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Die 1960er Jahre | Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West | bpb.de

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Die 1960er Jahre

/ 9 Minuten zu lesen

"Jugend diskutiert über aktuelle Politik" mit Willy Brandt (© Radio Bremen/Darchinger)

Diskussionen und Politisierung im Westen

Auch in den 1960er Jahren blieben die Jugendsendungen auf der Suche nach einer spezifischen Form der Ansprache. Die Zwischenstellung zwischen dem Kinderfernsehen und einem Erwachsenen-Angebot war letztlich nicht aufzuheben. Jugend war und ist eine Lebensphase des Übergangs. Dementsprechend entstand eine Vielfalt von unterschiedlichen Angeboten. 

Das breite Themenspektrum der frühen Jugendsendungen entsprang einer gewissen Unsicherheit darüber, was nun der Kern eines Jugendfernsehens sein sollte, und entsprach dem in den Rundfunkgesetzen verankerten Programmauftrag des Fernsehens, "Bildung, Information und Unterhaltung" zu liefern. In der zweiten Hälfte der 1950er setzte eine Politisierung von Jugendgruppen ein, auf die das Fernsehen ab Mitte der 1960er Jahre auch reagierte und sich auch mit politischen Angeboten an die Jugendlichen richtete. Der Wandel deutete sich bereits 1963 an, als Radio Bremen (RB) mit der Sendereihe "Jugend diskutiert über aktuelle Politik" eine regelmäßige Diskussionssendung mit jugendlichen Gesprächspartnern einrichtete, im Jahrbuch des Senders definiert als "monatliche live-Sendung, an der jeweils ein Publizist, drei Schüler und drei Berufstätige aus verschiedenen Städten der Bundesrepublik teilnehmen"

Sich treffen darüber sprechen im ZDF 

Konfessionell ausgerichtet war die von der Kirchenredaktion betreute Reihe "Treffpunkt – Unser Jugendclub" in dem seit 1963 bestehenden ZDF-Programm, deren Urheber vermitteln wollten, "wie offen junge Leute miteinander reden und umgehen können und müssen, wenn ihr Meinungsaustausch einen Sinn haben soll" . Im Bemühen, alle Familienmitglieder zu erreichen und zu Diskussionen untereinander anzuregen, wurden im ZDF außerdem Themen, die Jugendliche betrafen (wie z. B. Wahlalter von Jugendlichen, Berufswahl, Musikkultur), in bestehende Reihen wie "Darüber muss gesprochen werden" eingebunden

Berichterstattung über die Studentenbewegung

Benno Ohnesorg stirbt durch den Schuss eines Polizisten, neben ihm Friederike Hausmann. (© picture-alliance/akg, Henschel)

Die politischen Kontroversen, die im Rahmen der Studentenbewegung über den als autoritär eingeschätzten Staat, die Bewältigung der NS-Vergangenheit und die mangelnde Toleranz gegenüber pluralen Lebensformen geführt wurden, wirkten sich stark im Fernsehen aus. Hier war es die Berichterstattung in den Informationssendungen, die vor allem ab 1967 – insbesondere nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration gegen den persischen Schah in West-Berlin – in den Medien präsent war, und die die Jugend in den Blick der Zuschauer rückte. Die Jugendsendungen selbst waren davon nur mittelbar betroffen, da sie diese Themen zwar auch ansprachen, aber nicht in den Vordergrund rückten. So gab es z. B. im "Beat-Club" ab der Ausgabe 35 einen vom WDR beigesteuerten Nachrichtenblock, in dem solche Ereignisse thematisiert wurden. 

