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Film von FC Bayern vs. Eintracht Frankfurt Meisterschaft Finale | Geteilte Geschichte | bpb.de

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Film von FC Bayern vs. Eintracht Frankfurt Meisterschaft Finale

Moshe Zimmermann

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Der Fußball vereinte Fans aus allen Gesellschaftsschichten und deutschsprachige Juden bauten als Spieler, Trainer und Besitzer einige seiner wichtigsten Institutionen auf.

FC Bayern München vs. Eintracht Frankfurt from Leo Baeck Institute on Vimeo.

Das Objekt

Film des Meisterschaftsfinales von FC Bayern vs. Eintracht Frankfurt

Am 12. Juni 1932 standen sich FC Bayern München und Eintracht Frankfurt im Endspiel der Deutschen Fußballmeisterschaft im städtischen Stadion in Nürnberg gegenüber. Die Begegnung war eine Wiederholung des Spiels um den Titel des süddeutschen Meisters vom Frühjahr, das Eintracht Frankfurt 2:0 gewonnen hatte. Bei diesem Match drehte Bayern München den Spieß um und besiegte Frankfurt mit 2:0 – damit war der Club zum ersten Mal deutscher Meister.

Standbild aus dem Film des Meisterschaftsfinales von FC Bayern vs. Eintracht Frankfurt, Externer Link: Shared History Projekt. (Leo Baeck Institute – New York | Berlin) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Zu dem Zeitpunkt war Kurt Landauer der Präsident des FC Bayern München, ein jüdischer Unternehmer, der in seiner Jugend selbst für den Fußballclub gespielt hatte. 1933 wurde er zum Rücktritt gezwungen. 1938 folgte seine Verhaftung und Internierung in Dachau. Landauer gelang die Auswanderung; er verbrachte die Kriegsjahre in der Schweiz. 1947 kehrte er nach München zurück und trat seine dritte Amtszeit als Präsident des FC Bayern München an.

Dieser auf 16mm gedrehte Schmalfilm befindet sich in der Archivsammlung von Erna Weill im Leo Baeck Institute. Die Frankfurter Bildhauerin Erna Weill (1904–1996) hatte bei Auguste Rodin studiert und war vor der Verfolgung der Nazis nach New York geflohen.

Endspiel der Deutschen Fußballmeisterschaft im Juni 1932: FC Bayern München - Eintracht Frankfurt. Blick auf die Anzeigentafel und Zuschauer. (© picture-alliance, Schirner Sportfoto)

Historischer Kontext

Die “jüdischen Vereine” im deutschen Fußball

Im Endspiel um die deutsche Fußball-Meisterschaft am 12. Juni 1932 trafen zwei Fußballvereine aufeinander, die man bereits damals für "Interner Link: Judenklubs" hielt: FC Bayern München und Eintracht Frankfurt. FC Bayern gewann 2:0 und wurde somit zum ersten Mal deutscher Meister.

Im Gegensatz zum verbreiteten Image, waren Juden nicht nur sportbegeistert, sondern im Interner Link: Sport auch erfolgreich. Die Zahl der jüdischen Medaillengewinner in den olympischen Spielen ist hierzu ein klarer Beweis. Auch im Fußball zeichneten sich Juden vor der Shoah aus: Es gab deutsche, polnische, österreichische, ungarische, französische und andere jüdische Nationalspieler. Weltweit entstanden jüdische Sport- und Fußballklubs, und im Umfeld des Fußballbetriebs waren zahlreiche jüdische Mäzene, Funktionäre, und, selbstverständlich, Fans zu finden.

Der bekannte Historiker Peter Gay, der mit 16 Jahren aus Nazi-Deutschland nach Amerika auswandern musste, wuchs in Frankfurt auf. Für seinen Vater, wie auch für ihn, so schrieb er in seiner Autobiographie, wurde der "Sportverein Eintracht Frankfurt zur Heimat". Finanziell wurde der Fußballklub von einer jüdischen Schuhfabrik unterstützt, und einer der Inhaber der Fabrik, Walter Neumann, führte den Klub, ohne jedoch dessen Präsident zu sein. Deswegen galt der Klub als "Judenclub", und seine Mitglieder wurden oft als "Judenbuben" bezeichnet. Entsprechend bekamen die Schlachtenbummler aus Frankfurt auf dem Weg zum Endspiel 1932 in Nürnberg vom Strassenrand "Judenclub!"-Rufe zu hören.

Als FC Bayern am Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurde, gehörten Juden sowohl zu den Gründern wie auch zu den Spielern des Klubs, u.a der spätere Gründer und Herausgeber des populären "Kicker", Walther Bensemann. Im Jahr 1932 zeigte sich der jüdische "Charakter" des Fußballklubs durch den seit 1919 amtierenden Präsidenten, der Münchner Geschäftsmann Kurt Landauer, und den aus Österreich stammenden Trainer Richard Dombi (Kohn).

