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Schluss: Die politische Ordnung der globalen Migrationsverhältnisse in Gegenwart und Zukunft | bpb.de

Schluss: Die politische Ordnung der globalen Migrationsverhältnisse in Gegenwart und Zukunft

Jochen Oltmer

/ 2 Minuten zu lesen

Die ökonomisch führenden Staaten der Welt haben migrationspolitische Muster durchgesetzt, die auf eine strikte Kontrolle von Zuwanderung zielen: Das sind zum einen die restriktiven Visa- und Einreisebestimmungen gegenüber potenziellen Zuwanderern, die nicht aufgrund von hoher Qualifikation oder Besitz als begehrte Träger von ("Human"-)Kapital gelten. Zum anderen sind es auch Verträge mit Herkunftsländern, die vor allem darauf ausgerichtet sind, die Rückkehr jener Zuwanderer zu garantieren, die aus ökonomischen Gründen für zeitweilig erforderlich erachtet werden. Unter den Generalverdacht einer möglichen Belastung für Sicherheit, Ökonomie, soziale Sicherungssysteme oder spezifische kulturelle Werte und politische Vorstellungen einer Gesellschaft fallen auch Flüchtlinge und Vertriebene, die in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten mit einer Schließung vieler Migrationskanäle, also legaler Zuwanderungsmöglichkeiten, konfrontiert waren, die die Asylsysteme geboten hatten. Die Entwicklung der Migrationspolitik der EG/EU verweist auf diese restriktive Komponente, beschränkte sich die Kooperation der Mitgliedstaaten bislang doch ganz wesentlich auf die Erarbeitung von restriktiven Regeln für eine gemeinsame Grenz- und Visapolitik sowie die Zusammenarbeit zur Begrenzung der Asylzuwanderung .

Ein solcher Befund widerspricht nicht der Beobachtung, dass Migration weiterhin für Individuen, Gruppen und Bevölkerungen ein Mittel der Reaktion auf wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Veränderungen und der Wahrnehmung von Chancen ist. Restriktive Migrationsregime können Wanderungen nicht gänzlich verhindern, wie die illegalen Grenzübertritte und irregulären Aufenthalte z.B. in den USA oder in der EU beweisen. Ökonomisch prosperierende Regionen ziehen weiterhin Menschen an und Zuwanderer tragen, wie zahlreiche Studien belegen, zu ihrer Prosperität bei. Auch die ökonomische Bedeutung von Migration für die Herkunftsländer ist weiterhin hoch. 2011 lagen die Geldüberweisungen, die Migranten an ihre Verwandten allein in den Entwicklungsländern schickten, nach Schätzungen der Weltbank bei mindestens 372 Milliarden US-Dollar (hinzu kamen große Summen, die auf irregulären Wegen transferiert wurden) und übertrafen damit den Umfang der staatlichen Zahlungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit um fast das Dreifache. Für diverse kleinere Staaten bildeten diese Geldüberweisungen die zentrale Quelle ihres Bruttosozialprodukts – das gilt für Staaten wie Tadschikistan, Lesotho oder Moldawien. Für größere Staaten, wie etwa Indien, ist der Anteil der Geldüberweisungen von Migranten am Bruttosozialprodukt wesentlich geringer und bewegt sich im Bereich des unteren einstelligen Prozentbereichs, für die Devisenbilanz haben sie aber ein ungleich höheres Gewicht . Auch daran dürfte sich in Zukunft wenig ändern.

Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: "Globale Migration in der Zukunft".

Dr. phil. habil., geb. 1965, ist Apl. Professor für Neueste Geschichte und Vorstand des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.


Der Autor dankt Vera Hanewinkel, Kristina Jäger und Martha Quis für intensive Recherchen sowie viele Hinweise und Anregungen. E-Mail: E-Mail Link: joltmer@uni-osnabrueck.de