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Editorial | Brasilien und Argentinien | bpb.de

Brasilien und Argentinien Editorial Argentinien und Brasilien zwischen Rivalität und Partnerschaft Erfahrung der Zeit - politische Kultur in Argentinien und Brasilien Brasiliens Aufstieg: Möglichkeiten und Grenzen regionaler und globaler Politik Wandel durch Klimawandel? Wachstum und ökologische Grenzen in Brasilien Reaktivierte Unternehmen: Die empresas recuperadas in Argentinien Vom Umgang mit der Diktaturvergangenheit

Editorial

Johannes Piepenbrink

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Die beiden größten Länder Südamerikas haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt: Während Brasilien zu einem Global Player geworden ist, hat Argentinien beständig an Bedeutung verloren.

Brasilien hat in den vergangenen Jahren nicht nur einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, sondern auch weltpolitisch erheblich an Gewicht gewonnen. Neben Russland, Indien und China zählt das mit Abstand größte Land Südamerikas zu den sogenannten BRIC-Staaten, jenen aufstrebenden "Schwellenländern", denen zugetraut wird, die traditionellen Industrieländer hinsichtlich ihrer Wirtschaftsleistung mittelfristig zu überflügeln. Auch die globale Wirtschaftskrise seit 2008 hat es bisher vergleichsweise gut überstanden; international gilt Brasilien inzwischen als die Führungsmacht in Südamerika.

Ganz anders sind die Perspektiven in Argentinien, das im Mai dieses Jahres seine 200-jährige Unabhängigkeit, das Bicentenario, feiert: Das 20. Jahrhundert wird dort als "Zeitraum eines langsamen Abstiegs" wahrgenommen (Michael Riekenberg). Dem verheerenden Zusammenbruch des Finanzsystems, der "Argentinienkrise" 2001/2002, folgte zwar eine Erholung, doch wirtschaftlich und politisch hat das Land zuletzt an Bedeutung verloren. Einzig im Bereich der Aufarbeitung der Diktaturvergangenheit scheint es seinem großen Nachbarn im Norden voraus zu sein: Während in Brasilien noch immer ein Amnestiegesetz gilt, kommt es in Argentinien immer wieder zu spektakulären Prozessen gegen ehemalige Funktionsträger aus der Zeit der Militärdiktatur.

Mit dem Aufstieg Brasiliens in die "erste Klasse", wie Präsident Luiz Inácio Lula da Silva es ausdrückte, ist jedoch eine Frage verbunden, die den Rest der Welt in ganz anderer Weise betrifft: Wie lässt sich das wirtschaftliche Wachstum mit dem Schutz des Weltklimas vereinbaren? Wie viele alte Industriestaaten auch, sind die neuen Mächte kaum dazu bereit, ihre wirtschaftliche Entwicklung zu Gunsten des globalen Klimaschutzes zu bremsen. Ihre Verhandlungsposition dürfte sich in den kommenden Jahren indes eher noch verbessern.