Das Endspiel fand etwa ein halbes Jahr vor der Interner Link: nationalsozialistischen Machtübernahme statt. Eine Vorahnung auf das, was mit den Juden im deutschen Fußball unter Nazi-Herrschaft geschehen wird, bekam man kurz nach dem Halbfinale der Meisterschaft 1932, als FC Bayern den 1. FC Nürnberg 2:0 geschlagen hatte. Der Nürnberger Gauleiter Julius Streicher rief in der antisemitischen Zeitung Der Stürmer zum Rauswurf des berühmten jüdischen Trainers des 1. FCN, Jenö Konrad, auf. Die Überschrift lautete "Der 1. FCN geht am Juden zugrunde!". Konrad verließ den Klub und die Stadt fluchtartig. Nur zwei Monate nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler, am 9. April 1933, drei Wochen noch bevor Hitler einen Reichssportkommissar einsetzte, unterzeichneten 14 Fußballklubs die sogenannte Stuttgarter Erklärung, wonach "sie gewillt [sind], in Fülle dieser Mitarbeit [mit der nationalen Regierung] alle Folgerungen, insbesondere in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen zu ziehen."

Makkabi Chai!

Unter den 14 Klubs befanden sich sowohl der FC Bayern als auch Eintracht Frankfurt. Diesem Akt des vorauseilenden Gehorsams folgten Taten: Zuerst wurden die jüdischen Amtsträger und Funktionäre, dann auch die Sportler zum Austritt aus den Sportvereinen gezwungen. Dies galt u.a. auch für Neumann und andere bei der Eintracht wie für Dombi und Landauer beim FC Bayern. Konrad und Dombi konnten ihren Beruf als Trainer bereits 1933 im Ausland fortsetzen. Landauer floh 1939 in die Schweiz. Andere ehemalige jüdische Vereinsmitglieder wechselten zu einem der jüdischen Sportvereine, die bereits vor 1933 existierten und nun einen enormen Zulauf erlebten: Makkabi (Zionisten) oder Der Schild (Antizionisten), um im nun ghettoisierten jüdischen Kulturleben weiter Sport zu betreiben. Wie populär der Sport unter Juden war, zeigte die Zahl der Mitglieder dieser Sportverbände - bis zu 40.000 im Jahr 1935. Als Fußball-Fan konnte man noch auf den Rängen unerkannt die "alte" Mannschaft anfeuern: Peter Gay, dessen Vater von Frankfurt nach Berlin umzog, wurde zum Hertha-Fan, und das Hertha Stadion wurde ihm "zum zweiten Zuhause".

Das Mannschaftsfoto des Deutschen Fußballmeisters FC Bayern München von 1932 im Trophäensaal des Klubs. (© picture-alliance/dpa)

Auch die jüdischen Sportler, denen es nicht gelang auszuwandern, wurden ab Oktober 1941 deportiert, wie zum Beispiel der ehemalige Nationalspieler Julius Hirsch, der im März 1943 nach Interner Link: Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Für die Nazis reichte allerdings die "Entfernung" und Ermordung der Juden nicht aus, sie löschten sogar die Namen der Juden aus den Annalen der Sportvereine, als hätte es sie nie gegeben, so z.B. aus den Gedenktafeln für die gefallenen Vereinsmitglieder im Interner Link: Ersten Weltkrieg. Der Durchschnittsbürger im Dritten Reich konnte den Kommentar des früheren Nationaltrainers Dr. Otto Nerz im Berliner 12 Uhr Blatt vom 4. Juni 1943 lesen: "Am Ende steht das judenfreie Europa mit einem judenfreien Sport". Die Ausgabe erschien nur eine Woche bevor die "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" aufgelöst und das Reich für "judenfrei" erklärt wurde.

Während der NS Zeit blieben sowohl FC Bayern als auch Eintracht eher Mittelmaß, während sich der Nazi-Vorzeigeklub FC Schalke 04 die Meisterschaft sechsmal holte.

Die Geschichte des Ausschlusses der Juden aus dem deutschen Fußball im Dritten Reich ist erst in den letzten zwei Jahrzehnten systematisch erforscht worden. Fußballklubs wie FC Bayern und Eintracht Frankfurt wie auch ihre Fans bemühen sich jüngst um die Erinnerung an das Schicksal ihrer ehemaligen jüdischen Mitglieder.

Persönliche Geschichte

Kurt Landauer: Vom Ruhm in die Emigration und zurück

Als der "Schickeria"-Ultras-Fanclub von FC Bayern München am Anfang des 21. Jahrhunderts damit begann, die Geschichte des früheren Vereinspräsidenten Kurt Landauer aufzuarbeiten, verhielt sich die Vereinsführung noch distanziert. Die Interner Link: unangenehme Geschichte des deutschen Fußballs unterm Hakenkreuz versuchten FC Bayern, wie auch die meisten anderen Fußballclubs, sowie auch der Deutsche Fußball Bund DFB, zu verdrängen. Doch im Vorfeld der WM in Deutschland 2006 begann das Thema "Juden im deutschen Fußball" intensiv erforscht zu werden. Seit 2006 trägt "Schickeria" jeden Sommer das "Kurt-Landauer-Turnier" aus und erhielt im Jahr 2014 "zur Erinnerung an das Lebenswerk Kurt Landauers" den vom DFB seit 2005 verliehenen Julius-Hirsch-Preis. Mit einer imposanten Fan-Choreographie auf der Süd-Kurve wurde an Landauer gedacht. Im selben Jahr erschien der Spielfilm Landauer. Der Präsident, und bereits 2010 der Dokumentarfilm Kick it like Kurt.

