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Der Begriff der Identität

Sascha Nicke

/ 11 Minuten zu lesen

Wie bilden sich in modernen Gesellschaften Identitäten heraus? Idealtypisch gesprochen müssen sie entweder permanent gebildet werden – oder aber es gibt einen festen unveränderlichen Wesenskern im Menschen. Wie sieht der rechtspopulistische Identitätsbegriff aust? Und wieso ist er derzeit so erfolgreich?

Wird Identität prozesshaft konstituiert oder gibt es einen substantiellen unveränderlichen Wesenskern, der die Identität ausmacht? (© picture-alliance)

Einleitung

An das "Ende der Geschichte" und den "Sieg" des demokratischen Systems, wie vor mehr als zwei Jahrzehnten bereits verkündet wurde, glaubt gegenwärtig niemand mehr. Ganz im Gegenteil scheinen die demokratischen Gesellschaften selbst zunehmend unter Druck zu geraten. Konstatiert wird eine Krise der Repräsentation durch das Erstarken des (Rechts)Populismus. Der Aufstieg und Erfolg rechtspopulistischer Kräfte sorgen dafür, dass Werte, Umgangs- und Lebensformen, die das demokratische Prinzip von Pluralität, Heterogenität und Toleranz bzw. Akzeptanz im Umgang miteinander vergegenwärtigen, erneut in Frage gestellt werden. Rechtspopulistisches Agieren ist dabei eng mit dem Begriff der Identität verbunden. Wie definieren und nutzen Rechtspopulisten den Begriff Identität? Welche Wirkungen resultieren daraus?

Ideengeschichtliche Bandbreite

Der Begriff Identität ist relativ jung. Er findet zwar schon in einigen Lexika des frühen 19. Jahrhunderts bei der Erklärung von Wörtern wie Derselbe oder Einerley Verwendung, als eigenständiger Ausdruck wird er dort jedoch erst zum Ende des 19. Jahrhunderts geführt und charakterisiert als "philos[ophisches] Kunstwort", das aus dem Neulateinischen abgeleitet für "Einerleiheit" oder "Wesenseinheit" steht. In dieser Wortbedeutung der Gleichheit von zwei oder mehreren Dingen findet sich der Begriff jedoch schon in der antiken Philosophie in Form seines griechischen Ursprunges autos, to auton sowie im theologischen Diskurs des Mittelalters im lateinischen Begriff identitas oder idem.

Durch die von Rene Descartes entwickelte Erkenntnistheorie erfuhr die Identitätstheorie für das neuzeitliche Verständnis eine wesentliche Prägung. Mit seiner Definition der Substanz als etwas dauerhaft Seiendes, das in jedem Ding als Träger seiner Eigenschaften fungiert, bereitet er die Grundlage einer substantiellen Identitätskonzeption. Denn daraus leitet sich ab, dass jeder Mensch zeitlebens über einen ihm inhärenten, d.h. innewohnenden Wesenskern verfügt, in dem alle Grundzüge seiner selbst verankert seien. Die äußere Erscheinungsform, das Verhalten, sei demnach immer identisch mit dem inneren Wesenskern des Menschen. Trotz zahlreicher Kritiken und alternativen Konzepten nimmt dieser "cartesiansche Substanzgedanke" innerhalb der Identitätstheorie bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts eine herausragende Position ein.

Erst ab diesem Zeitpunkt etablierte sich eine alternative Vorstellung innerhalb der Wissenschaften. Ausgehend von Sigmund Freuds Konzept der Identifizierung als psychischem Mechanismus verbreitet sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dessen Popularisierung auch die Idee einer prozesshaften Identität. Für die endgültige wissenschaftliche Anerkennung sorgte dann das vom Psychoanalytiker Erik H. Erikson publizierte Werk "Kindheit und Gesellschaft" ("Childhood and Society") im Jahr 1950, in dem die Identitätsbildung als Folge eines achtstufigen Phasenmodells der psychosozialen Entwicklung entworfen wird. Ich-Identität ist bei Erikson das Gefühl, ein zusammengehöriges Ganzes zu sein. Dieses Gefühl ist nicht statisch, sondern muss durch das Ich als Prozess, der Wirklichkeit verarbeitet, permanent hergestellt werden. Nach Erikson erfährt der Identitätsbegriff eine wissenschaftliche Konjunktur, die zu einer enormen Ausweitung seiner Verwendungsweisen führt. So findet man ihn charakterisiert als Synonym für den Sinn des Lebens oder den Subjektbegriff, als Äquivalent der Seele, Nation oder Kultur oder als Kollektiveinheit von Gruppierungen. Die Vorstellung einer prozesshaften Konzeption von Identität etabliert sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ist schließlich in der sogenannten Postmoderne konzeptionell um die Erkenntnis eines multiplen Charakters und der permanenten Wandelbarkeit erweitert worden.