"Jugend fragt Politiker" (WDR)

  Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) brachte – vor dem Hintergrund der Studentenbewegung, die ab 1968 auch zu einer Schülerbewegung mit politischen Demonstrationen und Protesten wurde – in der Reihe "Jugend fragt Politiker" unter Beteiligung namhafter Fernsehjournalisten wie Gerd Ruge und Friedrich Nowottny junge Zuschauer und prominente Politiker miteinander ins Gespräch. Dabei konnte es mitunter sehr lebhaft zugehen. Vereinzelt kam es zu regelrechten Eklats, für die sich der zuständige Redakteur Hans Gerd Wiegand gegenüber der Leitung des WDR zu rechtfertigen hatte. Mit Uschi Obermaier und Rainer Langhans bewarben sich zwei prominente Vertreter des Jugendprotests um die Mitwirkung . Diese Bewerbungen wurden jedoch abgelehnt. 

Neue Inhalte und Formen 

In dem Maße, wie das inzwischen von jüngeren Redakteuren betreute Jugendprogramm moderner und fortschrittlicher wurde, häuften sich die Konflikte. Bei der Reihe "baff" waren es neben den Inhalten auch die Formen, die die Gemüter erregten. Gesellschaftspolitische und kulturelle Themen wurden hier nicht wie gewohnt in einem Mix aus Reportagebildern, Sprechertext und Interviewaussagen aufgearbeitet, sondern durch das Aneinanderreihen unterschiedlichster Beiträge und Szenen ohne Zusammenhang, ohne Erklärung, ohne Kommentar, ohne einheitliches Thema. Da folgten beispielsweise auf eine Tanz- und Musiknummer die rituelle Ansprache zum Semesterbeginn in einer katholischen Studentenverbindung und zornige Reden der Bundestagspolitiker Richard Jaeger und Rainer Barzel gegen die Studentenproteste. Hinter dieser Form stand die Idee, die Zuschauer durch eine irritierende Schnittfolge zu eigener gedanklicher Mitwirkung anzuregen. Zu den Vätern der Reihe gehörten neben Hans Gerd Wiegand die experimentierfreudigen niederländischen Regisseure Bob Rooyens und Gied Jaspars. "baff" war ab November 1970 kurzzeitig im Abendprogramm der ARD zu sehen, wurde mit einer Goldenen Kamera und einem Goldenen Bildschirm ausgezeichnet, aber 1971 eingestellt. 

"Sympathy For The Devil" (ARD)

  Der Erkundung jugendlicher Subkulturen widmete sich das Team der einflussreichen Reihe "Sympathy For The Devil" (13 Teile, 1971–1977), die von mehreren Regionalanstalten der ARD im Rahmen des Bildungsprogramms produziert wurde und unter Aufbietung von Rockstars wie Rod Stewart, Alexis Korner oder Maggie Bell pro Folge einzelne Stile der Popmusik, die Mythenbildung des Kinos und andere Themen kritisch aufarbeitete. 

Die Zielsetzungen der einzelnen ARD-Anstalten und des ZDF waren uneinheitlich, so dass ein pluralistisches Angebot entstand: Zum einem wollten Sendereihen die Unruhe in der Jugend durch Gesprächs- und Diskussionssendungen befrieden, zum anderen sollten Sendungen, wie sie gerade auch vom WDR kamen, Jugendlichen eine Plattform bieten, damit sie sich artikulieren und Protest öffentlich machen konnten. Diese Tendenz nahm in den 1970er Jahren noch zu. 

Musiksendungen für Jugendliche (BRD)

Mit der Beatkultur schufen sich die Jugendlichen ihre eigene kulturelle Welt und entzogen sich damit immer mehr der Kontrolle durch ihre Eltern. (© Günter Zint)

Musiksendungen, die sich speziell an jugendliche Zuschauer wandten, setzten mit Jazz-Sendungen ein. Olaf Hudtwalcker, Hörfunkmoderator und Präsident der Deutschen Jazz Föderation, präsentierte nachmittags die Reihe "Jazz für junge Leute" (HR, 1958–1966). Siegfried Schmidt-Joos, der als Jugendlicher gegen erhebliche Widerstände den ersten offiziell genehmigten Jazz-Club der DDR gegründet hatte, moderierte in den 1960er Jahren im Westen den "Jazz Workshop" und ab 1966 die Pop-Sendung "Swing In", in der nun auch Interpreten wie die Rolling Stones, Aretha Franklin und B. B. King vorgestellt wurden. Ab 1966 lud Dieter Pröttel in den "Talentschuppen" (SWF, bis 1985), in dem sich Sänger, Bands und Entertainer einer Jury stellten, die aus einer Schauspielerin, einem Journalisten, einem Orchesterleiter und einem Vertreter der Musikbranche bestand. 

