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"For Eyes Only – Streng geheim"

Anja Göbel

/ 8 Minuten zu lesen

Der Vorwurf, der Westen hege Angriffspläne gegen die DDR, gehörte zu den Hauptargumenten, mit denen der Osten den Bau der Mauer zu legitimieren versuchte. "For Eyes Only – Streng geheim" entwickelt aus dieser (übrigens nie belegten) Anschuldigung nachträglich den Stoff für eine deutlich ideologisierte Spionagefilm-Geschichte.

Hansen arbeitet in einer als Wirtschaftsunternehmen getarnten Geheimdienstzentrale der US-Armee in Würzburg. Mehrere amerikanische Spione hat der Doppelagent bereits auffliegen lassen - mit der Folge, dass sein Boss verschärfte Maßnahmen ergreift, um die undichte Stelle aufzudecken. Zunehmend gerät Hansen ins Visier, doch selbst den Test mit dem Lügendetektor besteht er mit Bravour. Das verschafft ihm die nötige Zeit für einen großen Coup...

Szenenfoto aus "For Eyes Only – Streng geheim". (© Karl Plintzner, DEFA-Studio für Spielfilme 1963, DEFA-Stiftung 1999.)

Stasi-Mitarbeiter Hansen ist ein Doppelspion: Beauftragt vom MfS hat er sich in die Zentrale des US-amerikanischen Militärgeheimdienstes MID in Würzburg eingeschleust. Die Amerikaner halten ihn für einen Überläufer. Doch Hansen nutzt ihr Vertrauen, um seinen Auftrag zu erfüllen: Er soll hoch brisante Unterlagen über einen geplanten NATO-Angriff auf die DDR entwenden und über die Grenze schmuggeln. Mit Tricks, Kalkül und raffiniertem Spionagewerkzeug verfolgt der Agent seinen Plan, doch plötzlich wird sein MID-Vorgesetzter Major Collins misstrauisch. Er vermutet ein Leck in den eigenen Reihen und lässt Hansen vernehmen. Hansen gelingt es, einen Spion des westdeutschen BND zu enttarnen und die Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Nachdem er alle Hindernisse aus dem Weg geräumt hat, belädt er seinen Wagen mit dem als Kühlschrank getarnten Safe. Der Fluchtplan scheitert jedoch, und so gerät der Grenzübertritt zum actiongeladenen Showdown.

Der Film in DatenFor Eyes Only – Streng geheim

Internationaler Titel: For Eyes Only
DDR 1963, 103 Min., OF

Regie: János Veiczi
Darsteller: Alfred Müller, Helmut Schreiber, Ivan Palec u. a.

Mit For Eyes Only – Streng geheim bringt das staatliche Filmstudio der DDR im Juli 1963 ein halbes Jahr nach der Premiere des ersten James-Bond-Films in der Bundesrepublik seinen eigenen Agenten-Helden auf die Leinwand. Der Film basiert auf realen Ereignissen aus dem Jahr 1956, als dem Geheimdienst der DDR ein erfolgreicher Coup in Westdeutschland gelang. Im Rahmen der "Aktion Schlag" brachte der Geheime Mitarbeiter des MfS Horst Hesse (Deckname: Horst Berger) im Mai 1956 in der Zentrale des US-amerikanischen Militärgeheimdienstes in der Bundesrepublik einen Panzerschrank mit geheimen Akten in seinen Besitz und schmuggelte ihn über die Grenze nach Ostdeutschland. Im Vorspann von For Eyes Only wird auf diesen Fall angespielt: "Die Handlung des Films ist frei erfunden – Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten und lebenden Personen sind beabsichtigt".

