Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

10 Jahre UN-Menschenrechtsrat | Hintergrund aktuell | bpb.de

10 Jahre UN-Menschenrechtsrat

Redaktion

/ 3 Minuten zu lesen

Am 15. März 2006 löste der UN-Menschenrechtsrat die UN-Menschenrechtskommission ab. Trotz einiger Reformen – er ist kleiner und effektiver gestaltet – sieht sich der Menschenrechtsrat mit ähnlicher Kritik wie seine Vorgängerin konfrontiert.

Delegierte kommen in Genf zu einer Sondersitzung des Menschenrechtsrates zusammen. (© picture-alliance/dpa)

Nach Ende des Interner Link: Zweiten Weltkrieges riefen im April 1946 die Vereinten Nationen die UN-Menschenrechtskommission (MRK) ins Leben. Die aus 53 Mitgliedstaaten bestehende Kommission hatte die Aufgabe, Menschenrechte zu fördern und zu schützen.

Die Kommission arbeitete zunächst die Externer Link: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus, die im Dezember 1948 Interner Link: verabschiedet wurde. Später wurde das Mandat der MRK schrittweise erweitert: Über Sonderberichterstatter untersuchte sie, wie Menschenrechtsstandards in einzelnen Staaten implementiert wurden; außerdem sprach die Kommission Verurteilungen und Empfehlungen an einzelne UN-Mitgliedstaaten aus, die allerdings rechtlich nicht bindend waren.

Kritik an der Menschenrechtskommission

Die Arbeit der MRK war zunehmend geprägt durch Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten und dem Vorwurf der Politisierung: Autoritäre Staaten in Asien und Afrika warfen den westlichen Demokratien vor, in Menschenrechtsfragen aufgrund wirtschaftlicher Interessen doppelte Standards anzulegen. Die westlichen Länder warfen den autoritären Staaten wiederum vor, unter dem Vorwand kultureller Besonderheiten Interner Link: Menschenrechtsrelativismus zu betreiben.

Einige Menschenrechtsgruppen kritisierten, das Interesse am Schutz nationaler Interessen würde die Arbeit der Kommission überschatten. Auch Staaten, in denen sich Menschenrechtsverletzungen häuften – beispielsweise der Sudan, Saudi-Arabien und Kuba – blieben Mitglieder der MRK. Als Libyen 2003 ihren Vorsitz übernahm, verlor die Institution weiter an Glaubwürdigkeit. Auf Empfehlung des damaligen Interner Link: UN-Generalsekretärs Kofi Annan beschloss am 15. März 2006 die Interner Link: Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Externer Link: Resolution 60/251, die Kommission aufzulösen und durch den Interner Link: Menschenrechtsrat (MRR) zu ersetzen.

Von der Menschenrechtskommission zum Menschenrechtsrat

Der MRR mit Sitz in Genf ist kleiner und soll effektiver sein: Seine 47 Mitglieder sind nach dem Prinzip geografischer Ausgewogenheit verteilt: 13 Sitze erhält die Gruppe der afrikanischen Staaten, 13 die der asiatischen Staaten, acht die der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, sechs stehen der Gruppe der osteuropäischen Staaten und sieben der Gruppe der westeuropäischen und anderen Staaten zur Verfügung. Die Mitglieder werden für je drei Jahre gewählt. Dafür ist eine absolute Mehrheit der Mitgliedstaaten der UN-Generalversammlung erforderlich ; die Mitgliedschaft im MRR kann auf sechs Jahre verlängert werden; für die folgende Amtszeit darf der Mitgliedstaat nicht wiedergewählt werden. Die Generalversammlung kann Mitglieder des Rates suspendieren, falls sie der Ansicht ist, dass diese systematisch und in großem Umfang gegen Menschenrechte verstoßen. So wurde im März 2011 wegen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung Libyens Mitgliedschaft im MRR ausgesetzt.

Der MRR hat ein breites Mandat: Er soll sich für die Verbreitung der Menschenrechte weltweit einsetzen und Ratschläge und Empfehlungen zu deren Umsetzung erteilen; außerdem soll er der Generalversammlung Vorschläge machen, wie menschenrechtliche Normen weiterentwickelt werden können. Wie auch bei der MRK kann der Rat unabhängige Berichterstatter zur Überprüfung der Menschenrechte in bestimmten Staaten einsetzen.

