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Zwangsmigration und gemischte Migrationsströme in der Region Ostafrika/Horn von Afrika | Regionalprofil Ostafrika | bpb.de

Ostafrika Äthiopien Lagerpolitik in Kenia Personenfreizügigkeit Südsudanesische Frauen Eritrea Uganda Ostafrika/Horn von Afrika

Zwangsmigration und gemischte Migrationsströme in der Region Ostafrika/Horn von Afrika

Olivia Akumu

/ 14 Minuten zu lesen

In der Region Ostafrika/Horn von Afrika gibt es ein hohes Mobilitätsaufkommen: Viele Menschen migrieren innerhalb ihrer Herkunftsländer oder über Staatsgrenzen hinweg. Ein zentraler – aber nicht der einzige – Migrationsgrund ist dabei die Flucht vor Krieg und Gewalt.

Geflüchtete am Ufer des Albertsees in Uganda. Die größte Zahl an Flüchtlingen und Asylsuchenden wurde 2019 von Uganda (1,35 Millionen), Sudan (1,11 Millionen) und Äthiopien (702.145) aufgenommen. (© dpa)

Die Region Ostafrika und Horn von Afrika ist als Herkunfts-, Transit- und Zielregion von Migrationsbewegungen durch ein hohes Mobilitätsaufkommen gekennzeichnet. Räumliche Bewegung wird durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst, die in verschiedenen Variationen auftreten und miteinander zusammenhängen. Eine Kombination aus anhaltenden und wieder aufflammenden Konflikten, Verfolgung, regional verbreiteter Armut, Dürre sowie persönlichen Bestrebungen und dem Wunsch, individuelle Freiheiten zu sichern, tragen zu komplexen Bevölkerungsbewegungen bei.

Migrant/-innen, Asylsuchende und Flüchtlinge reisen häufig auf ähnlichen Wegen durch und aus der Region – ein Trend, der als gemischte Migration (Mixed Migration) bezeichnet wird. Sie nutzen häufig die Dienste von Schmugglern, um Grenzen und Kontrollpunkte zu überwinden und um zu vermeiden, von Behörden entdeckt zu werden. Die Migrierenden sind auf ihren Reisen erheblichen Gefahren ausgesetzt und erfahren häufig eine Vielzahl von Misshandlungen, darunter körperliche und sexuelle Misshandlung, Entführung, Erpressung, Inhaftierung und sogar Tod.

Die politische Debatte über gemischte Migration wird von der Ankunft von Migrant/-innen und Flüchtlingen in Europa und von den Bemühungen, diese Ströme zu stoppen, dominiert.

Zwangsmigration

Ostafrika und das Horn von Afrika sind nach wie vor eine der Weltregionen mit dem höchsten Flüchtlingsaufkommen. Zwangsmigration wird durch Kriege, Gewalt und Verfolgung verursacht. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) schätzte die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden innerhalb der Region im September 2019 auf 3,99 Millionen. Die größte Zahl an Flüchtlingen und Asylsuchenden wurde von Uganda (1,35 Millionen), Sudan (1,11 Millionen) und Äthiopien (702.145) aufgenommen. Interner Link: Südsudan war das bedeutendste Herkunftsland Geflüchteter (rund 2,14 Millionen), gefolgt von der Interner Link: Demokratischen Republik Kongo (673.600) und Interner Link: Somalia (491.100). Die Mehrheit (81 Prozent) der Flüchtlinge und Asylsuchenden sind Frauen und Kinder; 59 Prozent aller Flüchtlinge und Asylsuchenden sind minderjährig.

Noch höher war die Zahl der Menschen, die innerhalb ihrer Herkunftsländer vertrieben wurden. Aufgrund einer Mischung aus Konflikten, Gewalt und Naturkatastrophen in der Region belief sich die Zahl der Interner Link: Binnenvertriebenen Ende 2018 auf rund zwölf Millionen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Binnenvertreibung (Internal Displacement Monitoring Center, IDMC) führte die anhaltende Instabilität in Interner Link: Äthiopien, angeheizt durch ethnische Spannungen und Grenzstreitigkeiten in den Regionen Amhara und Oromia, zu einer der weltweit höchsten Zahlen an Binnenvertreibungen im Jahr 2019. Allein zwischen Januar und Juni 2019 wurden in Äthiopien aufgrund von Konflikten und Gewalt rund 522.000 neue Binnenvertreibungen registriert.

