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Laptops zum Lernen statt Drohnen zur Bewaffnung

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Von Anke Domscheit-Berg

Anke Domscheit-Berg ist parteilose Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion und beschäftigt sich seit Jahren mit digitaler Bildung, digitaler Sicherheit, eGovernment und künstlicher Intelligenz. (© Jesco Denzek)

Wir leben längst in einer digitalen Gesellschaft, Computer sind nicht nur Laptops, Tablets und Smartphones, sondern längst verbaut in Autos, Supermarktkassen, Geld- und Fahrkartenautomaten, in Armbanduhren, im Herd und in der Waschmaschine. Seit 2000 gibt es mehr Computer als Menschen auf der Welt. In 2022 wird das Internet der Dinge mehr als 50 Milliarden Computer umfassen, ein Vielfaches der Weltbevölkerung. Schon heute gibt es mancherorts Computer in Straßenlampen, Mülleimern und Stromzählern. Auch das Internet der Tiere wächst, es umfasst die winzigen, internetfähigen Sender – im Grunde auch eine Art Computer – mit denen man beispielsweise den Weg der Zugvögel verfolgen und untersuchen kann, warum und wo besonders viele Tiere verloren gehen.

Die Frage, wie viel Computer der Mensch braucht, ist daher gar nicht direkt zu beantworten, denn zuerst wäre zu klären, welche Computer denn gemeint sind. Es macht ja einen Unterschied, ob wir von einem Handy, einer Wetterstation oder einer bewaffneten Drohne reden. Relevant ist aber auch die Frage, wer die Computer verwendet oder kontrolliert und last, but not least die Frage, wozu Computer verwendet werden. Wer will weniger Rechner im Krankenhaus, also weniger Computertomographen oder Blutanalysegeräte? Wer will nicht mehr mit Karte zahlen können im Geschäft? Wer will, dass man im Bus die nächste Haltestelle und an der Haltestelle nicht mehr die Wartezeit bis zum nächsten Bus auf einem Display ablesen kann? Es gibt keine richtige oder falsche Anzahl von Computern. Es gibt kein Optimum und daher auch keine Zahl, ab der "der Mensch zu viele Computer hat". Wie bei allem kommt es auf die Umstände und den Zweck an. Zu den Umständen gehört nicht nur, wer einen Computer wann und wo verwendet, sondern auch, aus welchen Ressourcen ein Computer hergestellt wurde, wie lange er genutzt werden kann und was nach seinem Lebenszyklus damit passiert. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wenn ein Smartphone schon ersetzt wird, nur weil der Akku nach zwei Jahren schlapp macht und nicht einfach wie eine gewöhnliche Taschenlampenbatterie ausgetauscht werden kann, wenn sich ein Auseinandernehmen und Recyceln von Hardware nur dann lohnt, wenn Altgeräte dafür nach Afrika verschifft werden, dann haben wir wohl schon jetzt zu viele Computer, denn das ist nicht nachhaltig. Aber klar ist auch, dass man das ändern könnte.

Welche Computer man lieber mehr und welche man lieber weniger hat, hängt vor allem vom eigenen Wertegerüst ab. Ich kann verzichten auf Massenüberwachung durch sogenannte intelligente Kameras im öffentlichen Raum, denn wer überwacht wird, ist nicht frei. Ich will keine bewaffneten Drohnen, die per Joystick gesteuert vermeintliche Terroristen töten sollen, aber schon Tausende Zivilisten das Leben kosteten. Ich will generell keine Computer, deren Daseinszweck es ist, Menschen Schaden zu zufügen. Intelligente Stromzähler, die mir helfen, meinen Energieverbrauch zu senken, finde ich dann gut, wenn meine Daten nicht hinter meinem Rücken zu unerwünschten Zwecken vertickert werden.

In Schulen wünsche ich mir mehr Computer. Ich möchte, dass – wie in Uruguay seit 2005 üblich – jedes Kind zur Einschulung einen Laptop erhält, dass Grundschüler*innen lernen, wie man sinnvoll mit Technik umgeht, wie man in einer digitalisierten Gesellschaft seine Autonomie behält und in die Lage versetzt wird, sie mitgestalten zu können. Ich wünsche mir aber auch, dass Kinder weiterhin gern analoge Spiele spielen, ihre Eltern beim Essen nicht auf Handys starren und dass Urlaub auch darin besteht, auf einer Wiese zu liegen und in den Wolken Dinge zu entdecken.

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