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Die Trump-Präsidentschaft: Eine Bilanz | USA | bpb.de

USA Editorial Auf der Suche nach Heilung. (Wie) kann Joe Biden die Gräben überbrücken? Die amerikanische Lektion. Wie Polarisierung der Demokratie schaden kann The Hill They Climb. Die größten innenpolitischen Herausforderungen für Joe Biden und Kamala Harris Die USA zurück auf der multilateralen Bühne In rauen Gewässern. Was bedeutet Bidens Chinapolitik für Europa? Die Trump-Präsidentschaft: Eine Bilanz

Die Trump-Präsidentschaft: Eine Bilanz

Stephan Bierling

/ 16 Minuten zu lesen

Donald Trump spaltet die Öffentlichkeit über seine Amtszeit hinaus. Nur 5 Prozent der als Wähler registrierten Demokraten sind mit seiner Regierungsleistung zufrieden, hingegen beurteilen 87 Prozent der Republikaner sie positiv. Bevor man eine Bilanz von Trumps Präsidentschaft ziehen kann, gilt es, die Ursache dieser konträren Einschätzung offenzulegen: die parteipolitische Polarisierung der USA.

Amerika ist heute zerrissener als zu jedem anderen Zeitpunkt seiner Geschichte. Republikaner und Demokraten sind nicht mehr nur konkurrierende Parteien, die über Programme und Strategien streiten. Sie sind wie zwei Stämme, die sich sprach- und verständnislos gegenüberstehen, voneinander abkapseln und gegenseitig als Feinde betrachten. Ihre jeweiligen Mitglieder sehen die Welt unterschiedlich, haben unterschiedliche Lebensstile, konsumieren unterschiedliche Medien, verkehren nur mehr mit Gesinnungsgenossen. Im September 2020 ergab eine Umfrage, dass fast 80 Prozent der Trump- und Biden-Anhänger kaum oder keine engen Freunde hatten, die den anderen Kandidaten unterstützten. Ein Grund dafür: Die Bastionen der Demokraten sind prosperierende urbane Gebiete, während die Republikaner auf dem Land verwurzelt sind und ihren höchsten Wähleranteil in Regionen mit dem niedrigsten Job-, Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum erzielen.

Die Spaltung hat sich ins politische System und in die Gesellschaft gefräst, moderate Wechselwähler gibt es fast nicht mehr. Trump profitierte bei seinem Sieg 2016 davon, weil er radikale Kräfte in die Republikanische Partei holen konnte, ohne dass traditionelle Unterstützer abwanderten. Mit erstaunlichem politischen Geschick schmiedete er drei große Gruppen zusammen: Wirtschaftsliberale, Evangelikale und Wutbürger. Trumps oberstes Ziel seiner Präsidentschaft war es, diese Koalition zusammenzuhalten und Politik ausschließlich für sie zu betreiben. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass seine Anhänger und Gegner eine diametral gegensätzliche Bilanz seiner vier Jahre im Weißen Haus ziehen. Oberstes Kriterium einer fairen Beurteilung muss freilich die Frage sein, ob sich ein Amtsinhaber mit demokratischen Mitteln um die wichtigsten Probleme des Landes gekümmert und es im Inneren wie im Äußeren gestärkt hat.

Einwanderung

Hauptthema von Trumps Wahlkampf 2015/16 war die Immigration. Schon als er seine Kandidatur ankündete, beschimpfte er mexikanische Einwanderer rüde und versprach: "Ich werde eine große, große Mauer bauen an unserer Südgrenze. Und ich werde Mexiko für diese Mauer bezahlen lassen." Bald agitierte er auch gegen andere ethnische und religiöse Minderheiten. Seine implizite Botschaft lautete, Amerika sei ein Land der christlichen Weißen, und er werde alles tun, damit dies in Zukunft so bleibe. Trump wusste, was er tat: Rassismus und Sexismus waren für Weiße ohne College-Ausbildung wichtigere Motive, ihn zu unterstützen, als etwa wirtschaftliche Sorgen.

