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Integrationspolitik | Polen | bpb.de

Integrationspolitik

Stefan Alscher

/ 3 Minuten zu lesen

Von der kleinen Gruppe der Aussiedler abgesehen, die im Rahmen des Repatriierungsgesetzes gewisse Integrationsleistungen genießen, bezieht sich die Integrationspolitik in Polen lediglich auf Flüchtlinge und seit 2007 auch auf Ausländer mit Duldungsstatus. Diese beiden Gruppen sind beim Bezug staatlicher Sozialleistungen polnischen Staatsbürgern gleichgestellt.

Außerdem können sie ohne Arbeitserlaubnis eine Arbeit aufnehmen und öffentliche Schulen (Primar- und Sekundarstufe) kostenfrei besuchen. Die auf lokaler Ebene angebotenen Integrationsprogramme sind hingegen nur für anerkannte Flüchtlinge zugänglich. Sie umfassen einen obligatorischen Sprachkurs sowie Hilfestellungen bei der Wohnungssuche und bei der Registrierung im Arbeitsamt. Ziel der einjährigen Programme ist die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Aufgrund mangelnder Personalausstattung ist die Effizienz dieser Programme jedoch eingeschränkt, sodass der Großteil der Flüchtlinge in Polen weiterhin auf Leistungen der Sozialhilfe oder von Wohlfahrtsverbänden angewiesen ist. Arbeitsmigranten haben keinerlei Ansprüche auf Integrationshilfen, sodass hier vor allem die sozialen Netzwerke der Migranten von zentraler Bedeutung sind.

Flucht und Asyl

Das polnische Asyl- und Flüchtlingsrecht ist durch den Beitritt zu internationalen Konventionen (u. a. Ratifizierung der Genfer Flüchtlingskonvention 1991) sowie durch die Angleichung an den restriktiven Trend des Asylrechts der meisten EU-Mitgliedstaaten geprägt.

Das Ausländergesetz von 1997 führte die Möglichkeit erleichterter Abschiebungen sowie Sanktionen gegen Transportunternehmen ein. Seit der Reform des Ausländergesetzes im Jahr 2001 unterliegen "offensichtlich unbegründete" Anträge einem beschleunigten Verfahren. Dieses Verfahren sollte ebenfalls für Antragsteller aus so genannten sicheren Herkunftsstaaten gelten. In der Praxis wird es bei dieser Gruppe jedoch nicht angewandt. Im Rahmen einer Reform des Ausländergesetzes im Jahr 2003 wurde außerdem das Konzept der Duldung (Aussetzung der Abschiebung) eingeführt.

Gemäß dem Gesetz von 1997 sind Asylanträge prinzipiell bei der Einreise nach Polen zu stellen. Das oberste Verwaltungsgericht Polens (Naczelny Sąd Administracyjny) verfügte, dass die zeitweise praktizierte Ablehnung der Einreise eines Flüchtlings durch die polnische Grenzpolizei nicht rechtmäßig ist. Anträge auf Anerkennung als Flüchtling oder Asylbewerber können somit wieder im ganzen Land gestellt werden.

Entwicklung der Asylbewerberzahlen, 1994-2006* (inklusive Familienangehörige der Antragsteller) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Zwischen 1992 und 2006 wurden insgesamt rund 59.000 Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigter gestellt (davon nahezu drei Viertel in den Jahren 2000-2006). Von den insgesamt 7.088 Antragstellern im Jahr 2006 (inkl. Familienangehörige) kamen 90 % aus der Russischen Föderation (6.393 Personen), wobei es sich hier nahezu ausschließlich um Tschetschenen handelte. Lediglich 422 Personen wurden als Flüchtlinge anerkannt (6 %), weitere 2.045 Personen erhielten jedoch den erst 2003 eingeführten Status einer Duldung (28,9 %). Tschetschenen stellten 91 % der anerkannten bzw. 98 % der geduldeten Flüchtlinge. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der gestellten Asylanträge zwar leicht an (+ 3,3 %), lag aber immer noch weit unter dem im Jahr 2004 erreichten Höhepunkt.

Unzureichende Integrationschancen sind ein Hauptproblem der polnischen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Nach Angaben des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) in Warschau entschließen sich daher viele Flüchtlinge und Asylbewerber zu einer Weiterreise in andere EU-Staaten. Polen fungiert hauptsächlich als Transitland.

Seit dem 1. Mai 2004 ist ein Gesetz zur sozialen Integration von Flüchtlingen in Kraft. Das darin vorgesehene so genannte individuelle Integrationsprogramm enthält finanzielle Unterstützung für Flüchtlinge und ihre Familienangehörigen für die Dauer von einem Jahr. Monatlich werden je nach Bedarf zwischen 100 und 270 Euro als Beihilfe für Sprachkurse und Wohnraum ausgezahlt. Polnische Nichtregierungsorganisationen kritisieren den Betrag jedoch als viel zu gering. Hauptprobleme der Integration bleiben weiterhin die Wohnungssuche sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe FFM (1999).

  2. Act on Social Assistance, vgl. Dziennik Ustaw (Journal of Law), 2004, Nr. 64, item 593.

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