Grundsätzlich lassen sich in der ideengeschichtlichen Begriffsrekonstruktion also zwei identitätstheoretische Grundauffassungen feststellen: Substanz und Prozess. Welche von beiden Vorstellungen ist nun in unseren heutigen Gesellschaften vorzufinden?

Gegenwartsdiagnose: theoretische Konzepte von Identität

Ein prozesshaftes Verständnis der Identität scheint geeigneter zu sein, um die zeitgenössischen Gesellschaften und deren Akteure zu erklären, als es der Gegenentwurf einer substantiellen Identitätsdefinition vermag. Diese Vermutung stützen die Entwicklungen in den identitätsthematischen Forschungsbereichen der letzten Jahrzehnte. Um sich die Gründe dafür vergegenwärtigen zu können, muss zuerst einmal erläutert werden, wie Identität in einem prozesshaften Konzept konstituiert werden kann.

Wenn Identität nicht eine feste, gegebene Entität sein soll, muss sie permanent gebildet werden. Weil dabei das Umfeld als Produktionsstätte der potentiellen Identitätskategorien fungiert, in dem durch Normen, Rollenmuster, Praktiken, Gesetzlichkeiten, Sprache usw. die potentiellen Identitätskategorien überhaupt erst geformt werden, vollzieht sich die Herstellung der Identität im Spannungsfeld der Selbstwahrnehmung eines Individuums und den sozio-kulturellen Denkweisen und Kategorien seines Umfeldes. Im Individuum selbst findet dann ein zweifacher Prozess statt: einerseits ist das die selbstständige Inkorporation aller außerhalb des Körpers getätigten Erfahrungen und Eindrücke, die im Gedächtnis als Wissensbestand gespeichert werden. Andererseits werden durch die individuelle Verarbeitung der sowohl extrinsischen Eindrücke und Zuschreibungen als auch der intrinsischen Wahrnehmungen situative Verhaltensweisen produziert. Sie werden in Abhängigkeit der sozialen Anforderungen, des Erfahrungswissens und der Selbstbilder angewandt. Aufgrund der Fähigkeit zur Selbstreflexion vermag es der Mensch zudem, seine eigenen Handlungen zu beobachten und dementsprechend seine Erwartungshaltungen anzupassen sowie langfristige Selbstbilder, Wertvorstellungen und Ziele zu entwickeln.

Prozesshafte Identität wird also in der Begriffstheorie als eine temporäre, vielfältige und relative Erscheinungsform verstanden, die im Verhältnis zur situativen Umwelt, den eigenen Selbstbildern und Moralvorstellungen, den sozio-kulturellen Denkweisen und Verhaltensnormen gebildet wird. Der Vorteil eines solchen Begriffsverständnisses besteht darin, dass die zeitgenössischen komplexen und vielschichtigen gesellschaftlichen Wirklichkeiten berücksichtigt und die Vielheit an individuellen Ichformen im Einzelnen erklärt werden können. Im Zentrum der Betrachtung stehen nicht stereotype und allgemeine Erklärungsmuster, die sich an zentralen Kategorien wie Nationalität, Milieu, Geschlecht usw. orientieren. Der Blick wird auf die feingliedrige, individuelle Konstellation gerichtet. Mithilfe einer prozesshaften Identitätskonzeption kann ein verständliches Erklärungsmodell entwickelt werden, das für das Spannungsfeld individueller Selbstbestimmung und struktureller Wirkmächtigkeit in der Identitätsausbildung eine hybride Lösungsmöglichkeit bietet. Denn in einem Zeitalter, in dem der Einzelne permanent mit Entscheidungssituationen konfrontiert wird, erscheint die Vorstellung einer zumindest teilweisen selbstbestimmten Handlungsfähigkeit innerhalb spezifischer Denk- und Handlungsformen plausibler als Ansätze, die ein deterministisches Menschenbild vermitteln und von festen Identitätsformen ausgehen. Der Nachteil einer prozesshaft konzipierten Identität besteht in ihrer Relativität, die die Funktionalität von Identität vermindert. Wenn identitäre Erscheinungsformen im Verhältnis zur Situation, personellen Konstellation usw. variieren und vielschichtige, unterschiedliche Ichvarianten jeweils gebildet werden, dann reduzieren sich langfristige und dauerhafte Orientierungsmuster als potentielle Identitätskategorien für den Einzelnen. Zwar lassen sich auch mittel- bzw. langfristige Merkmale wie Wertvorstellungen bilden, die dem Ich als Leitlinien in seinen Selbstbildern und Verhaltensweisen dienen. Einen "sicheren" festen Platz in der Welt bzw. einen dauerhaft geltenden individuellen Lebenssinn vermitteln diese jedoch nur selten. Genau an dieser Schwachstelle von prozesshaft konzipierten Identitätsmodellen setzt der rechtspopulistische Identitätsentwurf an.