Seine Versprechen hielt der Präsident nur zum Teil: Mexiko weigerte sich, für Grenzanlagen zu bezahlen, und der Kongress stellte kaum Mittel dafür bereit. Doch Ende 2018 wurde das bisher von Trump weitgehend herbeigeredete Einwanderungsproblem real, als Zehntausende vor Bandengewalt, horrenden Mordraten und einer Dürre aus Zentralamerika mit Ziel USA flohen. Trump sandte 5800 Soldaten an die Grenze, ließ registrierte Migranten nach Mexiko zurückschicken und zwang den Nachbarn unter Androhung von Sonderzöllen, die Menschenkolonnen zu stoppen. Zugleich nutzte der Präsident die Krise, um den nationalen Notstand auszurufen und Geld aus dem Verteidigungshaushalt für den Mauerbau umzuleiten.

Trotzdem waren bis Anfang 2021 nur an 76 der 3.145 Kilometer langen Grenze neue Befestigungen entstanden und auf weiteren 649 Kilometern alte ausgebaut worden. Selbst dies war primär Symbolpolitik, weil die Mehrheit der illegal eingereisten Immigranten als Flugpassagiere in die USA kam und nach Ablauf des Visums im Land blieb. Auch wurden unter Trump weniger papierlose Einwanderer deportiert als unter seinem Vorgänger Barack Obama. Da er allerdings die Obergrenze für Flüchtlinge von 84.995 (2016) auf 18.000 (2020) senkte und die Liste von Ländern mit Einreisesperren auf 13 erhöhte, konnte er zumindest sein Versprechen eines "totalen und kompletten Herunterfahrens der Einreise von Muslimen" größtenteils einlösen. Schon vor der Grenzschließung infolge der Corona-Pandemie war die Einwanderungs- und Asylpolitik deutlich verschärft worden. Zwischen 2016 und 2019 fiel die Zahl neuer Immigranten von einer Million auf 600.000 pro Jahr.

Wirtschaft

In seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf hatte sich Trump als erfolgreicher Geschäftsmann inszeniert, der die Wachstumsraten des Landes durch Steuererleichterungen und Deregulierungen auf mindestens vier Prozent erhöhen würde. Das Haushaltsdefizit versprach er zu reduzieren und die Staatsschulden innerhalb von zwei Amtszeiten abzubauen. Als Präsident behauptete er schon bald, er habe die beste Wirtschaftsentwicklung in der US-Geschichte ausgelöst.

Die Wirklichkeit sah profaner aus: Fast alle ökonomischen Kenndaten bewegten sich vor Corona im Trend der vorausgegangenen Jahre. Unter Obama war die Wirtschaft von 2014 bis 2016 durchschnittlich um 2,4 Prozent gewachsen und hatte monatlich netto 224.000 Stellen geschaffen, in den ersten drei Trump-Jahren lauteten die Zahlen 2,5 Prozent und 182.000 Jobs. Entsprechend fiel die Arbeitslosenquote weiter von 4,7 Prozent (Dezember 2016) auf 3,5 Prozent (Januar 2020) und damit auf den niedrigsten Stand seit einem halben Jahrhundert.

Hatte Obama das Haushaltsdefizit nach der geerbten großen Rezession von 9,8 Prozent 2009 auf 3,1 Prozent 2016 reduziert, stieg es unter Trump trotz guter Wachstumsraten wieder auf 4,6 Prozent (2019). Der Grund: Sein größter gesetzgeberischer Erfolg, die Steuersenkung von 2017, kostet den Staat zwischen 1,5 und 2 Billionen Dollar, wobei Spitzenverdiener und Großunternehmen am stärksten profitieren. Als die Pandemie 2020 die Wirtschaft einbrechen ließ, befand sich der Haushalt tief in den roten Zahlen, wo er nach zehn Jahren ununterbrochenen Wachstums doch hätte ausgeglichen sein sollen.

Am Ende von Trumps Amtszeit lagen die Arbeitslosigkeit bei 6,7 Prozent und das Defizit bei 15,2 Prozent, die Wirtschaft war 2020 um 3,5 Prozent geschrumpft. Allerdings hatten gigantische überparteiliche Konjunkturprogramme von fast vier Billionen Dollar, das sind rund 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die schlimmsten Corona-Folgen gemildert.

