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Theodor Herzl 1860-1904

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Theodor Herzl war ein Visionär. Er hatte den jüdischen Staat bereits auf dem ersten Zionisten-Kongress vorausgesehen. 1897 notierte er in sein Tagebuch: "In Basel gründete ich den Jüdischen Staat." Wer war Theodor Herzl?

Theodor Herzl. (© AP/PID/Zionistisches Archiv)

Theodor Herzl wurde 1860 in Budapest geboren. Seine Familie lebte nicht mehr traditionell, sondern "religiös aufgeklärt", assimilierte sich jedoch nicht an die magyarische Mehrheit, sondern pflegte eine weltbürgerlich deutsche Kultur. Herzl besuchte zuerst die jüdische Grundschule, wechselte dann auf die städtische Realschule und das evangelische Gymnasium. Schon als Kind zeigte Herzl großes Interesse am Schreiben einerseits, er gründete mit 14 den Schreibklub "Wir", und Technologie andererseits.

1878 starb Herzls ein Jahr ältere Schwester Pauline, ein schwerer Schlag für die Familie und Theodor im Besonderen. Die Eltern entschlossen sich daraufhin, nach Wien überzusiedeln, wo Herzl, trotz der Absicht Schriftsteller zu werden, zunächst ein Jurastudium aufnahm. 1881 schloss er sich der schlagenden Studentenbewegung Albia an, verließ sie jedoch zwei Jahre später aus Protest gegen deren antisemitische Ausrichtung.

Herzl schloss sein Studium 1884 mit einer Promotion ab, musste jedoch bald feststellen, dass die Berufsaussichten für Juden in seinem Fach wenig Spielraum ließen. Er verlegte sich daher ganz aufs Schreiben und verfasste eine Serie von Feuilletons, die ihm schließlich die Tür zu einer der bedeutendsten europäischen Tageszeitungen, der "Neuen Freien Presse", öffneten. Herzl verfasste zudem zahlreiche Theaterstücke, die jedoch nur mäßig erfolgreich blieben.

1889 heiratete Herzl Julia Naschauer. Die Ehe war nicht glücklich und hielt wohl nur durch die zahlreichen Phasen der räumlichen Trennung. Herzl und Julia hatten drei Kinder: Pauline, Hans und Trude.

1891 bekam er den begehrten Posten des Pariser Korrespondenten der "Neue Freie Presse". In Paris geriet er, wenn auch zunächst nur als Beobachter, zum ersten mal in die Politik. Seine Erfahrungen bei der Berichterstattung über die Dreyfus-Affäre waren einer der entscheidenden Momente, die aus dem assimilierten Wiener Salon-Juden einen Zionisten machten. Die öffentliche und erniedrigende Degradierung des - unschuldigen - jüdischen Offiziers ließ die Pariser "Tod den Juden!" durch die Straßen schreien. Die "Judenfrage" hatte Herzl jedoch bereits lange Zeit beschäftigt, mindestens seit seiner Lektüre von Eugen Dührings "Die Judenfrage als Rassen-, Sitten- und Kulturfrage" 1882. Er war nicht nur selbst mit Antisemitismus konfrontiert worden, sondern musste auch beobachten, wie die liberale Ordnung in Österreich durch die zunehmenden Wahlerfolge des Antisemiten Luegers ins Wanken geriet. 1893 war Herzl zu dem Schluss gelangt, dass man die Judenfrage nicht alleine mit Vernunft lösen könne, wie es etwa der "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" versuchte, denn die Zeit habe bereits gezeigt, dass man dem Judenhass mit rationalen Argumenten nicht begegnen könne. In dieser frühen Phase erwog Herzl zunächst eine Massenkonversion aller Juden vor der Stephanskirche in Wien, verwarf dies jedoch schnell, da ihm klar war, dass dies dem Antisemitismus keinen Einhalt gebieten würde. Auch Herzls Drama "Das neue Ghetto", das er 1894 fertig stellte, spiegelt seine Erkenntnis wider, dass Assimilation und Konversion die Judenfrage nicht beheben können.

