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Editorial | Entwicklung und Entwicklungspolitik | bpb.de

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Editorial

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Christine Hesse

An der Entwicklungspolitik scheiden sich noch immer die Geister: Manche sehen sie als "Fass ohne Boden", andere als "Notwendigkeit für den Erhalt der Erde". Unstrittig ist: Bis heute kommen die Fortschritte der Menschheit nur einer Minderheit zugute. Sie lebt vornehmlich in den westlich orientierten Industrieländern: in den USA, Europa, Kanada und Australien. Währenddessen ist die Mehrheit, hauptsächlich in den Ländern der Südhalbkugel, von einem menschenwürdigen Dasein weit entfernt.

Rund 1,2 Milliarden Menschen müssen von weniger als einem US-Dollar pro Tag ihr Überleben bestreiten, weitere 2,8 Milliarden haben nicht mehr als zwei US-Dollar täglich zur Verfügung. Im Jahr 2000 erhielten rund 114 Millionen Kinder keinen Grundschulunterricht, mussten aber durch eigene Arbeit zum Überleben ihrer Familie beitragen.

Die Globalisierung hat sich bisher nur auf einen Teil der Entwicklungsländer positiv ausgewirkt. Staaten wie China, Indien und die vier ostasiatischen "Tiger", die in ihrer Entwicklung an der Schwelle zu einem Industrieland stehen ("Schwellenländer"), konnten am globalen Markt teilhaben und ökonomisch an Bedeutung gewinnen. An den meisten afrikanischen Ländern, insbesondere den am wenigsten entwickelten Ländern südlich der Sahara, ging die Globalisierung jedoch vorbei. Die unterschiedlichen Interessen und Entwicklungsstufen verhindern eine gemeinsame, effektive Interessenvertretung aller Entwicklungsländer auf internationaler Ebene. Eine Einigung auf fairen Handel und gleichberechtigten Marktzugang bei der letzten WTO-Handelsrunde in Cancun/Mexiko 2003 scheiterte nicht zuletzt auch an den wirtschaftlichen Eigeninteressen einiger exportorientierter Schwellenländer.

Entwicklungspolitik gibt keine Almosen, sondern liegt auch im Eigeninteresse der Geberländer: Nicht selten profitiert die heimische Wirtschaft von "gebundenen" Entwicklungshilfeprojekten. Zudem machen die Folgen des Missverhältnisses zwischen Arm und Reich auch vor den Industrieländern nicht halt: Klimaveränderungen, Migration und der internationale Terrorismus wirken sich zunehmend auch auf die reichen Staaten aus und richten sich teilweise sogar gegen sie. Eine Teilhabe am Wohlstand fördert die Erschließung neuer Absatzmärkte und damit auch das Wohlergehen der Geberländer. Aber weiterhin bleibt das Ziel, jedes Land solle 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsmaßnahmen abstellen, unerreicht. Deutschland steuerte 2003 0,28 Prozent bei. Die moderne Entwicklungspolitik trägt den differenzierten Realitäten der Partnerländer Rechnung. Sie verbindet emanzipatorische Ansätze mit Fürsorgemaßnahmen und setzt dabei auf Konfliktprävention, eigenverantwortliches Handeln, Einbindung der Betroffenen vor Ort und Hilfe zur Selbsthilfe. Sie stellt auch Forderungen an die Empfängerländer, z.B. die Einhaltung von Menschenrechtsstandards und demokratische Partizipation.

Christine Hesse