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NATO und EU | bpb.de

NATO und EU

M. Dembinski

Die NATO [engl.: North Atlantic Treaty Organization] bildet das wichtigste sicherheitspolitische Konsultationsforum in der euro-atlantischen Region. Sie garantiert bis heute die territoriale Unverletzlichkeit ihrer Mitglieder. 1949 wurde sie zunächst als lockeres Bündnis mit dem Ziel gegründet, den Aufbau starker europ. Streitkräfte im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft durch nordamerik. und brit. Beiträge zu ergänzen. Mit dem Koreakrieg ab 1951 wandelte sich die NATO in eine militärisch hoch integrierte, unter amerik. Führung stehende Allianz. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts nahm die NATO eine dritte Form an. Die territoriale Verteidigung und die nukleare Abschreckung verloren an Bedeutung; stattdessen erklärte die Allianz Stabilität durch Erweiterungen und Partnerschaften sowie Friedenssicherung jenseits ihres Bündnisgebiets zu neuen Aufgaben. Gleichzeitig schwächte sich ohne gemeinsame Bedrohung der Bündniszusammenhalt ab; im Licht der Kriege in Bosnien und im Kosovo erschien die amerik. (Vor-) Machtstellung aus europ. Perspektive weniger verlässlich und erträglich. Mit der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik reagierte die EU auf diese Veränderungen und warf damit die Frage nach dem Verhältnis europ. und transatlantischer militärischer Strukturen neu auf. Bereits 1996 hatten sich die NATO-Mitglieder im Grundsatz darauf verständigt, mit der Westeuropäischen Union (WEU) einen europ. Pfeiler innerhalb der NATO zu errichten. Gemäß dieser Berlin-Vereinbarung sollte die WEU keine eigenen militärischen Strukturen aufbauen, sondern auf Kapazitäten der NATO zugreifen (insbesondere auf Teile der Kommandostruktur in den Fällen, wo zwar die Europäer eingreifen wollen, nicht aber die NATO als Ganzes). Inwiefern dies aber »garantiert« (EU-Forderung) oder nur »gesichert« (Angebot der USA) ist, blieb zunächst umstritten – ebenso wie die Frage eines US-amerik. Vetorechts bei europ. Operationen. Die im Dezember 2002 erzielte sog. »Berlin-plus«-Regelung präzisiert zwar die Zugriffsrechte und Konsultationsmechanismen, lässt jedoch noch viele Fragen ungeklärt. Seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump (2016) ist das Verhältnis zwischen NATO und EU schwieriger geworden (z. B. Streit über gerechte Lastenverteilung). Gleichzeitig gibt es Bemühungen um eine engere Zusammenarbeit (z. B. Gemeinsame NATO-EU-Erklärung von 2016).

Literatur

  • B. Giegerich: Die NATO, Wiesbaden 2012.

  • E. Perot: The art of commitments: NATO, the EU, and the interplay between law and politics within Europe's collective defence architecture, in: European Security, H. 1/2019, S. 40-65.

  • S. J. Smith: EU-NATO cooperation: a case of institutional fatique?, in: European Security, H. 2/2011, S. 243-264.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Dembinski

Fussnoten

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