In den vergangenen Jahren haben sich die Arbeitskämpfe auf bemerkenswerte Weise verändert. Das geltende Streikrecht trägt diesen Besonderheiten nicht mehr hinreichend Rechnung. Es braucht klare Leitplanken.
Eine leere Kita: Im Sommer 2015 legten Erzieher und Sozialarbeiter in Deutschland flächendeckend die Arbeit nieder. Lizenz: cc by/2.0/de
Eine gerechte Arbeitswelt braucht ein uneingeschränktes Streikrecht, meint Florian Rödl. Lizenz: cc by-nc-sa/2.0/de
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Streikrecht ist in Deutschland ein Phantom-Thema, es gibt kein Recht auf Streik. Daher ist es auch müßig, ein solches Recht verteidigen oder einschränken zu wolleen.
In Deutschland ist es im Lichte geltenden Rechts nicht möglich zu streiken, ohne zwei strafbewehrte Grundrechte zu verletzen.
Das Grundgesetz enthält zwei durch § 253 StGB strafbewehrte und durch jeden Streik um höhere Entgelte tangierte Grundrechte, nämlich das Eigentumsgrundrecht, Art. 14 GG, und die aus dem Persönlichkeitsrecht erwachsende Vertragsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG. Und der Staat verwehrt Vereinigungen, die das Erpressungsgeschäft betreiben, die Rechtsfähigkeit, indem er sie für verfassungsrechtlich verboten erklärt. Diese und alle weiteren damit zusammenhängenden Rechtsverletzungen der Gewerkschaften und der ihren Streikaufrufen folgenden Mitglieder sind justiziabel, und zwar teils auf Betreiben der Verletzten, überwiegend aber ohne deren Initiative auf Betreiben des Staates, der gegen Straftäter wie gegen ordnungsrechtliche Störer von Amts wegen einzuschreiten hat – in Bezug auf Gewerkschaften davon derzeit aber in beiden Richtungen kraft lange eingeübter Gewohnheit absieht.
Daß all das nicht geschieht, liegt nicht zuletzt daran, daß die hier angedeuteten politischen Handlungsabläufe und die politische Steuerung der Justiz dem Unterricht der gesetzlichen Pflichtschulen weitgehend entzogen und von der Presseberichterstattung so gut wie ausgenommen sind. Daß Gesetze Bedeutung erlangen, setzt nun einmal voraus, daß sie popularisiert werden und sich ihr Sinn nicht darin erschöpft, daß sie unbeachtet in den Regalen der Büchereien der Abonnenten des Gesetzblattes verstauben.
Streiken ist als Erpressen seit 1870 durch § 253 StGB pönalisiert und seit 1900 nach § 626 BGB zivilrechtswidrig Grund zur fristlosen Kündigung.
Die Rechtsgüter, die durch § 253 StGB geschützt werden, genießen seit 1949 daneben einen aufgewerteten Schutz, nämlich den der Verfassung in Gestalt der.
Und für Vereinigungen, die Erpressung organisieren, normiert Art. 9 GG, in den manche ein Streikgrundrecht hineinprojizieren, in seinem Absatz zwei ein Verbot, das unmittelbar wirkt, ohne daß es dafür die Verbotsverfügung einer Verbotsbehörde bedarf – das aber in der Gerichtspraxis traditionell unbeachtet bleibt.
Der Staatsrechtler Hermann von Mangoldt 1895 - 1953 stellt zu Art. 9 Abs. 3 GG im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2 GG und ein etwaiges Streikrecht in – dem noch von ihm allein verfaßten Kommentar - Das Bonner Grundgesetz, 1953, Anm. 4 zu Art. 9, dem damals führenden Grundgesetz-Kommentar, fest:
"Daß der Verfassunggeber auch Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit gegen die Strafgesetze verstoßen, durch die Bestimmung [gemeint ist Art. 9 GG] schützen wollte, kann nicht angenommen werden. Wie schon oben in Anm. 2 vermerkt, wird daher davon auszugehen sein, daß die Schranken des Abs. 2 auch für Abs. 3 gelten."
Prof. von Mangoldt war Mitglied des Parlamentarischen Rates gewesen, er war Direktor des Instituts für internationales Recht an der Universität Kiel. Und speziell zu einem etwaigen Streikrecht führt er a.a.O. aus:
"Insbesondere steht kein Satz des Grundgesetzes Gesetzen entgegen, die Streiks untersagen oder ihre Veranstaltung einschränken."
Die wegen kollektiver Erpressung durch Streikteilnahme Strafbaren sind stets zugleich auch strafbar wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung § 129 StGB.
Daß Richter und Staatsanwälte insoweit Recht nicht anwenden sondern beugen, läßt sich nicht rechtfertigen sondern nur durch politische Einwirkung auf die Amtsausübung der Staatsanwälte § 147 GVG und die Gerichte, die in höchster Instanz der Richterdienstaufsicht durch Gewerkschaften, z. B. ver.di Heiko Maas und IG Metall Andrea Nahles, erklären.
Position zum Tarifeinheitsgesetz
Guten Tag,
dies sind alles verständliche und nachvollziehbare Argumente für eine allgemeine Regulierung des Streikrechts.
Aber wie ist der Standpunkt zum Kernpunkt des verabschiedeten Tarifeinheitsgesetzes, dass pro Unternehmen und Berufsgruppe nur eine Gewerkschaft den Tarifvertrag durchsetzten kann?
Das nicht Einhalten von Fristen und Verhältnismäßigkeit, hat ja nicht zwangsläufig etwas mit der Anzahl der Gewerkschaften im Unternehmen zu tuen.
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