Identitätsvorstellungen im politischen Meinungsstreit: Analyse des rechtspopulistischen Identitätsbegriffes

Die Grundmaxime in rechtspopulistischen Identitätsvorstellungen bildet die Annahme eines substantiellen Wesenskernes. Jeder Mensch sei durch seine nationale Zugehörigkeit bestimmt, die nicht im Verständnis der Staatszugehörigkeit definiert wird, die potentiell auch wechselbar wäre, sondern die aus der Abstammung resultiert. Ein "kulturelles Erbe", "genuine Traditionen", die "historische Vergangenheit" und die Sprache kreierten einen "spezifischen Volkscharakter", der eng mit einem gewissen geographischen Lebensraum verbunden sei und der qua Geburt übertragen würde. Jeder Einzelne wird in dieser Lesart also mit seiner Geburt ein Mitglied in einer schicksalsbestimmten Gemeinschaft und erhält dadurch eine spezifische, aus der Historie und Tradition gewachsene Wesenheit. Der Mensch wird in dieser Perspektive auf diese Wesenheit reduziert, mögliche Unterschiede zwischen den Einzelnen nivelliert. Es wird von etwas genuin Eigenem ausgegangen, was jede Nation bzw. jedes Volk ausmacht und was nur in Form einer (Blut-)Abstammung übertragbar sei. Der Vorteil einer solchen substantiell bestimmten Identitätsvorstellung besteht in der Homogenisierung der komplexen und heterogenen Gesellschaftszustände in die Kategorien des "Eigenen" und des "Anderen". Die vielschichtigen Lebenswelten und Subkulturen, die große Anzahl an Individuen und Subkollektiven, die sich innerhalb einer Gesellschaft befinden, werden ausgeblendet und in einem einzigen nationalen-völkischen Kollektiv subsumiert. Dem Einzelnen wird somit eine überschaubare Welt suggeriert, in der sein (Lebens-)Sinn determiniert ist. Denn das "Eigene" muss erhalten und vor dem Verfall durch den Einfluss von "Fremden" sowie "Feinden" beschützt und verteidigt werden. Sei es "der Multikulturalismus", die "Gender-Forschung", die "Betonung der Individualität" oder die "Masseneinwanderung und Islamisierung", Feindbilder und Abgrenzungsmöglichkeiten finden sich zuhauf. Diese dienen zusätzlich dazu, die Homogenisierung des "Eigenen" zu verstärken. Denn anhand derer lassen sich alternative Lebensweisen und Wertvorstellungen ausgrenzen, indem eine simplifizierte Welt entworfen wird, in der es nur ein "Richtiges" gibt, der Einzelne im Kollektiv aufgeht und der Rest als "Fremdes", "Feind" oder "Falsches" stigmatisiert wird.

Der Identitätsbegriff fungiert im rechtspopulistischen Vokabular also häufig als Vermittler einer völkisch-nationalistischen Ideologie, in der eine klare und eindeutige Lebenswelt entworfen wird. In dieser Lebenswelt sind die individuellen Rollen und Aufgaben sowie der Lebenssinn eines Einzelnen fest bestimmt. Prinzipien der Homogenisierung, Exklusion und Simplifizierung werden – mitunter im Zusammenhang mit einem rassistischen Weltbild – unter dem Begriff der Identität verborgen. Als Legitimationsrekurs dient eine Vergangenheit, die als "pseudotraditionelle" Welt selbst entworfen wird.

Literaturverzeichnis

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  • Zirfas, Jörg. Identität in der Moderne. Eine Einleitung. In: ders. und Benjamin Jörissen (Hrsg.). Schlüsselwerke der Identitätsforschung. Wiesbaden 2010.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Verwiesen wird auf das berühmte Werk von Francis Fukuyama mit seiner geschichtsphilosophischen Euphorie: Fukuyama, Francis. The end of history and the last man. New Edition. New York [zuerst 1992] 2006.

  2. Siehe dazu alle Beitrage auf: Interner Link: http://www.bpb.de/apuz/234693/repraesentation-in-der-krise (19.01.2017, 12:10Uhr).