Daten von IDMC deuten darauf hin, dass das Maß an Interner Link: Vertreibungen, die durch extreme Wetterereignisse ausgelöst werden, zunimmt. Insbesondere in der Region Ost- und Horn von Afrika führten Naturkatastrophen im ersten Halbjahr 2019 zu mindestens 342.000 Binnenvertreibungen in Äthiopien, Somalia und im Südsudan. Dürren in Somalia zwingen die Menschen dazu, auf der Suche nach Wasser, Nahrung und Viehweiden immer größere Entfernungen zurückzulegen.

Migrationsrouten

Geschätzte Zahl der in den Jahren 2010 bis 2019 im Jemen angekommenen äthiopischen und somalischen Migrant/-innen (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Migration aus der Region erfolgt auf drei Hauptwanderungswegen: 1) der östlichen Route nach Jemen und in die Golfstaaten, 2) der südlichen Route nach Südafrika und 3) der nördlichen Route nach Nordafrika und Europa.

1) Die östliche Route

Die östliche Route beschreibt den Land- und Seeweg vom Horn von Afrika in Richtung Jemen. Die Route wird fast ausschließlich von äthiopischen und somalischen Staatsangehörigen genutzt, die von oder in der Nähe der Küstenstädte Obock in Dschibuti und Boosaaso in Puntland, Somalia, ablegen, um den Golf von Aden zu überqueren. Eine kleine Anzahl solamischer und äthiopischer Staatsangehöriger verbleibt im Jemen, um entweder Asyl zu beantragen oder Arbeit zu suchen (zum Beispiel als Khat -Landwirte, Hausangestellte oder gering qualifizierte Arbeitskräfte). Die überwiegende Mehrheit beabsichtigt jedoch, das Land zu durchqueren, Interner Link: um in die benachbarten Golfstaaten – insbesondere ins Königreich Saudi-Arabien – zu gelangen und dort nach Arbeitsmöglichkeiten zu suchen.

Unbeeindruckt von der gefährlichen Überquerung des Golfs von Aden mit seeuntauglichen Schiffen, der Bedrohung durch den Interner Link: Konflikt im Jemen und den strengen Kontrollen an der Grenze zu Saudi-Arabien hat die Route in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen. Die Zahl der Ankünfte im Jemen erreichte 2018 mit geschätzten 159.838 Personen einen Höchststand. Die Interner Link: Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt, dass 2019 138,213 Personen im Jemen eingetroffen sind (siehe Abbildung 1). Die Zahl der Ankünfte war damit etwas geringer als im Vorjahr. Im Durchschnitt nutzen derzeit monatlich mehr als 11.000 Personen diese Route. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Zahl der Personen, die auf dieser Route unterwegs sind, weitaus höher ist, sie aber aufgrund des anhaltenden Interner Link: Konflikts im Jemen und der damit verbundenen eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zur Küste, an der die Ankünfte gezählt werden, nicht adäquat erfasst werden kann.

90 Prozent der Flüchtlinge und Migrant/-innen, die diese Route nutzen, sind äthiopische Staatsangehörige, 10 Prozent somalische. Es handelt sich überwiegend um junge erwachsene Männer, die zwischen Januar und Juni 2019 72 Prozent der Ankünfte im Jemen ausmachten. 18 Prozent der Ankommenden waren Frauen, die restlichen zehn Prozent Kinder.

Flüchtlinge und Migrant/-innen, die auf dieser Route unterwegs sind, verlassen sich häufig auf Schmuggler, um Grenzübergänge unentdeckt zu passieren. Jüngste Schätzungen gehen davon aus, dass die Preise für Reisen von Äthiopien und Somalia zu den Abfahrtsorten in oder in der Nähe von Obock (Dschibuti) und Boosaaso (Somalia) je nach Strecke zwischen 150 und 350 US-Dollar betragen. Die Bootsfahrt nach Jemen kostet in der Regel zwischen 120 und 150 US-Dollar, wobei Schmuggelnetzwerke weitere 500 US-Dollar für die Durchquerung des Jemen und weitere 800 US-Dollar für die Überquerung der Grenze nach Saudi-Arabien verlangen.

