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Digitalisierung der Medien

Gerd Pasch

/ 12 Minuten zu lesen

Die Digitalisierung der Medien wird zu einem gesellschaftlichen und politischen Faktor. Ob Innovationen auch in der Kommunikation folgen, ist bislang nicht erkennbar. Ein wichtiger Trend ist die Verschmelzung von Rundfunk und Internet.

Einleitung

Kritiker der digitalen (R)evolution in den Medien kommen gerne mit folgendem Satz daher: Hätte man doch den Rundfunktechnikern zum Spielen eine Modelleisenbahn geschenkt, dann wäre der Kelch der Digitalisierung an Hörfunk und Fernsehen vorübergegangen. Jetzt seien eine Viertelmilliarde Euro allein in das Digitalradio versenkt worden - und keiner hört es.

Doch die Digitalisierung der Medien ist nicht mehr aufzuhalten und wird zu einem gesellschaftlichen und politischen Faktor. Im Großraum Berlin etwa bleibt seit Anfang August der Bildschirm der Fernsehgeräte schwarz, wenn deren Besitzer sich nicht rechtzeitig einen Digital-Decoder für den Empfang über die Hausantenne zugelegt haben. In diesem Pilotprojekt gehört die analoge Ausstrahlung des Fernsehens der Vergangenheit an - zweifellos ein Wendepunkt in der rund 70-jährigen Geschichte des Pantoffelkinos.

Während ich in Aachen diese Zeilen auf dem Laptop schreibe, höre ich über diese Multimedia-Maschine den Münchener Szenesender "Radio Deluxe", nach eigenem Verständnis "Deutschlands erste und einzige Radiostation, die rund um die Uhr einen einmaligen Musikmix bringt: Smooth Jazz, relaxten Soft Soul und coole chillout Sounds. Garantiert ohne Moderation. Musik nonstop". Die Betreiber der Station haben in der bayerischen Metropole eine Lizenz für die Kabelfrequenz (105,15 MHz) und für das Digitalradio. Die weltweite Ausstrahlung geschieht via Internet in einem "mp3-live-stream von 128 kbs". Knisterfrei und fast in der Qualität, die man von der CD her kennt, kommt das Relax-Sound-Radio aus dem Laptop - drahtlos zudem wie beim herkömmlichen UKW. Denn ich nutze die WLAN-Technik ("wireless local area network") mit einem superschnellen DSL-Anschluss für das Internet.

Auf dieselbe Weise, wie inzwischen weltweit rund 6 000 Radiostationen ihr Programm ins Netz pusten, gelangen auch mehr und mehr Videostreams auf die heimischen Computer. Der User saugt seinen Stoff für das Heimkino meist kostenlos von den Videoservern. Und unermüdliche Fußballfans schauen ihr "Tor des Tages" auf dem Handydisplay, wenn sie kein Ticket für das Stadion mehr haben ergattern können: digitaler Alltag in der Medienlandschaft des Jahres 2003.

Digital statt analog

Digital statt analog - mit der "Compact Disc", der CD, begann vor rund 25 Jahren die Digitalisierung der Medien. Nicht mehr der magnetisierbare Tonträger auf Spule oder Kassette, auch nicht die ins Vinyl geritzte Rille waren für die Zukunft geschaffen, nein, die nach "Null" und "Eins" aufgelösten Signale der Digitalwelt haben bei Konsumenten wie Produzenten die eigentliche Faszination ausgelöst, in deren Bann sich selbst die Nachfahren Gutenbergs und Verfechter seiner Datenspeichertechnik ziehen lassen. Vorläufiger Höhepunkt: Im Rahmen des Weltkongresses "Bibliothek und Information" in Berlin ist am 5. August 2003 "Vascoda", die "digitale Bibliothek Deutschland", freigeschaltet worden. Online können die Nutzer auf alles zugreifen, was auf die Archivserver gelangt ist.

Die CD bedeutete einen radikalen Schnitt für das System. Ihre Informationen sind mit Licht geschrieben und werden mit Lasern gelesen. Im Bearbeitungsprozess werden die analogen Schwingungen zu Bitströmen umgewandelt. Sie lassen sich auf magnetischen und/oder optischen Speichermedien ablegen. Die Geschwindigkeit der Rechenoperationen, die Kapazität der Leitungen wie auch der Speicher vergrößert sich nach dem "Moore'schen Gesetz". Der Mitbegründer der kalifornischen Chip-Schmiede Intel, Gordon Moore, rechnete 1965 vor, dass sich die Prozessorgeschwindigkeit von Computern etwa alle 18 Monate verdoppeln wird. Kein Wunder, denn vom Kleinkind bis zum Landwirt geht bald jeder mit dem Computer durch den Alltag, und Angebote erzeugen Nachfrage, spornen den Erfindergeist an.