  3. Darunter verstehe ich die politischen Kräfte, die sich in einer vereinfachenderen Darstellung der Gegenwart als Stimme "des Volkes" generieren, traditionelle Lebensformen als Ideal glorifizieren und permanent auf Feindbilder verweisen, die das "Eigene" bedrohten. Siehe auch: Interner Link: Decker, Frank/ Lewandowsky, Marcel. Rechtspopulismus: Erscheinungsformen, Ursachen und Gegenstrategien.

  4. Die Ursachen für das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte sind derweil mannigfaltig, sei es die Globalisierung, Flexibilisierung der Arbeitswelt, Digitalisierung usw., es finden sich viele Gründe. Für eine ausführlichere Darstellung siehe: Zirfas, Jörg. Identität in der Moderne. Eine Einleitung. In: ders. und Benjamin Jörissen (Hrsg.). Schlüsselwerke der Identitätsforschung. Wiesbaden 2010. S. 9-17. Hier. S. 10ff. Oder: Alkemeyer, Thomas/ Budde, Gunilla/ Freist, Dagmar. Einleitung. In: dies. (Hrsg.). Selbst-Bildungen. Soziale und kulturelle Praktiken der Subjektivierung. Bielefeld 2013. S. 9-30. Hier. S. 11f.

  5. Vgl. Adelung, Johann Christoph. Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart. Wien 1811. Sp. 1466 u. 1693f.

  6. Meyers Konversationslexikon. 4. Auflage. 8. Bd. Leipzig/ Wien 1885-1892. S. 875.

  7. F. A. Brockhaus. 14. Auflage. 9. Bd. Leipzig/ Berlin/ Wien 1894-1896. S. 512.

  8. Vgl. Zirfas, Identität in der Moderne…, a.a.O., S. 11. Zum Beispiel in Platons Theorie des Erkennens, für ausführliche Darstellungen siehe: Schmitt, Arbogast. Denken und Sein bei Platon und Descartes. Kritisches Anmerkungen zur >Überwindung der antiken Seinsphilosophie durch die moderne Philosophie des Subjekts. Heidelberg 2011. S. 24ff.

  9. Vgl. Groebner, Valentin. Ich-Plakate. Eine Geschichte des Gesichts als Aufmerksamkeitsmaschine. Frankfurt/Main 2015. S. 28ff. Der identitas-Begriff wird in der Bedeutung eines gleich-seiendes u.a. im Zuge der Fragen um die Dreieinigkeit Gottes benutzt. Vgl. ebenda.

  10. Vgl. Schmitt, Denken und Sein…, a.a.O., S. 26f u. 60ff.

  11. Vgl. Kaufmann, Jean-Claude. Die Erfindung des Ich. Eine Theorie der Identität. Konstanz 2005. S. 24ff.

  12. Vgl. Schulte, Philipp. Identität als Experiment. Ich-Performanzen auf der Gegenwartsbühne. Frankfurt/Main 2011. S. 36f.

  13. Vgl. Kaufmann, Die Erfindung…, a.a.O., S. 28ff. Sowie: Wißmann, Torsten. Raum zur Identitätskonstruktion des Eigenen. Stuttgart 2011. S. 48ff.

  14. Vgl. Kaufmann, Die Erfindung…, a.a.O., S.34ff.

  15. Vgl. Wißmann, Raum zur…, a.a.O., S. 45.

  16. Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Identitätskonzepten, die auf einem prozesshaften Konstruktionsprozess basieren. So wird Identität zum Beispiel "als (kognitives) Selbstbild, als habituelle Prägung, als soziale Rolle oder Zuschreibung, als performative Leistung, als konstruierte Erzählung"(Zirfas, Identität in der Moderne…, a.a.O., S. 9) verstanden. In der folgenden Skizze geht es mir jedoch nicht darum, die unterschiedlichen prozesshaften Identitätsdefinitionen zu veranschaulichen, sondern es soll ein theoretischer Konstruktionsprozess vereinfachend dargestellt werden. Dabei entwerfe ich ein Beispiel von vielen möglichen.

  17. Vgl. Butler, Judith. Das Unbehagen der Geschlechter. Gender Studies. Übers. von Katharina Menke. 17. Auflage. Frankfurt/Main [zuerst 1991] 2014. S.16f.

  18. Den Individuumsbegriff gilt es dabei als ein Produktionszentrum von Identität zu verstehen, der in einem zweigliedrigem Prozess für die permanente Herstellung von Selbstbewusstsein und Selbstbildern sorgt. Siehe auch: Reckwitz, Andreas. Subjekt. 2., unver. Auflage. Bielefeld 2010. S. 17ff.