Es ist wenig bekannt, wie erfolgreich Flüchtlinge und Migrant/-innen auf dieser Route sind und wie viele von ihnen es schließlich nach Saudi-Arabien schaffen. Nach offiziellen Schätzungen hielten sich im Jahr 2017 etwa 500.000 Migrant/-innen unterschiedlicher Nationalität im Königreich Saudi-Arabien auf, wobei die tatsächlichen Zahlen höher liegen könnten.

Im März 2017 startete die Regierung des Königreichs Saudi-Arabien die Kampagne "Eine Nation ohne Verstöße" ("A Nation without Violations"), die allen Migrant/-innen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis eine 90-tägige Frist einräumte, um das Land ohne Strafen zu verlassen. Bis März 2019 sind schätzungsweise 260.000 Äthiopier/-innen aus Saudi-Arabien nach Äthiopien zurückgekehrt, von denen 216.140 von der IOM registriert wurden. Diese Daten stimmen mit den Ankunftszahlen aus dem Jemen überein und zeigen, dass 72 Prozent der Rückkehrer/-innen junge erwachsene Männer sind, 20 Prozent erwachsene Frauen und acht Prozent Minderjährige. Laut IOM sinkt seit 2017 der Anteil der Interner Link: freiwilligen Rückkehr aus Saudi-Arabien an allen Repatriierungen. Anfang 2017 waren 35 Prozent der Rückkehrbewegungen freiwillig, 2018 nur noch ein Prozent.

2) Die südliche Route

Die Südroute beschreibt die weitgehend über Land verlaufende Route vom Horn von Afrika über Kenia, Tansania, Malawi, Sambia und Simbabwe nach Südafrika. Die Route ist noch nicht umfassend beforscht worden, weshalb nur begrenzt aktuelle Daten verfügbar sind. Untersuchungen des Zentrums für gemischte Migrationsströme (Mixed Migration Centre, MMC) aus dem Jahr 2017 gehen davon aus, dass jährlich 14.570 bis 16.580 Migrant/-innen und Flüchtlinge auf dieser Route unterwegs sind.

Die vom Horn ausgehende Route wird von äthiopischen und somalischen Staatsangehörigen dominiert, die laut der 4Mi-Initiative (Mixed Migration Monitoring Mechanism Initiative) des MMC angeben, dass sie ihre Herkunftsländer hauptsächlich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen verlassen haben.

Die Mixed Migration Monitoring Mechanism Initiative (4Mi)

Die Initiative zur Beobachtung gemischter Migrationsströme (Mixed Migration Monitoring Mechanism Initiative, 4Mi) ist das Flaggschiff des Mixed Migration Centre im Bereich der Primärdatenerfassung. Es versucht, Wissenslücken zu schließen und Informationen über gemischte Migrationsströme und Schutzrisiken, die sich für Flüchtlinge und Migrant/-innen ergeben, für die Migrationspolitik zur Verfügung zu stellen. 4Mi-Feldbeobachter/-innen sammeln Daten mittels persönlicher Interviews mit Flüchtlingen und Migrant/-innen in Westafrika, Ostafrika und Jemen, Nordafrika, Asien, Lateinamerika und Europa.

Die männlichen und weiblichen 4Mi-Beobachter führen fortlaufend umfassende Interviews mit Männern, Frauen und Jugendlichen. Die Beobachter/-innen werden geschult und engmaschig betreut. Mithilfe einer Smartphone-basierten Anwendung können sie die Interviews aufzeichnen und die abgeschlossenen Interviews zur Speicherung und Analyse an die regionalen 4Mi-Zentren senden.

4Mi verwendet in den Interviews vorwiegend geschlossene Fragen, um die Befragten dazu einzuladen, anonym Auskunft über eine Vielzahl von Themen zu geben, die umfangreiche Daten zu individuellen Profilen, Migrationsgründen, Fortbewegungsmitteln, Migrationsbedingungen, der Schmugglerökonomie, persönlichen Bestrebungen und der Zielortwahl generieren.*

* Für 4Mi-Analysen und Details zur Methodologie siehe Externer Link: http://www.mixedmigration.org/4mi/4mi_faq/ (Zugriff: 8.10.2019).