Einhaltung von Menschenrechtsstandards

Durch ein neues Verfahren, die "Universal Periodic Review" (UPR), überprüft der MRR, ob die UN-Mitgliedstaaten die Menschenrechte einhalten. Ein "Review" wird auf Grundlage von drei Komponenten erstellt: Informationen, die die untersuchten Staaten selbst zusammentragen; Berichte, die unabhängige Expertinnen und Experten oder Menschenrechtsgremien erstellen; und Informationen, die von anderen unabhängigen Akteuren wie Menschenrechtsinstitutionen und NGOs stammen. Im Zeitraum zwischen der Gründung des MRR im März 2006 und Oktober 2011 wurden Berichte über alle 193 UN-Mitgliedstaaten verfasst.

Das Verfahren ist kooperativ und die Empfehlungen des Rates sind nicht verbindlich; es liegt also im Ermessen der Staaten, diese umzusetzen. Die Diskussion der Berichte mit den Staaten sowie deren öffentliche Behandlung erzeugt jedoch Druck auf Staaten, sich mit diesen Empfehlungen auseinanderzusetzen.

Wie seine Vorgängerinstitution, die Menschenrechtskommission, sieht sich auch der MRR mit Kritik an der Zusammensetzung konfrontiert. So kritisierte Human Rights Watch 2013, dass mit der Wahl von China, Russland, Algerien und Saudi-Arabien Staaten in den Rat gewählt worden seien, die zuvor UN-Beobachtern den Zutritt verwehrt hätten. Die unabhängige Beobachterorganisation UN Watch hatte diese und andere Staaten wegen ihrer problematischen Menschenrechtsbilanz und ihrer vergangenen UN-Abstimmungen als nicht-qualifiziert für die Mitgliedschaft bezeichnet. UN Watch kritisierte auch, dass der MRR einige Staaten unverhältnismäßig öfter anmahne als andere: So werde Israel regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, während gegen China, Russland oder Saudi-Arabien jedoch keine kritische Resolution beschlossen werde.

Mehr zum Thema:

Weitere Inhalte

Weitere Inhalte

Themenseite

Internationale Organisationen

Auf dieser Seite finden Sie ausgewählte Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung zu Internationalen Organisationen.

Themen

Menschenrechte

Auf der Flucht vor Zwangsheirat, hinter Gittern wegen der "falschen" Meinung, in der Textilfabrik von Kindesbeinen an: Auch 70 Jahre nach Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte ist die Frage nach…

Artikel

Zehn Fragen zu Menschenrechten

Wer hat Menschenrechte inne? Wie wurden sie erkämpft? Und wie können Menschenrechte überwacht werden? Der Vorsitzende des Nürnberger Menschenrechtszentrums, Dr. Michael Krennerich, gibt Antworten.

Aus Politik und Zeitgeschichte
0,00 €

Menschenrechte

0,00 €
  • Online lesen
  • Pdf
  • Epub

Als politische Norm haben die Menschenrechte eine beachtliche Wirkmächtigkeit entfaltet und gehören heute zu den Leitmotiven des internationalen Diskurses. Doch die Diskrepanz zwischen Anspruch und…

  • Online lesen
  • Pdf
  • Epub
Schriftenreihe
7,00 €

Menschenrechte

7,00 €

Was sind Menschenrechte? Wo sind sie festgeschrieben? Und wie lässt sich ihr Schutz gewährleisten? In diesem Grundlagenwerk erläutert Michael Lysander Fremuth die wichtigsten Zusammenhänge.…

Informationen zur politischen Bildung
Vergriffen

Grundrechte

Vergriffen
  • Online lesen
  • Pdf

Das Heft skizziert die Geschichte der Grundrechte in Deutschland, erläutert ihre Bedeutung, diskutiert ihre Kontroversen und verweist auf wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.

  • Online lesen
  • Pdf

„Hintergrund Aktuell“ ist ein Angebot der Onlineredaktion der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Es wird von den Redakteur/-innen und Volontär/-innen der Onlineredaktion der bpb redaktionell verantwortet und seit 2017 zusammen mit dem Südpol-Redaktionsbüro Köster & Vierecke erstellt.

Interner Link: Mehr Informationen zur Redaktion von "Hintergrund aktuell"