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Ausgewählte Pressestimmen

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Seit den 50er Jahren war Frauenfußball immer wieder Gegenstand der Berichterstattung. Doch Anfangs hatten die Reporter meist nur Spott und Hähme für die Fußballerinnen übrig.

Von Gleichberechtigung noch keine Spur - Bericht der Müncher Abenzeitung vom 9. Juli 1970 (© Privatarchiv Nendza/Hoffmann)

"Frauen, die Fußball spielen, die also Nylons mit Knieschonern vertauschen, die mit Stöpseln unter den Schuhen über den Platz laufen, die sich im notfalls auf Rempeln einstellen und auch zuweilen, wenn der Schiedsrichter gerade nicht hinsieht, eine kleine Unfairnis riskieren? Man hat davon gehört, es ist außerhalb Deutschlands auch schon mit geringem Erfolg versucht worden. Die Sportler sind skeptisch, die Sportbehörden sind sogar sehr dagegen. Aber im Grunde wird es nichts anderes sein und nicht anders gewertet werden als ein Versuch, die Kasse mit einem neuartigen Mittel zu füllen. Eine Dauereinrichtung wird es nicht werden, denn Männer können blaue Flecken an den Beinen vertragen, Frauen aber sicher nicht. Es mindert die Anziehungskraft – der Beine und damit wird sich keine Frau für ständig abfinden. Lassen wir also die blau-weißen Damen heute Abend Anstoß machen und ihre Tore schießen oder auch nicht schießen. Trainiert haben sie vorher ausreichend, sowohl auf dem Platz als auch vor dem Spiegel. Der Sportdreß steht ihnen durchaus nicht übel. Und das wird wohl das Wichtigste sein.
General-Anzeiger, Oberhausen, 5./6. Mai 1951

"Das Spiel war ein voller Erfolg, für die Fußballerinnen und für die Zuschauer, die ebenso sachkundig wie freundlich gesonnen waren. /.../ Es war die netteste Seite des Spiels, dass es ein Spiel blieb, mit Eifer durchgeführt, ohne unästhetische Gewaltsamkeiten, ohne Rohheiten, ohne unfaire Kniffe und Püffe. Eigentlich war´s genau das, was man früher einmal "Sport" nannte. Dabei war dauernd etwas los, angriff, Kampf und Gegenangriff./.../Es knallten haushohe Kopfbälle von Dauerwelle zu Dauerwelle, es wurde gestoppt und gedribbelt, zugespielt und kombiniert..."
Münchner Merkur, 18.3.1957

"Wenn auch die Länderspiele der Damen nur einen Vergleich mit unserem C-Klassen-Fußball aushalten, so kann man nicht verstehen, warum sich der DFB zu einem Hüter der Tugend machen will und ihnen das Fußballspiel verbietet. Sie haben ihre Gleichberechtigung durchgesetzt. Auf dem Fußballplatz können sie nur durch Leistungen überzeugen. In München haben sie sich, ihren körperlichen Voraussetzungen angepasst, tapfer geschlagen und achtbar aus der Affäre gezogen. Es gibt keinen Grund, sie nicht spielen zu lassen."
Münchner Abendzeitung, 18.3.1957

"Unästhetisch, nein, so wirkte das ganz und gar nicht, was die Mädels im Alter von 17 und 22 Jahren vorführten. Fachleute behaupten: Damen-Fußball sei ästhetischer als Damen-Handball, auch spannender. /.../Das Münchner Spiel bewies, dass Damen-Fußball durchaus sportlich ist. Sportlicher jedenfalls als mancher Abfahrtslauf über eisige Skipisten. Hat man nicht einst den Fußballsport für Männer auch aus grundsätzlichen Erwägungen verbieten wollen? Es schickte sich auch nicht, dass Damen auf ein Fahrrad stiegen. Soll man es den jungen Mädels wirklich versagen, falls sie Freude und Erholung im Fußball finden, dass sie dem Ball nachjagen?"
Kicker, 25.3.1957

"Das Publikum teilte sich auf in Fachkundige uns Sensationslustig. Letztere kamen nicht aber nicht auf ihre Rechnung, denn was man erlebte war ein Fußballtreffen, an dem die Zuschauer und die Mädchen sichtlich Freude hatten. Es verlief in fairen Bahnen und wirkte durchaus nicht unästhetisch. /.../ Gleichberechtigung der Frau ist die große und alle Lebensbereiche umfassende Tendenz unserer modernen Zeit. Wohl zeigt sich auf manchen Gebieten, daß die Natur Unterscheide geschaffen hat, die man nicht so ohne weiteres aufheben kann. Nachdem, was wir am Pfingstmontag erlebten, trifft dies aber nicht auf die viel besprochenen, gelästerte und skeptisch betrachteten Fußball-Amazonen zu. Ehrlich gesagt: Wir fanden sie riesig nett."
Schwäbische Donau-Zeitung (Schwenningen), 11.6.1957