Flüchtlinge und Migrant/-innen verlassen sich häufig auf Schmuggler/-innen oder Makler/-innen ("Broker"), um ihre komplette Reise auf dieser Route oder Teile davon zu erleichtern. Überwältigende 97 Prozent der von 4Mi befragten Migrant/-innen gaben an, Schmugglerdienste genutzt zu haben, um ihr Ziel zu erreichen. Angaben von Migrant/-innen und Flüchtlingen in Südafrika zufolge betragen die durchschnittlichen Kosten für die Reise vom Horn von Afrika bis nach Südafrika 3.372 US-Dollar. Dies beinhaltet die Schmugglergebühren sowie andere damit verbundene Kosten für Transport und Unterbringung auf dem Weg. Darüber hinaus gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie "zusätzliche Zahlungen" an Polizei-, Grenz- und Einwanderungsbeamte sowie an Schmuggler/-innen entrichten mussten, die über die vereinbarten Gebühren hinausgingen.

3) Die nördliche Route

Die Nordroute beschreibt die Überlandroute vom Horn von Afrika (hauptsächlich von Äthiopien, Eritrea, Somalia und Sudan) nach Interner Link: Nordafrika und für einige der auf dieser Route Reisenden auch nach Europa; sie passiert Sudan, Ägypten und Libyen. Diese Bewegungen laufen in Nordafrika mit Strömen von Flüchtlingen und Migrant/-innen aus Westafrika zusammen.

Nachdem im Interner Link: Jahr 2015 in Europa ein Höhepunkt mit Blick auf die Ankunft von Angehörigen der Staaten am Horn von Afrika (63.518 Personen) beobachtet wurde, ging die Zahl dieser Flüchtlinge und Migrant/-innen im Jahr 2016 (40.773) und 2017 (13.273) infolge einer Reihe von Maßnahmen zurück, die in Libyen (Interner Link: und anderen Ländern wie Sudan) ergriffen wurden, um durch das Land führende irreguläre Migrationsbewegungen zu verringern.

Trotzdem reisen Flüchtlinge und Migrant/-innen vom Horn von Afrika weiterhin beständig nach Nordafrika. Schätzungen zufolge lebten 2018 mehr als 115.000 Menschen aus den Staaten am Horn von Afrika in Interner Link: Libyen. Im September 2019 waren fast die Hälfte der dort erfassten 45.879 Flüchtlinge und Asylsuchenden Ostafrikaner/-innen. UNHCR-Zahlen zeigen, dass die meisten der 6.441 Neuankömmlinge, die zwischen Januar und Juli 2019 in Lagern im Osten Sudans registriert wurden, eritreische Staatsangehörige waren.

Flüchtlinge und Migrant/-innen, die diese nördliche Route nutzen, sind auf hochspezialisierte Schmuggelnetzwerke angewiesen. Laut Untersuchungen des UNHCR liegt der berichtete Durchschnittspreis für die vollständige Reise vom Herkunftsland bis nach Libyen bei 5.500 US-Dollar, wobei die Preise im Einzelnen zwischen 800 US-Dollar und 14.000 US-Dollar schwanken. Die Zahlungsmodalitäten variieren von der Vorauszahlung für die gesamte Reise bis zur schrittweisen Zahlung auf den Etappen der Reise. Letztere Zahlungsweise ist im Allgemeinen mit einem höheren Risiko für Zwangsarbeit, Menschenhandel oder Lösegeldentführung verbunden, da sie Schutzmaßnahmen der Flüchtlinge und Migrant/-innen gegen skrupellose Schmuggler/-innen untergräbt.

Flüchtlinge und Migrant/-innen, die auf dieser Route reisen, sind einer Reihe extremer Schutzrisiken ausgesetzt, darunter Entführung und Gefangenschaft, Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Praktiken wie sexuelle Gewalt, Zwangsarbeit und allgemeine Unsicherheit.