Handelskonflikte

Seit Jahrzehnten war Trump besessen von der Idee, andere Staaten übervorteilten die USA beim Handel und amerikanische Präsidenten täten dagegen zu wenig. Grundlage dafür war sein Glaube, Handelsdefizite seien ökonomisch schädlich, weil das Land damit Geld und Wohlstand an seine Wettbewerber "verliert". Damit lag Trump wirtschaftstheoretisch falsch und zeichnete ein inkorrektes Bild der Realität. So hatten die USA 2016 zwar ein Defizit im Warenaustausch von 750 Milliarden Dollar. Aber im Handel mit Dienstleistungen wie Finanzgeschäften, Reisen oder geistigem Eigentum waren sie der weltgrößte Exporteur und erwirtschafteten einen Überschuss von 257 Milliarden Dollar – den höchsten dabei mit China und Kanada. Nicht zuletzt deshalb lag das Defizit im Außenhandel 2016 mit 2,7 Prozent am BIP weit unter seinem Höchststand von 6 Prozent 2006.

So wenig Trumps Handelsdefizit-Fixierung ökonomisch Sinn ergab, so sehr verfing sie politisch. Angeblich unfaire ausländische Handelspartner waren wie Immigranten ideale Sündenböcke für die Abstiegsängste vieler Wähler. Sofort nach Amtsübernahme kündigte Trump die Transpazifische Partnerschaft (TPP), die sein Vorgänger 2016 mit elf Staaten unterzeichnet hatte. In den folgenden Jahren überarbeitete er das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) und übte massiven Druck auf Nationen mit Handelsüberschüssen aus. Dabei verhängte er wiederholt Strafzölle, die heimischen Produzenten und Konsumenten hohe Kosten verursachten und die Beziehungen zu anderen Ländern vergifteten. Doch Trump ging es nicht um ökonomischen Nutzen, sondern darum, Entschlossenheit und Stärke zu demonstrieren. Für ihn zählte allein, dass sich Mexiko, Kanada, Südkorea und Japan der geballten Macht der größten Volkswirtschaft des Planeten und ihres Präsidenten fügen mussten und er seinen Anhängern im sogenannten rust belt der USA versichern konnte, die Schuldigen für ihre Misere zur Rechenschaft gezogen zu haben.

Ab Frühjahr 2018 legte sich Trump mit einem Rivalen auf Augenhöhe an: Gegen den Rat fast aller Ökonomen, vieler Außenhandelsorganisationen und Hunderter Firmen verhängte er Strafzölle auf mehr als 1.300 chinesische Importwaren in Höhe von 50 Milliarden Dollar "als Antwort auf die jahrelangen unfairen Handelspraktiken". Peking lenkte indes nicht ein, sondern zahlte mit gleicher Münze heim. Obwohl Trump seinen Wählern versichert hatte, Handelskriege seien einfach zu gewinnen, stimmte er nach mehreren Eskalationsrunden Anfang 2020 einem Burgfrieden mit China zu. Nun müssen Unternehmer und Verbraucher langfristig mit hohen Zollbarrieren leben.

Tatsächlich fiel der chinesische Handelsüberschuss zwischen 2016 und 2020 von 347 auf 311 Milliarden Dollar – aber nur, weil amerikanische Unternehmen jetzt verstärkt in Ländern wie Mexiko oder Vietnam einkauften. Folglich erhöhte sich das Minus mit diesen Staaten. Insgesamt stieg das Handelsdefizit unter Trump von 513 auf 679 Milliarden Dollar. Statistisch kostete die Strafzollpolitik somit jeden Haushalt 1.000 Dollar pro Jahr. Noch dazu verlagerten US-Firmen kaum Jobs zurück in die Heimat, sondern bauten Fabriken in nicht von Zöllen betroffenen Niedriglohnländern. Am schlimmsten freilich war, dass Trump das Vertrauen in die Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit amerikanischer Zusagen zerstörte und das von den USA mitgeschaffene Handelssystem der Welthandelsorganisation beschädigte.

Kulturkriege

Mit seiner aggressiven Einwanderungs- und Handelspolitik hatte Trump die Wutbürger, mit seinen Deregulierungen und Steuersenkungen die Wirtschaftsliberalen zufriedengestellt. Nun musste er noch seinen dritten großen Wählerblock bedienen: die Evangelikalen. Sie sahen sich im Kampf gegen die Verweltlichung der Gesellschaft auf der Verliererstraße. Ihr Anteil an der Bevölkerung fiel, ihre Normen waren unter Druck; 2015 legalisierte der Supreme Court sogar gleichgeschlechtliche Ehen. Hauptanliegen der Evangelikalen war es, das liberale Abtreibungsrecht zu kippen. Ihre zentrale Forderung war deshalb die Ernennung konservativer Richter.

Und Trump lieferte: Mit der geschlossenen Unterstützung des von den Republikanern dominierten Senats ernannte er mehr als ein Viertel aller aktiven Bundesrichter. Vor allem an den wichtigen Berufungsgerichten hatte kein Präsident vor ihm in so kurzer Zeit mehr Posten besetzt – "mit der Effizienz eines Bulldozers", wie ein Experte bemerkte. Dabei stellte das Weiße Haus sicher, dass es fast ausschließlich jüngere Kandidaten nominierte, die konservative Vereinigungen zuvor für politisch zuverlässig befunden hatten. Weil Bundesrichter in den USA auf Lebenszeit ernannt werden, können sie die Rechtsprechung über Jahrzehnte bestimmen.

Der größte Preis waren die drei von Trump besetzten Positionen im neunköpfigen Supreme Court. Etwa eine Woche nach seiner Amtsübernahme benannte der Präsident Neil Gorsuch, nachdem die Republikaner unter Missachtung der bisherigen Praxis Obamas Kandidaten fast ein Jahr lang eine Anhörung für die vakante Stelle verweigert hatten. Als sich demokratische Senatoren widersetzten, schafften die Republikaner die bis dahin nötige "Supermehrheit" von 60 Stimmen (bei insgesamt 100 Sitzen) für eine Bestätigung ab und drückten ihren Kandidaten durch. Im Oktober 2018 ersetzte Trump einen zurückgetretenen moderaten Richter durch Brett Kavanaugh, und kurz vor seiner Abwahl die verstorbene Ikone der Linken, Ruth Bader Ginsburg, mit Amy Coney Barrett.

Damit stehen im Supreme Court nunmehr sechs konservative Richter drei liberalen gegenüber. Zugleich änderte Trump viele staatliche Vorschriften zu Abtreibung und Rechten Nicht-Heterosexueller im Sinne der Evangelikalen. Bald galt er ihnen als der Präsident, der mehr für sie getan hatte als alle seine Vorgänger seit Ronald Reagan.

Außenpolitik

War während des Kalten Kriegs das Versprechen einer starken Außenpolitik ein Plus für jeden Präsidentschaftskandidaten gewesen, so gewann danach stets der Bewerber, der einen Rückzug aus globalen Verpflichtungen versprach. Trump führte die bei einer großen Zahl der Wähler verbreitete Frustration über die amerikanische Rolle in der Welt jedoch in eine neue Dimension. Mit dem Rückenwind von Interventionsfiaskos, Weltfinanzkrise und Terror durch den "Islamischen Staat" (IS) belebte er drei alte außenpolitische Ideen neu: den Isolationismus, den Nationalismus und den Unilateralismus. Dieser Mix an Konzepten verschmolz er unter dem Slogan "America First".

Trumps Weltbild kennt keine internationalen Abhängigkeiten, multilateralen Kooperationen und gewachsenen Allianzen, sondern allein den Glauben an die eigene Macht. Außenpolitik verstand er rein geschäftsmäßig als Abwickeln von punktuellen, in erster Linie wirtschaftlichen Transaktionen, wobei Verlässlichkeit, Transparenz und Vertrauen keine Rolle spielten. Deshalb konnten Partner rasch gewechselt werden, Gegner schnell zu Freunden mutieren – und umgekehrt. Trump bewunderte autoritäre Führer, weil sie ohne innenpolitische Rücksichtnahme "von Mann zu Mann" Deals aushandeln können. Fast manisch war er vom Ziel getrieben, auch die Außenpolitik Obamas, die er als Symbol amerikanischer Schwäche sah, auszuradieren. Letztlich ging es ihm jedoch primär um Selbstglorifizierung. Wenn es eine "Trump-Doktrin" gab, ein Muster, das sich in seinen wichtigsten außenpolitischen Initiativen zeigte, so bestand sie darin, ihn als entschlossenen und unkonventionellen Führer erscheinen zu lassen.

Die zentrale Herausforderung für die USA ist der Aufstieg Chinas. Nachdem sich Peking lange Zeit außenpolitisch zurückgehalten und innenpolitisch liberalisiert hatte, folgte nach der globalen Finanzkrise 2008/09 eine Kehrtwende. Die Führung der Kommunistischen Partei fühlte sich nun stark genug, ihre Diktatur im Innern wieder brutal durchzusetzen und im Äußeren expansiv vorzugehen. Trump sah dies klarer als seine Vorgänger und erhob China zum Hauptgegner der USA. Anstatt jedoch Bündnisse zu schmieden und Peking auf allen Feldern entgegenzutreten, setzte er auf einen Alleingang und fokussierte sich auf die Handelsbilanz. Der Erfolg blieb aus: Am Ende seiner Amtszeit war China in einer stärkeren Position – auch deshalb, weil es das von Trump geschaffene Führungsvakuum bei Freihandel und Pandemiebekämpfung sowie im Mittleren Osten und in Europa geschickt füllte.

Dasselbe galt für den zweiten großen internationalen Rivalen, Russland. Trump schwächte die amerikanische Stellung auch gegenüber Moskau: durch sein unterwürfiges Verhalten gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, das Relativieren russischer Cyberattacken und Desinformationskampagnen, die Erpressung der Ukraine, am meisten aber durch die Sabotage von Nato und Europäischer Union sowie die Handelskriege mit Verbündeten. Hätte sich der US-Kongress nicht immer wieder quergelegt, wäre der Schaden für die USA noch höher gewesen.

Im Mittleren Osten scheiterte Trumps Politik ebenfalls. In Syrien und Afghanistan sowie gegenüber dem Iran, der Türkei und den Kurden unterminierte sein Zickzackkurs den Einfluss Washingtons. Die Kündigung des von Obama ausgehandelten Atomabkommens und die Politik des "maximalen Drucks" ließen Teheran nicht wie versprochen einlenken. Stattdessen reicherte das Land Uran über die vereinbarten Grenzen hinaus an und baute seine Stellung in Syrien, im Irak und im Libanon aus. Saudi-Arabien unterstützte der Präsident bei seinem Krieg im Jemen und auch nach der bestialischen Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi vorbehaltlos, weil er es als wichtigsten Käufer amerikanischer Waffen nicht brüskieren wollte. Gleichzeitig reagierte er nicht, als der Iran eine US-Drohne abschoss und von ihm kontrollierte Milizen saudische Ölanlagen angriffen.

Im syrischen Bürgerkrieg ließ Trump Stellungen der Regierung bombardieren, nachdem diese zum wiederholten Mal Giftgas gegen die Opposition eingesetzt hatte. Aber er besaß keine Strategie für ein Ende des Kriegs. Den IS, der 2016 noch große Teile Syriens und des Irak beherrschte, zerstörte die amerikanische Luftwaffe mithilfe kurdischer und irakischer Alliierter sowie iranischer Kämpfer. Mit dem überhasteten Abzug aus Nordsyrien lieferte Trump die Kurden indes türkischer Aggression aus und beschädigte die Reputation der USA als verlässlichen Partner weiter. In Afghanistan schloss Trump mit den Taliban 2020 ein Abkommen, zu dem die verbündete Regierung in Kabul für einen schnellen Truppenabzug bereit war.

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen vier arabischen Staaten (Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Sudan, Marokko) und Israel war immerhin ein diplomatischer Erfolg für Trump in seinen letzten Amtsmonaten. Doch er hatte einen hohen Preis: Das Kernproblem des Nahostkonflikts, das Schicksal der Palästinenser, blieb unberücksichtigt. Durch die uneingeschränkte Unterstützung der israelischen Regierung und die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem 2018 hatte Trump bereits zuvor die international vereinbarte Zwei-Staaten-Lösung sabotiert und Washingtons Rolle als "ehrlicher Makler" aufgegeben. Damit rückte ein umfassender Frieden in der Region in noch weitere Ferne.

Anhänger von Trump weisen darauf hin, im Gegensatz zu seinen Vorgängern seit Jimmy Carter (1977–1981) habe er keine neuen Kriege begonnen. Richtig ist: Trump ließ syrische Stellungen, die Taliban, russische Söldner und den IS bombardieren. Er genehmigte mehr Drohnenangriffe in Somalia und Jemen als seine beiden Vorgänger zusammen und erhöhte sie in Afghanistan dramatisch. Dort verdreifachte sich die Zahl getöteter Zivilisten im Vergleich zu 2016. Prominentestes Opfer der Drohneneinsätze war Anfang 2020 der iranische General Quasem Suleimani, wodurch sich die angespannte Lage am Persischen Golf weiter verschärfte. Trump stellte sich zudem vorbehaltlos hinter Saudi-Arabiens Krieg im Jemen und lieferte Riad dazu die Waffen. Durch martialische Rhetorik bei gleichzeitiger Unentschlossenheit manövrierte er sich in die schlechteste aller Welten: Gegner fühlten sich provoziert, Partner verraten.

Nirgendwo wurde Trumps Hang zu außenpolitischer Show sichtbarer als in seinen drei Gipfeltreffen mit Kim Jong-un. Unvorbereitet und ohne diplomatische Erfahrung glaubte der Präsident, den nordkoreanischen Diktator, dem er wenige Monate zuvor noch "Feuer und Zorn" der USA angedroht hatte, durch Schmeicheleien und wirtschaftliche Anreize zur Aufgabe seiner Atomwaffen bewegen zu können. Doch Kim führte den selbsterklärten großen Dealmaker vor: Er bekam prestigeträchtige Treffen mit dem US-Präsidenten und trieb zugleich seine Nuklearrüstung und Raketenentwicklung voran. Washington dagegen stand mit leeren Händen da.

Trumps schlimmster Fehler war allerdings die Abkehr von der liberalen, regelgeleiteten Weltordnung, die die USA nach 1941 geschaffen und alle US-Präsidenten seither gepflegt hatten. Ihren Kern bilden die multi- und bilateralen Bündnisverträge mit fast 70 Nationen. Nicht zu erkennen, welch politisches und militärisches Gewicht dieses Allianzsystem Washington gegenüber Rivalen wie China und Russland verleiht, offenbarte das ganze Unverständnis Trumps für strategische Zusammenhänge. Mit dem Gedanken eines Nato-Austritts zu spielen, den Brexit zu unterstützen, die EU zum Feind zu erklären, die Beziehungen zu langjährigen Partnern in Ostasien und Europa wegen Handelsdisputen zu gefährden – das ließ die Feinde des Westens triumphieren. Was Moskau und Peking mit ihrer Droh- und Erpressungspolitik nicht erreichten, nämlich die Bande zwischen freiheitlichen Demokratien zu schwächen, lieferte ihnen Trump auf dem Silbertablett. Anstatt Gegnern konsequent entgegenzutreten, bestehende Allianzen zu stärken, neue zu begründen und sich der mühevollen Aufgabe zu unterziehen, internationale Organisationen und Regelwerke zu reformieren, zog Trump Amerika aus globalen Verpflichtungen wie dem Pariser Klimaabkommen oder der Weltgesundheitsorganisation zurück, beschädigte jahrzehntelange Partnerschaften und trieb alte Verbündete in die Arme von Widersachern.

Fazit

In den Augen seiner Anhänger war Trump ein erfolgreicher Präsident. Die Besetzung der Richterstellen, vor allem im Supreme Court, die Steuersenkungen sowie die Reduzierung der Einwanderung werden dabei als seine größte Errungenschaften angesehen. Sie schätzten seinen ständigen Bruch mit etablierten Normen, seine Angriffe auf "die Eliten" und das Gefühl, dass ihnen jemand eine Stimme verlieh und in unübersichtlichen Zeiten Schuldige für ihre Nöte und Sorgen nannte. Und sie hielten ihm zugute, dass er international aggressiv auftrat, Strafzölle verhängte und die israelische Regierung bedingungslos unterstützte.

Misst man seine Amtszeit jedoch am ausgegebenen Ziel, "Amerika wieder groß zu machen", fällt das Ergebnis ernüchternd aus. Bis auf die Strafrechtsreform, die lange Haftstrafen für Kleinkriminelle reduzierte, die Programme zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise und die "Warp-Speed-Initiative" zur schnellen Impfstoffproduktion gab es in seiner Präsidentschaft kaum Erfolge für die Nation als Ganzes. Trump besaß keine Vision, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand des Landes dauerhaft zu stärken sowie die sozialen und politischen Verwerfungen zu mildern. Seine Außenpolitik war oberflächlich und widersprüchlich. Er regierte mit einem Mix aus impulsiven Entscheidungen, Unwahrheiten, Eigenlob und Reality-TV-Show-Gehabe, was kein einziges Problem löste und die USA insgesamt schwächte.

Auch parteipolitisch hinterlässt Trump ein toxisches Erbe. 2016 von den Republikanern als großer Sieger gefeiert, verlor er 2018 das Repräsentantenhaus, 2020 die Präsidentschaft und 2021 den Senat. Bei seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus war die Partei fremden- und minderheitenfeindlich, anti-intellektuell, protektionistisch und fiskalpolitisch verantwortungslos. Ein beträchtlicher Anteil ihrer Anhänger und gewählten Vertreter hat sich unter Trumps ständiger Hetze und Lügerei radikalisiert, verehrt ihn bis heute wie den Hohepriester eines Kults, hängt Verschwörungsideologien an und lehnt demokratische Prozesse ab.

Trumps Führungs- und Charakterdefizite, die seine gesamte Amtszeit prägten, traten in der Corona-Krise besonders eklatant zutage: Experten geringschätzen, abstruse Ideen verbreiten, Schuld auf andere abwälzen, Kritiker abkanzeln, sich selbst überschätzen, persönliche Rachegelüste befriedigen. Was schon in normalen Zeiten Amt und politisches System unterminierte, kostete jetzt Menschenleben. Die Pandemie deckte zudem schonungslos auf, wie wenig die USA unter diesem Präsidenten noch zu globaler Führung fähig waren. Anders als nach den Anschlägen vom 11. September 2001, in der Finanzkrise ab 2008 oder in gesundheitlichen Notsituationen durch Aids oder Ebola bemühte sich Washington überhaupt nicht mehr, internationale Koalitionen zu schmieden und multilaterale Antworten zu koordinieren.

Am gefährlichsten ist Trumps Hinterlassenschaft für die Demokratie. Obwohl die Institutionen seinen Allmachtfantasien standhielten und sich Föderalismus und Justiz als Gegengewichte bewährten, beschädigte er die geschriebenen und ungeschriebenen Normen des Verfassungssystems massiv. Mit seiner extensiven Interpretation der eigenen Kompetenzen, mit dem Bruch von Gepflogenheiten und Tabus, mit der Missachtung geregelter Entscheidungsverfahren und nicht zuletzt mit dem Regieren über Twitter versuchte er, außerordentliche Macht in seiner Person zu konzentrieren. Der Höhepunkt seines autoritären Politikverständnisses war erreicht, als Trump seine Wahlniederlage leugnete, haltlose Betrugsvorwürfe verbreitete, Parteifreunde zur Wahlmanipulation drängte und schließlich einen Mob zum Sturm des Parlaments anstachelte. Damit bekämpfte er das höchste Gut jeder Demokratie: den friedlichen Übergang der Macht aufgrund des Ergebnisses freier und fairer Wahlen. Eines solchen politischen Kapitalverbrechens hatte sich keiner seiner 44 Vorgänger schuldig gemacht. Das brachte Trump als erstem Amtsinhaber ein zweites Impeachment-Verfahren ein und machte ihn endgültig zum schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der USA.

ist Professor für Internationale Politik mit Schwerpunkt transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. E-Mail Link: stephan.bierling@politik.uni-regensburg.de