"Das kategorische Nein des DFB zum Frauen-Fußball wäre besser nicht gesprochen worden. Stattdessen hätte er seinen Vereinen raten sollen, bei Bedarf Frauen-Fußball-Abteilungen zuzulassen. Ihm wäre dieser Sport nicht entglitten, die nicht positiven Randerscheinungen des Frauen-Fußballs, hätten sich vermeiden lassen, die ganz Geschichte sähe heute sicher ganz anders aus./.../ Die strikte Ablehnung liegt doch nicht etwa darin begründet, dass die Fußball-Vereine eine Konkurrenz befürchten? Sie haben es doch selbst in der Hand, alles in die richtigen Bahnen zu lenken. Aber wer verächtlich die Nase rümpft und mokant lächelt,. Der sollte sich nicht wundern, wenn er eines Tages feststellt, den Anschluß verpasst zu haben."
Der Tagesspiegel, Berlin, 16.10.1957

"Unsere Bedenken gegen eine so schnell, sozusagen aus dem Nichts gezauberte "Europameisterschaft" im Frauen-Fußball sind vor einigen Tagen an dieser Stelle klargelegt worden. Man darf nicht erwarten, dass das Eindruck auf die Männer macht, die den Frauen-Fußball lenken. Hier ist noch nichts organisch gewachsen, und es hat ganz den Anschein, al ob zunächst einmal das kassiert werden soll, was sich als schnelle und runde Einnahme so nebenbei ergibt, wenn man sich Frauen-Fußball unter besonderen Aspekten vorstellt. Diese Mißverständnisse sind vorhanden. Viele denken, Frauen-Fußball ginge so ähnlich wie Frauen-Ringkampf und Frauen-Catchen über die Bühne, wo man sich lustig in die Locken greift, ganz gleich ob sie naturverwachsen oder nur angesteckt sind, wo man nach dem Schillerwort "nur da werden Weiber zu Hyänen" munter vom Leder zieht, dass sich mancher männliche Besucher heimlich eingesteht, so schlimm habe er es eigentlich zu Hause noch gar nicht. Nichts von alledem. Es ging in den Spielen um die "Europa-Meisterschaft" der Frauen im Poststadion durchaus sportlich und ästhetisch zu. Viele gutgewachsene, schlanke und durchtrainierte Mädchen und Frauen spielen Fußball, so gut und so schlecht, wie sie es konnten. Der Deutsche Städtetag, der es abgelehnt hat, den Frauen die Fußballplätze zu sperren, die in öffentlichem besitz sind, weil das gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung verstößt, braucht sich dieser Entscheidung nicht zu schämen. Die Frauen bemühen sich um Sport und erregen keinen Anstoß. Man sah nur ein spiel im Poststadion. Wegen Schwierigkeiten im Flugverkehr trafen die Österreicherinnen verspätet ein, so dass nur England gegen Holland spielte und 2:1 (1:0) gewann. Ein nettes Spiel. Hier und da schöne Kombinationszüge, frische Läufe und runde Schüsse. Frauen mit ausgesprochenen Fußballerbeinen waren auch dabei und – nomen est omen – die besten Spielerinnen. Sie hatten auch sonst viel Ähnlichkeit mit Fußballspielern, gingen scharf an den Mann, rollten über das Feld, warfen die Arme begeistert in die Luft und küssten sich nach Toren. Es waren gegen 4000 Zuschauer im Poststadion erschienen. Selbst wenn am Sonntagvormittag wenn ab 10 Uhr die Spiele Österreich-Holland und anschließend als Entscheidungsspiel um die Europameisterschaft Deutschland-England ausgetragen werden, wesentlich mehr Zuschauer kommen, wird es mit der Finanzierung der Europameisterschaft doch hapern. Und dann dürfte man dort beginnen, wo man hätte anfangen sollen, mit dem Spielverkehr in Ortsvereinen und allmählichem Aufbau."
Der Tag, Berlin, 3.11.1957

"2:0 für die Fußballdamen des 1.FC Kickers Alstaden (Anm.: Oberhausen)1 Nachdem der Sportaussschuß vor etwa einem Jahr ihnen gestattete, einen städtischen Sportplatz für Trainingszwecke zu benutzen, stimmte es gestern einstimmig dafür, ihnen auch städt. Platzanlagen zu Wettkämpfen zu überlassen. Gerade die damaligen größten Gegner dieser, Alme und Schleisiek, waren gestern die härtesten Befürworter: "Wir haben uns davon überzeugt, dass die Mädels es mit ihrem Sport ernst nehmen. Deshalb soll man ihnen, auch wenn der Deutsche Fußballbund dagegen ist, Plätze zur Verfügung stellen. Von uns aus sogar das Stadion Niederrhein"."
Ruhrwacht, Oberhausen, 21.11.1958

"Aber – Fußball ist kein galanter, kein weicher, kein kapriziöser Sport. Er ist athletisch, kraftvoll, hart und stramm. Darum ist er ein natürliches Vorrecht der Männer. Tänzerisches, Gymnastisches, Ballerinenhaftes – weibliche Sporterfüllung – läßt sich im Fußball nicht ausspielen. Damit ist das Grundsätzliche gesagt zu etwas, was nie recht populär werden kann."
Fürther Nachrichten, 7.3.1960