Triebkräfte für Migrationsbewegungen

Gründe für die Auswanderung von 18- bis 24-Jährigen aus Dschibuti, Eritrea, Äthiopien und Somalia (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Gründe für die Bewegungen von Flüchtlingen und Migrant/-innen aus Staaten in Ostafrika und am Horn von Afrika sind unterschiedlich und oft vielschichtig. 4Mi-Daten zeigen, dass wirtschaftliche Faktoren, ein Mangel an Rechten, Gewalt und allgemeine Unsicherheit die drei Hauptfaktoren für die räumlichen Bewegungen junger Menschen (18-24 Jahre) aus Dschibuti, Eritrea, Äthiopien und Somalia sind (siehe Abbildung 2).

Eine Aufschlüsselung der Migrationsgründe nach Staatsangehörigkeit macht auf genauere Nuancen der Gründe für das Verlassen des Herkunftsorts aufmerksam. Die Daten zeigen zum Beispiel, dass Eritreer/-innen im Vergleich zu Angehörigen der anderen vier Staaten mit 91 Prozent am häufigsten angaben, "keine Rechte im Herkunftsland" zu haben, verglichen mit äthiopischen (44 Prozent) und somalischen Befragten (11 Prozent). Die Daten verweisen auch auf einen direkten Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau der Jugendlichen und den wirtschaftlichen Triebkräften für die Migration. Befragte mit einem niedrigeren Bildungsniveau gaben häufiger wirtschaftliche Gründe als einen der Beweggründe für die Auswanderung an.

Migrationssteuerung (Governance)

Es gibt eine Reihe von übergreifenden/internationalen Konventionen, Richtlinien und Rahmenbedingungen, die regeln, wie Länder im Osten und am Horn von Afrika mit Flucht und Migration umgehen.

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (1951) und das dazugehörige Protokoll (1967)

Fast alle Länder in der Region sind der Interner Link: UN-Flüchtlingskonvention und dem dazugehörigen Protokoll beigetreten. Dort ist festgelegt, wer ein Flüchtling ist, und welche Rechte und Pflichten Personen haben, denen Asyl gewährt wird. Auch die Pflichten von Staaten, die Asyl gewähren, sind darin festgelegt.

Konvention der Organisation für Afrikanische Einheit über die spezifischen Aspekte von Flüchtlingsproblemen in Afrika (1969)

Die Flüchtlingskonvention der Interner Link: Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) von 1969 erweitert die Flüchtlingsdefinition der UN-Konvention von 1951 um diejenigen Flüchtlinge, die vor Angriffen von außen, Besatzung, Fremdherrschaft oder einem Ereignis fliehen, das die öffentliche Ordnung ernsthaft stört. Alle Länder der Region haben die Konvention unterzeichnet. In einigen Ländern ist sie jedoch weder ratifiziert worden noch in Kraft getreten.

Übereinkommen der Afrikanischen Union zum Schutz und zur Unterstützung von Binnenvertriebenen in Afrika (Kampala-Konvention)

Die Kampala-Konvention, die 2009 verabschiedet wurde, enthält detaillierte Anleitungen zum Umgang der afrikanischen Staaten mit Binnenvertreibungen. Einige Bestimmungen des Übereinkommens – wie die Bestimmungen zur sicheren und freiwilligen Rückkehr sowie zu Entschädigungen und anderen Formen der Wiedergutmachung – gehen über die bestehenden UN-Leitlinien zur Binnenvertreibung hinaus. Die Staaten der Region haben das Kampala-Übereinkommen jedoch nur sporadisch unterzeichnet und ratifiziert, wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht:

Staaten in der Region Ost- und Horn von Afrika und ihre Fortschritte bei der Unterzeichnung und Ratifizierung der Kampala-Konvention

StaatUnterzeichnetRatifiziertRatifizierungsurkunden
hinterlegt
Burundija
Komorenja
Dschibutijajaja
Eritreaja
Äthiopienja
Kenia
Madagaskarja
Malawijaja
Mauritius
Mosambikja
Ruandajajaja
Seychellen
Somaliaja
Südsudanjajaja
Tansaniaja
Ugandajajaja
Sambiajajaja
Simbabwejajaja

Quelle: African Union (2019): List of Countries which Have Signed, Ratified/Acceded to the African Union Convention for the Protection and assistance of Internally Displaced Persons in Africa (Kampala Convention). Externer Link: https://au.int/sites/default/files/treaties/36846-sl-AFRICAN%20UNION%20CONVENTION%20FOR%20THE%20PROTECTION%20AND
%20ASSISTANCE%20OF%20INTERNALLY%20DISPLACED%20PERSONS%20IN%20AFRICA%20%28KAMPALA%20CONVENTION%29.pdf
(Zugriff: 16.10.2019).