Kurt Landauer, Interner Link: ein Münchener Jude (1884-1961), dessen Familie ein Modegeschäft in der Stadtmitte besaß, wurde 1901, ein Jahr nach der Vereinsgründung, FC Bayern-Mitglied und Fußballspieler. Im Kaiserreich war die Präsenz von Juden im Interner Link: Fußball keine Seltenheit: Zwei Spieler, Julius Hirsch und Gottfried Fuchs, wurden sogar Nationalspieler. 1913 wurde Landauer zum Präsidenten von FC Bayern gewählt. Doch ein Jahr später brach der Krieg aus, Landauer meldete sich, wie so viele deutsche Juden, als Freiwilliger zum Militär und gab somit seine Tätigkeit am Verein auf.

Nach dem Krieg war München ein Zentrum der Revolution. Im Januar 1919 wurde Landauer zum zweiten Mal zum Präsidenten von FC Bayern gewählt und blieb während der gesamten Dauer der Weimarer Republik im Amt. Er sorgte für den Ankauf des FC Bayern Gelände an der Säbener Straße, für die Finanzierung und Modernisierung des Vereins und bemühte sich um die Einführung des Profi-Fußballs. Er führte den Club zu seinem größten Erfolg: der deutschen Meisterschaft im Jahr 1932.

Nur sieben Monate nach dem Endspiel wurde Hitler Reichskanzler. Nicht einmal zwei Monate vergingen, bis Landauer am 22. März 1933 zum Rücktritt aus dem Amt des Präsidenten von Bayern München gezwungen wurde, für München wäre ein Jude als Präsident eines Sportvereins untragbar. Profi-Fußball war für die Nazis sowieso Anathema.

Reisepass des jüdischen FC Bayern-Präsidenten Kurt Landauer. Landauer war vor und nach der nationalsozialistischen Herrschaft FC-Bayern-Präsident, er floh 1938 in die Schweiz und kehrte 1947 zurück. (© picture-alliance/dpa)

Landauer blieb in München, bis er am 10. November 1938 im Zuge der Novemberpogrome verhaftet und in das KZ Dachau geschickt wurde. Nach seiner Entlassung vier Wochen später bemühte er sich um die Auswanderung. Im Mai 1939 gelang ihm die Flucht in die Schweiz, wo er überlebte, während vier seiner Geschwister der "Endlösung" zum Opfer fielen. Bis zu seiner Flucht blieb er im informellen Kontakt mit dem FC Bayern, und auch während seines Aufenthalts in der Schweiz kam es einmal zum Kontakt: Er saß auf der Tribüne als FC Bayern gegen die Nationalelf der Schweiz (7. November 1943) spielte. Ob die Spieler ihn aus dem Feld tatsächlich begrüßten, ist nicht eindeutig feststellbar.

Gedenktafel für Kurt Landauer am Fußballstadion in München. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com)

Erstaunlich war nicht nur die Tatsache, dass Landauer nach dem Krieg nach München zurückkehrte (im Juni 1947), sondern dass er zwei Monate später wieder zum Präsidenten von Bayern München gewählt wurde. Der Grund war einfach: Um von der Besatzungsbehörde die Lizenz zu bekommen, war ein jüdischer Präsident opportun. Als der Verein 1950 seinen 50. Jahrestag feierte, sprach Präsident Landauer den folgenden Satz: "Wir wollen die letzten Jahre vergessen". Daran hielt sich der Verein mehr als 50 Jahre. Der Höhepunkt des zynischen Umgangs mit Landauer kam im Jahr 1951: Die Generalversammlung wählte Landauer ab. Die Besatzung hatte 1949 geendet und Landauer, der zuvor als Rettungsanker fungierte, wurde nicht länger gebraucht. In der kollektiven Erinnerung endet die Geschichte jedoch mit einem vermeintlichen "Happy Ending" im Jahr 1947.

Dieser Beitrag ist Teil des Externer Link: Shared History Projektes vom Externer Link: Leo Baeck Institut New York I Berlin.

Weitere Inhalte

Moshe Zimmermann, geb. 1943 in Jerusalem, Professor (emeritus) für deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem; Publikationen zu Nationalismus, Antisemitismus, Sportgeschichte und zur deutsch-jüdischen Geschichte.; Bücherauswahl: Deutsch-jüdische Vergangenheit: Judenfeindschaft als Herausforderung, Paderborn 2005; Deutsche gegen Deutsche. Das Schicksal der Juden 1938-1945. Berlin 2008; Vom Rhein an den Jordan Göttingen 2016.