"6000 zum Teil mit Skepsis, Neugier oder auch sichtlich zur Schau getragener Überlegenheit beladene Zuschauer waren am Sonntag nachmittag in das Coburger VFB-Stadion gekommen, um dem ersten Damenfußball-Treffen in der Vestestadt beizuwohnen. Vorab gesagt: Das Spiel der Damen war streckenweise echter Fußball mit technischer Perfektion und überraschendem Einsatzwillen. Das Mannschaftsspiel zeigt Mängel, das Schußvermögen einzelner Damen dagegen begeisterte. Dennoch können bei diesem Spiel allein die Maßstäbe angelegt werden, die den Damen naturgemäß zukommen. In der Beschränkung der physischen Mittel für Frauen liegt die Grenze für das Leistungsvermögen. Wo Anlagen für Spielwitz, Schnelligkeit, Tricks und Gewandtheit /.../ gegeben sind, ist noch lange nicht die Hoffnung begründet, dass sich der Damenfußball durchsetzen werde. Das Spiel auf dem Rasen erfordert auf die Dauer mehr als nur die Stärke erstmaligen Auftretens. Die Show bleibt ein Show – wenn auch mit wirklich fußballerischen Abschnitten."
Neue Presse, Coburg, 20.6. 1960

"Das, was wir am Samstagnachmittag zu sehen bekamen, war ohne Übertreibung das beste, was bisher in dieser Sportart geboten wurde. Die deutschen Damen haben seit dem letzten Spiel gegen Holland in jeder Hinsicht eine ganze Menge dazu gelernt. Einfach hinreißend, mit welcher Eleganz sie ihr Spiel aufzogen, das alles bot, was man von einem guten Fußballspiel nur erwarten kann. Was es da an sauberen Vorlagen, gekonnt vorgetragene Kombinationen wie vom Fließband, rasanten Flügelläufen und wie gestochen hereinfliegenden Flankenbällen sowie an kraftvollen Torschüssen und prächtigen Abwehrparaden der Torhüterinnen zu sehen gab, musste jedes Fußballherz höher schlagen lassen."
Geislinger Zeitung, 21.8.1961

"Damenfußball hat sich bisher nicht durchsetzen können. Warum, ist einfach zu erklären. Fußball ist ein wuchtiger Sport, bei dem der körperliche Einsatz ganz im Vordergrund steht. Die Fußball-Damen werden aber nie in der Lage sein, ihrem Spiel soviel Schwung, Farbe und Dramatik wie ihre männlichen Kollegen zu verleihen."
Erlanger Nachrichten, 27.8.1962

"Der männliche Sachverstand am Spielfeldrand, der glaubte, sich über die "zarten Evas" mokieren zu sollen, wurde bald nach Spielbeginn eines Besseren belehrt. Denn der Kampf begann nicht nur mit rasantem Tempo, sondern man sah auch feine Spielzüge mit eleganten Ballwechseln und athletischem Einsatz./.../ Die Torszenen beiderseits waren wie aus dem Lehrbuch, und das Publikum sparte nach anfänglicher Skepsis auch nicht mit lebhafter Anfeuerung und Applaus. /.../ Kurzum, es war eine Lektion des Damenfußballs, die manchen Misstrauischen vom Saulus zum Paulus bekehren mochte."
Badische Neueste Nachrichten, Karlsruhe, 16.9.1963

Von höchster ärztlicher Seite ist das "O.K" für den Frauenfußball bereits gesprochen. "Es gibt keine oder nur unwesentliche Argumente gegen den Frauen-Fußball", erklärt der Schweizer Professor Schönholzer, der Vorsitzende der FIFA-Ärztekommission. Schönholzer befindet sich damit in klarem Gegensatz zu verschiedenen Fußball-Verbänden, die den Frauenfußball mit der Begründung "ungesund" ablehnen. Prof. Schönholzer zu BILD: "Der Fußball hat eine geniale Konzeption, genau den richtigen Schwierigkeitsgrad im Gegensatz zu anderen Sportarten. Das gilt gleichermaßen für Damen wie Männer." Auch der unterschiedliche Körperbau spricht nicht gegen den Frauenfußball. "Denn Frauen sind zumeist beweglicher und leichter gebaut. Wenn sie mit mehr Technik spielen, ist der Fußball auch für sie ungefährlich." Und doch gibt es eine Schwierigkeit – der weibliche Busen. Prof. Schönholzer: "Die Brust ist beim Frauen-Fußball mehr störend als gefährdet. Ich würde den Damen einen dicken wattierten Büstenhalter empfehlen." Allerdings hat der Frauenfußball nach Ansicht des Schweizer Mediziners wenig Aussicht, eine echte Mannschaftssportart zu werden, denn "Frauen haben keine so große Antenne für den Teamgeist wie Männer. Ihr Kameradschaftsgeist ist nicht so ausgeprägt Das könnte sich negativ auswirken, käme aber noch auf einen versuch an."
Bild-Zeitung, 4.11.1970

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