Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

"Ich staune über das kurze Gedächtnis" | Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur | bpb.de

Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur Die Sendung Aufbruch im Osten Jugend in Jena Rebellion am Brandenburger Tor Drang nach Pressefreiheit Friedensbewegung Vom Staatskünstler zum Staatsfeind Ausreise als Ausweg Flucht unter Lebensgefahr Zeitungen der Kirche Wahlen als Farce Wo sind die Reformer? Leipziger Montagsdemonstration Wendezeiten Auflösung des Geheimdienstes Überwachung der Staatsfeinde Stasi-Akten als Zeitbombe Justizminister Wünsche Schießbefehl und Mauertote Karriere von DDR-Juristen Stasi-Offiziere im "besonderen Einsatz" Bekenntnisse einer Stasi-Agentin Alte Schnüffler in neuen Uniformen Eröffnung der Gauckbehörde Alles schon vergessen? Vom Stasi-Offizier zum Rechtsanwalt Tod in Stasi-Haft Gift im Strafvollzug Arzt im Dienste der Stasi Kein Schadenersatz für Opfer Staatsführung auf der Anklagebank Deserteure der NVA 10 Jahre nach der Revolution DDR-Doping und die Folgen Stasi-Vorwürfe gegen Gysi Links ins Internet Glossar Redaktion Sendemanuskripte 2. Januar 1990: Stasi am Ende? 6.Februar 1990: Überwachung der Staatsfeinde 13. März 1990: Stasiakten als Zeitbombe 29. Mai 1990: Justizminister Wünsche 3. Juli 1990: Schießbefehl und Mauertote 7. August 1990: Karriere von DDR-Juristen 11. September 1990: Stasi-Offiziere im "besonderen Einsatz" 16. Oktober 1990: Bekenntnisse einer Stasi-Agentin 2. Juli 1991: Alte Schnüffler in neuen Uniformen 6. Januar 1992: Eröffnung der Gauckbehörde

"Ich staune über das kurze Gedächtnis" Die Stasi-Vorwürfe gegen Gregor Gysi

Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk

/ 2 Minuten zu lesen

Kontraste dokumentiert Stasi-Akten zum Fall Gysi. Katja Havemann, die Frau des DDR-Dissidenten Robert Havemann, ergänzt das Puzzle mit ihren persönlichen Erlebnissen. Sie gelangt zu der Gewissheit, dass hinter dem Decknamen IM "Notar" sich Gregor Gysi verbirgt.

Gregor Gysi (© KONTRASTE, Rundfunk Berlin-Brandenburg)

Die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) ist die Rechtsnachfolgerin der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED), jener Partei, die vierzig Jahre lang die Diktatur in der DDR befehligte. Eine zentrale Rolle innerhalb der Nachfolgepartei spielt bis heute ein Mann, der im Herbst 1989 als Notar und Anwalt seiner Partei und seiner Parteigenossen in der Öffentlichkeit agierte: Gregor Gysi.

Geboren 1948 in Berlin, wuchs Gysi in einer kommunistischen Funktionärsfamilie auf. Sein Vater arbeitete als Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär. 1966 bis 1970 studierte Gregor Gysi Rechtswissenschaften, wurde 1967 Mitglied der SED, promovierte 1976 über "Die Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß" und arbeitete ab 1971 als Rechtsanwalt in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er Systemkritiker wie Rudolf Bahro, Robert Havemann, Ulrike Poppe und Bärbel Bohley.

Am 4. November 1989 sprach er vor 500.000 Menschen auf der berühmt gewordenen Massenkundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz und forderte ein neues Wahlrecht sowie ein Verfassungsgericht. Seine Eloquenz und rhetorische Begabung ließen ihn schnell zu einem der Medienstars des Herbstes werden. Im Winter 1989/90 lehnte Gysi als neuer Vorsitzender der SED/PDS deren Auflösung mit der Begründung ab, das Eigentum der Partei, viele Arbeitsplätze innerhalb des Apparates und letztlich das große Vermögen retten zu wollen. Bis heute ist nicht restlos geklärt, wie es der PDS unter Gysi gelang, das weitverzweigte Vermögen zu sichern bzw. um wie viel Geld es dabei ging.

"Ich staune über das kurze Gedächtnis"

Die Stasi-Vorwürfe gegen Gregor Gysi

"Ich staune über das kurze Gedächtnis"

KONTRASTE dokumentiert Stasi-Akten zum Fall Gysi. Katja Havemann, die Frau des DDR-Dissidenten Robert Havemann, ergänzt das Puzzle mit ihren persönlichen Erlebnissen.

1990 gehörte Gysi der Volkskammer und von 1990 bis 2002 als Abgeordneter der PDS dem Deutschen Bundestag an. Von Januar 2002 bis zu seinem Rücktritt am 31. Juli 2002 war er Berliner Bürgermeister und Wirtschaftssenator in einer SPD-PDS-Koalition. Seit dem 17. Juli 2005 trägt die PDS den Parteinamen "Die Linkspartei" und als Zusatz "PDS". Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahlen 2005 hatten sich die PDS und die WASG (Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit) darauf verständigt, langfristig eine bundesweite linke Partei zu bilden. Bei der Bundestagswahl 2005 wurde Gysi als Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE.PDS wieder in den Bundestag gewählt.

Seit 1992 wird er immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen und habe Mandantenverrat begangen. Vor allem die Frau des Regimekritikers Robert Havemann, Katja Havemann, zieht anhand der MfS-Akten ihres Mannes den Schluss, dass Gysi Informationen an die Stasi weitergegeben haben muss. Auch der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages stellte im Mai 1998 fest, dass nach der ihm bekannten Aktenlage Gregor Gysi für das MfS als IM gearbeitet habe. Gysi habe, so der Ausschuss, "sich in die Strategien des MfS einbinden lassen, selbst an der operativen Bearbeitung von Oppositionellen teilgenommen und wichtige Informationen an das MfS weitergegeben". Dies streitet Gysi jedoch ab und klagt immer wieder vor Gericht gegen diese Anschuldigungen. Innerhalb seiner Partei und bei seinen Wählern schadete ihm der Vorwurf der IM-Tätigkeit zum Entsetzen vieler ehemaliger Bürgerrechtler nicht.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Deutschland Archiv

War Robert Havemann ein Antisemit?

Götz Aly hat jüngst Ausführungen in einem Brief Robert Havemanns von 1933 als "typisch für die seinerzeit vorherrschende Stimmung" bezeichnet. War der Antifaschist und spätere ostdeutsche…

TV-Beitrag

"Ich bin kein Verbrecher" – Die Deserteure der NVA

Viele Soldaten, die in der DDR wegen Desertation aus der Nationalen Volksarmee verurteilt wurden, bemühen sich seit der Einheit vergeblich um eine Rehabilitierung durch bundesdeutsche Gerichte.…