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Migrationspolitik: Aktuelle Entwicklungen | Griechenland | bpb.de

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Migrationspolitik: Aktuelle Entwicklungen

Anna Triandafyllidou

/ 4 Minuten zu lesen

Die griechische Migrationspolitik der 1990er und 2000er Jahre war weitgehend eine bloße Reaktion auf irreguläre Migration und informelle Beschäftigung in der Schattenwirtschaft des Landes. Die zentralen Maßnahmen zum Umgang mit der großen Zahl undokumentierter Migranten waren Legalisierungsprogramme. Eine detaillierte Analyse der Entwicklung der griechischen Migrationspolitik der letzten 20 Jahre würde den Rahmen dieses Länderprofils sprengen. Daher werden lediglich die Hauptmerkmale der aktuellen Gesetzgebung vorgestellt.

Das derzeit geltende Einwanderungsgesetz

Am 23. August 2005 verabschiedete die damalige konservative Regierung ein neues Gesetz (Gesetz 3386/2005), das Einwanderungsbelange regelt und die EU-Richtlinien zum Recht auf Familienzusammenführung (2003/86) und zur Rechtsstellung von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (2003/109) in nationales Recht überführte. Das Gesetz ist seit dem 1. Januar 2006 in Kraft, wurde im Februar 2007 allerdings durch Gesetz 3536/2007 modifiziert. Beide Gesetze (3386/2005 und 3536/2007) beinhalteten neue Regularisierungsprogramme. Diese richteten sich an spezifische Kategorien von Einwanderern, die vor dem 31. Dezember 2004 nach Griechenland gekommen waren und viele Jahre in Griechenland gelebt, es aber aus unterschiedlichen Gründen nicht geschafft hatten, ihren Aufenthalt und ihre Beschäftigung im Land zu legalisieren.

Gesetz 3386/2005 regelt die Einreise, den Aufenthalt und die soziale Integration von Drittstaatsangehörigen in Griechenland. EU-Bürger, Flüchtlinge und Asylsuchende fallen nicht unter das Gesetz. Das Gesetz hebt die Existenz separater Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen auf und führt einen Aufenthaltstitel zu unterschiedlichen Zwecken ein (z.B. für Beschäftigung, Studium, Familienzusammenführung sowie eine Vielzahl spezieller Aufenthaltsgründe, Paragraph 9 des Gesetzes). Die Bearbeitungsgebühr von 150 Euro für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis, die ein Jahr lang gültig ist, bleibt unverändert. Allerdings wurden die Gebühren für zwei und drei Jahre gültige Aufenthaltsgenehmigungen auf 300 bzw. 450 Euro angehoben. Nach Protesten von Migrantenorganisationen und anderen Institutionen wurde diese Bestimmung abgeändert, so dass abhängige Familienmitglieder die Ausstellungsgebühr jetzt nicht mehr zahlen müssen.

Aufenthaltserlaubnisse

Gesetz 3386/2005 führte auch eine Aufenthaltserlaubnis für Investitionstätigkeiten ein, die sich an Personen richtet, die bereit sind, in Griechenland ein Kapital von mindestens 300.000 Euro zu investieren (Paragraphen 26-27). Darüber hinaus gibt es eine Aufenthaltserlaubnis für unabhängige finanzielle Aktivitäten (Paragraphen 24-25), die ein Investitionsvolumen von 60.000 Euro voraussetzt, und eine Aufenthaltsgenehmigung für Angestellte von im Ausland ansässigen Unternehmen, die für eine begrenzte Zeit von ihren Arbeitgebern nach Griechenland entsandt werden. Daneben legt das Gesetz auch die Bedingungen fest, die für das Ausstellen einer Aufenthaltserlaubnis für eine Reihe anderer Personengruppen (z.B. Athleten und Trainer, Intellektuelle und Künstler, finanziell unabhängige Personen, Religionsvertreter, Wissenschaftler, Touristenführer, Studierende an der athonitischen Akademie ) erforderlich sind. Das Gesetz beinhaltet auch spezielle Bestimmungen für den Schutz von Menschenhandelsopfern (Paragraphen 46-52).

