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Wie misst man "Gleichwertige Lebensverhältnisse"? | Gleichwertige Lebensverhältnisse | bpb.de

Gleichwertige Lebensverhältnisse Editorial Gleichwertige Lebensverhältnisse – für eine Politik des Zusammenhalts Gleichwertig, nicht gleich. Zur Debatte um die "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" Zwei Perspektiven aus Raumplanung und Raumbeobachtung Standards in der Raumordnung auf dem Prüfstand? Wie misst man "Gleichwertige Lebensverhältnisse"? Aufschwung, Abbau, Anpassung? Eine kleine Geschichte des "Aufbau Ost" Demokratische Integration. Strukturbedingungen von Regionen und ihr Einfluss auf Wahlbeteiligung und freiwilliges Engagement Politische und soziale Orientierungen in Ost und West. Empirische Befunde in generationaler Perspektive Karte: Kassenkredite der Kreise

Wie misst man "Gleichwertige Lebensverhältnisse"?

Antonia Milbert

/ 11 Minuten zu lesen

Messen bedeutet, eine Größe mit einem bestimmten Maß zu erfassen oder einen Maßstab anzulegen. In beiden Wortbedeutungen erfordert das Messen eine klare Vorstellung vom Gegenstand. Zu vielen Paradigmen oder Leitbildern, sei es Nachhaltigkeit, Chancengerechtigkeit oder Gleichwertigkeit, gibt es große Zustimmung, solange sie im Vagen bleiben. Soll jedoch bestimmt werden, was genau unter diesen Begriffen zu verstehen ist, gehen die Deutungen stark oder zumindest im Detail auseinander. Insofern haben Messkonzepte für die Kommunikation über diese Denkbilder den unbestreitbaren Vorteil, dass sie eine Konkretisierung oder Übersetzungsleistung erfordern – auch, damit ein Messen überhaupt stattfinden kann.

Gleichzeitig liegt hierin die besondere Schwierigkeit: Für die Messung müssen exakte Definitionen gefunden werden; der Messende muss sich festlegen. Alle Messkonzepte unterliegen daher der Kritik, nicht vollständig, nicht zielgerichtet oder nicht demokratisch legitimiert zu sein, oder alles zusammen. Die Auseinandersetzung über das Prinzip der Nachhaltigkeit beispielsweise, auf das sich die internationale Staatengemeinschaft 1992 in der Deklaration von Rio über Umwelt und Entwicklung geeinigt hat, hat zu Tausenden unterschiedlicher Messkonzepte geführt. Im Vergleich dazu ist die Zahl an Konzepten, die die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse messen wollen, eher klein, da es sich um ein in der Staatengemeinschaft begrenzt verbreitetes Sozialstaatsprinzip handelt. Eine gewisse Bandbreite ist trotzdem gegeben und entsprechend eine Diskussion über das "Wie" der Messung vorhanden. Nach einer kurzen Einführung zur aktuellen Debatte um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Regionen zeige ich anhand der Entwicklung der Raumordnungsberichte des Bundes Ziele und Probleme von Messkonzepten in diesem Bereich auf.

