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Römische Tonlampe mit Darstellung des siebenarmigen Leuchters | Geteilte Geschichte | bpb.de

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Römische Tonlampe mit Darstellung des siebenarmigen Leuchters

Dr. Korana Deppmeyer Dr. Miriam Bistrovic Lilian Raselli

/ 7 Minuten zu lesen

Ursprünglich im Zweiten Tempel in Jerusalem benutzt, wurde die Menora überall in der Diaspora als eines der Symbole des Judentums verwendet.

Römische Tonlampe mit Darstellung des siebenarmigen Leuchters. Mit freundlicher Genehmigung vom Rheinischen Landesmuseum in Trier, Externer Link: Shared History Projekt, (Rheinisches Landesmuseum in Trier) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Das Objekt

von Lilian Raselli

Eine spätantike Lampe mit der Darstellung eines siebenarmigen Leuchters, der Menora, kann als motivisches Einzelstück und als Importartikel in Trier gelten. Die Werkstatt, in der solche Lampen gefertigt wurden, war in Nordafrika ansässig. Rückschlüsse auf diese Herkunft erlauben ihre Form, der verwendete rotbraune Ton mit kräftigem gleichfarbigem Überzug und die Motivwahl, alles Merkmale, die sich deutlich von denen einheimischer Werkstätten unterscheiden und damit Indizien ihrer Fremdartigkeit sind. Die Herkunft der Öllampe lässt sich sogar auf Töpfereien in und um Karthago, die antike Großstadt nahe dem heutigen Tunis in Tunesien, eingrenzen. Deren Bildrepertoire umfasst ornamentale und Alltagsmotive. Unter religiösen Darstellungen erscheint auch der siebenarmige Leuchter. Diese Lampen waren im 4.-5. Jahrhundert im Westen des Römischen Reiches sehr verbreitet und fanden auch ihren Weg in die damalige Kaiserresidenz Treveris, das heutige Trier.

Historischer Kontext

Wie die Menora im Laufe der Jahrhunderte von Palästina nach Europa gelangte

von Dr. Korana Deppmeyer

Die älteste bekannte Darstellung einer Menora befindet sich auf einer Münze, die Antigonos, der letzte Herrscher aus der Dynastie der Hasmonäer in Judäa, im Jahr 39 vor Christus hat prägen lassen. Die bekannteste Abbildung geht ebenso wie die älteste auf den goldenen siebenarmigen Leuchter zurück, den die Römer Interner Link: im Jahr 70 bei der Eroberung und Zerstörung von Jerusalem zusammen mit anderen heiligen Objekten aus dem Tempel der Stadt raubten. Mit dem Raub des Leuchters brachte man nicht nur das komplette religiöse Leben durcheinander, sondern beging auch den größten denkbaren Frevel am jüdischen Glauben.

Mit den Schätzen zogen die Römer in einem großen Triumphzug in Rom ein. Die Szene ist noch heute auf Reliefs im Durchgang des Titusbogens zu sehen, der sich am Eingang zum Forum Romanum befindet. Dieser Triumphbogen feiert den Sieg des späteren Kaisers Titus über Judäa und die Eroberung von Jerusalem.

Titusbogen auf dem Forum Romanum, 81 n. Chr. zu Ehren des Sieges von Titus über die Juden, 70 n. Chr., errichtet. Linkes Innenrelief: Triumphzug mit dem siebenarmigen Leuchter des Salomonischen Tempels in Jerusalem. (© picture-alliance/akg)

Spätestens ab dem 3. Jahrhundert wurde der siebenarmige Leuchter häufiger dargestellt und gilt als Symbol für das Judentum. Das Symbol verstanden Juden wie Christen gleichermaßen, sie interpretierten es nur anders. Denn die Menora wurde in den Schriften christlicher Kirchenväter durchaus als ein im christlichen Sinn umgedeutetes Symbol angesehen und sogar in das eigene religiöse Bildprogramm aufgenommen. So sah beispielsweise Clemens von Alexandria im siebenarmigen Leuchter das Kreuz Christi vorweggenommen. Interessanterweise begegnet die Menora, allerdings selten, auch zusammen mit christlichen Darstellungen. An deren Vermischung hat man sich offensichtlich nicht gestört.

Kein Symbol existiert in der westlichen Kultur so lange und kontinuierlich wie die Menora. Als Zeichen des Judentums war es im 3. Jahrhundert dann fest etabliert. Das Symbol hielt nun Einzug in Synagogen und Privathaushalte, sowohl als reale Menora als auch gemalt, geritzt oder in Mosaiken gelegt. Der Leuchter findet sich auf Amuletten, Schmuck, oder Grabinschriften. Auch im römischen Gallien, wozu Trier gehörte, tauchte das Motiv auf Alltagsgegenständen auf, wie auf dieser Öllampe.

