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Ein Schulfach, das "Verantwortung" heißt

/ 5 Minuten zu lesen

Lernende brauchen angesichts der dynamischeren und unvorhersehbareren Arbeits- und Lebenswelt neue Kompetenzen. Drei Maßnahmen für die Zukunft haben wir im Nachgang der Veranstaltung "Future Skills" zusammengefasst.

Die Podiumsgäste diskutierten, wie die Transformation von Wissensbildung hin zu "Future Skills" gelingen kann. ( bpb / Fotografin: Birgit Frost / bearbeitet / Externer Link: Lizenz CC BY-SA 4.0 )

Disclaimer: Der Beitrag bezieht sich auf die Veranstaltung "Future Skills – Zukunftsbildung für das 21. Jahrhundert" des Allianz Stiftungsforums und des Stifterverbands in Kooperation mit dem Genisis Institute am 2. November 2017 in Berlin.

Ein Schulfach mit dem Namen "Verantwortung", in dem Schülerinnen und Schüler sich in bürgerschaftlichem Engagement üben. Ein Projekt "Herausforderung", bei dem die Jugendlichen Selbstbewusstsein und Anstrengungsbereitschaft erfahren, indem sie sich selbst eine Aufgabe stellen und diese im Team über drei Wochen lösen. Ein dreimonatiger Auslandsaufenthalt, bei dem die Lernenden sich in einem sozialen oder ökologischen Projekt engagieren. Oder 13-jährige Schülerinnen und Schüler, die Lehrende fortbilden. Das alles sind Maßnahmen und Projekte, die fest in der Struktur der Evangelischen Schule Berlin Zentrum (ESBZ) verankert sind. Für Margret Rasfeld, bis 2016 Leiterin der ESBZ, müssen möglichst viele solcher Beispiele geschaffen werden, um die digitale Transformation des Bildungsbereichs zu meistern und die Lernenden auf eine immer dynamischere und unvorhersehbarere Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten.

Die oben genannten Projekte klingen erst einmal nicht nach Digitalisierung des Klassenzimmers, haben aber viel damit zu tun. Bei der Frage, welche Kompetenzen unsere Kinder und Jugendlichen brauchen und wie die Transformation zu diesen "Future Skills" gelingen kann, waren die eingeladenen Gäste sich einig: IT-Kenntnisse, Medienkompetenz und Know-how zu digitalen Tools und Techniken sind wichtig, es geht insgesamt jedoch vor allem darum, eine neue Haltung zum Lehren und Lernen anzunehmen, um unser Bildungssystem fit für die Zukunft zu machen. Soft Skills unterscheiden uns von der Maschine und befähigen uns dazu, digitale Tools und Techniken klug als Hilfsmittel einzusetzen.

Hier haben wir drei zentrale Fähigkeiten und Maßnahmen für die Zukunft gesammelt, wie der Wandel hin zu diesem neuen Fokus gelingen kann. Sie basieren auf dem Impuls von Prof. Dr. Andreas Schleicher (Direktor für Bildung und Kompetenzen bei der OECD) und der anschließenden Podiumsdiskussion mit fünf Vertreterinnen und Vertretern aus Bildung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft: Dr. Dirk Förterer (Direktor Politik, Regulierung und Zukunftsthemen der Allianz Deutschland AG), Isabell Fries (Studentin, Copenhagen Business School), Margret Rasfeld (Gründerin der Initiativen Schule im Aufbruch und Global Goals Curriculum), Prof. Dr. Schleicher und Peter Spiegel (Generalsekretär WeQ Foundation, Kurator EduAction Bildungsgipfel).

Kompetenz 1: Systemisches Denken

Unser Bildungssystem beruht bisher stark auf der Vermittlung von Fachwissen. Nach Prof. Dr. Andreas Schleicher wird dieses künftig enorm an Bedeutung verlieren. Nachdem durch das Internet innerhalb weniger Jahre Wissen heute universell verfügbar und jederzeit abrufbar geworden ist, benötigen wir künftig vor allem die Fähigkeit, erlernte Techniken so einzusetzen, dass wir in der Lage sind, das rezipierte Wissen täglich neu zu prüfen, zu analysieren und einzuordnen. Auswendiglernen sei angesichts des täglich anwachsenden kollektiven Wissens nicht mehr nutzbringend. Wir müssen stattdessen lernen zu extrapolieren und altes Wissen permanent mit neuem zu verbinden.

Kompetenz 2: Soziale Fähigkeiten

"Lernen läuft über Beziehungen", sagt Margret Rasfeld. Menschen lernen am besten von anderen Menschen. Dazu seien soziale Fähigkeiten eine Schlüsselkompetenz, um Face-to-Face-Kommunikation, zwischenmenschliche Interaktion und Teamarbeit zu meistern und später im Arbeitsleben zu bestehen. Emotionale Intelligenz und Empathie gehören ebenso dazu. Solche Fähigkeiten unterscheiden uns vom Computer und werden umso wichtiger, da digitale Geräte und Tools mehr und mehr in unseren Bildungsalltag Einzug halten.