Die Medien, die sich am häufigsten in Rezipientenhand befinden, sind Bücher (an erster Stelle "Die Bibel") und Fotos. In diesem Jahr wird die Zahl der verkauften digitalen Fotokameras erstmals die Zahl der klassischen Kleinbildknipser übersteigen. Neue Dienstleistungen wie Online-Print-Services lösen das chemische Fotolabor mehr und mehr ab. Und Zeitschriften, Magazine sowie ganze Bücher lassen sich von E-Book-Servern downloaden. Die Texte und Grafiken erscheinen auf den Displays der Mini-PCs, den "Personal Digital Assistents" (PDA) in der Größe zwischen Zigarettenschachtel und Videokassette.

Auf die Idee, die elektromagnetischen Wellen, die sich analog der Schallwellen verhalten, in Abschnitte zu zerlegen und zu kodieren, sind die "Meister mit den Goldenen Ohren" gekommen. Diese Wandlung, fortan als Digitalisierung bezeichnet, führt zu Qualitätsverbesserungen im Signalverlauf und zum Bedienungskomfort in der Weiterverarbeitung. Im Gegensatz zum analogen Verfahren, bei denen die zu übertragenden Informationen in Form von Schwingungen dargestellt werden, geschieht diese Kodierung in langen Ketten in den digitalen Informationseinheiten "Null" und "Eins", Bit genannt. Der so entstandene Datenstrom enthält verschiedenste Informationen wie Töne, Texte, Bilder oder Software - Multimedia halt. "Digital Signal Processors" (DSP) erledigen die Aufgabe, klein und fein. Die Geräte werden immer handlicher. So kann heute mit einem Laptop all das gesammelt, bearbeitet und verteilt werden, wofür in den siebziger Jahren 20-stöckige Funkhäuser geplant werden mussten. Und das Ganze ist überall da aufzubauen und zu nutzen, wo es ein Netzwerk gibt. Die Brecht'sche Radiotheorie, nach der jeder Hörer zum Lieferanten seines Programms werden kann, ist heute eine ganz praktische Möglichkeit; ein multimedia-tauglicher Laptop genügt.

Ob bei den nahezu unbegrenzten technischen Möglichkeiten auch die Inhalte mithalten, ob Innovationen auch in der Kommunikation folgen, ist allerdings bislang nicht zu erkennen. Schon in der analogen Phase der Massenmedien klappte das nicht. Mit dem Satellitenempfang und der Verbreitung von Kabelanschlüssen konnten eine Vielzahl neuer, zusätzlicher Programme in den Haushalten verbreitet werden. Die Sendungen gleichen sich jedoch meist bis ins Detail. Meinungs- und Wirkungsforscher haben beim Rezipienten Hör- und Sehgewohnheiten ausgemacht, an denen kein Programmmacher vorbeikommt, will er die "Ware Rundfunk" gewinnbringend verteilen. Da wird Vielfalt schnell zur Einfalt.

Es waren die Techniker aus den öffentlich-rechtlichen Anstalten Europas, die Mitte der achtziger Jahres des vergangenen Jahrhunderts der Begrenzung an Qualität und Quantität bei den analogen Vertriebskanälen für ihr "Kulturgut Rundfunk" zu entkommen versuchten. Die Digitalisierung galt ihnen als Allheilmittel, denn mit ihr lassen sich Datenströme besser steuern, sind preiswerter und flexibler zu verteilen. Das Ganze hat allerdings einen Pferdefuß: Zugunsten des "Digital Audio Broadcasting" (DAB) muss das bisher genutzte analoge UKW-Hörfunksystem komplett abgeschaltet werden.

Vor zehn Jahren begannen die DAB-Strategen mit dem Aufbau des digitalen Rundfunksystems. Das ist sehr komplex, werden doch der hochfrequente Träger (meist der TV-Kanal 12 im VHF-Band) und die Datenströme mit der Modulation oder den Bildern, Texten, Videos nach dem COFDM-Verfahren ("Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex") gewissermaßen verzwirbelt. In so einem Block lassen sich beispielsweise sechs hochwertige Stereoprogramme senden (vgl. Abbildung 1: PDF-Version).

