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"Smyk - Dem Abgrund entgegen"

Nikolaj Nikitin

/ 3 Minuten zu lesen

Der tschechoslowakische Einwanderer František Král erleidet einen schweren Autounfall in Westberlin. Ein westlicher Nachrichtendienst ergreift die Gelegenheit, verpasst ihm ein neues Gesicht und schult den an Teilamnesie Leidenden als Spion. Getarnt als Clown reist er mit einem westdeutschen Zirkus zum Gastspiel nach Prag. Zunächst läuft alles nach Plan, doch nach und nach kommen František moralische Zweifel an seiner Mission.

Szenenfoto aus "Smyk - Dem Abgrund entgegen". (© Národní Filmovy Archiv)

František Král ist illegal aus der Tschechoslowakei in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und hat sich im dekadenten Westberliner Nachtleben eingerichtet, als er plötzlich einen schweren Autounfall erleidet. Sofort ergreift ein westlicher Nachrichtendienst die Gelegenheit, unterzieht Král einer plastischen Operation, durch die er ein neues Gesicht erhält und schult den an einer Teilamnesie Leidenden für den Einsatz als Spion. In seinem neuen Leben als Zirkusartist Franz König besteht nicht die kleinste Lücke; in vier Sprachen kann er blitzschnell auf alle Fragen antworten. Sein erster Auftrag führt Král nach Prag, wo er einen Mikrofilm mit geheimen Flugzeugplänen an sich bringen soll.

Der Film in DatenSmyk - Dem Abgrund entgegen

Originaltitel: Smyk
Internationaler Titel: Skid
Tschechoslowakei 1960, 104 Min., OmeU

Regie: Zbyněk Brynych
Darsteller: Jirí Vala, Jiřina Švorcová, Jiřina Jirásková u. a.

Getarnt als Clown reist František Král alias Franz König mit dem westdeutschen Zirkus "Varieté Welt" zum Gastspiel in die tschechoslowakische Hauptstadt. Zunächst läuft alles nach Plan, doch bald muss František erkennen, dass seine Heimatstadt nichts gemein hat mit jener Trostlosigkeit und menschlicher Verelendung, die ihn die Schilderungen seiner westlichen Ausbilder hatten erwarten lassen. Als er Familienmitglieder, seine Frau und seinen Bruder trifft, wird ihm klar, dass man ihn betrogen hat.

Was an der tschechoslowakischen Produktion Smyk / Dem Abgrund entgegen auffällt, ist ihr Interesse für die Psychologie der Hauptfigur, zeichnen sich doch Agenten normalerweise dadurch aus, dass sie handeln, nicht aber über ihre Mission reflektieren. Stillstand bedeutet in ihrem Job den sofortigen Tod.

Ein anderer interessanter Aspekt von Smyk betrifft die Nähe der Handlung zum Weg der beiden Hauptverantwortlichen für den Film, dem Regisseur Zbyněk Brynych und dem Co-Autor Pavel Kohout.

Brynych und Kohout gestalteten mit Smyk einen psychologisch dichten Agentenfilm, der im Transit zwischen der BRD und der Tschechoslowakei angesiedelt ist, einem Spannungsfeld, in das sie nach 1968 zwangsweise selbst gerieten. Während der heute in Österreich lebende Publizist Pavel Kohout als einer der Wortführer des Prager Frühlings schließlich 1979 ausgebürgert wurde, drehte Zbyněk Brynych nach 1969 vornehmlich in Westdeutschland.

Brynych gelangte über diverse Filmberufe – er war Szenarist, Regieassistent und Regisseur für Dokumentarfilme – und ein Fernstudium an der Fakultät für Film und Fernsehen der Akademie der Musischen Künste Prag (FAMU) zur Filmregie für Spielfilme. Von 1953 bis 1955 arbeitete er zunächst im Armeefilmstudio, dann im Spielfilmstudio, wo er 1958 seinen ersten Spielfilm Žižkovská romance / Vorstadtromanze realisierte. Zwei Jahre später gelang ihm mit Smyk sein größter kommerzieller Erfolg. Für diese Inszenierung wurde er auf dem Internationalen Filmfestival von Karlovy Vary mit dem Regiepreis ausgezeichnet.

Seit Ende der 1960er Jahre arbeitete Brynych auch in der Bundesrepublik Deutschland. Hier inszenierte er Literaturadaptionen nach Erich Maria Remarque und Franz Kafka sowie mehrere Episoden der Fernsehserien Der Kommissar, Der Alte, Derrick und Polizeiinspektion 1. Nachdem Brynych vier Folgen der Reihe Der Kommissar mit Erik Ode inszeniert hatte, musste er, wie er in einem Gespräch mit Stefan Ertl und Rainer Knepperges berichtete, wegen eines Vorfalls während der 68er-Revolution in die Tschechoslowakei zurückkehren und durfte das Land vier Jahre nicht mehr verlassen (siehe Rainer Knepperges: GDINETMAO. Abweichungen vom deutschen Film, Berlin 2000).

Der Filmpublizist Ralf Schenk schreibt über Smyk, Zbyněk Brynych nutze "das CinemaScope-Format für dynamische Bildmontagen; in den Rückblenden verengt sich die Breitwand auf Normalformat. Kamera, Schnitt und Ton lassen zwei Welten aufeinanderprallen und sorgen für ein effektvolles propagandistisches Spektakel: 'Disharmonie, Dekadenz, Rücksichtslosigkeit, planvolle Unmenschlichkeit auf der einen, Ruhe, Sicherheit, Klarheit und Humanität auf der anderen Seite', wie die DDR-Zeitschrift 'Deutsche Filmkunst' damals schrieb. Vor allem ging es darum, mit den Augen eines 'Feindes' auf die eigene, tschechische Realität zu blicken und sie, entgegen den Vorstellungen der Hauptfigur, als freundlich und zukunftsfroh zu skizzieren. Die Hoffnung der Filmemacher, die darin zum Ausdruck kam, erwies sich als Illusion: Nach dem Ende des Prager Frühlings wurde Pavel Kohout ausgebürgert; und auch Zbyněk Brynych drehte ab 1969 vorwiegend im Westen" (Berliner Zeitung, 26. Mai 2011).