For Eyes Only entsteht sechs Jahre später, in einer der Hochphasen des Kalten Krieges: Der Bau der Berliner Mauer (13. August 1961), mit der sich die DDR gegenüber dem Westen abgeschottet hat, liegt ein Jahr zurück; während der Kubakrise kommt es beinahe zu einem Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion (16.-28. Oktober 1962). Produziert wird der Film vom staatlichen Filmstudio der DDR, der DEFA, in Potsdam-Babelsberg. Das Filmschaffen in der DDR ist staatlich kontrolliert, bereits vor dem Dreh wird jedes Drehbuch der Zensurbehörde "zur Abnahme" vorgelegt. Obwohl die Filmpolitik den Filmschaffenden nach dem Beginn des Mauerbaus zunächst mehr Freiheiten zubilligt, haben Parteifunktionäre in der DEFA stets das letzte Wort. Der Stoff zu For Eyes Only passt gut ins Konzept der sozialistischen Kulturpolitik. Ein Film, der die Schwächen der westlichen Geheimdienste herausstellt und einen Stasi-Spion als Helden feiert, kann und soll die öffentliche Meinung lenken. Der größte Propagandaschachzug ist dabei der erfundene NATO-Angriffsplan, der im Film den Aktendiebstahl legitimiert. In Wirklichkeit befanden sich in dem von Horst Hesse 1956 entwendeten Panzerschrank Personalakten, die 137 Mitarbeiter des US-amerikanischen Geheimdienstes in der DDR auffliegen ließen. Die seit 1957 geltende NATO-Nuklearstrategie der "Massiven Vergeltung" bildet den realen Hintergrund für den in For Eyes Only ausgebreiteten angeblichen Plan eines Angriffs auf die DDR.

Nicht nur den Kinobesuchern sollte das Bedrohungsszenario als reale Gefahr im Gedächtnis haften bleiben. Auch der echte Spion Horst Hesse wurde von seinen Vorgesetzten lange in dem Glauben gelassen, er habe der Stasi tatsächlich einen NATO-Angriffsplan übergeben und damit sein Land gerettet. Der Dokumentarfilm For Eyes Only – Ein Film und seine Geschichte (D 2008) von Gunther Scholz beleuchtet die Hintergründe des Spionagefalls und dessen Verfilmung und zeigt, dass Doppelagent Hesse trotz seiner gefährlichen Mission nur ein austauschbares Rädchen im Getriebe des DDR-Geheimdienstes war und für propagandistische Zwecke missbraucht wurde. Dass seine Geschichte verfilmt wurde, erfuhr Hesse erst nach der Premiere des Films. Die Parteifunktionäre hatten eine Begegnung des Drehbuchautors Harry Thürk mit dem ehemaligen Agenten bewusst vermieden. Der Film war ein Riesenerfolg: Bereits nach drei Monaten hatten ihn über eine Million DDR-Bürger gesehen.

MfS-Agent Hansen ist der Sympathieträger des Films, verkörpert durch den damals noch unbekannten Schauspieler Alfred Müller. Pflichtbewusst und zielstrebig erledigt der Doppelagent seine Arbeit, wobei er sich raffinierter Spionagewerkzeuge bedient und mit der Waffe umzugehen weiß. Er ist intelligent, charmant und hat auch in brenzligen Situationen immer einen lässigen Spruch auf den Lippen. Obwohl er auf Menschen schießt und seinen Sohn in Ostdeutschland zurückgelassen hat, bleibt seine moralische Integrität unbestritten. Hansen gibt den Prototyp des loyalen DDR-Bürgers ab, der für den Aufbau des Sozialismus arbeitet und dabei sogar sein Leben riskiert. Damit wird er zu einem Vorbild für die Bevölkerung stilisiert.

