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Fazit und Ausblick | bpb.de

Fazit und Ausblick

Stefanie Hertlein Florin Vadean Stefanie Hertlein und Florin Vadean

/ 3 Minuten zu lesen

Mit fortschreitender Globalisierung ist damit zu rechnen, dass in Zukunft Migrationsströme und die damit einhergehenden finanziellen Rückflüsse in die Herkunftsländer noch weiter ansteigen werden.

Diese Entwicklung sollte Anlass geben, sich eingehender mit der Rücküberweisungsthematik zu beschäftigen, um den Nutzen, der sich daraus für die Entwicklungsländer ergeben kann, so weit wie möglich auszuschöpfen. Auf viele Fragen bezüglich der Auswirkungen, die Rücküberweisungen auf Entwicklung, Armutsbekämpfung, Einkommensverteilung und Wirtschaftswachstum haben, sind die Antworten vorliegender Untersuchungen noch vage und bedürfen weiterer ausführlicher Forschung.

Von besonderem Interesse dürfte dabei sein, die unzulängliche Datenlage zu verbessern. Eine verbindliche Absprache zwischen den nationalen Zentralbanken und dem IWF zur Vereinheitlichung der Erfassung in den Zahlungsbilanzen sowie eine festgeschriebene Definition als Unterstützung für das wissenschaftliche Arbeiten wären anzustreben. Nur mit fundierten Daten sind Aussagen über tatsächliche Nettogewinne aus Migration und damit gezielte Verbesserungsvorschläge möglich.

Wichtig sind auch Bemühungen hinsichtlich der Kosten für den grenzüberschreitenden Geldtransfer. Obwohl diese in den letzten Jahrzehnten aufgrund des gestiegenen Volumens beträchtlich gesunken sind, wäre eine weiter gehende Reduzierung wünschenswert. Durch erhöhten Wettbewerb auf dem Rücküberweisungsmarkt könnten ein verstärkter Preisdruck und damit fallende Gebühren erzielt werden. Dies würde wiederum den effektiven Geldmittelzufluss an die Entwicklungsländer erhöhen.

Zum aktuellen wissenschaftlichen Diskurs kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das zusätzliche Einkommen durch Rücküberweisungen in vielfältiger Weise einen positiven Einfluss auf den Rückgang der Armut, auf Konsumsteigerungen und auch auf Investitionen hat. Die Auswirkungen von Rücküberweisungen auf die Einkommensverteilung variieren jedoch von Fall zu Fall. Allgemein besteht Konsens darüber, dass für die Volkswirtschaften der Entwicklungsländer Direktinvestitionen am vorteilhaftesten sind, da mit ihnen nachhaltige Strukturveränderungen und Wirtschaftswachstum möglich sind. Nichtsdestotrotz wird der Hauptverwendung von Rücküberweisungen für den täglichen Lebensunterhalt heute ein höherer Stellenwert beigemessen, da auch durch sie weitere wirtschaftliche Impulse angestoßen werden können und somit wirtschaftliche Entwicklung und nachhaltige strukturelle Veränderungen ermöglicht werden. Die Spar- und Investitionsraten aus Rücküberweisungen zu steigern, sollte das Ziel einer allgemeinen wirtschaftspolitischen Strategie zur Optimierung des Investitionsklimas der Empfängerstaaten sein.

Eine generelle Schlussfolgerung für alle Entwicklungsländer kann allerdings nicht gezogen werden, da Rücküberweisungen je nach Land, wirtschaftlicher Situation und gemessen am Zeitfaktor eine unterschiedliche Rolle spielen. Die kurzfristigen Impulse für die Ökonomien der Entwicklungsländer und eine Besserstellung einzelner Haushalte führen nicht zwangsläufig zu wirtschaftlicher Entwicklung und nachhaltiger Entschärfung der Armutsproblematik für die gesamte Bevölkerung. Hierzu sind langfristige Strukturveränderungen notwendig.

Reichen die zunehmenden Rücküberweisungen nun aus, um die Kosten, die durch Migration und vor allem durch den Verlust hochqualifizierter Arbeitskräfte verursachte werden, auszugleichen? Das durch brain drain verloren gegangene Entwicklungspotenzial einer Volkswirtschaft ist äußerst schwierig zu quantifizieren. Es fällt umso schwerer ins Gewicht, je weniger Fachpersonal das Land insgesamt hat. Pessimistische Stimmen sehen Rücküberweisungen nicht als adäquaten Ausgleich, da sie wegen ihres geringeren Produktivitätspotenzials den Ausfall an Humankapital nicht nachhaltig ersetzen könnten. Rücküberweisungen tragen zusammen mit den Gewinnen aus zirkulärer Migration und Diasporagemeinden gewiss teilweise zu einer Milderung des entstandenen Verlustes bei; ob sie einen entsprechenden Ausgleich darstellen oder sogar eine größere Bedeutung haben, sollte jedoch bezweifelt werden.

Fussnoten

Stefanie Hertlein studiert Geografie, Wirtschaftspolitik und Ethnologie an der Universität Freiburg.

Florin Vadean ist Mitglied der Migration Research Group, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), Promotionsstudent im Fach Volkswirtschaft an der Universität Hamburg und Research Fellow der Research on Immigration and Integration in the Metropolis (RIIM), Vancouver, Kanada.