  19. Vgl. Kaufmann, Die Erfindung…, a.a.O., S. 59.

  20. Vgl. Butler, Judith. Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Übers. von Karin Wördemann. Frankfurt/Main 1995. S. 153ff.

  21. Vgl. Abels, Heinz. Identität. Über die Entstehung des Gedankens, dass der Mensch ein Individuum ist, den nicht leicht zu verwirklichenden Anspruch auf Individualität und die Tatsache, dass Identität in Zeiten der Individualisierung von der Hand in den Mund lebt. Wiesbaden 2006. S. 242f.

  22. Als Grundlage der Analyse rechtspopulistischer Identitätsvorstellungen dient das Grundsatzprogramm der AfD (im folgenden mit GAfD abgekürzt) sowie die Selbstdarstellung der Identitären Bewegung auf deren Webseite (http://www.identitaere-bewegung.de/idee-tat/ 14.12.2016, 15:25Uhr) (im folgenden mit IB abgekürzt). Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Grundsatzprogramm der AfD, weil es in seiner Schriftform inklusive Seiten- und Zeilenangabe für dezidierte Quellenverweise geeignet ist, was bei der Webseitendarstellung der Identitären Bewegung weniger der Fall ist.

  23. Oft verbunden mit dem Volksbegriff. Vgl. GAfD, S. 6, Spalte 2, Zeile 16-20, S. 47, Spalte 2, Zeile 8-11, S. 65, Spalte 1, Zeile 17-24. Sowie: IB, Unterpunkt Idee & Tat, Zeile 8-16.

  24. Vgl. GAfD, S. 6, Spalte 2, Zeile 15-16; S. 47, Spalte 1, Zeile 10-28. Sowie: IB, Unterpunkt Idee & Tat, Zeile 8-11.

  25. Im Grundsatzprogramm der AfD wird schlussendlich eine Auflösung des Einzelnen im ganzen Volk als Ziel nahegelegt, denn Individualität wird als Feindbild bezeichnet, "die historisch‐kulturelle Identität unserer Nation" (GAfD, S. 2, Zeile 1-4) beschworen und das Volk als einheitliche Erscheinungsform dargestellt. Vgl. GAfD, S. 27, Zeile 13-15 u. S. 2, Zeile 1-4. Diese Grundtendenzen lassen zumindest eine inhaltliche Nähe zur "Völkischen Bewegung" sowie NS-Ideologen a la Alfred Rosenberg oder Alfred Bäumler erahnen. Vgl. Steizinger, Johannes. Politik versus Moral. Alfred Baeumlers Versuch einer philosophischen Interpretation des Nationalsozialismus. In: Werner Konitzer und David Palme (Hrsg.). "Arbeit", "Volk", "Gemeinschaft". Ethik und Ethiken im Nationalsozialismus. Jahrbuch 2016 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust des Fritz Bauer Institutes. Frankfurt/Main/ New York 2016. S. 29-48.

  26. Vgl. GAfD, S. 59, Spalte 2, Zeile 11-13 u. S. 65, Spalte 2, Zeile 4-11.

  27. Vgl. IB, Unterpunkt Idee & Tat, Zeile 4-11 u. 17-19

  28. GAfD, S. 47, Spalte 1, Zeile 10-28.

  29. GAfD, S. 41, Spalte 1, Zeile 7-10.

  30. Ebenda.

  31. IB, Unterpunkt Idee & Tat, Zeile 6.

  32. Vgl. GAfD, S. 41, Spalte 1, Zeile 1-10 u. Zeile 17-19 u. S. 59, Spalte 2, Zeile 11-13. Oder: IB, Unterpunkt Idee & Tat, Zeile 4-7 u. 12-17.

  33. Mit dem Begriff des Pseudotraditionalismus wird auf den von Georges Balandier beschrieben Mechanismus der Vergangenheitsmanipulation verwiesen,(Vgl. Balandier, Georges. Politische Anthropologie. 2., durchges. u. erw. Auflage. Übers. von Friedrich Griese. München [zuerst 1967] 1972. S. 187ff.), der hier angewandt wird: GAfD, S.1, Z. 21-27, S. 32 Zeile, 12-23 u. S. 33, Zeile 9-12.

Sascha Nicke ist Doktorand an der Universität Potsdam am Arbeitsbereich für Sozialgeschichte. In seiner Doktorarbeit forscht er zu Konstruktion von Identität und Veränderungsprozesse in der Identitätsbildung und -entwicklung von Menschen.