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Sanktionspolitik der EU | bpb.de

Sanktionspolitik der EU

P. Königs

Allgemein: Sanktionen im (völker-) rechtlichen Sinne umfassen Maßnahmen gegenüber einem Staat (bzw. seiner Elite oder seiner Bevölkerung), der bestimmte Normen (z. B. Menschenrechte) schwer verletzt hat; Sanktionen sollen eine Verhaltensänderung erzwingen. Im Besonderen: Die S. umfasst die Umsetzung von Sanktionsbeschlüssen des UN-Sicherheitsrates durch die Europäische Union und autonome Sanktionen, welche die EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) beschließt.

Die erste autonome S. wurde 1982 gegen die Sowjetunion verhängt; seither kamen Sanktionen gegenüber anderen Staaten in ca. 35 Fällen zum Einsatz (Stand 2019). Gemäß den 2004 verabschiedeten »Grundprinzipien für den Einsatz restriktiver Maßnahmen (Sanktionen)« orientiert sich die S. an den Zielen der UN-Charta sowie an den im EU-Vertrag (Art. 21 EUV) verankerten Zielen der GASP (Schutz der Integrität und Sicherheit der EU, Erhalt von Frieden und Stabilität, Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und »guter Regierungsführung« [engl. Good Governance] sowie Schutz von Menschenrechten und Grundfreiheiten). Die häufigsten Sanktionsinstrumente sind Waffenembargos, Einreiseverbote, Kontensperrungen und Waren- und Dienstleistungsboykotts. Solche »smart sanctions« (engl.: »intelligente S.«) sollen zielgerichtet einzelne Individuen oder Gruppen der herrschenden Elite im jeweiligen Land treffen, ohne zugleich die Zivilbevölkerung zu schädigen. Als Instrument der GASP müssen Sanktionen einstimmig vom Europäischen Rat beschlossen werden. In der Praxis schwankt die S. deshalb zwischen zwei Zielrichtungen: Einerseits verfolgt die S. normative Ziele, denn die meisten EU-Sanktionen werden zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten verhängt. Andererseits wird die S. als Instrument der zwischenstaatlichen GASP oft auch von Einzelinteressen der EU-Staaten bestimmt, die der normativen Zielsetzung zuwiderlaufen können. Der vermehrte Rückgriff auf Sanktionen zeigt, dass die EU sich nicht nur als »soft power« (dt.: »weiche Macht«) versteht, sondern ihre Interessen und Ziele auch mit »harten« Mitteln der Außenpolitik verfolgt. Am 18.12.2017 hat der Rat der EU überarbeitete Sanktionsleitlinien gebilligt (Dok. 15598/17).

Internet

Literatur

  • K. Brummer: Imposing Sanctions: The Not So »Normative Power Europe«, in: European Foreign Affairs Review, H. 14/2009, S. 191-207.

  • J. Kreutz: Hard Measures by a Soft Power? Sanctions policy of the European Union 1981–2004, Paper Nr. 45, Bonn International Center for Conversion, Bonn 2005 (Download: www.bicc.de).

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: P. Königs

Fussnoten

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