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Fleischkonsum – (k)ein Dilemma

/ 3 Minuten zu lesen

Von Manuela Marin (Ernährungsberaterin)

Ernährungsberaterin Manuela Marin findet, Ernährung mit und ohne Fleisch ist in Ordnung. (© privat)

Im Berufsalltag erlebe ich es oft: Fleisch ein Stück Lebenskraft für die einen, ein Krankmacher von Mensch, Tier und Umwelt für die anderen. Entspringt der Fleischverzehr meist der Lust am Essen, speist sich der Verzicht eher aus ideologischen Quellen. Soviel Pro und Kontra verunsichert Verbraucher. Beratung und Begleitung von Kindheit an tun not.

Archaisch bis in die Knochen: Für Forscher ist Fleisch der "Motor der menschlichen Evolution": Der hohe Eiweißgehalt erlaubte ein schnelles Wachstum, vor allem des Gehirns. Waren Menschaffen reine Pflanzenfresser, konnten ihre Nachfahren mit Hilfe von Werkzeug Fleisch erjagen und genießen. Sie mutierten zu Allesfressern.

Der frühe Fleischkonsum beruhte zunächst auf dem Verzehr von Kadavern, erst Waffen und Fallen ermöglichten den Frischverzehr. Die Jagd war gleichzeitig Vereidigungsstrategie –"Fressen oder Gefressen werden". Entscheidend für den regelmäßigen Fleischgenuss war die Erfindung des Feuers. Größere Mengen wurden haltbar gemacht und Garen versorgte die Esser mit mehr Nährstoffen bei gemütlichen Abenden am Lagerfeuer.

Weltweiter Fleischhunger: Mit Lagerfeuerromantik hat der heutige globale Fleischkonsum (42 Kilogramm/Kopf/Jahr) wenig zu tun. Die Vorliebe für Schweinefleisch, Geflügel und Rind steigt und steigt. Für den Zehnjahreszeitraum von 2017 bis 2027 prognostizieren OECD und FAO ein Wachstum von über 13 Prozent. In der zurückliegenden Dekade waren es 21 Prozent. Diese Entwicklung bedingt oft wenig tiergerechte, umweltfreundliche oder ressourcenschonende Massentierhaltung. Das Schielen der Verbraucher auf den günstigsten Preis und Nahrungsmittelverschwendung tun ihr Übriges.

Der deutsche Fleischverbrauch sinkt leicht, bewegt sich aber mit 60 Kilogramm/Kopf/Jahr auf hohem Niveau und überschreitet deutlich die Empfehlungen von Experten. Junge Leute zwischen 14 und 29 Jahren verzichten laut Ernährungsbericht 2019 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft am ehesten auf Fleisch (elf Prozent).

Das ist drin und dran: Muskelfleisch besteht zu etwa 20 Prozent aus hochwertigem Eiweiß, das der Körper besonders gut verwerten kann. Zudem enthält Fleisch, vor allem Innereien, viele B-Vitamine wie B1, B6 und B12 sowie die Mineralstoffe Eisen und Zink.

Kein Licht ohne Schatten: Der Fettanteil liegt je nach Tierart und Teilstück bei mehr als 30 Prozent, vor allem Wurstwaren sind oft sehr fettreich. Auch der hohe Gehalt an Cholesterin und Purinen in Fleisch, Wurst und Fleischwaren lenkt den Blick auf mögliche unerwünschte Nebenwirkungen wie Arteriosklerose, Bluthochdruck, Übergewicht, Gicht und Krebserkrankungen.

Hilfe aus dem Dilemma bieten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Fleisch und Co eher als Beilage propagiert. Der wöchentliche Konsum wird beim Erwachsenen auf 300 bis 600 Gramm begrenzt, von einem täglichen Genuss wird abgeraten. Die Ernährungspyramide ordnet diese Lebensmittel dem oberen gelben Bereich zu, das heißt ein moderater Verzehr ist wünschenswert.

Ernährungsphysiologisch ist es kein Problem, sich fleischfrei ausreichend und abwechslungsreich zu versorgen. Die Ernährungspyramide steht für eine pflanzenbasierte Kost, aber Verbote sind tabu.

Mein Fazit: Wem Fleisch schmeckt, der kann es durchaus essen, aber wer lieber vegetarisch – eher nicht vegan – lebt, macht auch alles richtig! Wichtig ist ein bewusster Konsum oder eben Nichtkonsum, der auf gute Qualität setzt mit weniger, dafür nachhaltig, artgerecht produziertem Fleisch, das in aller Regel dann auch noch besser schmeckt!

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