Augusta Treverorum. Modell des Römischen Trier ca. 360/370 n. Chr. im Rheinischen Landesmuseum Trier (Wikimedia, Foto: Stefan Kühn, Modell: Joachim Woditsch / Rheinisches Landesmuseum Trier) Lizenz: cc by-sa/3.0/de

Im Süden der Stadt Trier hat man ein ausgedehntes antikes Töpfereiviertel untersucht. Dort fanden sich auch Modeln in großer Zahl, mit deren Hilfe man Lampen in Massenproduktion fertigen konnte. Sie sind aus zweiteiligen Formen hergestellt worden, bestehend aus einem Ober- und Unterteil, die man miteinander verband. Die obere Form ist mit einem kleinen zapfenartigen Griff versehen und besitzt ein oder zwei Löcher, um die Lampe mit Öl befüllen zu können. Der Dekor der Trierer Stücke lehnt sich stark an die häufig imitierten Vorbilder aus Nordafrika an, was bildrahmende Palmblätter zeigen, die auch die Trierer Lampe mit Menora aufweist.

Der letzte Oberrabbiner der Trierer Judengemeinde, Adolf Altmann, thematisierte das Stück in einem Vortrag vor fast 100 Jahren, den er 1930 in Trier und ein Jahr später in Wien und Berlin hielt. Er sprach unter anderem davon, dass sich der Fundort der Lampe in auffälliger Nähe zur mittelalterlichen Judensiedlung befindet. Der Straßenname "Judengasse" zeugt noch heute von diesem Viertel. Der Fund sei aber auch ein Zeugnis einer Judengemeinde der antiken Stadt und ihres Keramikhandels. Seine Hoffnung, dass vielleicht sogar ein antiker jüdischer Friedhof existierte, konnte bislang allerdings keine archäologische Ausgrabung bestätigen.

Aber die Frage muss gestellt werden: Darf man allein aufgrund einer römischen Lampe mit Darstellung einer Menora von einer antiken Judengemeinde ausgehen?

Adolf Altmann kannte seinerzeit jedoch noch die anderen jüdischen Funde, denn hinzu kommen vier Plomben aus Blei, die ebenfalls den siebenarmigen Leuchter abbilden. Mit solchen Plomben konnte man Warensendungen versiegeln oder – wie in diesem Fall vermutet – die in der jüdischen Religion vorgeschriebene Reinheit der eingeführten Waren deklarieren oder garantieren. Allein von der Zahl sind es wenige Objekte, aber Trier ist damit dennoch der Fundort mit der größten Anzahl jüdischer Zeugnisse in den Nordwestprovinzen des Römischen Reiches, denn nirgendwo gibt es mehr als einen Einzelfund.

Fragen wir erneut: Darf man aufgrund von fünf Funden von einer antiken Judengemeinde ausgehen?

Hier lohnt ein Blick auf ein kaiserliches Dekret, das von Kaiser Valentinian I. in der Zeit von 368 bis 373, den genauen Zeitpunkt kennen wir nicht, in seiner Residenzstadt Trier erlassen wurde. Er verbietet darin die Einquartierung von Angehörigen des Militärs in Synagogen. Der für die Ausführung zuständige Beamte Remigius hatte eines der höchsten Ämter des damaligen römischen Westreiches am Hof des Kaisers inne und war somit sicher selbst in Trier tätig. Deshalb hat man auf die Existenz einer Synagoge in Trier geschlossen. Sollten die Juden tatsächlich ein eigenes Versammlungsgebäude in der Stadt besessen haben, das archäologisch allerdings bislang nicht nachgewiesen werden konnte, ist im 4. und 5. Jahrhundert in jedem Fall mit einer größeren Zahl niedergelassener Juden zu rechnen. Einer Person dieser Gemeinde hat vielleicht auch diese Lampe gehört.

Geschichte zum Objekt

Rabbi Adolf Altmann: Ein Leben für die Erforschung der Ursprünge jüdischer Gemeinden

von Dr. Miriam Bistrovic

Zeitgenossen beschrieben Adolf Altmann als "großen Lehrer […], der nicht nur Seelsorger war, sondern analytischer Historiker, Philosoph und grüblerischer Humanist". Der Mann, der einst als Oberrabbiner von Trier die frühesten Spuren jüdischen Lebens in der Region erforschte, wurde 1879 als Sohn einer Interner Link: chassidischen Familie in der deutschsprachigen Enklave des ungarischen Hunfalu (dt. Hunsdorf, heute Huncovce, Slowakei) geboren. Damals erschien sein Weg bereits vorgegeben, doch sein Vater, ein Lederhändler, stellte sich seinem Sohn nicht entgegen, als dieser den damals noch recht neuen Weg der deutsch-jüdischen Orthodoxie einschlug.

Adolf Altmann, der die deutschsprachige Grundschule und Oberschule besuchte, erging es wie vielen anderen ungarischen Juden: ihm war das Deutsche weitaus geläufiger als die ungarische Sprache. Das zeigte sich sowohl in hunderten von Beiträgen, die er als Journalist verfasste, als auch in seinen Predigten in deutschsprachigen Gemeinden. Seine Tätigkeit als Interner Link: Rabbiner nahm er in Neustadtl (heute Stráž u Tachova in Tschechien) auf. Sie führte ihn über Salzburg (1907–1914, 1919–1920), Meran (1914) und als Feldrabbiner der österreichischen Armee (1915–1919) nach Trier (1920–1938).

