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Workshop 3: Der Kampf und Deutungshoheiten – Die Macht der Karten | 14. Bensberger Gespräche 2016: Flucht und Asyl | bpb.de

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Workshop 3: Der Kampf und Deutungshoheiten – Die Macht der Karten

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Der Workshop setzte sich mit der Macht den Einsatzbereichen von Karten im Kontext von Migration auseinander. Mit einem bildgestützten Vortrag und Übungen bot Matthias Land (Universität Osnabrück) den Teilnehmenden vielschichtige Einblicke und Diskussionsanlässe. (© bpb)

Matthias Land ist Doktorand am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück und promoviert zum Thema "Karte Macht Migration. Eine Untersuchung von Wechselwirkungen bei der Produktion und Nutzung georeferenzierter Medien im EU-Grenzregime".

Den Einstieg in den Workshop bildete eine Erwartungsabfrage an die Teilnehmenden. Diese vermittelte bereits in den ersten Minuten einen Eindruck von den hohen Vorkenntnissen der Teilnehmenden. Die Erwartungen und Vorstellungen der Teilnehmenden reichten von Aussagen wie "Karten als Machtfaktor", "Karten definieren Grenzen" über "Karten als Abbild der Wirklichkeit" "die historische Bedeutung von Karten", "Karten als Notwendigkeit für Staatlichkeit" bis hin zur "Eurozentrierung von Karten".

Der Dozent erläuterte den Aufbau seines Vortrages, der sich in die fünf Schwerpunkte Karten der Migration (1), Mediale Diskurse um Migration und Grenzen (2), Jenseits von Wissen: Geo-Technologie (3), Innovationen digitaler Karten (4) sowie Kampf um Deutungshoheiten (5) gliedern sollte.

Land stellte Karten als Medium der Darstellung von Migration vor. Diese Funktion wurde in der Historie auch durch Bilder und Gemälde übernommen. An diversen Beispielen machte er deutlich, dass es eine enorme Fülle an Kartenmaterial zum Thema Migration gäbe, mit denen der Versuch unternommen wird, Migration zu veranschaulichen. Damit wurde bereits ein erster wichtiger Punkt der Funktionen von Karten genannt. Es solle ein "objektiver Blick von oben" gegeben werden. Karten könnten aber nicht nur eine räumliche Vorstellung von Migration geben, sondern auch Migrationsgeschichten erzählen. Der Dozent brachte hier ein Zitat von Peter Spillmann ein: "Der Migration ist ein kartographischer Blick immanent". Damit wird die herausragende Bedeutung von Karten in Bezug auf Migration hergestellt. Neben Atlanten, Google, Medien, Schul- und Lehrbüchern nannten die Teilnehmenden und der Dozent (Sicherheits-)Behörden, internationale Organisationen, Kunst, Museen, aber auch NGOs als Quellen und Fundorte von Karten. Als Funktionen von Karten wurden neben der Markierung von Besitzansprüchen auch Orientierung, Visualisierung, Schaffen von Wissen und die Sichtbarmachung von Objekten und Prozessen genannt. Land unterschied drei Typen von Karten: 1. Die Präsenzkarten, welche beispielsweise Migrant/-innenzahlen messen und lokalisieren, den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund aufzeigen aber auch die jeweiligen Geschlechteranteile darstellen, 2. Bewegungskarten, die den Akt der Wanderung zeigen und 3. Infrastruktur- und Ereigniskarten, welche politische Maßnahmen, Folgen von Migration, Dinge und Orte, die Migration fördern oder behindern, Grenzanlagen und Einsatzgebiete abbilden sollen. Diese Karten lassen sich wiederum in verschiedene Ebenen aufteilen, zu denen das Wo aber auch das Wann zählt.

Matthias Land, der nicht nur Soziologie und Geographie, sondern auch Politikwissenschaften studiert hat, ging auf seine Forschungsperspektive ein. Als Sozialwissenschaftler verdeutlichte er den Teilnehmenden sein Forschungsinteresse an Karten. So hätten Karten politische Macht. Auf Konferenzen, wie der beispielhaft erwähnten Kongo-Konferenz, seien anhand von Karten Grenzen gezogen und somit politische Macht ausgedrückt und durchgeführt worden. Karten würden in Konkurrenz zu Schriften und Bildern als wahrer, als anschaulicher angesehen, so Land. Aber auch diese Anschaulichkeit sei nicht gefeit gegen Propaganda und die politische Instrumentalisierung von Karten. Die kritische Kartographie beschäftige sich damit, dass Karten immer einen Zweck verfolgen und in einem Kontext stehen, sie sollen ein Weltbild etablieren. In einer Gruppenarbeit erhielten die Teilnehmenden (Migrations-)Karten, die sie bewerten und einer Kritik unterziehen sollten. Diese Gruppenarbeit wurde engagiert aufgenommen. Die anschließende Aussprache wurde leidenschaftlich geführt und führte dazu, dass die weiteren ursprünglich geplanten Programmteile nicht stattfanden, da der Dozent die Diskussionen und fachlich kompetenten Kommentare nicht unausgesprochen lassen wollte. Die behandelten Karten wurden einer ausführlichen Analyse unterworfen, die zum Ergebnis hatte, dass Karten immer kritisch zu betrachten sind. Ein Teilnehmer sagte, dass Karten bei aller Rhetorik, verschiedenen Zwecken und Motiven immer nur eine reduzierte Wirklichkeit, eine Komplexitätsreduktion darstellten. Dieser Aussage konnten sich die meisten Teilnehmenden anschließen.

Land ging am Ende noch kurz auf die Themen ein, die aufgrund der Diskussion im Plenum nicht ausführlich besprochen werden konnten. Er riss kurz die Bereiche animierte Karten, Satellitenüberwachung, Geo-Informationstechnologie, mündlich weitergereichte Karten und Smartphone-Karten an. Das, so Matthias Land, seien weitere, spannende Zukunftsfelder im Bereich Karten.

Dokumentation: Philipp Wilhelmstrop

Fussnoten