Wirtschaftsstarke Staaten Lateinamerikas, allen voran Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko, entwickeln sich zunehmend zu Zielländern internationaler Migration. Dabei spielen nicht nur regionale Wanderungsbewegungen eine Rolle, sondern auch eine wachsende Zuwanderung aus Staaten des globalen Nordens.
Hintergrund der zunehmenden Attraktivität einiger Länder Lateinamerikas ist vor allem deren positive wirtschaftliche Entwicklung mit jährlichen Wachstumsraten von 3 bis 7 %, die in erster Linie die Einwanderung von Menschen aus der Region befördert. Dem gegenüber stehen die anhaltende Wirtschaftskrise und wachsende Arbeitslosenzahlen in mehreren EU-Staaten, darunter Spanien, Portugal und Italien, die zu einer verstärkten Einwanderung aus diesen Ländern nach Lateinamerika und insgesamt geführt haben (vgl. Ausgabe 3/12).
Der Anstieg der europäischen Migration in einige Länder Lateinamerikas spiegelt sich u. a. auch in der zunehmenden Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen an spanische Staatsbürger in Argentinien (+76,5 %), Chile (+173,8 %) und Mexiko (+24,3 %) seit 2009 wider. Zudem verzeichnet das spanische Statistikinstitut (INE) einen starken Anstieg der im Ausland lebenden spanischen Staatsangehörigen von 1,5 Mio. (2009) auf 1,9 Mio. (2013). Dabei dürfte es sich allerdings nicht nur um spanische Auswanderer handeln, sondern auch um Rückkehrmigranten mit doppelter Staatsbürgerschaft. Die wachsende Anzahl von Spaniern (vgl. Tabelle unten) - im Falle von Brasilien v. a. Portugiesen - unter den Neuzuwanderern dürfte auch mit den sprachlichen sowie oftmals historisch engen Verbindungen innerhalb des iberoamerikanischen Raumes zusammenhängen.
Argentinien
Nach Angaben des argentinischen statistischen Amtes (INDEC) ist die im Ausland geborene Bevölkerung zwischen 2001 und 2010 um etwa 300.000 auf 1,8 Mio. Personen gewachsen. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 4,5 %. Davon kommen 1,2 Mio. aus Nachbarstaaten Argentiniens, allen voran aus Paraguay (550.713), Bolivien (345.272), Chile (191.147) und Peru (157.514). Aber auch Zuwanderer aus Italien (147.499) und Spanien (94.030) spielen eine wichtige Rolle.
Brasilien
Die im Ausland geborene Bevölkerung des bevölkerungsreichsten lateinamerikanischen Landes belief sich im Jahr 2010 auf rund 688.000 Personen, was einem Bevölkerungsanteil von lediglich 0,4 % entspricht. Auch hier spielt die Zuwanderung aus Nachbarstaaten eine bedeutende Rolle – so etwa die undokumentierte Migration aus Bolivien, dem ärmsten Staat Südamerikas (vgl. Ausgabe 10/11). Die Zahl der portugiesischen Zuwanderer ist nach Angaben der Botschaft Portugals in Brasilien von 213.203 (2000) auf aktuell 329.199 Personen angestiegen (+54 %).
Chile
Die Zahl der im Ausland geborenen Bevölkerung Chiles hat sich von 184.000 im Jahr 2002 auf 369.000 im Jahr 2010 verdoppelt und entspricht damit einem Bevölkerungsanteil von 2,2 %. Im Jahr 2012 wurden insgesamt rund 100.000 temporäre Aufenthaltsgenehmigungen vergeben, davon 36.736 an peruanische Staatsbürger, 12.050 an bolivianische Staatsbürger und 2.415 an spanische Staatsangehörige (2009: 751).
Mexiko
Auch in Mexico hat sich die Zahl der im Ausland geborenen Bevölkerung zwischen dem Jahr 2000 (492.617) und 2010 (961.121) nahezu verdoppelt. Darunter sind laut mexikanischem Zensus rund 738.103 US-amerikanische Staatsbürger (77 %). Während die mexikanische Migration gen USA sich mehr als halbiert hat (1995-2000: 2,94 Mio.; 2005-2010: 1,37 Mio.; vgl. Ausgabe 4/12), hat sich die Nord-Süd- und Rückkehrmigration von den USA nach Mexiko im gleichen Zeitraum verdoppelt (1995-2000: 670.000; 2005-2010: 1,39 Mio.). In der Region spielt v. a. die Transitmigration in die USA eine große Rolle. Aber auch die Zuwanderung aus Europa, allen voran aus Spanien, ist gestiegen (vgl. Tabelle).
Fazit
Die Übersicht zu aktuellen Entwicklungen in ausgewählten Staaten Lateinamerikas bestätigt den globalen Trend einer zunehmenden Komplexität von Wanderungsbewegungen, etwa hinsichtlich der wachsenden Bedeutung von Süd-Süd- und Nord-Süd-Wanderungen (vgl. Ausgabe 8/13).
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Stefan Alscher
Stefan Alscher
Stefan Alscher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Forschungsfeld "Weltweite und irreguläre Migration, Islam, Demographie, Forschungstransfer, wissenschaftliche Leitung des Doktorandenprogramms". Er ist Redakteur beim Newsletter "Migration und Bevölkerung". E-Mail: stalscher@migra.org
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