Im Mai 1895 schrieb Herzl zunächst an den jüdischen Philanthropen Baron Maurice de Hirsch und stellte ihm bei einem persönlichen Treffen seine Idee vor. Der Baron war von Herzls Plänen jedoch nicht beeindruckt. Herzl arbeitete seine Skizze für dieses Treffen und einen Brief, den er dem Baron im Anschluss gesandt hatte, schließlich weiter aus und vollendete im Juni 1895 seine programmatische Schrift "Der Judenstaat". Im Juli kehrte er als Redakteur für den Kulturteil der "Neuen Freien Presse" nach Wien zurück und las seinen Entwurf verschiedenen Freunden und prominenten jüdischen Persönlichkeiten vor. Dabei stieß er zum größten Teil auf Ablehnung, sein Freund Friedrich Schiff sah darin sogar die Auswirkungen eines Nervenzusammenbruchs. Allein Max Nordau stimmte Herzls Überlegungen sofort und überzeugt zu.

Nach einer weiteren Überarbeitung erschien schließlich in Wien am 14. Februar 1896 "Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage". Noch im selben Jahr erschienen Übersetzungen in Englisch, Französisch, Russisch und Hebräisch. Das Buch wurde insgesamt in 18 Sprachen übersetzt und erschien in mehr als 80 Ausgaben.

"Der Gedanke, den ich in dieser Schrift ausführe, ist ein uralter. Es ist die Herstellung des Judenstaates", schreibt Herzl in der Vorrede. Aus der Überzeugung, die Juden seien ein Volk, und der Bedrohung des Antisemitismus trotz den Versuchen, sich der Umgebung zu assimilieren, sei die einzige Lösung der Judenfrage die Gründung eines "Judenstaates". Herzl entwirft dabei detailliert die Pläne zu Aufbau, Masseneinwanderung, Finanzierung und Gemeinwesen dieses Staates. Dabei schlug er als mögliches Territorium Palästina oder Argentinien vor.

"Der Judenstaat" wurde sehr unterschiedlich aufgenommen. Die meisten Juden in Westeuropa lehnten seine Idee strikt ab. Seine Gegner waren nicht nur assimilierte Juden, sondern auch orthodoxe Juden, die den Zionismus im Widerspruch zu den messianischen Verheißungen im Judentum sahen. Er wurde verlacht und verspottet, so schrieb z.B. Anton Bettelheim in den "Münchner Allgemeinen Nachrichten" vom "Faschingstraum eines durch den Judenrausch verkaterten Feuilletonisten". Zu seinen frühsten Anhängern zählten die jüdischen Jugend- und Studentenbewegung. Vor allem aber in Osteuropa konnte Herzl bald begeisterte Anhänger finden. Herzl begann sofort für seine Pläne Unterstützung in der Politik zu suchen und begab sich auf die ersten seiner zahllosen Reisen durch Europa auf der Suche nach Unterstützung für die zionistische Sache. Im Juni 1896 reiste er erstmals nach Konstantinopel. Im Juni 1897 gründete er die Wochenzeitung "Die Welt" als zionistisches Organ und gab dafür über die Jahre sein Privatvermögen hin.

Für August 1897 hatte Herzl den Ersten Zionistenkongress einberufen. Ursprünglich in München geplant, was am Widerstand der Jüdischen Gemeinde scheiterte, trat der Kongress am 29. August 1897 im Stadtcasino von Basel zusammen. Der Kongress verabschiedete das sog. Baseler Programm, das "für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina" forderte.

Im Rückblick auf dieses Ereignis notierte Herzl die berühmt gewordenen Worte in sein Tagebuch: "Fasse ich den Baseler Kongreß in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde, öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universales Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es jeder einsehen." Tatsächlich sollten nur wenig mehr als fünfzig Jahre vergehen, bis David Ben Gurion am 14. Mai 1948 die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel verlas, unter einem Bild von Theodor Herzl.

