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Einwanderungspolitik | Israel | bpb.de

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Einwanderungspolitik

Jan Schneider

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Grundlage der israelischen Einwanderungspolitik ist das sogenannte Rückkehrgesetz vom 5. Juli 1950 (Law of Return). Darin manifestiert sich das Konzept eines jüdisch-zionistischen Staates, der es weltweit jeder Person jüdischer Herkunft bzw. jüdischen Glaubens erlaubt – ja sogar nahelegt –, in das Land ihrer Vorfahren zurückzukehren.

Wörtlich heißt es dort: "Jeder Jude hat das Recht, als Einwanderer [hebr. Oleh] nach Israel zu kommen." Die Einwanderung wird als "Rück-" oder "Heimkehr" und wörtlich als Aufstieg bezeichnet (hebr. Alija). Die quasi unbeschränkte jüdische Einwanderung war jedoch von Beginn an nicht unumstritten. In Anbetracht der immensen Herausforderungen bei der Integration in den frühen 1950er Jahren versuchte die Regierung Israels zeitweilig, die Einwanderung durch Richtlinien zu steuern: Junge, gesunde und potenziell produktive Einwanderungswillige sollten den Vorzug erhalten. Die Beschränkungen erwiesen sich in der Praxis aber als schwer durchführbar.

Um den Realitäten der Familieneinwanderung gerecht zu werden, wurde die Reichweite des Rückkehrgesetzes sogar vergrößert. Denn nach jüdischem Recht (Halacha) ist eine Person nur dann jüdisch, wenn entweder die Mutter Jüdin ist oder wenn die Person nach den Regeln des orthodoxen Rabbinatsgerichts zum Judentum konvertiert ist. Dies erschwerte Familienzusammenführungen. Griff bereits das Rückkehrgesetz in seiner ursprünglichen Fassung über die halachische Definition der Zugehörigkeit zum Judentum hinaus, bezieht das Einwanderungsrecht seit 1970 auch Nicht-Juden ein, wenn sie über mindestens ein jüdisches Großelternteil verfügen. Auch Ehepartner erhalten einen Rechtsanspruch auf Einwanderung und Staatsbürgerschaft, egal ob sie selbst Juden sind oder nicht.

Nicht nur das Staatsangehörigkeits- und das Aufenthaltsrecht sind auf die jüdische Zuwanderung ausgerichtet. Auch in anderen Bereichen bietet der Staat zahlreiche Anreize für potenzielle Immigranten. Dazu gehören insbesondere Steuererleichterungen, Zollprivilegien und materielle Integrationsbeihilfen (siehe Abschnitt Integration).

Zentraler Akteur bei der Vorbereitung der Einwanderung ist die Jewish Agency. Dabei handelt es sich um eine bereits 1929 gegründete Organisation, die zunächst auf die Etablierung eines jüdischen Staates in Palästina hinarbeitete. Seit der Unabhängigkeit Israels verfolgte sie primär das Ziel, Diaspora-Juden zur Einwanderung nach Israel zu bewegen. Heute ist sie für die Bearbeitung sämtlicher Anträge auf Einwanderung zuständig, die von Juden außerhalb der Staaten der ehemaligen Sowjetunion gestellt werden , und überprüft im Einzelfallverfahren die Berechtigung der Antragsteller. Obwohl in ihrer Rechts- und Organisationsform nicht-staatlich, nimmt die Jewish Agency damit quasi regierungsamtliche Funktionen wahr. Sie dient auch als "Mittleragentur" für Geldspenden von Juden weltweit (insbesondere aus Nordamerika), die dem israelischen Staat zugute kommen sollen.

Als Teil der israelischen Einwanderungspolitik sind auch organisierte Aktionen zur massenhaften Immigration bestimmter jüdischer Gemeinden zu werten. Die prominentesten und quantitativ bedeutsamsten waren die geheim geplanten Transfers Tausender jüdischer Familien aus Äthiopien ab Mitte der 1980er Jahre. Die als "Beta Israel" oder "Falascha" bezeichneten äthiopischen Juden wurden unter dem totalitären Mengistu-Regime in ihrer Religionsausübung unterdrückt und teilweise verfolgt. In den staatlich gelenkten Operationen "Moses" und "Joschua" gelang es 1984/85, rund 8.000 Juden über den Sudan nach Israel zu bringen. In der Operation "Salomon" wurden 1991 weitere 14.000 äthiopische Immigranten nach Tel Aviv geflogen.

Neben aktiver Einwanderungspolitik ist die Familienförderung ein wichtiges Ziel Israels, um vor dem Hintergrund hoher Geburtenraten in der arabischen Bevölkerung mittel- und langfristig eine "demografische Mehrheit" und damit den jüdischen Charakter des Staates zu sichern. Die Vermeidung von Emigration bildet eine dritte bevölkerungspolitische Ratio Israels. Die seit Ende der 1960er Jahre unternommenen Versuche, einen Teil der geschätzten rund 200.000 israelischen Staatsbürger im Ausland durch spezielle Förderprogramme zur Rückkehr zu bewegen, blieben jedoch ohne großen Erfolg.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Hacohen (2003).

  2. Die Berechtigung zur Einwanderung und die Verleihung der israelischen Staatsbürgerschaft sind jedoch nicht gleichbedeutend mit der zivil- und familienrechtlichen Anerkennung als Jude.

  3. Zur Verwaltung der Einwanderung von Juden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion hingegen schuf der israelische Staat aufgrund der exorbitant hohen Fallzahlen seit Beginn der 1990er Jahre zusätzliche behördliche Strukturen innerhalb des zuständigen Ministeriums.

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Dr. Jan Schneider leitet den Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Er ist Research Fellow am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) und Redaktionsmitglied des Newsletters "Migration und Bevölkerung".