Am 9. November 1938 gipfelte der staatliche Antisemitismus in einem Pogrom gegen die Juden. Die Ausschreitungen waren von der nationalsozialistischen Führung organisiert, die die Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Bürger seit der "Machtergreifung" Hitlers 1933 systematisch vorantrieb.
Am Vormittag des 7. November 1938 feuert der 17-jährige polnische Jude Herschel Grynszpan in der deutschen Botschaft in Paris zwei Kugeln auf einen deutschen Diplomaten. Das Opfer, der Botschaftssekretär Ernst vom Rath, wird schwer verletzt. Der Schütze will mit seiner Tat auf die Deportationen polnischer Juden im Oktober 1938 aufmerksam machen, unter denen auch seine eigenen Eltern sind. Die NS-Führung nutzt das Attentat als Vorwand für eine großangelegte Welle der Gewalt gegen Juden in Deutschland.
Schon am 8. November, am Tag nach dem Attentat, ereifert sich die Parteizeitung der NSDAP, der "Völkische Beobachter" darüber, dass in Deutschland "Hunderttausende von Juden noch ganze Ladenstraßen beherrschen". Am Abend des 9. November wird der Tod des deutschen Diplomaten in Paris bekanntgegeben. Später an diesem Abend sagt Propagandaminister Joseph Goebbels in einer Rede, Ausschreitungen gegen Juden seien "von der Partei weder vorzubereiten noch zu organisieren". Allerdings sei ihnen "soweit sie spontan entstünden auch nicht entgegenzutreten".
Die bei dieser Rede anwesende NS-Führung verständigt noch am selben Abend ihre Gauleitungen. Die Staatspolizei soll Plünderungen verhindern, aber sonst nicht eingreifen. Brände sollen nur insofern gelöscht werden, um umliegende Gebäude zu schützen. Gleichzeitig wird befohlen, in allen Bezirken so viele Juden wie möglich festzunehmen.
In der Folge kommt es noch in derselben Nacht an hunderten Orten zu gewalttätigen Übergriffen gegen die jüdische Bevölkerung. Obwohl die meisten Ausschreitungen in der Nacht des 9. November stattfanden, war die sogenannte Reichspogromnacht nicht auf diese Zeit beschränkt:
An einigen Orten, wie z.B. in Nordhessen, brachen die ersten Unruhen schon in der Nacht des 7. November aus.
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