Herzl versuchte nun unermüdlich auf diplomatischem Wege, die Sympathie der Herrscher Europas zu gewinnen. Bei einem Zusammentreffen mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. gelang es ihm eine Audienz während dessen Besuchs in Palästina zu erhalten.

Herzl schiffte daraufhin gemeinsam mit einer kleinen zionistischen Delegation nach Palästina über (Bild rechts), wo er die jüdischen Kolonien Mikwe Israel, Rischon leZion, Nes Ziona and Rechovot besuchte. In Mikwe Israel traf er auf den Kaiser und seine Entourage und erhielt schließlich am Stadtrand von Jerusalem seine Audienz, die jedoch für Herzl enttäuschend verlief. Auch seine politischen Bemühungen in Konstantinopel blieben erfolglos. Herzl wandte sich daraufhin an Großbritannien und traf zu Verhandlungen mit Joseph Chamberlain, dem britischen Kolonialminister, und anderen Politikern zusammen. Herzl erhielt schließlich den Vorschlag einer jüdischen Autonomieregion im ost-afrikanischen Uganda.

Das Jahr 1903 brachte die schwierige Situation der russischen Juden zum Eskalieren, das Pogrom von Kishinew schockierte die Juden in ganz Europa. Unter diesem Eindruck legte Herzl auf dem Sechsten Zionistenkongress den britischen Uganda-Plan vor. Uganda sollte dabei immer nur eine vorübergehende Lösung als Zufluchtsstätte für russische Juden, ein "Nachtasyl" wie Max Nordau sagte, sein. Dennoch löste der Vorschlag große Kontroversen auf dem Kongress aus und führte fast zur Spaltung der Bewegung. Herzl konnte dies durch eine dramatische Rede verhindern. Der Uganda-Plan wurde schließlich ein Jahr nach Herzls Tod vom Kongress endgültig abgelehnt.

Nach dem stürmischen Kongress von 1903 setzte Herzl seine diplomatischen Bemühungen fort, im Januar 1904 reiste er nach Italien, wo er König Vittorio Emanuele III. und Papst Pius X. traf. Im Mai zog sich Herzl aus Gesundheitsgründen für einige Wochen nach Franzensbad zurück. Bereits seit längerem hatte er Herzprobleme und musste immer wieder Kuraufenthalte wahrnehmen. In einem Brief an David Wolffsohn, seinen späteren Nachfolger, schrieb er: "Machet keine Dummheiten, während ich tot bin."

Herzl starb am 3. Juli 1904 im Kurbad Edlach an den Folgen einer Lungenentzündung, die sein angegriffenes Herz nicht überstand.

In seinem letzten Willen schrieb Herzl: "Ich wuensche das Leichenbegraebnis der aermsten Klasse, keine Reden und keine Blumen. Ich wuensche in einem Metallsarge in der Gruft neben meinem Vater beigesetzt zu werden und dort zu liegen, bis das juedische Volk meine Leiche nach Palaestina ueberfuehrt". Er wurde 1904 am Friedhof Döbling bei Wien bestattet, seine Gebeine schließlich 1949 nach Jerusalem überführt und an dem nach ihm benannten Hügel bestattet.

Benjamin Seev Herzl, wie der "Prophet des Staates" in Israel ausschließlich genannt wird, wurde zu einem der wichtigsten Symbole des Staates. Sein Bild wachte über der Unabhängigkeitserklärung durch David Ben-Gurion, der Herzl Berg wurde zu einem der bedeutendsten Orte der Identifikation des jungen Staates und dient auch heute noch als Kulisse bei den Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstages. Und jeder kennt seinen aus der Einleitung von "Altneuland" entstammenden Ausspruch "Im tirzu, ejn so agada", "Wenn ihr wollt ist es kein Märchen".

Quelle: hagalil.com 10-05-07

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