Zu Studienzwecken werden temporäre Aufenthaltserlaubnisse ausgestellt (Paragraphen 28-29). Das Gesetz legt keine Maximalgrenze für die Zahl der zu diesem Zwecke ausgestellten Aufenthaltserlaubnisse fest. Es erlaubt ausländischen Studierenden darüber hinaus, in Teilzeit zu arbeiten (Paragraph 35).

Gesetz 3386/2005 legt auch die Bestimmungen in Bezug auf das Recht und das Verfahren zur Familienzusammenführung fest (Paragraphen 53-60), indem es die relevante EU-Richtlinie in das nationale Recht integriert. Gesetz 3536/2007 erlässt die Ausstellungsgebühr für Aufenthaltsgenehmigungen für minderjährige Kinder. Es überführt die EU-Richtlinie zur Rechtsstellung von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in griechisches Recht (Paragraphen 67-69). Grundkenntnisse der griechischen Sprache, Geschichte und Kultur zählen zu den Voraussetzungen, die zum Erwerb dieses Status berechtigen. Sein Erwerb wurde 2011 durch Gesetz 4018/2011 vereinfacht. Seitdem können Einwanderer ihre Kenntnisse der griechischen Sprache und Geschichte durch einen schriftlichen Test nachweisen und somit den staatlichen Kurs umgehen, der im Gesetz 3386/2005 vorgesehen war. Diese Vereinfachung war nicht nur wichtig im Hinblick auf den verbesserten Rechtsschutz, den der EU-Langzeitaufenthaltsstatus beinhaltet, sondern auch, weil der Besitz dieses Status eine der Voraussetzungen für die Einbürgerung nach den Bestimmungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 2010 (Gesetz 3838/2010) ist.

Integration

Das Einwanderungsgesetz von 2005 führt einen Aktionsplan für die soziale Integration von Einwanderern ein (Paragraphen 65 und 66). Dieser basiert auf der Achtung ihrer Grundrechte und zielt auf eine erfolgreiche Integration in die griechische Gesellschaft ab. Dabei betont er folgende Bereiche: nachgewiesene Kenntnisse der griechischen Sprache, Besuch von Einführungskursen in die Geschichte, Kultur und Lebensart Griechenlands, Integration in den Arbeitsmarkt und aktive soziale Partizipation. Bislang wurden aber kaum Schritte unternommen, um den Aktionsplan umzusetzen.

Gesetz 3386/2005 legt darüber hinaus die Gründe zum Entzug einer Aufenthaltserlaubnis fest und regelt das Ausweisungsverfahren (insbesondere Paragraph 76). Das Gesetz (Paragraph 84) verbietet öffentlichen Einrichtungen, juristischen Personen, lokalen Verwaltungseinrichtungen, gemeinnützigen Organisationen und Sozialversicherungsträgern, Dienstleistungen für Ausländer bereit zu stellen, die "nicht fähig sind, nachzuweisen, dass sie legal ins Land eingereist sind und eine gültige Aufenthaltsgenehmigung besitzen". Die einzige Ausnahme bilden Krankenhäuser, die in Notfällen helfen und auch Minderjährige (unter 18) versorgen dürfen. Der Zugang von Kindern zum öffentlichen Bildungswesen unabhängig vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern wird durch Gesetz 2910/2001 gewährleistet.

Derzeit wird im Parlament über ein neues umfassendes Einwanderungsgesetz (griechisch: Metanasteftikos Kodikas) beraten, das alle bereits existierenden relevanten migrationsrechtlichen Bestimmungen in einem einzigen Gesetzestext zusammenführen soll.

Dieser Text ist Teil des Länderprofils "Interner Link: Griechenland".

Weitere Inhalte

Anna Triandafyllidou ist Professorin am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und Fiesole, Italien. Sie leitet den Forschungsbereich "Cultural Pluralism" des Global Governance Programms. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen kulturelle Diversität, Fragen zu Demokratie und Nationalismus sowie Migration in europäischer und internationaler Perspektive. E-Mail Link: anna.triandafyllidou@eui.eu