Gleichwertigkeit auf dem Prüfstand

2004 hatte der damalige Bundespräsident Horst Köhler in einem Interview auf die großen regionalen Unterschiede fast 15 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung hingewiesen, die man als Realität hinnehmen müsse: "Wer sie einebnen will, zementiert den Subventionsstaat und legt der jungen Generation eine untragbare Schuldenlast auf." Daraufhin folgte eine wissenschaftliche, politische und teils mediale Debatte zur Sinnhaftigkeit des Sozialstaatsprinzips gleichwertiger Lebensverhältnisse in einer globalisierten Welt, die sich zwangsläufig auch in einer Unterschiedlichkeit der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen niederschlage müsse, mit der Folge von Abwanderung aus weniger wirtschaftsstarken (ländlichen) Regionen. Die Versorgung der Bevölkerung in bereits dünn besiedelten Regionen ohne wirtschaftliche Tragfähigkeit von Infrastruktureinrichtungen könne, so ging die Argumentation weiter, bei fortwährendem Bevölkerungsrückgang nicht im gleichen Maß wie in anderen Regionen staatlich garantiert werden. Das Sozialstaatsprinzip sei nicht länger so interpretierbar, dass unter "gleichwertig" auch "gleich" oder "gleichartig" zu verstehen sei. In der Debatte spannte sich dabei der Bogen von der Abschaffung des Prinzips über die Neuinterpretation bis hin zur Beibehaltung unter Verwendung anderer Instrumente. Mit den Wahlerfolgen der AfD und dem Suchen nach Ursachen für diesen Erfolg gerieten die unterschiedlichen Lebensbedingungen in den Regionen wieder verstärkt in den Blick, und das Gleichwertigkeitsprinzip wurde politisch bestätigt. Die genaue Ausrichtung und/oder die zu verwendenden Instrumente sind dabei noch nicht ausdiskutiert, trotz erster Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der Arbeit der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse", die im Juli 2019 präsentiert wurden.

In der neuen Aufmerksamkeitsphase beteilig(t)en sich viele bekannte Institute mit Atlanten zu regionalen Disparitäten, die im weitesten Sinne als Messkonzepte zu (un)gleichwertigen Lebensverhältnissen verstanden werden können. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um Zusammenstellungen von Indikatoren auf der Ebene der Stadt- und Landkreise oder von größeren Regionen, die Auskunft über die Zukunftsfähigkeit, die Gleichwertigkeit oder die Teilhabechancen der dort lebenden Bevölkerung geben sollen. Die Anzahl der Indikatoren unterscheidet sich erheblich, doch gibt es ausgewählte Bereiche, zu denen in nahezu allen Konzepten vergleichbare Kennzahlen enthalten sind: Arbeitslosigkeit und/oder Armut, wissens- oder forschungsintensive Arbeitsplätze, Altersstruktur der Bevölkerung, Einkommen, Erreichbarkeit sozialer Infrastrukturen, wobei meist die medizinische oder die ärztliche Versorgung stellvertretend gewählt wird, kommunale Finanzsituation, Mietenniveau, Schulabschlüsse, Siedlungsstruktur, wirtschaftliches Wachstum beziehungsweise Bruttoinlandsprodukt (BIP) und (Ab-)Wanderung.

Über statistische Verfahren, die sich im Einzelnen unterscheiden, werden die Regionen in Gruppen eingeteilt, die sich in den Kennziffern möglichst ähnlich sind, oder Regionen identifiziert, die in allen oder vielen Kennziffern die ungünstigsten Ausprägungen aufweisen. Was als ungünstig gilt, wird überwiegend am Bundesdurchschnitt und der Streuung der Kennwerte zwischen allen Regionen bestimmt. Auch Rankings werden erstellt. Gegen das schlechte Prädikat, das darin einzelnen Städten oder Regionen am unteren Ende der Rangreihe ausgesprochen wird, regt sich mitunter Widerstand, etwa unter dem Hashtag "401GE". Ursache für diesen Widerstand ist die stigmatisierende Bezeichnung als "nicht zukunftsfähig" oder "abgehängt". Mit immer wiederkehrenden, hoch korrelierten Indikatoren von teils zweifelhafter Repräsentativität für einen ausgewählten Aspekt und vereinfachter Bewertung jeden Indikators in "gut" und "schlecht" landen meist die gleichen Regionen auf den hinteren Rangplätzen. Dabei hat die indikatorengestützte Abgrenzung von Regionen mit besonderen Problemlagen in der Raumbeobachtung und den Raumordnungsberichten eine lange Tradition, es kommt allerdings auf Ziel und Qualität der Konzepte an.