For Eyes Only ist ein Spionagefilm mit einer ideologischen Prägung, wie sie typisch für das Genre zur Zeit des Kalten Krieges ist. Spionagefilme spiegeln klassischerweise die Angst vor dem unbekannten Anderen, das das eigene Territorium zu überwältigen und zu beherrschen droht. Während des Kalten Krieges ist dieses Andere der politische Feind jenseits des Eisernen Vorhangs. Paradigmatisch für den Spionagefilm ist eine schwarz-weiß malende Figurenzeichnung, die dem Zuschauer "Gut" und "Böse" zu unterscheiden hilft und ihn dazu bringen soll, sich mit den Protagonisten der "richtigen" Seite zu identifizieren. Im Kontext des Kalten Krieges entscheidet der Produktionsstandort, welche Seite im Film die "gute" ist. Das Genre des Spionagefilms eignete sich hervorragend, um es für propagandistische Zwecke zu instrumentalisieren. In den sozialistischen Ländern zeichneten sich Spionagefilme meist durch eine überspitzte Figurenzeichnung westlicher Geheimdienstagenten aus, so auch For Eyes Only. Neben der Charakterisierung der Figuren werden auch filmästhetische Mittel eingesetzt, um Fremd- und Selbstbilder zu konturieren.

Wie For Eyes Only durch die Raumgestaltung, den Einsatz von Licht und die musikalische Untermalung subtil vermittelt, welcher der Geheimdienste "Freund" ist und wer "Feind", lässt sich gut anhand jener Sequenz zu Beginn des Films herausstellen, in der die Abteilungsleiter beider Seiten zu Planungstreffen zusammenkommen. Die Arbeitsatmosphäre im Headquarter in Frankfurt am Main ist nüchtern. Neonleuchten und Lamellenvertäfelung verleihen dem Raum etwas Kühles, Steriles. Die Sitzung wird vom MID-General vom Kopfende eines langen Tisches aus geleitet, jeder der Abteilungsleiter hat ausschließlich Fakten vorzutragen. Die Berichte über die Vorbereitungen des Angriffs werden mit einer Spannung erzeugenden Musik unterlegt.

Ganz anders die Sitzung im Ministerium für Staatssicherheit in Ost-Berlin: Hier ist die Atmosphäre aufgelockert, der MfS-Oberst sitzt nicht auf seinem Chefsessel, sondern beugt sich neben seinen Mitarbeitern stehend über eine Landkarte. Im Verlauf des Gesprächs bewegt er sich durch den Raum, setzt sich auf die Tischkante. Man raucht, trinkt Kaffee. Das Licht wirkt warm, der Raum ist mit Büchern und Fotos sozialistischer Führungsfiguren ausgestattet. Die beiden Gespräche sind in einer Parallelmontage gegeneinander geschnitten, so dass der Kontrast und damit das Feind- und Selbstbild spürbar werden.

Im Zuge der Blockbildung und der Konfrontation der politischen Systeme nach dem Zweiten Weltkrieg – Marktwirtschaft, Demokratie und Kapitalismus auf der einen und Planwirtschaft, Diktatur und Sozialismus auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs – erlebten die Geheimdienste eine Blütezeit. In der Phase der atomaren Hochrüstung ist der Kalte Krieg für die Geheimdienste vor allem ein Wettlauf um Informationen über die politischen und militärischen Absichten des Gegners. Ihre primäre Aufgabe war daher die Spionage und die Abwehr gegnerischer Spione. Bis die Sowjetunion 1949 erstmals erfolgreich eine Atombombe zündete, war das wichtigste Ziel der sowjetischen Außenspionage die US-amerikanische Atomforschung. Danach ging es auf beiden Seiten darum, das Waffenpotential des Gegners auszukundschaften und Einsicht in Rüstungs- und mögliche Angriffspläne zu erhalten. Neben der politischen und militärischen spielte auch die Industriespionage eine große Rolle, wobei es hauptsächlich die Sowjetunion war, die westliche Computer und Militärflugzeuge nachbaute. Eine wichtige Aufgabe von Spionen war zudem das Eindringen in gegnerische Geheimdienste – die so genannte Gegenspionage –, um deren Aktivitäten unbemerkt zu stören und um Informationen über gegnerische Agenten im eigenen Land zu sammeln. Dies gelang über das Anwerben von Agenten der anderen Seite oder über das Einschleusen eigener Mitarbeiter. Neben der Spionage durch Agenten gewann ab Mitte der 1950er-Jahre auch die Luftaufklärung und ab Beginn der 1960er-Jahre die satellitengestützte Spionage an Bedeutung. Darüber hinaus unterstützten die Geheimdienste Oppositionelle und Terroristen sowie deren Umsturzversuche in gegnerischen Ländern und verübten Attentate auf Agenten oder Politiker.

