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Kommunalpolitik | bpb.de

Kommunalpolitik

Jörg Bogumil Lars Holtkamp

Begriffsdefinition

Der Begriff „Kommune“ heißt wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt Gemeinde, allerdings werden mit diesem Begriff sowohl die Gemeinden, die kreisfreien Städte, die kreisangehörigen Städte als auch die Landkreise bezeichnet. Juristisch sind die Kommunen Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Im Rahmen der föderalstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik sind die Gemeinden und Gemeindeverbände als Träger der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG)) eine eigene Ebene im Verwaltungsaufbau. Sie gehören neben dem Bund und den Ländern zu den Gebietskörperschaften und sind damit eine der drei Hauptverwaltungsebenen.

Historische Entwicklung

Gemeinden haben besonders in D eine lange Tradition. Sie haben sich seit dem Mittelalter als genossenschaftlich geprägte Gebietskörperschaften etabliert, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen. Die mittelalterliche Blütezeit der Städte reicht bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, woraufhin eine Phase relativen Stillstands städtischer Entwicklung eintrat. Erst im 19. Jahrhundert erlangten die Städte ihre frühere gesamtgesellschaftliche Bedeutung wieder, wobei ein entscheidender Unterschied zum Mittelalter in der Existenz einer übergeordneten Zentralgewalt liegt. Die spezifische Form der Herausbildung kommunaler Selbstverwaltung im D des 19. Jahrhunderts ist eng mit dem sozialstrukturellen Wandel in der Gesellschaft (Industrialisierung, Urbanisierung) und den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um politische Macht und damit mit der Entstehung und Binnendifferenzierung dt. Bürgerlichkeit verknüpft. Zentraler Ausgangspunkt der Diskussion um die moderne kommunale Selbstverwaltung ist die Preußische Städteordnung von 1808. Dieser ersten kommunalen Verfassungsreform kam dabei die Aufgabe zu, das bürgerschaftliche Engagement für die öffentlichen Angelegenheiten zu wecken und dadurch auch die wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgt dann eine zunehmende Verklammerung kommunaler Selbstverwaltung und moderner Staatlichkeit. Den Kommunen wachsen mit ihren Versorgungs-, Leistungs-, Fürsorge- und Planungsfunktionen immer mehr Aufgaben zu. Die umfangreichen staatlichen Maßnahmen im Bereich der Sozialpolitik, insbesondere im Versicherungsschutz, und durch einheitliche gesetzgeberische Regulierung ergänzen diese Maßnahmen und sind ein deutlicher Beleg für eine lokal-staatliche Aufgabenteilung. Die Eingliederung der Gemeinden in den Staat setzt sich nach dem Ersten Weltkrieg fort. Die Finanzreform von 1919/1920 ist Endpunkt einer wechselseitig sich vollziehenden Abhängigkeit zwischen Staat und Gemeinden seit Beginn des 19. Jahrhunderts und beendet einen Prozess der Integration der Gemeinden in den Staat sowie der Kommunalisierung des Staates.

Kommunen im Staatsaufbau

Die Kommunen sind als Gebietskörperschaft in ihrem Gebiet grundsätzlich die Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung. Neben ihnen gibt es auf der lokalen Ebene nur untere Behörden des Bundes und des Landes als Sonderbehörden (z. B. Zoll, Polizei, Finanz- oder Arbeitsagentur). Allerdings nimmt die kommunale Ebene auch staatliche Aufgaben wahr, entweder als Auftragsangelegenheiten oder im Wege der sogenannten Organleihe (kommunale Behörden agieren zugleich als staatliche Behörden) vor allem auf der Kreisstufe.

Auch wenn die Kommunen zu den drei Hauptverwaltungsebenen gehören, so sind sie staatsrechtlich Teil der Länder und unterliegen damit deren Aufsichts- und Weisungsrecht. Wenn im engeren Sinne von staatlicher Verwaltung gesprochen wird, sind nur der Bund und die Länder gemeint, da nur sie über eine jeweils eigene staatliche Hoheitsmacht verfügen. Damit zusammenhängend ist die kommunale Vertretungskörperschaft in der dt. Kommunaltradition ein Verwaltungsorgan, folglich Teil der kommunalen Selbstverwaltung und der Exekutive zuzuordnen. Entscheidend für den fehlenden Status der Kommunalvertretung als Parlament ist die fehlende Gesetzgebungskompetenz. Trotz dieser Einschränkung hat sich in der kommunalen Praxis zumindest in den großen Städten kommunale Selbstverwaltung zu einer modernen lokalen Demokratie entwickelt. Auch institutionell wurden seit den 1970er-Jahren die Informations- und Kontrollrechte des Kommunalparlamentes durch Änderungen in den Gemeindeordnungen (GO) ausgebaut.