"Abgehängte Regionen" in den Raumordnungsberichten des Bundes

In einer Kleinen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen an die Bundesregierung 2017 wurde nach den "sogenannten abgehängten Regionen" gefragt, mit Bezug auf die im Raumordnungsbericht 2011 erfolgte Gegenüberstellung von Regionen mit stark unter- und stark überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen im bundesweiten Vergleich. Eine Abgrenzung von großräumigen Problemgebieten wird mehr oder weniger regelmäßig in Raumordnungsberichten vorgenommen.

In den Raumordnungsberichten 1963 und 1966 wurden "hinter der allgemeinen Entwicklung zurückbleibende Gebiete" als Kreise definiert, die in mindestens drei der vier Indikatoren Bevölkerungsdichte, Industriebesatz, Realsteuerkraft und BIP je Einwohner unterhalb der festgesetzten Schwellenwerte liegen. 1970 wurde als fünfter Indikator das Wanderungssaldo mitbewertet. Seit 1978 bezieht sich der Raumordnungsbericht in seiner Bewertung der Entwicklung der Teilräume Deutschlands auf das erste Bundesraumordnungsprogramm 1975. Hierin einigten sich Bund und Länder in der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) erstmals auf eine gemeinsame gesamträumliche Entwicklung und nutzten eine neue Methodik und soziale Indikatoren. 1976 verabschiedete der Beirat für Raumordnung eine Empfehlung gesellschaftlicher Indikatoren für die Raumordnung, für die Ober- und Untergrenzen auf unterschiedlichen räumlichen Bezugseinheiten festgelegt wurden. Man kann diese Empfehlung als ersten und zugleich letzten umfassenden Indikatorenkatalog über Mindeststandards zur Messung gleichwertiger Lebensverhältnisse werten. Spätere Definitionen von Teilgebieten mit Strukturschwächen fallen methodisch und konzeptionell hinter diesen Standard zurück, indem sie auf relative Abweichungen vom Mittelwert zurückgreifen und/oder weniger umfassend in der Auswahl der Beobachtungsbereiche sind.

Die Begründung für objektive Indikatoren ist "nicht nur ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Objektivierung der Ziele des Raumordnungsgesetzes im Sinne gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch zur Umsetzung dieser Ziele in eine koordinierte räumliche Verteilung der finanziellen Mittel. Die Indikatoren ermöglichen weiterhin eine Erfolgskontrolle, indem sie räumliche Disparitäten und ihre Veränderungen im Zeitablauf aufzeigen." Aktuell existiert kein Monitoringsystem, das diesen Qualitätsansprüchen genügt. Deshalb formulierte die Facharbeitsgruppe 3 "Raumordnung und Statistik" der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" die Handlungsempfehlung, ein von Bund und Länder getragenes Monitoringsystem "Gleichwertige Lebensverhältnisse" zu erstellen und zu etablieren.

Im Folgenden wird an dem letzten, im Raumordnungsbericht 2011 veröffentlichten und auf Basis der Kleinen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen von 2017 aktualisierten Messkonzept des Bundes erläutert, wo die Schwierigkeiten und die Notwendigkeiten zur Verbesserung liegen.

Über- und unterdurchschnittliche regionale Lebensverhältnisse

In dem Messkonzept werden sechs Lebensbereiche berücksichtigt, die als maßgeblich für einen angemessenen Lebensstandard und für die Entwicklung in Regionen angesehen werden. Diese werden als "Dimensionen der Gleichwertigkeit" bezeichnet. Für jede Dimension werden stellvertretend aussagekräftige Indikatoren vorgeschlagen (Tabelle).