COFDM fasst die Datenströme mehrerer Radio-Programme in einem Multiplexer zusammen, verschachtelt sie und verteilt sie auf verschiedene Trägerfrequenzen. Dadurch werden Verzerrungen beim Empfänger vermieden, die durch Reflexionen zum Beispiel an Gebäuden oder Berghängen in Tallagen entstehen und zu Verzögerungen des Signals führen. Dieser störungsfreie mobile Empfang ist eine der Stärken des DAB-Systems. Hinzu kommt die Ökonomie: Für die Versorgung mit digitalen Programmen in der von UKW gewohnten Vielfalt und Qualität wird nur ein Zehntel der Energie benötigt.

Die Entwickler des digitalen Hörfunks bedienten sich eines Tricks, der genau genommen eine Qualitätseinbuße bedeutet. Denn das Digitalradio nutzt Gegebenheiten und Effekte des menschlichen Gehörs aus. Dieses nimmt Töne, die unter einer bestimmten Mindestlautstärke liegen, nicht wahr. Daten, die sich unterhalb einer solchen "Ruhehörschwelle" befinden, können also herausgefiltert werden. Alle derartigen Toniformationen in einem Musikstück werden aus dem zu übertragenden Signal entfernt. Beim Umwandeln, dem Decodieren, fügt eine Software dann wieder Bits hinzu. Diese psychoakustischen Effekte reduzieren den zu übertragenden Datenstrom ohne einen für den Hörer wahrnehmbaren Klangunterschied.

Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen haben diese Rechenprozesse als Partner im Standardisierungsverein "Moving Picture Experts Group" (MPEG) optimiert. Dieser hat weltweit den Umgang mit Audio und Video in digitalen Systemen geregelt. DAB nutzt den "MPEG1-layer2-Standard" für den Ton. Die Forscher vom Fraunhofer Institut gehen nach den Regeln des dritten "layers" vor. Mit ihrem Algorithmus "mp3" ist ihnen der große Wurf gelungen. Es ist heute das dominierende Internet-Audio-Format, mit dem etwa das eingangs erwähnte Szene-Radio aus München zu hören ist, das den Austausch von Musikstücken über Tauschbörsen ermöglicht und mit dem Radioreporter ihre Berichte in die Studios mailen und per Satellit oder Telefonleitung live auf Sendung gehen.

Digitale Medienrevolution

Ob "layer2" oder "mp3" - eine solche Audiodatei lässt sich blitzschnell in Computernetzen verschicken und redaktionell bearbeiten. Sie verbraucht wenig Speicherplatz auf Datenträgern, weshalb sieauf feuerzeuggroßen Abspielgeräten überall genutzt und gehört werden kann. Freaks können jetzt ihre komplette Schallplattensammlung unterwegs genießen. Und Reportagen und Berichte, die früher in zentralen Tonstudios aufwändig hergestellt und zwischen den Sendeanstalten über ein Tonleitungsnetz ausgetauscht wurden, streamen nun von Server zu Server in einem "Corporate Network".

Liegt ein Beitrag in der Datenbank, können ihn sich Redakteure in Flensburg und Bielefeld gleichzeitig anhören; in Stuttgart kann er zeitgleich gekürzt und im Kölner Morgenmagazin schon als "flash" über die Antenne gehen. Schnelle Vermittlungsrechner, breitbandige Leitungen, gigantische Speicher und wieselflinke "content manager" sind die Akteure im digitalen Audionetzwerk - zum Beispiel des ARD-Hörfunks.

Techniker der alten Schule müssen umdenken. Sie heißen jetzt Systemadministratoren. Zu ihren Aufgaben gehört es, dafür zu sorgen, dass der Datenstrom nicht abreißt, dass im Netzwerk verschwundene Dateien und Ordner ("audiofiles") wieder auftauchen. Sie schulen Redakteure, die neben dem Formulieren jetzt auch den Windows-Dateimanager beherrschen, mit der PC-Maus die "Ähs" und "Plopps" wegputzen und die Bits und Bytes so beschriften müssen, dass sie andere im Netzwerk auch wiederfinden. Das Löschdatum wird zum Stressfaktor: Braucht man zu lange für die Bearbeitung und hat vergessen, den Datensatz zu sichern, ist die Arbeit unwiederbringlich futsch - digital ist eben "Null oder "Eins", alles oder nichts.

Auch für die Hörerin und den Hörer hat die Digitalisierung revolutionäre Veränderungen bewirkt. Das begann mit dem Radio Data System (RDS), dem digitalen Huckepack-Dienst auf der UKW-Frequenz. Im Display des Empfängers werden die eingestellte Station, der gerade laufende Titel, die Telefonnummer der Hotline und die E-Mail-Adresse der Redaktion angezeigt. Auch hinterlegte Staukarten werden mit RDS-Daten visualisiert.