Der "Beat-Club" (RB) 

Radio Bremen richtete am 25. September 1965 den "Beat-Club" ein (bis 1972) und folgte dabei Vorbildern wie der britischen Reihe "Ready Steady Go". Anfangs dominierte der im Titel verewigte Musikstil, doch dabei blieb es nicht. Die Bandbreite lässt sich an den gelegentlichen Konzert-Specials erkennen, in denen unter anderem die Latin-Soul-Band War, Johnny Cash, Duane Eddy und The Osmonds auftraten. Nach der Ausweitung der Sendezeit von 30 auf 60 Minuten im Jahr 1968 lieferte der Koproduktionspartner WDR zusätzlich zur Musik aktuelle Filmberichte über jugendgemäße Themen. 

"Beat Beat Beat" (HR) und "4-3-2-1 Hot and Sweet" (ZDF) 

Zugkräftige Stars wie The Kinks, Tom Jones, Eric Burdon und Julie Driscol gab es unter dem Titel "Beat Beat Beat" ab dem 7. Januar 1966 bis 1969 im Abendprogramm des Hessischen Rundfunks zu sehen, das gemeinsam mit dem US-amerikanischen Soldatensender US Armed Forces Network (AFN) produziert wurde. Moderator der ersten sechs Ausgaben war der US-Radio-DJ Mal Sondock, der nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst im deutschen Hörfunk tätig wurde ("Diskothek im WDR"). Die Auftritte fanden in der Offenbacher Stadthalle statt, ähnlich wie im "Beat Club", teils inmitten tanzfreudiger Zuschauer. Das ZDF bediente die Nachfrage ab Juli 1966 bis 1970 in monatlichem Turnus samstags mit "4-3-2-1 Hot and Sweet" und erzielte eine durchschnittliche Sehbeteiligung von 18 %. 

Selten und versteckt 

Der Norddeutsche Rundfunk schickte in seinem Regionalprogramm ab 1968 die schweizerisch-deutsche Koproduktion "Hits à Gogo" bis 1973 ins Rennen. Der Hessische Rundfunk und der Südwestfunk schlossen sich an. Damit schien für viele Jugendliche der Bedarf keineswegs gedeckt, wie eine Leserzuschrift an die TV-Zeitschrift "Funk Uhr" aus dem Jahr 1968 verrät: "Die Sendungen wie '4-3-2-1 Hot and Sweet' sowie 'Beat-Club' können nicht genug gelobt werden. Leider werden sie viel zu selten ausgestrahlt. Musik für die ältere Generation wird fast jedes Wochenende gesendet, für uns junge Leute aber nur alle vier Wochen"

Beim ZDF immerhin konnte man gelegentlich an versteckter Stelle fündig werden. Das wöchentliche "Sonntagskonzert" bot sonntags um zwölf in der Regel Klassik, Musical oder Operette, zwischendurch aber auch schon mal einen Auftritt der Blues-Sängerin Willie Mae "Big Mama" Thornton oder ein Konzert der britischen, der Musikrichtung des Progressiven Rocks zugerechneten Gruppe Gentle Giant. 

Integration der Jugend in die DDR

"Jugend, Beruf und Perspektiven" – eine Ausstellung in Leipzig informiert über Berufsperspektiven für Jugendliche. (© Bundesarchiv Bild 183-D0929-0091-003 / Fotograf: Heinz Koch)

Die Themen der Jugendsendungen des DDR-Fernsehens folgten nach 1961 nicht mehr einer gesamtdeutschen Zielsetzung. Sie richteten sich stärker auf die Integration der Jugendlichen in die DDR. Häufiges Thema waren Ratschläge zur beruflichen Orientierung. Dabei besaßen diese Sendungen auch eine lenkende Absicht, folgte doch die Wahl der vorgestellten Berufe den Vorgaben des 1959 vom Staat beschlossenen Siebenjahresplans. 

