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Editorial | Endlagersuche | bpb.de

Endlagersuche Editorial Größtes anzunehmendes Experiment. Einführung in die Endlagerfrage Kleine Geschichte der Atomkraft-Kontroverse in Deutschland Gorleben als kulturelles Erbe. Die Anti-Atom-Bewegung zwischen Historisierung und Aktualität Die Stecknadel auf der Atomlandkarte. Wie wir in Deutschland zu einem Endlager für hochradioaktive Abfälle kamen Das Wunder von Onkalo? Zur unerträglichen Leichtigkeit der finnischen Suche nach einem Endlager

Editorial

Anne-Sophie Friedel

/ 2 Minuten zu lesen

Im Juni 2011 stimmte der Deutsche Bundestag unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima mit breiter Mehrheit für den vollständigen Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie. Von den seinerzeit 17 deutschen Atomkraftwerken sind elf inzwischen abgeschaltet, bis 2022 gehen die letzten Meiler vom Netz. Ein Ende der deutschen Atompolitik, die spätestens seit den 1970er Jahren von Polarisierung und Massenprotesten begleitet wird, bedeutet das indes nicht: Sie steht vor der Aufgabe, für die rund 27.000 Kubikmeter hochradioaktiven Abfälle aus sechs Jahrzehnten AKW-Betrieb einen möglichst sicheren Endlagerstandort zu finden – und das für eine Million Jahre.

Die Endlagerfrage ist nicht neu. Während international ab Ende der 1950er Jahre die Entsorgung von Atommüll in den Weltmeeren, den Eisschilden oder im Weltraum diskutiert wurde, kristallisierte sich in der Bundesrepublik früh die unterirdische Lagerung als favorisierte Lösung heraus. 1977 wurde der Salzstock im niedersächsischen Gorleben als Standort für ein "Nationales Entsorgungszentrum" benannt – bei umstrittener Gewichtung wissenschaftlicher Erkenntnisse, politischer Agenden und wirtschaftlicher Interessen. Der heftige Widerstand, der sich alsbald in der Region regte, ins gesamte Land ausstrahlte und sich zu einer gut vernetzten Bewegung verstetigte, machte "Gorleben" zur Chiffre für Anti-Atomkraft-Protest in Deutschland und die Fallstricke der Endlagersuche.

Vor diesem Hintergrund wurde nach dem Atomausstiegsbeschluss ein neuer Suchprozess eingeleitet. Ausgehend von einer "weißen Landkarte", also unter Einbezug des gesamten Staatsgebietes, soll ein mehrstufiges wissenschaftsbasiertes, partizipatives Verfahren bis 2031 zu einer möglichst breit akzeptierten Standortentscheidung führen. Mit Abschluss der ersten Phase, im Zuge derer anhand geologischer Kriterien sogenannte Teilgebiete ermittelt wurden, die für ein Endlager infrage kommen, wurde Gorleben im September 2020 ausgeschlossen. Eine sensibilisierte kritische Öffentlichkeit, die die weiteren Schritte der Endlagersuche begleiten wird, bleibt.