Die Wissenschaftsredaktion des Deutschlandfunks (DLF) versorgt schon seit zehn Jahren die Hörer von "Forschung aktuell" mit einem Newsletter: Radio zum Nachlesen. Und seit fünf Jahren abonnieren bald 3000 Hörer die Monats-CD: Radio zum Nachhören. Die Sendungen eines Monats sind in "mp3-files" abgelegt, jeder neuere CD- und DVD-Player spielt sie ab. Im Display oder auf dem Fernsehschirm sind die Themen und Sendetage zu lesen. Zunehmend suchen die Radiomacher aus Köln auch die Kooperation mit Fernsehsendern. Als der Westdeutsche Rundfunk vor zwei Jahren eine "Lange Computernacht" realisierte, sendete der DLF parallel eine siebenstündige Talkshow bundesweit über UKW und als Video weltweit im Internet: Radio zum Sehen. Auch der "Ereigniskanal" Phönix ist häufig Partner des DLF, wenn zusammen mit der Wochenzeitung "Die Zeit" aktuelle Themen aus Kultur und Wissenschaft von führenden Köpfen debattiert werden.

Das Radio ist bereits in der Zukunft angekommen. Die Tage des analogen Radios sind nach Plänen der Bund-Länder-Initiative Digitaler Rundfunk gezählt. Das UKW-Netz soll etwa im Jahre 2015 stillgelegt werden. 200 Millionen Wecker- und Autoradios, Transistorradios und Tuner in der Stereoanlage allein in Deutschland werden zu Elektronikschrott. Die mehr als 300 Radioprogramme sind dann nur noch digital im DAB-System zu hören, und zwar mit neuen Empfängern. Noch hält sich die Industrie mit Geräten zurück. Zumindest in Großbritannien, in Skandinavien und in Südostasien brummt aber bereits der DAB-Markt. Dort bieten die Radiostationen auch spezielle Sendungen an, mit Texten und Bildern angereichert und mit nicht rundfunküblichen Dienstleistungen gekoppelt.

In der letzten Juli-Woche diesen Jahres hat die Internationale Telekommunikations-Union (ITU), eine Unterorganisation der UNO mit Sitz in Genf, einen weltweiten Digitalstandard für die Mittel- und Kurzwellen beschlossen. "Digital Radio Mondial" (DRM) haucht den energiezehrenden Sendern neues Leben ein. Ein von Fraunhofer-Forschern mitentwickeltes Verfahren bringt einen Sound auf der Kurzwelle, der dem eines UKW-Senders entspricht. Dabei reduzieren sich die Betriebskosten für den Senderbetreiber auf 20 Prozent der analogen Nutzung - bei gleicher Ausbreitung.

Seit Anfang August strahlen zum Beispiel die BBC und die Deutsche Welle ihren weltweiten Service teilweise im DRM-Modus aus. Zwar sind noch keine Endgeräte auf dem Markt, doch die werden ganz schnell kommen, sagen die Experten. Radios für die digitale Kurzwelle können herkömmliche analoge Sendungen ebenso empfangen wie die digitalen. Im Empfänger steckt zusätzlich ein daumennagelgroßer Chip zum Erkennen und Decodieren der Signale, Kostenpunkt: wenige Euro.

Das digitale Fernsehen ist bereits auf Sendung. Seit einigen Jahren sendet es vom Satelliten an Set-Top-Boxen, die ihren Namen vom Aufstellort ableiten, nämlich oben auf dem TV-Gerät. Diese Zusatzgeräte wandeln die Datenströme von der Schüssel in analoge Signale, die ein herkömmlicher Fernseher versteht. Der mittlerweile bankrotte Filmhändler Leo Kirch wollte mit seinen D-Boxen exklusives Bezahlfernsehen in Deutschland zum Renner machen. Es ist ein Flop geworden.

Mit der Deregulierung des Fernseh-Kabelnetzes sollte digitales Fernsehen ein breites Publikum finden. Zwar hat sich die lange Zeit den Markt monopolartig beherrschende Deutsche Telekom als Netzbetreiber zurückgezogen. Indes sehen die meist aus der Finanzwelt stammenden Nachfolger keine Perspektive im Um- und Aufrüsten der Kabel-Kopf-Stationen.