Römisches Bad in Trier (Wikimedia, David.Monniaux ) Lizenz: cc by-sa/3.0/de

Nachdem er sich bereits intensiv mit den Ursprüngen der jüdischen Bevölkerung an seiner früheren Wirkungsstätte Salzburg befasst hatte, widmete er sich nun der Erforschung der Trierer Gemeinde. Vorträge und Zeitungsbeiträge zu dem Thema folgten, und 1932 veröffentlichte er „Das früheste Vorkommen der Juden in Deutschland. Juden in Trier“. Adolf Altmann war davon überzeugt, dass Juden mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits seit dem 4., wenn nicht sogar seit dem 3. Jahrhundert in Augusta Treverorum siedelten.

Er argumentierte, dass sich das Edikt Kaiser Konstantins von 321 wohl nicht nur auf die Kölner Juden sondern auf alle gallischen Juden bezogen habe. Hierfür spräche auch ein zu Zeiten Kaiser Valentinians I. in Trier erlassenes Edikt zum Verbot der Einquartierung von Soldaten in Synagogen. Seine Ausführungen gründeten auf historischen Quellen und archäologischen Funden der Region. Dazu gehörte auch der Sensationsfund von 1901 am Trierer Hauptmarkt. Kernstück seiner Beweisführung war das Fragment der Öllampe, die er als Hinweis auf jüdische Katakomben wertete.

Auch wenn seine Zeitgenossen, wie Ismar Elbogen oder Samuel Krauss, seine Schlussfolgerungen nicht in Gänze teilten, mussten sie seine überzeugenden Beweisführungen anerkennen. So heißt es 1933 in der Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland es bestünde kein Zweifel, dass es "für eine Judengemeinde in Trier als Beweis gelten kann. Fraglich muss dagegen bleiben, ob an dieser Stelle eine jüdische Grabanlage existiert hat."

Adolf und Malvine Altmann mit ihren Kindern Alexander, Hilda, Erwin, Manfred und Edith. (© Archiv Manfred Altmann, London; Quelle: Externer Link: http://www.stolpersteine-salzburg.at)

Die Aufrechterhaltung der traditionsbewussten Trierer Einheitsgemeinde war eine stete Herausforderung für den orthodoxen Rabbiner, zu dessen Freunden selbst der Bischof von Trier und der Oberbürgermeister zählten. Als Paul von Hindenburg die Stadt besuchte, gehörte Adolf Altmann zu der städtischen Delegation, die ihn begleitete. Wie fest das Ehepaar Altmann im Trierer Stadtleben verwurzelt war, offenbart auch der Zeitpunkt ihrer Flucht nach Scheveningen/Holland. Erst als bereits fast alle Familienmitglieder im Nachbarland Zuflucht gefunden hatten, verließen sie 1938 Deutschland. 1940 geriet Holland unter deutsche Besatzung. Adolf Altmann und seine Frau Malwine wurden nach Westerbork gebracht und im Februar 1944 nach Interner Link: Theresienstadt deportiert. Bereits im Mai 1944 musste das Ehepaar Altmann einen Zug nach Interner Link: Auschwitz besteigen. Ohne die Pflege seiner Frau starb der schwerkranke Adolf Altmann wenige Tage nach seiner Ankunft. In Trier blieb er unvergessen: 1958 wurde die Dr.-Altmann-Straße nach ihm benannt, 1979 hielt die Stadt anlässlich seines 100. Geburtstag eine Gedenkfeier ab und erinnert seither an den anerkannten Bürger ihrer Stadt.

Dieser Beitrag ist Teil des Externer Link: Shared History Projektes vom Externer Link: Leo Baeck Institut New York I Berlin.

Weitere Inhalte

Korana Deppmeyer ist Klassische Archäologin und arbeitet als Wissenschaftliche Referentin am Rheinischen Landesmuseum Trier, GDKE. Dort betreut sie die römische Sammlung und kuratiert Sonderausstellungen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Stadtentwicklung von Trier, Bestattungen im Treverergebiet, Aspekte der römischen Wandmalerei in den Westprovinzen und die Archäologie magischen Denkens. Zu den magischen Zeugnissen des antiken Trier erscheint im Jahr 2022 eine Monographie

Miriam Bistrovic ist Leiterin der Berliner Repräsentanz des Leo Baeck Institute New York | Berlin. Sie studierte Geschichte und Kunstwissenschaft und promovierte 2010 and der Technischen Universität Berlin. Ihre Forschungsgebiete sind: jüdisches Exil (insbesondere in Ostasien) und Diaspora, Erinnerungskulturen und Antisemitismus. Seit der Gründung der Berliner Repräsentanz des Leo Baeck Institute New York | Berlin koordiniert sie die Tätigkeiten des Instituts in Deutschland, darunter das 1938Projekt und Shared History.

Lilian Raselli ist seit Juli 2018 Direktorin des Museums Augusta Raurica, Augst BL.