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat mehrere Empfehlungen zur Umsetzung des Kampala-Übereinkommens ausgesprochen, darunter die Ratifizierung und Übernahme in nationales Recht. Weitere Empfehlungen umfassen die Sicherstellung einer angemessenen Planung, Verwaltung und Überwachung von Schutzmaßnahmen und die Suche nach dauerhaften Lösungen für Binnenvertriebene.

Der Migrationspolitische Rahmenplan der Afrikanischen Union wurde 2006 verabschiedet und zielt auf:

  • die Entwicklung eines strategischen Rahmen für die Migrationspolitik in Afrika, der zur Lösung von Herausforderungen, die sich durch Migration ergeben, beitragen soll,

  • die Einführung von Freizügigkeit für Menschen in Afrika,

  • die Schaffung eines günstigen Umfelds zur Erleichterung der Mitwirkung von Migrant/-innen, insbesondere derjenigen in der Diaspora, an der Entwicklung ihrer Herkunftsländer.

Der Migrationspolitische Rahmenplan der Afrikanischen Union räumt Migrationspolitik und -steuerung, Arbeitsmigration und Bildung, Diaspora-Engagement, Grenzkontrollen, irregulärer Migration, Vertreibung, Binnenmigration sowie dem Themenfeld Migration und Handel strategische Priorität ein.

Das Regionale Migrationspolitische Rahmenwerk der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD) von 2012 baut auf dem Migrationspolitischen Rahmenplan der Afrikanischen Union auf und passt ihn an den Kontext der IGAD-Region an, zu der die Länder Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia und Südsudan, Sudan und Uganda gehören. Das Migrationspolitische Rahmenwerk der IGAD konzentriert sich auf Sicherheit und Stabilität, Krisenprävention und Konfliktlösung, Rechte von Migrant/-innen, Armut und Konflikte, Klimawandel, Umwelt und Anpassung, Geschlecht und schutzbedürftige Gruppen. Die IGAD hat auch ein Protokoll über Freizügigkeit und Transhumanz verabschiedet, in dem ihre Bemühungen um den Abbau von Hindernissen für die Migration innerhalb der Region betont werden.

Die New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten

Im September 2016 berief die Interner Link: Generalversammlung der Vereinten Nationen einen hochrangigen Gipfel ein, auf dem Ansätze zur Bewältigung umfangreicher Personenbewegungen über internationale Grenzen hinweg erörtert wurden. Das Ergebnis – die New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten – drückte den politischen Willen der Staats- und Regierungschefs aus, weltweit Leben zu retten, Rechte zu schützen und Verantwortung zu teilen. Ein weiteres Ergebnis dieses Engagements war die Entwicklung und Verabschiedung Interner Link: zweier rechtlich nicht bindender Pakte im Dezember 2018: des Globalen Flüchtlingspakts (Global Compact on Refugees, GCR) und des Globalen Migrationspakts (Global Compact on Migration, GCM).

Fazit

Angesichts der anhaltenden Instabilität in der Region Ostafrika und Horn von Afrika wird die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden sowie der Binnenvertriebenen in naher Zukunft voraussichtlich nicht sinken. Makrotrends wie die wachsende Bevölkerung im globalen Süden, die steigende Nachfrage nach Arbeitsplätzen bei einem gleichzeitig begrenzten Arbeitsplatzangebot und die sich verschlimmernden Auswirkungen von Verstädterung und Klimawandel werden die Menschen weiterhin dazu bringen, sich auf der Suche nach besseren Möglichkeiten räumlich zu bewegen. Knappe Finanzmittel behindern die Umsetzung zwischenstaatlicher und supranationaler Abkommen zu Migrant/-innen und Flüchtlingen und stellen ein Hindernis beim Schutz ihrer Rechte dar.

Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel

Weitere Inhalte

Olivia Akumu ist Sachverständige und Projektmanagerin am regionalen Standort des Mixed Migration Centre in Nairobi, Kenia. Ihre Forschung konzentriert sich auf gemischte Migrationsströme (Mixed Migration) in Ostafrika und am Horn von Afrika.