Die Innovation schlechthin stellt für die Medienbranche das über Antenne frei empfangbare Digitalfernsehen (DVB-T) dar - das T steht für terrestrisch, also über Antennen am Boden ausgestrahlt. Nach dem gleichen Verfahren wie beim Satellit oder Kabel werden die Videodatenströme über einen hochfrequenten Träger geschickt. So riesig ist der Unterschied zum DAB-System nicht. Die Bandbreite ist bei DVB-T höher, dafür die Fehlertoleranz vor allem beim mobilen Empfang geringer. Schon denken einige Strategen daran, DAB in DVB-T aufgehen zu lassen, aus zwei Systemen eines zu machen, indem je nach Bedarf und Inhalt ("Content") der eine oder andere Kanal genutzt wird. Da heute auch Mobiltelefone der dritten Generation (z.B. UMTS) neben Sprache auch Video, Foto und Text versenden und empfangen können, hat die Idee eines integrierten Netzverbundes ihren Reiz.

Solcherart Ansinnen weisen die Betreiber des ersten, ausschließlich digitalen Fernsehnetzes über die Antenne von sich, hat es doch schon viel Kraft gekostet, die Lizenznehmer von der Aufgabe ihres Kanals zu überzeugen. In Berlin ist es gelungen; öffentlich-rechtliche und private Sender funken nur noch digital. Rund 20 000 Antennen-Seher haben sich in den letzten Monaten mit den DVB-T-fähigen Set-Top-Boxen versorgt; einige Kabelkunden ebenfalls, denn für sie rechnet sich der Umstieg auf DVB-T. Die Box kostet rund 200 Euro, und dieses Geld ist durch die eingesparte Kabelgebühr in einem Jahr bezahlt. Die Auswahl an digital verbreiteten Programmen kommt dem Kabelangebot recht nah. In Berlin sind nun 25 DVB-T-Programme zu empfangen.

Mit Laptop oder PDA, mit portablen und mobilen TV-Geräten mit Flachbildschirm wird DVB-T zum "Überall-Fernsehen": kein Zittern, kein Schnee oder Geisterbild, wenn der Fernseher sich bewegt. In Zügen, Straßenbahnen, Bussen zeigt das digitale Fernsehen seine Stärken. Programme können für kleine Zuschauergruppen kostengünstig verteilt werden. Schon schielen Dienstleister und Spielehändler auf das digitale Fernsehen. Software beispielsweise ließe sich effizient rundsenden.

Rundfunk und Internet

Wie beim Hörfunk hat der Rezipient durch die Digitalisierung auch beim Fernsehen einige Vorteile. Er kann zum Beispiel selbst ins Geschehen auf dem Bildschirm eingreifen. Interaktives Fernsehen nennt sich dieser Service. Ähnlich wie beim Internet stehen dem Zuschauer einer TV-Show oder eines Dokumentarfilms Zusatzangebote zur Verfügung. Dazu erscheinen Schaltflächen auf dem Schirm. Mit der Fernbedienung kann der Zuschauer seine Wahl treffen und die gestellte Frage eher beantworten als der Quizkandidat. Oder umfangreiche historische Dokumente lassen sich aufrufen, während der Film läuft, jüngst geschehen etwa beim TV-Mehrteiler "Napoleon". Bisher getrennte Wege für Rundfunk und Internet wachsen zusammen bei der Darstellung neuer Inhalte (vgl. Abbildung 2: PDF-Version).

Und wo wir schon beim Stichwort Internet sind: In den vergangenen Jahren verging keine Mediendebatte ohne das Stichwort Konvergenz. Gemeint ist das Zusammengehen von Internet und Fernsehen. In der Tat können Inhalte sowohl im einen wie auch im anderen Medium abgespielt werden. Auch der viel beanspruchte Rezipient ist irgendwann der vielen, immer neuen, zusätzlichen Geräten um sich herum überdrüssig.

Die Lösung könnte im Internet-Protokoll (IP) liegen. Dieser Standard regelt den Datentransport in Netzwerken, egal ob es sich um Webseiten handelt, um Videostreams oder Daten über die Abwasser-Qualität in einer Kläranlage. IP-fähige und mit einem Netzwerkanschluss versehene Geräte können als Radio in der Küche stehen oder im Auto eingebaut sein. Heute schleppen schon Millionen ein solches Gerät als PDA durch die Gegend. So auch ich mit meinem Laptop - auf dem ich immer noch das Münchener "Radio Deluxe" höre.

geb. 1951; Redakteur von "Forschung aktuell" beim Deutschlandfunk (DLF) in Köln.
Anschrift: DLF, Raderberggürtel 40, 50968 Köln.
E-Mail: E-Mail Link: g.pasch@dlf.de

Veröffentlichungen: zahlreiche Rundfunk- und Fernsehbeiträge insbesondere für den DLF und den WDR.