Indikatoren für über- und unterdurchschnittliche regionale Lebensverhältnisse (© bpb)

Allen Indikatoren wird eine eindeutige Bewertungsrichtung beigemessen: Hohe Werte bedeuten gute/günstige Lebensverhältnisse, niedrige entsprechend schlechte/ungünstige. Damit diese Richtung für alle Indikatoren zutrifft, müssen die Werte von den Indikatoren gedreht beziehungsweise gespiegelt werden, bei denen normalerweise hohe Werte als ungünstig interpretiert werden. Dies ist der Fall bei den Indikatoren Anteil Über-75-Jährige, Arbeitslosenquote, Pendlerdistanzen, verschuldete Privatpersonen, Anteil Unter-15-Jährige in Bedarfsgemeinschaften, Pkw-Reisezeit zu Ober- und Mittelzentren, Erreichbarkeit von Autobahnen, IC/ICE-Bahnhöfen und Flughäfen sowie Angebotsmieten. Die Autoren des Konzeptes halten die Indikatoren BIP je Erwerbstätige und Arbeitslosenquote für so maßgeblich, dass sie ihnen ein doppeltes Gewicht in der Bewertung zuweisen, allen anderen Indikatoren ein einfaches.

Damit diese Gewichtung statistisch steuerbar ist, werden die Indikatoren standardisiert. Nach dieser Transformation liegen bei allen Indikatoren der Mittelwert bei 0 und die Standardabweichung, ein Maß für die Varianz zwischen den Regionen, bei 1. Die Spannbreite aller Indikatoren, die sonst höchst unterschiedliche Maßeinheiten aufweisen, rangiert nach der Transformation mehr oder weniger von –3 bis +3. Für jede Dimension wird ein Index als Durchschnitt aus den zugehörigen Indikatoren ermittelt. Diese Indizes besitzen die gleichen Eigenschaften wie die standardisierten Indikatorwerte: Sie haben den Mittelwert 0 und eine Standardabweichung von 1. Die Streuung von 1 dient zugleich als Schwellenwert zur Einteilung der Regionen pro Dimension in Regionen mit stark unterdurchschnittlichen Werten (<–1),> +1). Zuletzt wird ausgezählt, wie häufig eine Region über alle sechs Dimensionen stark unter- oder stark überdurchschnittliche Ausprägungen aufweist. Die endgültige Klasseneinteilung kann der Legende der Karte entnommen werden.

Über- und unterdurchschnittliche Ausprägungen regionaler Lebensverhältnisse in den Kreisregionen, 2016/18 (© bpb)

Kritik und Verbesserungsvorschläge

Der erste grundlegende Kritikpunkt an diesem Messkonzept betrifft die Auswahl der Dimensionen und vor allem der Indikatoren. Die Dimensionen werden sehr grob aus dem Raumordnungsgesetz abgeleitet. Vorab erfolgt also keine Auseinandersetzung über Theorie und Zielsetzung der Raumordnung. Die Dimension Demografie etwa ist zweischneidig zu beurteilen: Die demografische Entwicklung kann sowohl als Folge beziehungsweise Reaktion auf ungleiche Lebensverhältnisse gewertet werden als auch als Voraussetzung für die Raumplanung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Es fehlt auch eine Dimension Umwelt. Die Indikatorenauswahl berücksichtigt zudem in erheblichem Maße die Datenverfügbarkeit. Eine vorangestellte tiefere Erörterung des Prinzips der Gleichwertigkeit und der Ziele des Messkonzepts ist eigentlich unabdingbar. Findet sie statt, wie beispielsweise in der Enquetekommission des bayerischen Landtags, werden oftmals die Indikatoren selbst nicht hinreichend begründet. Die Indikatoren könnten alternativ auch auf einem gemeinsam entwickelten Katalog zwischen Bund und Ländern beruhen, ansonsten werden sie immer als subjektiv oder gar als willkürlich kritisiert.

Der zweite grundlegende Kritikpunkt betrifft die relative Maßstäblichkeit am Bundesmittel. Zwar kann man im Sinne einer "Rückständigkeit" gegenüber einem allgemeinen Standard oder einer allgemeinen Entwicklung argumentieren, allerdings kann man auch bei niedrigen Schwankungsbreiten immer ein relatives unter- oder überdurchschnittliches Abschneiden von Regionen konstatieren. Nur bei absolut gesetzten Schwellenwerten gibt es eine Garantie, dass Abweichungen von Mindestmaßen oder Höchstwerten, die gleichwertige Lebensbedingungen gefährden, gefunden werden. Hierzu ist jedoch eine neue, an heutige Verhältnisse angepasste Empfehlung von Mindeststandards notwendig. Eine solche Einigung oder Empfehlung kann nur über die MKRO erfolgen.

