Der Hunger in der Welt nimmt zu. Mehr als 900 Millionen Menschen leiden an
Unterernährung. Steigende Lebensmittelpreise und der wachsende Bedarf an
Biokraftstoffen könnten diese Tendenz in Zukunft noch verstärken.
Die Zahl der Menschen, die weltweit an Hunger leiden, ist zwischen 2005 und
2007 von 848 Millionen auf 923 Millionen gestiegen. Das geht sowohl
aus Zahlen der Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und aus
dem Welthunger-Index 2008 hervor,
Die hohen Lebensmittelpreise führten Anfang des Jahres weltweit zu Protestaktionen - wie hier bei einer Demonstration in Kairo. Foto: AP
den die Deutsche Welthungerhilfe und das
Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI) anlässlich des
Welt-Ernährungstages am 16. Oktober vorstellten.
Der Welthungerindex berechnet regelmäßig die weltweite Hunger- und
Ernährungs- situation und ermittelt Veränderungen seit 1990: Zwar sei in
einigen Regionen in Asien, Nordafrika, Lateinamerika und in Nahost eine
Verbesserung zu verzeichnen. Nach wie vor gebe es "auf breiter Front" aber
keinen Fortschritt in der Hungerbekämpfung, erklärte der IFPRI-Direktor
Joachim von Braun. IFPRI-Direktor Joachim von Braun sprach von einer
"dramatischen Trendwende": In 33 der insgesamt 88 untersuchten Länder sei
die Lage "sehr ernst" oder "gravierend", darunter unter anderem die
Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Burundi, Niger und Sierra Leone. Im
regionalen Vergleich bildet Afrika südlich der Sahara weltweit das
Schlusslicht. Demgegenüber habe sich die Lage in Peru und Vietnam deutlich
verbessert. Aufgrund der Kriegssituation fehlen im Welthunger-Index 2008
Angaben zur Situation in Somalia, Irak und Afghanistan. Der Welthungerindex
berechnet regelmäßig die weltweite Hunger- und Ernährungssituation und
ermittelt Veränderungen gegenüber dem Jahr 1990.
Die Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) macht zwei Tendenzen
für die aktuelle Entwicklung verantwortlich: Während auf dem weltweiten
Lebensmittelmarkt die Nachfrage an Nahrungsmitteln steigt, sinkt zugleich
das Angebot. In der Folge steigen die Preise. Auf der Nachfrageseite spiele
vor allem der vermehrte Konsum von Fleisch- und Milchprodukten in China,
Indien und Industrieländern wie Deutschland eine wesentliche Rolle: Zu deren
Produktion wird ein Vielfaches an Getreide und Futtermittel benötigt. Dies
vergrößert den Bedarf an Anbaufläche für Futtermittel - auf Kosten des
Lebensmittelanbaus.
Ein weiterer Faktor ist laut FAO die gestiegene Nachfrage nach
Biokraftstoffen. Im Zuge der gestiegenen Energiekosten werden biologische
Kraftstoffe zusehends attraktiver. Die Nachfrage nach Raps, Soja und Mais
zur Erzeugung von Biosprit hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Diese
führt zu einer Verteuerung dieser Produkte und einer Verringerung der
Anbaufläche weiterer Grundnahrungsmittel. Neben der wachsenden
Weltbevölkerung verschärfen die Zunahme von Naturkatastrophen, wie Dürren
und Überschwemmungen die Situation zusätzlich. Die steigenden Ölpreise
treiben Kosten für Anbau, Düngemittel und den Transport von Lebensmitteln in
die Höhe. Nachdem die Lebensmittelpreise zwischen 1974 und 2005 um fast 75
Prozent gesunken sind, stiegen sie seit 2005 wieder an. Allein zwischen
Mai 2007 und April 2008 verzeichnete der Index für Nahrungsmittelpreise der
FAO eine Preissteigerung von 50 Prozent: Der Preis für Reis hat sich im
genannten Zeitraum sogar vervierfacht, die Preise für Butter und Mais
verdreifachten sich. Die explodierenden Lebensmittelpreise treffen
insbesondere den afrikanischen Kontinent, wo 70 bis 80 Prozent der Länder
auf Lebensmittelimporte angewiesen sind.
Angesicht der jüngsten Entwicklungen sehen Experten Handlungsbedarf: In der
Kritik stehen insbesondere die Agrarsubventionen der Industriestaaten.
Dadurch würden die Lebensmittel künstlich verbilligt und die Kleinbauern in
den Entwicklungsländern von den eigenen Märkten verdrängt, so die
Verbraucherschutzorganisation foodwatch. Wulf Killmann von der FAO betrachtete den Abbau von Agrarsubventionen als eine der wichtigsten Maßnahmen, um "den Ländern in Afrika, Lateinamerika und Asien zu helfen".
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