Sendereihen wie "Palette der Jugend" (1966–1967) und "Treff mit Petra" (1962–1966) versuchten sich an bunt gemischten Themen aus der jugendlichen Lebenswelt. Sie verfehlten aber oftmals den richtigen Ton, wie eine Kritik der "Neuen Deutschen Presse" an der Reihe "Junge Optik" (1963–1964) illustrierte, in der es hieß: "Es war alles andere als jung, alles andere als optisch interessant, die Konzeption fehlte"

Jugendgemäß präsentierte Themen im "Basar"

  Dies änderte sich mit der 1965 eingerichteten Reihe "Basar", die bis Ende 1972 im Programm blieb und damit eine ungewöhnlich lange Laufzeit erreichte. Das monatlich ausgestrahlte Magazin bot vor abwechslungsreichen Kulissen jugendgemäß aufgemachte Themen aus Kunst, Literatur, Mode, Ferien und Musik, verbunden durch singende Moderatoren wie den Schauspieler Dieter Mann. Nach 1966 trat eine politische Ausrichtung in den Vordergrund, die stärker die Vorzüge der DDR herausstellte, um damit Einflüsse abzuwehren, die durch die Politisierung der Jugend im Westen auch auf die DDR überzuschwappen drohten. Themen wie "Musenappell bei der Nationalen Volksarmee" versuchten, den Wehrdienst schmackhaft zu machen. Auch in der Sendung "Palette der Jugend" dominierte der sozialistische Zeigefinger – kritisiert wurden jugendlicher Leichtsinn und fehlende Dankbarkeit angesichts des "Glücks, im Kommunismus zu leben". 

"Programmoffensive im Jahr 1969" 

Ende der 1960er Jahre wurde das Programmangebot für Jugendliche verstärkt. Nicht zuletzt deshalb, weil nun die westlichen Programme Bilder der westlichen Jugendrevolten ins Haus brachten. Dem wollten die Programmverantwortlichen des DDR-Fernsehens begegnen. Deshalb kam es 1969 zu einer 'Programmoffensive', in deren Verlauf gleich fünf neue Jugendsendungen auf den Weg gebracht wurden. Diese waren das jeweils einem Einzelthema gewidmete "Freitag-Journal", das Frage- und Antwortmagazin "Postfach 70" mit dem Untertitel "Briefkasten der Jugend", die Ratgebersendung "Mode und Musik" mit den Schlagerstars Chris Doerk und Frank Schöbel, das "Freizeit-Magazin" und schließlich die dem Studium des Marxismus-Leninismus gewidmete Bildungsreihe "Kompaß" (alle bis 1970).

Musiksendungen für Jugendliche (DDR)

In den Angeboten zur musikalischen Unterhaltung für Jugendliche gab es Abgrenzungsversuche gegenüber der westlichen Unterhaltungsmusik. Den im Westen immer beliebter werdenden Richtungen Rock'n'Roll, Beat und Twist begegnete die DDR-Staatsführung mit Misstrauen. Walter Ulbricht forderte 1959 explizit, der kapitalistischen Dekadenz, der "Hotmusik" und den "ekstatischen Gesängen eines Presley" etwas Besseres entgegenzustellen [8]). Zum Beispiel einheimische Arbeiterlieder und internationale Protestsongs. Der US-Folksänger Perry Friedman stellte zunächst in den DDR-Jugendclubs und ab 1961 auch in einigen "Hootenanny"-Shows solche Stücke vor.

1963 kam es kurzfristig zu einer Liberalisierung. Der Zentralrat der FDJ hatte zutreffend erkannt, dass es sich bei den neuen Klängen um "eine progressive Erscheinung der Tanzmusikentwicklung" handelte. Man sprach von "Gitarren-Gruppen", wenn man Beat-Bands meinte. Es startete der Versuch, diese Formationen – viele davon junge Amateurbands – ins offizielle Kulturleben der DDR zu integrieren. Unter anderem fand ein Talentwettbewerb statt. 