Die Auswahl der Kreise oder Kreisregionen als räumliche Ebene wird meist sehr pragmatisch getroffen, da für diese Einheiten im Allgemeinen die Statistiken verfügbar sind. Dies ist der dritte grundlegende Kritikpunkt. Die Kreisebene ist jedoch nicht zwangsläufig angemessen. Arbeitsmärkte und wirtschaftliche Verflechtungen spielen sich meist in funktionalen größeren Teilräumen ab, während die Daseinsvorsorge je nach grund-, mittel- oder oberzentraler Versorgungsstufe im geltenden Raumordnungsprinzip der zentralen Orte auf den von den Landesplanungen entsprechend vorgesehenen Planungsbereichen abzubilden ist.

Die Auszählung der Dimensionen im unter- und im überdurchschnittlichen Bereich kann dagegen als glaubhafte Methode zur Bestimmung kumulativer Problem- oder Belastungsfaktoren gewertet werden. Einem solchen Verfahren haftet oft der Vorwurf der Subjektivität an. Würde man sich allerdings auf Mindeststandards verständigen statt auf scheinbar objektive statistische Verfahren, so wäre dieses Problem besser gelöst. Zur Abgrenzung von Regionsgruppen mit spezifischen Problemlagen werden häufig die statistischen Verfahren der Faktorenanalyse (Straffung und Ordnung der verwendeten Indikatoren) und Clusteranalyse (Einteilung der Regionen in Gruppen auf Basis von statistischen Ähnlichkeits- oder Distanzmaßen) verwendet. Der Analyst hat hier einen großen Spielraum zur Justierung von statistischen Parametern innerhalb dieser Verfahren, die man nur bei tiefer Kenntnis der Methoden richtig zu behandeln weiß. Welche Lösung dann als die beste erscheint, ist eben doch wieder subjektiv.

Fazit

Die Empfehlungen des Beirats für Raumordnung von 1976 für gesellschaftliche Indikatoren zur Begleitung der Raumordnungspolitik und zur Prüfung der Zielerreichung im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse sind tiefer durchdacht als viele aktuelle Messkonzepte. Aufbauend auf den Empfehlungen sind die damaligen Überlegungen an die heutigen technischen und gesellschaftlichen Realitäten anzupassen. Denn einige Probleme in der Daseinsvorsorge in dünn besiedelten ländlichen Regionen ließen sich auch digital lösen. Wie aber müssen dann die Indikatoren definiert werden? Bereits 1976 wurde auch die Frage nach Input- (Bereitstellungs- und Investitionskennzahlen) versus Outcome-Indikatoren (Wirkungsindikatoren) diskutiert. Wir haben beispielsweise eine Vorstellung davon, wie viele Ärzte es pro 100000 Einwohner für eine gute Gesundheitsversorgung bedarf. Telemedizin löst jedoch den räumlichen Zusammenhang auf. Wäre es also nicht besser, die Gesundheit der Menschen zu messen? Diese ist jedoch nicht nur von der medizinischen Versorgung abhängig – und so weiter.

Jedes Indikatoren- und Messkonzept wird an einigen Stellen vereinfachen müssen. Indikatoren sind und bleiben ein Modell; sie sind kein originalgetreues Abbild der Realität. Aber sie helfen doch, in einem gewissen Maße zu objektivieren. Das Sozialstaatsprinzip der gleichwertigen Lebensverhältnisse ist verfassungsmäßig verankert. Deshalb ist es aller Mühe wert, ein gutes Messkonzept zu entwickeln.

ist wissenschaftliche Referentin im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn. E-Mail Link: antonia.milbert@bbr.bund.de