Die konkrete Ausgestaltung der kommunalen Aufgaben, Befugnisse und Strukturen wird durch die jeweilige Landesverfassung und von den Ländern erstellten Kommunalverfassungen geregelt. Dazu gehören die Gemeindeordnungen, die Kreisordnungen, die Kommunalwahlgesetze, die Kommunalabgabengesetze sowie Gesetze über kommunale Zusammenarbeit (z. B. in NRW Kommunalverband Ruhrgebiet oder das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit). Grundsätzlich verfügen die Gemeinden zur Verwirklichung des Selbstverwaltungsrechtes im Rahmen der Gesetze von Bund und Land über die Organisations-, Personal-, Finanz-, Planungs-, Satzungs-, Gebiets- und Aufgabenhoheit. Die Fach- und Rechtsaufsicht über die kommunale Verwaltung hat das Land. Die Fachaufsicht gilt aber nur für den übertragenen Aufgabenbereich, also die Auftragsangelegenheiten. In den Stadtstaaten verschmelzen kommunale und staatliche Hoheit.

Kommunale Selbstverwaltung und Kommunalverfassungen

Das GG gewährleistet in Art. 28 Abs. 2 die kommunale Selbstverwaltung als institutionelle Garantie; das bedeutet, die Gemeinden haben das Recht, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Innerhalb dieses garantierten Rahmens besitzen die Länder einen erheblichen Spielraum zur Schaffung eigenständiger Kommunalverfassungen. Prinzipiell wird in D bei den Kommunalverfassungstypen (in den Flächenländern) bis Anfang der 1990er-Jahre je nach dominantem Typisierungsmerkmal entweder zwischen monistischen oder dualistischen Systemen (bezieht sich auf die Kompetenzverteilung zwischen Rat und Verwaltung) oder – orientiert an den Organen, denen Kompetenzen zugeordnet werden – zwischen der norddt. Ratsverfassung, der süddt. Ratsverfassung, der rheinischen Bürgermeisterverfassung und der unechten Magistratsverfassung unterschieden (vgl. Knemeyer 1998).

Ausgehend von Ostdeutschland entwickelte sich seit 1991 jedoch ein durchgängiger Trend zur Reform der Kommunalverfassungen in Richtung süddt. Rat-Bürgermeisterverfassung (baden-württembergischer Prägung) mit einem direkt gewählten Bürgermeister und der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind nach BW (1956) und den ostdt. Ländern in SH (1990), HE (1993), RP (1993), NRW (1994), HB (1994), BY (1995), NI (1996), dem SL (1997) und HH (1998) in die GOen aufgenommen worden.

Orientiert an den klassischen Unterscheidungen gehen nun alle GOen von einer dualistischen Kompetenzverteilung einer kommunalen Vertretungskörperschaft und einem direkt gewählten Bürgermeister aus. Dieser ist überall Verwaltungschef und nur in HE muss er sich bei der Verwaltungsleitung im Magistrat absprechen (kollegiale anstatt monokratische Leitung). Nach wie vor bestehen allerdings z. T. erhebliche Unterschiede im Institutionenarrangement zwischen einzelnen Bundesländern, u. a. bezüglich der Kompetenzverteilung zwischen Kommunalvertretung und Verwaltung, der Wahlzeit des Bürgermeisters, der Leitung der Gemeindevertretung (Bürgermeister oder Vorsitzender der Vertretungskörperschaft), der Möglichkeiten des Kumulierens (ein Kandidat auf einer Liste kann mehrere Stimmen erhalten) und des Panaschierens (Kandidaten von einer Liste können auf eine andere geholt werden) sowie der Durchführungsbedingungen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Zur Beschreibung dieser stark variierenden kommunalen Entscheidungsstrukturen hat sich das Begriffspaar „Kommunale Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie“ durchgesetzt (vgl. Bogumil und Holtkamp 2013, S. 167). Konkordanzdemokratische Muster dominieren eher in baden-württembergischen, rheinland-pfälzischen und ostdt. Kommunen, während in NRW, dem SL und HE konkurrenzdemokratische Konstellationen prägend sind.

Kreise und Gemeinden verfügen im Rahmen der landesrechtlichen Bestimmungen über die Organisationshoheit in ihrem Gebiet, d. h. sie verfügen über das Recht auf eigenverantwortliche Gestaltung ihrer internen Organisation. Dies umfasst sowohl die Wahl der Organe, die Organisation der gemeindlichen eigenen Verwaltung und die Regelung der „inneren Verfassung“ der Gemeinde durch Erlass der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung. Die Organisationsgewalt über die gemeindliche Verwaltung gilt sowohl für Selbstverwaltungsaufgaben als auch für Auftragsangelegenheiten. Dabei ist der Bürgermeister als Verwaltungschef verantwortlich für die Leitung und Verteilung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er ist Dienstvorgesetzter der Wahlbeamten, Beamten, Angestellten und Arbeiter. Disziplinarvorgesetzter ist die Aufsichtsbehörde. Der Bürgermeister verfügt damit über das Organisationsrecht und kann selbständig einen Geschäfts- und Organisationsverteilungsplan erlassen und durch Einzelanweisungen die Geschäfte auf die Verwaltungsmitarbeiter verteilen.

Die Aufbauorganisation in Kommunalverwaltungen orientierte sich jahrzehntelang weitgehend einheitlich in Gemeinden aller Größenklassen und Ländern an dem schon in den 1950er-Jahren entwickelten, aber mehrfach neueren Entwicklungen angepassten Verwaltungsgliederungsplan der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Sie kann als hochgradig arbeitsteilig organisiert und stark hierarchisiert bezeichnet werden. In den letzten 20 Jahren hat es in einigen Gemeinden Veränderungen im Zuge der Verwaltungsreformen nach dem Public Managementmodell gegeben. Ein neues einheitliches Aufbaumodell ist indes noch nicht erkennbar, ebenso wenig wie gesicherte Erkenntnisse darüber vorliegen, in welchem Ausmaß es zu Veränderungen der Aufbauorganisation gekommen ist.

Gemeindegrößen und Gemeindetypen

Die Größe der Kommunen varriert zwischen den Bundesländern erheblich. Während es im vereinten D bundesweit 11.012 Gemeinden (Stand 2018) gibt, sind es z. B. in NRW nur 396, aber in BY immer noch 2056 Kommunen. Die Gründe liegen darin, dass kommunale Gebietsreformen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich durchgeführt wurden. In den letzten 20 Jahren sind vor allem in Ostdeutschland Gebietsreformen durchgeführt worden. Zu den Kommunen gehören damit sowohl Millionenstädte wie München oder Köln als auch über 4000 Gemeinden mit jeweils unter 500 Einwohnern. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterscheidet vier Kategorien von Gemeindetypen (vgl. Tab. 1).

Gemeindetypen

Tab. 1

Gemeindetyp

Größenbereich

Großstadt

große Großstadt

> 500.000

kleinere Großstadt

> 100.000

Mittelstadt

große Mittelstadt

> 50.000

kleinere Mittelstadt

> 20.000

Kleinstadt

größere Kleinstadt

> 10.000

kleine Kleinstadt

> 5000

Landgemeinde

< 5000

Unter den Kommunen lässt sich zwischen den Gemeinden, den kreisfreien Städten, den kreisangehörigen Städten und den Landkreisen unterscheiden. Kreisfreie Städte (oder Stadtkreise) sind in der Regel Großstädte oder größere Mittelstädte. Nur in BY, TH und RP gibt es noch kreisfreie Städte mit weniger als 50.000 Einwohnern, wobei die westpfälzische Stadt Zweibrücken mit ca. 34.000 Einwohnern die kleinste in Deutschland ist. In ihnen werden alle Selbstverwaltungsaufgaben und Auftragsangelegenheiten selbst wahrgenommen. Insgesamt gibt es 107 kreisfreie Städte in D. Verwaltungschef ist ein hauptamtlicher Oberbürgermeister, der direkt vom Volk gewählt wird.

Alle anderen Kommunen sind 295 Landkreisen zugeordnet. Von den 295 Landkreisen in D haben 244 mindestens 100.000 Einwohner, daneben gibt es über 100 Kreise mit mindestens 200.000 Einwohnern, der Durchschnittswert beträgt 193.000 Einwohner in Westdeutschland und 162.000 in Ostdeutschland. Die Kreise haben eine Doppelfunktion als überörtliche Gebietskörperschaft und Gemeindeverband einerseits sowie als untere staatliche Verwaltungsbehörde andererseits. Sie haben eine eigene Vertretungskörperschaft (Kreistag) und nehmen die Aufgaben der „überörtlichen Gemeinschaft“ für die kreisangehörigen Gemeinden wahr. Je nach Größe und Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden variieren diese Aufgaben bundesweit beträchtlich. Einige kreisangehörige Städte erhalten in verschiedenen Bundesländern aufgrund ihrer Einwohnerstärke einen verwaltungsrechtlichen Sonderstatus, der mit der Übertragung weiterer Aufgaben verbunden ist. In fast allen Bundesländern gibt es daher kreisangehörige Städte mit einem Sonderstatus. In Bereichen, die für die städtische Entwicklung von besonderer Bedeutung sind, nehmen sie bestimmte Aufgaben wahr, für die im übrigen Kreisgebiet der Landkreis zuständig ist. Diese Städte mit Sonderstatus sind die „Großen Kreisstädte“ in BW (mehr als 25.000 Einwohner), BY (mehr als 30.000 Einwohner) und SN (mehr als 17.500 Einwohner), die „Großen kreisangehörigen Städte“ in BB (mehr als 35.000 Einwohner), MV, NRW (mehr als 60.000 Einwohner), RP (mehr als 25.000 Einwohner), SH(mehr als 50.000 Einwohner) und TH sowie die „Kreisangehörige Stadt“ in HE (mehr als 50.000 Einwohner) und die „Große selbstständige Stadt“ in NI.

Die Kreise nehmen zudem Aufsichtsfunktionen gegenüber kreisangehörigen Gemeinden wahr. Die Verwaltung wird von einem hauptamtlichen, in den meisten Bundesländern direkt gewählten Landrat geleitet. In den Kreisen, die 96 Prozent des Bundesgebiets ausmachen, leben über 60 Prozent der Bevölkerung. Wenn Gemeinden zu klein sind (Kleinstgemeinden), werden sie in der Regel zu „Gemeindeverbänden“ zusammengefasst, die gemeinsame Verwaltungsstellen unterhalten. Diese Gemeindeverbände haben je nach Bundesland unterschiedliche Bezeichnungen: Amt (BB, MV und SH), Samtgemeinde (NI), Verbandsgemeinde (RP) oder Verwaltungsgemeinschaft (BW, BY SN, ST und TH). Dennoch wählt jede Kleinstgemeinde eine eigene Gemeindevertretung und einen eigenen Bürgermeister.

Kommunen können zudem zur Erfüllung einzelner oder mehrerer Aufgaben Zweckverbände gründen. Beispiele dafür sind Abfallzweckverbände (z. B. Rheinische Entsorgungskooperation Bonn und Rhein-Sieg-Kreis) oder auch Verkehrsverbünde (z. B. VRR – Verkehrsverband Rhein-Ruhr). Daneben gibt es noch in manchen Bundesländern höhere Kommunalverbände als eine Art „dritte Ebene“ der kommunalen Selbstverwaltung. Höhere Kommunalverbände übernehmen „kommunale Aufgaben“, die aus fachlichen, finanziellen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen nicht auf der Ebene von Landkreisen, kreisfreien Städten oder kreisangehörigen Gemeinden wahrgenommen werden können. Höhere Kommunalverbände umfassen alle Kreise und kreisfreien Städte in ihrem Gebiet. Die Gremien höherer Kommunalverbände werden mit Vertretern der ihnen angehörenden Kreise und kreisfreien Städte beschickt. Beispiele sind die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe in NRW oder der Landeswohlfahrtsverband Hessen.

Kommunale Aufgaben

Die Kommunen nehmen vor allem Aufgaben in den Bereichen innere Verwaltung und allgemeine Staatsaufgaben, Soziales, Gesundheitswesen, Wirtschaftsförderung, Verkehr und öffentliche Einrichtungen wahr. Damit liegt ein Großteil von Verwaltungsaufgaben in D in der Zuständigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände. Einerseits nehmen die Gemeinden nach Art. 83 ff. GG Aufgaben des Bundes und des Landes als untere Verwaltungsinstanz wahr (übertragener Wirkungskreis, Auftragsangelegenheiten), andererseits verfügen sie aber auch durch Art. 28 GG über eine Fülle von Aufgaben in eigener Verantwortung (Selbstverwaltungsangelegenheiten). Inhaltlich lassen sich Ordnungs-, Leistungs- und Planungsaufgaben unterscheiden.

Zu den Auftragsangelegenheiten gehört das Melderecht, das Bauaufsichtsrecht, Ausländerangelegenheiten, Zivilschutz und das Ordnungsrecht. Aufgabenbereiche sind hier die Kraftfahrzeugzulassung, das Ausländerwesen, das Pass- und Meldewesen, Lebensmittelüberwachung, Schulaufsicht oder das Gewerberecht. In diesem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung bestehen bei der Gestaltung der Ziele keine Handlungsspielräume für die Kommune. Insbesondere bei den Auftragsangelegenheiten nach Bundesrecht besteht ein umfassendes Weisungsrecht. Die Aufsichtsbehörden haben nicht nur die Rechts-, sondern auch die Fachaufsicht.

Bei den Selbstverwaltungsangelegenheiten als nichtstaatliche Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung sind die freiwilligen Aufgaben (Einrichtung und Unterhaltung von Grünanlagen, Museen, Schwimmbäder, Theater, Sportstätten, Jugendeinrichtungen, Büchereien, Altentreffs, Bürgerhäusern; Förderung von Vereinen; Wirtschaftsförderung; Partnerschaften mit anderen Städten) und die Pflichtaufgaben (Gemeindestraßen, Bauleitplanung, Kindergärten, Jugendhilfe, Sozialhilfe, Wohngeld, Schulverwaltung, Volkshochschulen, Förderung des Wohnungsbaus, Abfallbeseitigung, Abwasserbeseitigung) zu unterscheiden.

Bei den Selbstverwaltungsaufgaben ist die Gemeindevertretung durchweg die höchste Entscheidungsinstanz. Hier gilt die Allzuständigkeit des Rates. Die staatlichen Ebenen üben hier nur Rechtsaufsicht aus, d. h. sie kontrollieren, ob die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht gegen Gesetze verstoßen. Allerdings ist der Anteil der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten durch die Verengung des kommunalen Finanzrahmens und rechtliche Vorgaben der EU, des Bundes und des Landes unter dem Postulat der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zurückgegangen.

Finanzierung

Zur Finanzierung ihrer Aufgaben verfügen die Kommunen über die Möglichkeit Steuern zu erheben. Dies sind derzeit vor allem die sogenannten Realsteuern (Art. 106 Abs. 6 GG), also die Gewerbe- und Grundsteuer, sowie kleinere Verbrauchs- und Aufwandssteuern (z. B. Hundesteuer). Von der Gewerbesteuer fließt allerdings ein Teil des Aufkommens über die Gewerbesteuerumlage wieder an Bund und Länder zurück. Die Entscheidung über die Steuersätze obliegt dem Rat. Die Gewerbesteuer als wirtschaftsbezogenes Element soll den Kosten einer Gemeinde für die Bereitstellung von Infrastruktur Rechnung tragen. Daneben sind die Gemeinden am Steuerverbund beteiligt, einmal direkt über die Einkommenssteuer und die Umsatzsteuer, zum anderen indirekt über den kommunalen Finanzausgleich der Länder. Insgesamt sind im Jahr 2016 29,6 % der Einnahmen der Kommunen direkte Steuereinnahmen, weitere 39,8 % erfolgen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs in Form verschiedener Zuweisungen. Der kommunale Finanzausgleich resultiert aus der grundgesetzlichen Verpflichtung, die Kommunen an den Gemeinschaftssteuern zu beteiligen und eine Finanzkraftauffüllung vorzunehmen, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können.

Weitere Einnahmequellen sind die Erhebung von Gebühren und Abgaben für die Inanspruchnahme kommunaler Dienstleistungen (9,8 %) sowie die Kreditaufnahme. Deutlich wird bei der Betrachtung der Einnahmepositionen die relativ große Abhängigkeit von Entscheidungen der Bundes- und Landesebene und von der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Kreditaufnahme unterliegt gesetzlichen Regelungen und dem Genehmigungsvorbehalt der Aufsichtsbehörde, die Einnahmen aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer sind konjunkturabhängig, die Einnahmen aus den Zuweisungen von Bund und Land Ergebnis von Verhandlungsprozessen, bei denen die Kommunen über die geringsten Machtressourcen verfügen, und die Gebühren unterliegen dem Gebot der Kostendeckung. Die Steuerbarkeit der eigenen Einnahmesituation ist mithin begrenzt.

Betrachtet man die Ausgaben, so sind neben den Personalausgaben mit einem Anteil von 21,1 Prozent und dem Sachaufwand mit 18,5 Prozent die Kosten für soziale Leistungen mit einem Anteil von 19,9 Prozent ein weiterer großer Ausgabenblock der Gemeinden, der allerdings kaum beeinflussbar ist. Es folgen die Investitionsausgaben mit knapp über 11 % (alle Zahlen aus dem Jahr 2016). Personalintensiv sind auf kommunaler Ebene vor allem der Sozial- und Gesundheitsbereich, aber auch die Bauverwaltung sowie die Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich in der Regel nur die Grundsteuer- und die Gewerbesteuerhebesätze und die Einnahmen aus Eigentumsveräußerungen sowie die Ausgaben für den laufenden Sachaufwand, die Personalausgaben und die Investitionsausgaben im Verbund mit den zweckgebundenen Investitionszuweisungen des Landes steuern lassen.

Fazit

Die Kommunen erfüllen im föderalen System Ds eine wichtige Doppelfunktion. In den Kommunen werden in vielen Politikfeldern wesentliche politische Entscheidungen getroffen, die die Lebensumstände der Bürger nachhaltig prägen. Örtliche Lösungen bieten strukturell aufgrund ihrer geringen Distanz bessere Eingriffs- und Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger, sie machen Politik anschaulich. Vor Ort sind vielfache Kontaktflächen zum Bürger gegeben, die Kontaktformen vielgestaltig, die Beeinflussungschancen intensiv und die Beziehungsqualität gestaltbar. Deshalb besteht hier, wo die Auswirkungen von Politik, Wirtschafts- und Gesellschaftssystem besonders anschaulich und erfahrbar sind, die Chance, Politik in größerem Umfang mitzugestalten und die Bürger in das politisch-administrative System zu integrieren. Die lokale Ebene ist also die Ebene umfassender Mitwirkungsmöglichkeiten. In den Kommunen werden demokratische Verhaltensweisen und politische Fähigkeiten ausgebildet, nämlich das Erlernen von Zusammenarbeit, die Mitwirkung an Entscheidungsprozessen, das Austragen von Meinungsverschiedenheiten, die Suche nach Kompromissen und das Ausüben von Einfluss. Aus dieser Perspektive sind die Kommunen die „Schule der Demokratie“.

Andererseits kommt den Kommunen mit Blick auf die Aufgabenerfüllung und die Bedeutung für die Lebensverhältnisse der Bürger eine wichtige Funktion zu. Aus dieser Perspektive interessiert vor allem die Effektivität und Effizienz kommunaler Leistungen. Durch die Übernahme von Versorgungs-, Leistungs-, Fürsorge-, Vollzugs- und Planungsfunktionen sind die Kommunen auch in Zeiten eines europäischen Mehrebenensystems unverzichtbar. Es ist daran zu erinnern, dass immer noch circa zwei Drittel der staatlichen Investitionen von den Kommunen vorgenommen und 75–90 Prozent der ausführungsbedürftigen Bundesgesetze hier implementiert werden. Die Kommunen haben den Vollzug zentralstaatlicher Entscheidungen zu gewährleisten. Allerdings sind sie gemessen an ihrer Finanzautonomie und hinsichtlich der administrativen und politischen Kompetenz die am schlechtesten ausgestattete Politikebene, denn staatsrechtlich sind sie Teil der Länder und unterliegen damit deren Aufsichts- und Weisungsrecht.

Die Kommunen sind also gleichzeitig eine eigenständige Verwaltungsebene im Bundesstaat, die Schule der Demokratie und eine wichtige staatliche Ausführungsinstanz. Sie stehen fortwährend im Spannungsverhältnis zwischen demokratischer Legitimation und Effizienz, einem Spannungsverhältnis, das durch neuere Entwicklungen in der Kommunalpolitik vermehrt an Aktualität gewinnt. Deutlich wird dies daran, dass einerseits seit den 1990er-Jahren mit der tief greifenden kommunalen Haushaltskrise, der Einführung des Neuen Steuerungsmodells und der zunehmenden Privatisierung und Liberalisierung Trends zu verzeichnen sind, die eine effizientere Produktion kommunaler Leistungen forcieren (wollen). Andererseits wurden durch die Reform der Kommunalverfassungen mit der Direktwahl der Bürgermeister und der Einführung von Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheiden sowie durch neue kooperative Beteiligungsangebote die Partizipationsmöglichkeiten der Bürger maßgeblich erweitert.

Quelle: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2021. Autor des Artikels: Jörg Bogumil

Fussnoten