Der ehemalige Bischof Fernando Lugo ist neuer Präsident Paraguays. Erstmals
seit 1947 steht damit ein linksgerichteter Politiker an der Spitze des
südamerikanischen Landes. Die Erwartungen an den politischen Neuling sind
hoch.
Jubel nach dem Wahlsieg: Fernando Lugo und seine Anhänger, Foto: AP
Knapp 41 Prozent der Stimmen konnte Fernando Lugo auf sich vereinen. Damit brach der Präsidentschaftskandidat des Mitte-Links-Bündnisses "Patriotische Allianz für den Wechsel" (APC) das seit 61 Jahren währende Machtmonopol der Colorado-Partei. Deren Kandidatin Blanca Ovelar erzielte lediglich 31
Prozent. Drittplatzierter wurde der ehemalige Armeechef Lino Oviedo mit 22
Prozent. Der amtierende Präsident Nicanor Frutos Duarte durfte nach fünf
Jahren Amtszeit nicht erneut zur Wahl antreten.
Der 56-jährige Lugo war bereits als Favorit ins Rennen gegangen. Unterstützt
wurde der katholische Priester von der vor acht Monaten gebildeten APC, der
neben der größten Oppositionspartei auch Gewerkschaften und Vertreter von
Landarbeitern und der indigenen Bevölkerung angehören. Mit Lugo steht damit
erneut ein Mitte-Links-Kandidat an der Spitze eines südamerikanischen Landes
- wie auch in Venezuela, Bolivien, Ecuador, Brasilien, Argentinien, Chile
und Uruguay. In der Hauptstadt Asunción wurde der Sieg Lugos von
zehntausenden Menschen begeistert gefeiert. "Ihr habt beschlossen, ein
freies Paraguay zu sein", sagte Lugo in einer Ansprache.
Seit dem Ende der Diktatur unter Alfredo Stroessner vor 19 Jahren hat sich
das Land für demokratische Reformen geöffnet. Die Verfassung von 1992
verankert die Gewaltenteilung, freie Wahlen sowie die Presse-, Versammlungs-
und Meinungsfreiheit. In der Realität wurde der demokratische Konsens
allerdings durch die traditionellen Parteien oftmals untergraben. Ein
Großteil der Bevölkerung hofft, dass mit dem Sieg Lugos die Zeichen nun auf
Wechsel stehen. Die Anforderungen an den politischen Neuling sind allerdings
hoch: Das kleine Binnenland im Zentrum Südamerikas gilt als eines der
ärmsten und korruptesten Länder des Kontinents. Das will Lugo nun ändern:
Paraguay werde künftig nicht mehr für seine "Korruption und Armut" bekannt
sein, sondern für seine "Ehrlichkeit", sagte der "Bischof der Armen" nach
der Wahl. Nie mehr solle die politische Klasse in Paraguay auf der Grundlage
von Vetternwirtschaft Politik betreiben. Zudem will Lugo für eine
unabhängige Justiz und mehr soziale Gerechtigkeit Sorge tragen.
Rund 40 Prozent der 6,5 Millionen Paraguayer leben unterhalb der
Armutsgrenze. Die jährlich hundertfünfzigtausend Schulabgänger haben auf dem
Arbeitsmarkt kaum eine Chance auf Beschäftigung. Fast ein Viertel der
Bevölkerung hat das Land in den letzten Jahren deshalb bereits verlassen.
Nach wie vor leben rund 70 Prozent der Bevölkerung auf dem Land - ein
Großteil von ihnen jedoch ohne Grundbesitz. Den offiziellen Statistiken
zufolge gehören zehn Prozent der Bevölkerung 80 Prozent des Landes. Deswegen
kommt es regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Großgrundbesitzern und
landlosen Bauern. Zwar hat die Regierung eine Umverteilung des Landbesitzes
in Aussicht gestellt, bisher jedoch nicht umgesetzt. Lugo kündigte an, die
Landreform während seiner Regierungszeit wieder in Gang zu bringen.
Der katholische Priester hatte im Dezember 2006 sein geistliches Amt
niedergelegt, um als Präsidentschaftskandidat antreten zu können. Damals
führte er den Protest gegen den scheidenden Präsidenten Nicanor Frutos
Duarte an, der mittels einer Verfassungsänderung seine erneute Wiederwahl
ermöglichen wollte.
Insgesamt waren rund 2,8 Millionen Paraguayer aufgerufen, neben dem
Präsidenten auch dessen Stellvertreter, das Parlament, Gouverneure und
Gemeinderäte zu wählen. Die Beteiligung war mit rund 65 Prozent eine der
höchsten seit dem Ende der 35-jährigen Militärherrschaft von General
Stroessner.
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