Kompetenz 3: Akteur sein

Verantwortungsbewusstsein, kreatives Denken, der Wille, Neues zu schaffen: Jeder Einzelne von uns hat heute dank digitaler Tools und Vernetzung die Möglichkeit, die Welt mitzugestalten. Nach Margret Rasfeld sollten alle Lernenden zu eigenständigem Handeln, Mut und Neugier ermutigt werden. Erwachsene Menschen wirken auf Heranwachsende stark als Vorbilder ein. Lehrende können viel bewirken, indem sie lösungsorientiert agieren und Verantwortung für sich und die Umwelt übernehmen.

Wie gelingt die Transformation von einer Fokussierung auf Wissensbildung zu einer Entwicklung dieser sogenannten "Future Skills"? Wie müssen sich dafür Lehr- und Lernorte verändern und welche Rolle spielen Bildungsinstitutionen, Unternehmen und Zivilgesellschaft dabei?

Maßnahme 1: Alte Bildungsstrukturen aufbrechen

"Das aktuelle Modell von Schule hat keine Zukunft mehr", sagt Prof. Dr. Schleicher. Der langwierige Prozess "Curriculum-Erstellung > Fortbildung Lehrender > Implementierung in den Schulen" werde den Anforderungen der Zukunft strukturell nicht mehr gerecht und sei nicht in der Lage, sich immer wieder rasch genug an die neuen Entwicklungen anzupassen. Stattdessen müsse ein sozialer Prozess für lebenslanges Lernen geschaffen werden. Die Expertise und Innovationsfähigkeit der Lehrenden müsse durch direkte Vernetzung untereinander genutzt werden.

Margret Rasfeld ergänzt, dass der fächerorientierte Stundenplan ein Problem bei Initiativen wie projektbasiertem Lernen oder der Hinzuziehung schulexterner Expertise sei. Das "Fächerkorsett" an den Schulen müsse aufgebrochen werden, um neuen Lehr- und Denkstrukturen Platz zu machen.

Dies ist vor allem auch Aufgabe der Politik, sagt auch Isabell Fries und fordert die neue Bundesregierung auf, neugierig zu sein, jetzt zu agieren und entsprechende Weichen zu stellen, finanzielle Mittel bereitzustellen und die notwendigen Akteure zu mobilisieren. Peter Spiegel schlägt analog des Rates für Nachhaltige Entwicklung einen Rat für Zukunftsbildung vor.

Das Aufbrechen alter Strukturen ist mit der Frage verknüpft, von wem und wo die Lernenden künftig lernen sollten. Isabell Fries berichtet von den Ergebnissen einer Konferenz im Sommer: Lehrende sollten sich als Mentoren verstehen, die individuell auf die Lernenden eingehen und sie bei der Ausbildung ihrer Persönlichkeit unterstützen. Ein Lernort könnte ein physischer Co-Working-Space sein, ein kreativer Ort, an dem Schülerinnen und Schüler kollaborativ und teambasiert lernen und sich frei entfalten können.

Maßnahme 2: Eine neue Lehr- und Lernkultur gestalten

Nach Prof. Dr. Schleicher ist das deutsche Bildungssystem sehr hierarchisch aufgebaut. In anderen Ländern herrsche unter den Lehrenden mehr Kollegialität, eine Kultur des Teilens und eine größere Innovationsfähigkeit des Bildungssystems. Als Beispiel nennt er den asiatischen Raum, wo die Folgen der Digitalisierung früher antizipiert wurden als bei uns. Dort stehe bereits seit 15 Jahren der Einzelne mehr im Zentrum, und selbst in Fächern wie Sport gehe es um die Frage, wie Werte und Fähigkeiten gestärkt werden können. Soziale Kompetenzen werden stärker vermittelt.

Margret Rasfeld macht sich, wie am Beispiel der ESBZ gezeigt, für eine neue Lehr- und Lernkultur stark, bei der "Future Skills" durch Projekte und eigenes Erleben vermittelt werden. Fähigkeiten wie Empathie muss gelebte Kultur an der Schule sein, sagt sie. Eine Wortmeldung aus dem Publikum zeigt auf, dass die Lehrenden in Deutschland einer sehr hohen Leistungsbelastung ausgesetzt seien. Einerseits, weil digitale Neuerungen als zusätzliche zu bewältigende Aufgaben "obendrauf" kommen, anstatt integrativ mit ihnen umzugehen. Andererseits, weil zwischen den Bundesländern eine Konkurrenzhaltung im Bildungsbereich herrsche. "Nur Lehrende und Lernende, denen es gut geht, lehren und lernen auch gut." Deshalb solle eine neue, kollaborative Denkweise einsetzen.

Maßnahme 3: Bilder und Beispiele schaffen

Margret Rasfeld ist überzeugt, dass wir gute Praxisbeispiele schaffen müssen, um aus alten Denksystemen herauszutreten und zu Innovationen beizutragen. "Den Menschen fehlen die Bilder der Zukunft, weil sie in alten Systemen denken." Der Top-Down-Struktur des deutschen Bildungssystems hält sie eine Bottom-Up-Mentalität entgegen. "Auf die Politik können wir nicht warten", meint sie.