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Chronik: 3. November bis 15. November 2020 | bpb.de

Chronik: 3. November bis 15. November 2020

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03.11.2020 Nach Bekanntwerden, dass Rafał Trzaskowski, Stadtpräsident von Warschau, seinen Stellvertreter, Paweł Rabiej, entlassen hat, schreibt Arkadiusz Mularczyk, Sejm-Abgeordneter von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), auf "Twitter", Trzaskowski habe beschlossen, aus der "Stadtverwaltung eine LGBT-freie Zone" zu machen. Rabiej ist bekennender Homosexueller. Der Grund für seine Entlassung war, dass er ohne Rücksprache Urlaub genommen hat, obwohl er in der zurzeit herrschenden Corona-Epidemie verantwortlich für das städtische Gesundheitsressort ist.
04.11.2020 Regierungssprecher Piotr Müller sagt, dass das Urteil des Verfassungstribunals (Trybunał Konstytucyjny) zum Abtreibungsrecht vom 22. Oktober veröffentlicht werden wird, da das die Verfassung vorsieht. Aktuell seien aber eine Phase des gesellschaftlichen Friedens und der Reflexion mit Ethikern, Juristen und Ärzten sowie eine Parlamentsdebatte über den Gesetzesentwurf von Präsident Andrzej Duda zum Abtreibungsrecht notwendig. Seit der Verkündung des Urteils, das die Abtreibung von Föten mit schweren Schäden für verfassungswidrig erklärt, protestieren in Polen Zehntausende Menschen.
05.11.2020 In einem Radiointerview sagt Nadia Oleszczuk, Mitglied des Konsultationsrates des Netzwerkes "Frauenstreik" (Strajk Kobiet), dass ein Ziel des Konsultationsrates Verhandlungen mit der Regierung über die Forderungen der Protestierenden seien. Seit dem Urteil des Verfassungstribunals (Trybunał Konstytucyjny) zum Abtreibungsrecht vom 22. Oktober, das die Abtreibung von Föten mit schweren Schäden für illegal erklärt, kommt es in Polen zu Massenprotesten. Der Ende Oktober gegründete Konsultationsrat hat sich die Aufgabe gestellt, die Forderungen der Protestierenden zu präzisieren und rechtliche Lösungen vorzuschlagen.
06.11.2020 Nach aktuellen Schätzungen des Ministeriums für Entwicklung, Arbeit und Technologie betrug die Arbeitslosenquote Ende Oktober 6,1 %.
07.11.2020 Präsident Andrzej Duda gratuliert Joe Biden zu einem "erfolgreichen Wahlkampf" bei der US-amerikanischen Präsidentenwahl. Biden wurde von den US-amerikanischen Medien zum Wahlsieger erklärt, nachdem er laut Auszählungen die Mehrheit der Wahlmännerstimmen erhalten hat. Duda sagt, Polen sei entschlossen, das hohe Niveau und die Qualität der strategischen Partnerschaft mit den USA aufrechtzuerhalten.
10.11.2020 Przemysław Czarnek, Minister für Bildung und Wissenschaft, sagt in einem Radiointerview, er stimme den Wissenschaftlern zu, die "Gender" nicht als Wissenschaft betrachten. Es sei aktuell das Wichtigste, an den Hochschulen die Freiheit der Wissenschaft derart zu garantieren, dass diese Wissenschaftler nicht diskriminiert werden. "Gender" sei eine marxistische Ideologie, eine falsche Vision vom Menschen und ein anthropologischer Irrtum.
10.11.2020 Zbigniew Ziobro, