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Standards im Internet der Dinge: Droht der nächste Turm von Babylon?

Johannes Wendt

/ 4 Minuten zu lesen

Im Internet der Dinge sollen künftig Milliarden verschiedener Geräte miteinander kommunizieren können. Damit das gelingt wäre es sinnvoll, wenn sie alle die gleiche Sprache sprechen. Hersteller und Entwickler formen bereits fleißig Allianzen, um sich mit ihren Geräten in eine gute Ausgangsposition zu bringen. Der Verlierer könnte am Ende wieder der Kunde sein.

Ein beliebtes Beispiel für Standardisierung: Das Ladegrät der Firma Apple nimmt mit beinahe jeder Generation neuer Laptops eine neue Form an und treibt so regelmäßig die Nutzer in den Wahnsinn. (CC, Duncan Hull) Lizenz: cc by/2.0/de

Mit dem Smart Home ist es ein wenig wie mit der Verschlüsselung: Jeder redet darüber, aber kaum einer macht's. Klar, hier und da gibt es zaghafte Annäherungen an das intelligente Haus. Mal ist es Externer Link: ein Toaster, der den Wetterbericht aus dem Netz auf ein Weißbrot brennt; mal der Nachbar, der aus Angst vor Dieben seinen Urlaub mit einer programmierten Lampe verschleiern will.

Von den teils hochtrabenden, teils erschreckenden, in jedem Fall aber machbaren Visionen des intelligenten Hauses, ist das alles noch weit entfernt. Und das hat einen Grund: Es hat sich noch kein universeller Standard durchgesetzt.

Dabei gibt es Standards für das intelligente Haus seit langem. Einer der ersten war KNX (http://www.knx.de/knx-de/index.php). Mit ihm lassen sich im Grunde sämtliche Dinge im Haus steuern: Lichter, Lüfter, Wasserhähne und so weiter. Alles kein Problem, solange die Geräte an das Stromnetz angeschlossen sind. Das System kann mit einem Programm auf dem Tablet gesteuert werden, die KNX-Geräte lassen sich einzeln oder in Gruppen programmieren.

Für den Sonntagabend ließe sich so z.B. ein Tatort-Setting zusammenstellen: Das Licht wird gedimmt, Fernseher und Fußbodenheizung gehen an und alle anderen Geräte im Haus gehen aus.

Keine Einigung in Sicht

Seit acht Jahren ist KNX als internationaler Standard eingetragen. Mittlerweile machen 300 Firmen mit, darunter Bosch und Siemens. Trotzdem hat er sich bislang nicht in Breite durchgesetzt. Anderen Standards im Bereich der Gebäudeautomation wie Zigbee oder Z-Wave geht es genauso.

Die regionalen Unterschiede zwischen den Standards sind dabei nur ein Problem. Viel problematischer ist eine andere Entwicklung: das Internet der Dinge. Derzeit strömen Milliarden Geräte ins Internet. Diese Geräte sind nicht statisch und unter Putz, sie bewegen sich und sind an kein Stromnetz angeschlossen. Dazu gehören smarte Uhren und Kleidung, aber auch Sensoren, Küchengeräte, Wecker oder kleine Familienroboter. Allesamt Dinge, die viel mehr als nur "ein" und "aus" verstehen. Den Meinungsforschern von Externer Link: Gartner zufolge könnten 2020 ungefähr 26 Milliarden solcher smarten "Dinge" auf dem Markt sein.

Diese Masse an neuen Geräten erfordert neue Technik. Dabei geht es nicht nur darum, welche Sprache diese Geräte verwenden. Sondern auch, ob sie über WLAN, Kabel, Bluetooth oder einen anderen Funkstandard sprechen.

Farbe bekennen

Mittlerweile mischen bei dem Wettstreit um den neuen Standard alle großen IT-Konzerne mit: Googles Allianz heißt Externer Link: Thread, Apple hat das Externer Link: HomeKit vorgestellt, LG und Microsoft mischen bei Externer Link: AllSeen mit, Dell bei dem Externer Link: Open Interconnect Consortium. Samsung ist sogar bei mehreren Allianzen aktiv. Alle versuchen den neuen Standard zu entwickeln, der die Geräte eint. Dabei verfolgen die Allianzen von Google, Dell und AllSeen einen – vergleichsweise – offenen Ansatz. Der Standard soll also frei zugänglich sein und möglichst viele Geräte ansprechen. Dahinter könnte – zumindest im Falle Googles – auch die Absicht stehen, noch mehr Daten von seinen Nutzern zu bekommen. Denn Googles Geschäftsmodell basiert auf den Daten seiner Nutzer/-innen und dem sich aus diesen ableitenden Verkauf von exakt zugeschnittener Werbung.

Apple zielt mit seinem HomeKit hingegen auf ein geschlossenes System ab. Damit verfolgt der Konzern eine ähnliche Strategie wie auch schon mit seinen anderen Geräten. Software und Hardware passen bei diesem Ansatz exakt aufeinander. Für den Nutzer bedeutet das zweierlei: Es funktioniert alles bestens, Ausfälle und Sicherheitsrisiken gibt es kaum. Der Nutzer ist andererseits aber auf Apple-Produkte beschränkt. Diese Bindung nutzt vor allem dem Konzern, denn er bindet seine Nutzer eng an das eigene HomeKit-System und kann entsprechende Preise verlangen.

Einer für alle

Egal, ob offen oder geschlossen: Wer es schafft, den alles einenden Standard zu entwickeln, kann künftig in jedem Fall Lizenzgebühren von den anderen Herstellern verlangen. Zum Beispiel für die Benutzung einer Steuerungssoftware. Dabei ist längst nicht klar, ob es auf einen Kampf der Standards hinausläuft. Außer Apple betonen nämlich alle Allianzen, auf offene Standards setzen zu wollen. Die Folge könnte eine Einigung dieser Allianzen sein. Wenn nicht auf einen Standard, so zumindest auf Geräte, die alle Standards ansprechen können. Solange dies aber nicht geschieht, müssen sich beispielsweise Hausbauer vor dem Neubau auf einen Standard festlegen, der womöglich in Zukunft nicht von allen Geräten unterstützt wird.

Durchsetzen wird sich der Standard, der die meisten Geräte ansprechen kann, also die bislang existierenden Standards wie KNX, Z-Wave oder Zigbee eint und möglichst viele große Gerätehersteller wie Bosch, Electrolux, General Electric oder Siemens bindet. Bisher scheint die Allianz um Google auf einem erfolgsversprechenden Weg. Der große Vorteil des Thread-Standards ist dabei der eigene Funkstandard. Der verbraucht besonders wenig Strom. Das ist für das Internet der Dinge ein entscheidender Vorteil.

Am Ende wird es aber nicht nur darauf ankommen, wie schnell und stromsparend die Geräte funktionieren. Es wird vor allem darum gehen, wie sicher und datensensibel die neuen Standards sind. Denn genau daran kranken bisher noch die allermeisten. Auf der diesjährigen Hackerkonferenz Black Hat in Las Vegas konnte man die Folgen dieser Schwäche sehen: Ein Hacker zeigte dort einen kurzen Clip, in dem zu sehen war, wie er die Lichter eines ganzen Hotels manipulierte. Möglich machte das eine Sicherheitslücke eines veralteten Standards.

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Bloggt zu Themen aus Politik, Netz und Datenjournalismus. Schreibt für ZEIT ONLINE und die Kooperative Berlin.