Nach monatelangem Streit zwischen Union und SPD hat das Kabinett am Mittwoch
(16.07.2008) die Entwürfe zur Ausweitung des Mindestlohns beschlossen. Die
Entscheidung darüber, welche Branchen in die Gesetze aufgenommen werden
sollen, steht allerdings noch aus.
Mehrere Gewerkschaften fordern seit Längerem flächendeckende Mindestlöhne. Foto: AP
Union und SPD haben am Mittwoch sowohl die Novellierung des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes als auch des Mindestarbeits- bedingungengesetzes
auf den Weg gebracht. Ziel der Gesetze ist die Bekämpfung von Lohndumping
und unfairer Billigkonkurrenz.
"Es ist ein guter Tag für viele Arbeitnehmer, die hart arbeiten und wenig
verdienen", so Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) nach der Einigung.
Mit dem Regierungsbeschluss werde der Weg zu weiteren Mindestlöhnen in mehr
Branchen frei. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hingegen verwies
darauf, dass es auch in Zukunft keine flächendeckenden gesetzlichen
Mindestlöhne geben werde: "Wir haben eine möglichst wirtschaftsfreundliche
Lösung durchgesetzt", so der CSU-Politiker. Zuvor hatten das Sozial- und
Wirtschafts- ministerium sowie das Kanzleramt bis in die Nacht über die
Entwürfe verhandelt. Kontroversen gab es vor allem darüber, welcher
Mindestlohn bei konkurrierenden Tarifverträgen festgelegt wird. Auch für
welche neuen Branchen künftig Mindestlöhne gelten sollen, bleibt vorerst
offen.
Auf der Grundlage des Entsendegesetzes, das bei Branchen mit über 50 Prozent
tarifgebundenen Arbeitnehmern greift, können Mindestlöhne sowie
Mindeststandards für Arbeitsbedingungen geregelt werden. Die jetzt
beschlossenen neuen Regeln ermöglichen es, bei Branchen mit weniger als 50
Prozent Tarifbindung Mindestlöhne festzulegen. Eine Lohnuntergrenze nach dem
Arbeitnehmer-Entsendegesetz gilt bereits für rund 1,8 Millionen Beschäftigte
in Deutschland: Briefdienstleister, Gebäudereiniger und das Baugewerbe. Für
acht zusätzliche Branchen mit weiteren 1,57 Millionen Arbeitnehmern wird die
Aufnahme geprüft. Diese hatten bis Ende März die Aufnahme in das
Entsendegesetz beantragt, darunter das Leih- und Zeitarbeitsgewerbe sowie
Pflegedienste und das Sicherheitsgewerbe. Im Rahmen des
Mindestarbeitsbedingungengesetzes kann ein Expertenausschuss einen
Mindestlohn vorschlagen, der dann von der Regierung per Verordnung
festgesetzt werden kann. Auf Initiative von Wirtschaftsminister Glos kann
diese Verordnung zeitlich befristet werden. Damit könnte jede nachfolgende
Regierung einen zuvor festgesetzten Mindestlohn wieder aufheben.
Während der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, in dem Beschluss einen "massiven
Eingriff in die Tarifautonomie" sieht, kommt auch vom Deutschen
Gewerkschaftsbund (DGB) Kritik. DGB-Vize Ingrid Sehrbrock begrüße es zwar,
dass die Große Koalition die Möglichkeiten für Mindestlöhne ausbauen wolle.
Sie bemerkte aber, dass der Kompromiss "nur für ganz wenige Branchen und
ihre Beschäftigten wirklich Fortschritte bringen" dürfte. Kritik kommt auch
von der Opposition. FDP-Vize Rainer Brüderle sprach von einer
"ordnungspolitischen Bankrotterklärung", die Grünen erwarten neuerlichen
Streit zwischen Union und SPD und der Bundesgeschäftsführer der Linken,
Dietmar Bartsch, erneuerte die Forderungen seiner Partei nach einem
gesetzlichen Mindestlohn.
Nur eine mehrdimensionale Perspektive auf Gerechtigkeit erscheint angemessen. Sozialpolitik institutionalisiert heute soziale Gerechtigkeit,...
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