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Über die Filmreihe "Performing Documentary"

Birgit Kohler

/ 1 Minute zu lesen

Im österreichischen und deutschen Dokumentarfilmschaffen der letzten zehn Jahre hat sich eine neue, experimentelle Spiel-Art des Dokumentarischen herausgebildet: Filme, die Dokument, Inszenierung, Schauspiel und Performance eigensinnig und kunstvoll verbinden.

Plakatwand am Kino Arsenal zur Filmreihe "Performing Documentary" (© Jaroslaw Godlewski 2011)

Das Projekt "Performing Documentary" identifiziert dieses Phänomen als solches und stellt entsprechende Arbeiten sowie Stellungnahmen der FilmemacherInnen zu dieser besonderen dokumentarischen Form erstmalig in einen diskursiven Zusammenhang.

Das vorliegende Dossier und die gleichnamige Filmreihe versammeln neuere Dokumentarfilme aus Österreich und Deutschland, die mit expliziter Inszenierung, Verfremdungseffekten und performativen Auftritten arbeiten und das ihnen zugrunde liegende, recherchierte dokumentarische Material buchstäblich in Szene setzen. Thematisch verhandeln sie aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie zum Beispiel Frauenhandel, Wirtschaftskriminalität, Strafvollzug, häusliche Gewalt gegen Frauen, auf formaler Ebene erweitern sie das Repertoire dokumentarischer Verfahren.

Ob mit Mitteln des Theaters oder als filmische Lesung inszeniert, ob im Studio oder on location gedreht - das einstudierte Vortragen sorgfältig bearbeiteter dokumentarischer Zeugnisse durch Schauspieler, Sprecher oder durch die Protagonisten selbst stellt selbstreflexiv gängige Muster dokumentarischer Repräsentation in Frage. Empathischer Identifikation mit Einzelschicksalen wird dabei genauso wenig vertraut wie einer vermeintlichen dokumentarischen Evidenz. Hier geht es nicht um Nähe, Authentizität und Unmittelbarkeit, sondern um die Analyse gesellschaftlicher Strukturen, um Ent-Dramatisierung statt Emotionalisierung, Reduktion und Abstraktion statt Illustration. Diverse Verfahren der Verschiebung und Diskursivierung erzeugen Brüche und Irritationen, die neue Perspektiven ermöglichen.

Mit Mut zum Experiment hinterfragen diese performativen politischen Dokumentarfilme dokumentarische Strategien und gesellschaftliche Verhältnisse gleichermaßen. "Performing Documentary" stellt jene spezifische dokumentarische Ästhetik entlang von Filmen, Texten und Gesprächen zur Diskussion.

Fussnoten

Birgit Kohler ist eine der drei Künstlerischen Leiterinnen des Arsenal - Institut für Film und Videokunst. Sie entwickelte die Idee und das Konzept der Filmreihe "Performing Documentary" und zeichnete verantwortlich für die Redaktion der Filmtexte.