Das interne, als "Geheime Verschlußsache" nicht im Buchhandel der DDR erhältliche "Wörterbuch der Staatssicherheit" des MfS mit Definitionen zur "politisch-operativen Arbeit", das 1970 in der ersten Auflage für den internen Dienstgebrauch fertiggestellt wurde, gibt Aufschluss über den gebräuchlichen Jargon und die ideologische Legitimierung der geheimdienstlichen Aktivitäten des MfS. Die Spionagetätigkeit des MfS im Ausland wird darin als "politisch-operative Aufklärungsarbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet. Die nachstehenden Erläuterungen sind ein Paradebeispiel für das ideologisch aufgeladene Vokabular östlich des Eisernen Vorhangs. Als wichtiges Ziel der "politisch-operativen Aufklärungsarbeit" galt so etwa, "die die Sicherheit und die Interessen der DDR, der sozialistischen Staatengemeinschaft, der kommunistischen Weltbewegung und anderer revolutionärer Kräfte gefährdenden oder beeinträchtigenden Pläne [...] des Feindes rechtzeitig und zuverlässig aufzuklären und Überraschungen auf politischem, militärischem und wissenschaftlich-technischem Gebiet zu verhindern" oder aber "die internationale Position des Sozialismus und seiner Verbündeten in der Klassenauseinandersetzung mit dem Imperialismus zu festigen und zu stärken".

Zum spektakulärsten Spionagefall in der deutschen Nachkriegsgeschichte wurde der Stasi-Spion Günter Guillaume. Als Referent im Kanzleramt und persönlicher Berater des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt hatte der MfS-Offizier Guillaume ab 1972 Zugang zu geheimen Regierungsunterlagen und zu Interna aus dem Führungszirkel der SPD. Obwohl er und seine ebenfalls als Agentin für das MfS arbeitende Ehefrau Christel kaum nennenswerte Informationen an die Stasi übermittelten und sich der Schaden für die Bundesrepublik in Grenzen hielt, war die Enttarnung eines Spions an der Seite des Kanzlers am 24. April 1974 ein Schock für die bundesdeutsche Öffentlichkeit. Willy Brandt zog persönliche Konsequenzen aus der Affäre und erklärte am 6. Mai 1974 seinen Rücktritt.

Abschließend noch ein paar Wort zu János Veiczi (1924-1987), dem Regisseur von For Eyes Only: In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, begann der Sohn eines Budapester Schustergesellen nach Abschluss der mittleren Reife ein Fachabitur für Maschinenbau und Elektrizität. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er 1944 zusammen mit seiner Ehefrau als Zwangsarbeiter nach Berlin verschleppt und musste in dem Rüstungswerk "Dollberg AG" in Berlin-Rudow arbeiten. Nach Kriegsende bewarb er sich im DEFA-Studio für Nachwuchskräfte. Von 1949 bis 1952 studierte er in der Klasse für Regie und Dramaturgie, danach war er zunächst als Regie-Assistent tätig, u. a. für Gerhard Klein. 1956 drehte er seinen ersten Spielfilm Zwischenfall in Benderath. In seinen insgesamt sieben Langspielfilmen beschäftigte sich Veiczi mehrfach mit politischen Themen wie dem Nationalsozialismus und dem Kalten Krieg. For Eyes Only ist sein erfolgreichster Film.

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Arbeitsblatt / Arbeitsheft

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