Skandal im "Amiga-Cocktail"

Amiga-Cocktail

Ausschnitt aus der 12. Sendung vom 17.11.1964

Amiga-Cocktail

Die Musik-Revue "Amiga-Cocktail" der staatlichen Plattenfirma "Amiga" wurde live aus dem Berliner Friedrichstadtpalast übertragen. Neben Schlagerstars traten auch populäre Beat-Bands aus der DDR auf. Der Ausschnitt stammt aus der letzten "Skandal-Sendung", als nach dem Auspfeifen der Schlagersängerin Vanna Oliviere die Sendung abgesetzt wurde. (© Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv, 1964)

Insgesamt aber blieb die Popmusik unverstanden und auch weiterhin im Verdacht, der Zersetzung der DDR-Gesellschaft Vorschub zu leisten. Der Argwohn bekam neue Nahrung, als sich am 17. November 1964 in der TV-Sendung "Amiga-Cocktail" ein regelrechter Skandal ereignete. Das Programm bot einen bunten Querschnitt durch das Angebot der staatlichen Plattenfirma Amiga: Orchestermusik, Schlager, ostdeutsche Beat-Bands. Das Publikum reagierte bereits voller stürmischer Begeisterung auf die Sputniks und das Franke-Echo-Quintett. Es geriet gänzlich außer sich, als das Hemmann-Quintett eingedeutschte Beatles-Hits zum Besten gab. Heinz Quermann kam als Moderator nicht umhin, eine weitere Zugabe zuzulassen, und konnte später nicht verhindern, dass die Schlagersängerin Vanna Olivieri einem lautstarken Pfeifkonzert ausgesetzt wurde. Eine nachträgliche Manipulation der live ausgestrahlten Ereignisse war nicht möglich. Die 1958 gestartete Fernsehreihe "Amiga-Cocktail" fand damit ihr Ende. 

Ablehnung westlicher Popkultur 

Die Rolling Stones 1965 auf der Waldbühne Berlin. Das Konzert endete mit Krawallen. (© picture-alliance, United Archives/TopFoto)

Als sich 1965 in West-Berlin nach einem Konzert der Rolling Stones massive Krawalle ereigneten, nahm die DDR-Führung diese Vorfälle zum Anlass, die gerade erst aufblühende Jugendkultur rigoros zu unterbinden. Für öffentliche Auftritte war fortan eine staatliche Lizenz erforderlich, die nur nach eingehender Prüfung vergeben wurde. Aber nicht allein Musiker waren betroffen. Wessen Kleidung oder Frisur herrschenden Vorstellungen nicht entsprach, musste mit Schikanen rechnen – vom erzwungenen Abschneiden langer Haare bis hin zu verordneter Zwangsarbeit. Es ist bemerkenswert, dass die DDR-Führung bei dieser Kampagne ähnliche Töne anschlug wie konservative Kreise in der Bundesrepublik, die ansonsten als Klassengegner Ziel heftiger Anfeindungen waren. 

Musikalische Beiträge in jugendorientierten DDR-Fernsehsendungen wie dem Vorabendmagazin "Basar" kamen in dieser Phase vor allem von den "Singeclubs", die die "Grundsätze sozialistischer Kulturarbeit" einhielten, wonach in der Populärmusik "melodischer und harmonischer Reichtum, Volkstümlichkeit und Verständlichkeit der musikalischen Aussage" gegeben sein sollten. 

Die Ablehnung westlicher Popmusik hatte neben ideologischen auch wirtschaftliche Gründe. Für jede musikalische Aufführung sind Urheberrechtstantiemen zu zahlen, im Falle der DDR handelte es sich dabei um wertvolle Devisen. Um den Valuta-Abfluss in Grenzen zu halten, war bereits 1958 die "60:40"-Regelung erlassen worden, der zufolge Musikprogramme höchstens 40 % devisenpflichtige Titel enthalten durften.

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