin wurden sie nach Sibirien und Kasachstan deportiert. Im Zweiten Weltkrieg wurde Stalingrad zum Symbol der beginnenden Niederlage von Hitler-Deutschland.

Alexei Bogoljubov: Eine Kreuzprozession in Jaroslawl (1863) (Externer Link: Wikimedia Commons) Lizenz: cc publicdomain/zero/1.0/deed.de

Bronzezeit: Im Einzugsgebiet der Wolga kreuzen sich die Einflussbereiche der Königreiche von Sumer und Akkad, der griechischen Poleis sowie iranischen und turksprachigen Stämmen.

5. Jahrhundert vor Christus: Während der Perserkriege dringen die Griechen an die untere Wolga vor.

6. Jahrhundert nach Christus: Die Wolga wird von finno-ugrischen Stämmen bewohnt, als denen die Mordwinen hervorgehen.

861: Das Judentum wird Hauptreligion im Chasarenreich. Hauptstadt des Reiches war Itil am Wolgadelta, von dem sich auch der turksprachige Name des Flusses ableitet. Hier kreuzten sich die Handelswege von byzantinischen, waragäischen und wolga-bulgarischen Händlern.

922: Der arabische Reisende Ibn Fadian beschreibt das von den Wolgabulgaren gegründete Bolgar als Handelszentrum zwischen Europa und dem Orient. In Großbulgarien breitet sich der Islam aus

1010: Gründung von Jaroslawl durch den Kiewer Fürsten Jaroslawl den Weisen. Jaroslawl ist damit die älteste russische Stadt an der Wolga.

1177: Kasan wird von den Wolgabulgaren gegründet.

1237: Die Goldene Horde dringt an die Wolga vor. Das mongolische Khanat erstreckt sich von Osteuropa bis nach Sibirien.

1438: Gründung des Khanats Kasan. Die Großfürsten von Moskau sind den Khanen tributpflichtig.

1552: Der russische Herrscher Iwan der IV. (Iwan der Schreckliche) erobert Kasan und verleibt es als erste nichtrussische Stadt seinem Reich ein. Russland wird zum Vielvölkerreich.

16. Jahrhundert: Gründung zahlreicher Klöster an der Wolga. Die Wolga wird damit, wie es Guido Hausmann es formuliert, "zum orthodoxen Jordan".

1670: Unter dem Kosaken Stepan Rasin bricht der erste russische Volksaufstand aus. Die Donkosaken erobern Samara und Astrachan. Die östliche Wolga wird zum Fluchtort vieler Leibeigener aus Russland. Der Mythos der Kosaken entsteht.

1723: Gründung der Textilfabrik in Jaroslawl auf Veranlassung von Peter dem Großen.

1763: Die russische Zarin Katharina II. (die Große) lädt in einem Ukas Siedler aus Deutschland ein, an die Wolga zu kommen. Es winken Steuer- und Glaubensfreiheit.

1763-1767: An der mittleren und unteren Wolga treffen die ersten Kolonisten aus Deutschland ein. In einer ersten Einwanderungswelle kommen Rheinhessener und Pfälzer, später Bayern, Badener, Elsässer, Schwaben, Sachsen. Beginn der Geschichte der Deutschen an der Wolga.

1767: Sechswöchige Wolgareise von Katharina II. In Jaroslawl macht sie vier Tage Halt.

1773-1775: Bauernkriege gegen die russische Herrschaft an der Wolga.

1778: Generalbebauungsplan Katharinas für Jaroslawl. Weitere Siedlungswellen aus Deutschland an die Wolga. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gibt es 104 deutsche Kolonien an der Wolga, in denen 600.000 Deutsche leben.

1783: Annexion des Krimkhanats durch Katharina II. Zuvor schon war die Schwarzmeerküste auf dem Gebiet der heutigen Ukraine vom Osmanischen Reich an Russland gefallen. Beginn der deutschen Besiedlung der Schwarzmeerküste und Bessarabiens.

1804: Der neue Zar Alexander I. setzt die Siedlungspolitik Katharinas fort, wenn auch auf niedrigerem Niveau.

1861: In Russland wird die Leibeigenschaft abgeschafft. Alexander II. schafft zahlreiche Privilegien der Deutschen ab. Viele von ihnen ziehen in die USA und nach Südamerika.

1870: In Simbirsk an der Wolga wird Wladimir Iljitsch Uljanow geboren, der sich später Lenin nannte. Nach seinem Tod wird die Wolgastadt 1924 in Uljanowsk umbenannt.

1873: Der russische Maler Ilja Repin, ein Vertreter des Realismus, malt sein Gemälde "Die Wolgatreidler". Es ist auch eine Anklage an die sozialen Verhältnisses der Schiffsschlepper an der Wolga.

1914: Beginn des Ersten Weltkriegs. Zar Nikolaus I verbietet den Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit.

1917: Oktoberrevolution in Russland.

1922: Gründung der Sowjetunion. Zwei Jahre später Gründung der "Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen" als 23. Sowjetrepublik. Deutsch wird neben Russisch und Ukrainisch zur Amts- und Unterrichtssprache.

1926: Wolgareise des österreichischen Schriftstellers Joseph Roth

1930: Beginn der Entkulakisierung. Umsiedlung von 150.000 Wolgatataren nach Sibirien: Errichtung des Lagersystems des GULAG.

1932: Beginn der Bauarbeiten des Moskau-Wolga-Kanals. Gründung des Lagers Dmitlag.

1932/33: Der bewusst in Kauf genommenen Hungersnot in der Sowjetunion (Holomodor) fallen auch der Wolga Zehntausende zum Opfer.

1936-1938: Großer Terror in der Sowjetunion.

1937: Eröffnung des Moskau-Wolga-Kanals. Mehr als 20.000 Arbeiter waren bei seinem Bau ums Leben gekommen.

1941: Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion erklärt Stalin die Wolgadeutschen zu Kollaborateuren. Beginn der Deportationen nach Sibirien und Kasachstan. Viele müssen in der Trudarmee (zu deutsch Arbeitsarmee) Zwangsarbeit leisten.

1943: Schlacht um Stalingrad und Einkesselung der deutschen 6. Armee von General Paulus. Beginn der sowjetischen Offensive.

1945: Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. und 9. Mai.

1954: Stalins Tod. Rückkehr zahlreicher Kriegsgefangener aus sowjetischer Gefangenschaft nach Deutschland. Die Wolgadeutschen dürfen zunächst aber nicht in ihre Dörfer zurück.

1964: Die Wolgadeutschen werden offiziell von dem Vorwurf der Kollaboration mit Nazi-Deutschland freigesprochen.

1978: Die Wolgadeutschen dürfen wieder in ihre Heimat zurück. Beginn der Aussiedlung Zehntausender in die Bundesrepublik.

1995: Der allrussische Patriarch Alexij II. Besucht die Wolgaquelle in Wolgowerchowje. Die Kapelle wird wieder instandgesetzt.

2005: Jaroslawl wird Unesco-Welterbe.

2011: Anlässlich des 70. Jahrestags wird in Russland an die Deportation der Wolgadeutschen gedacht.

Fussnoten

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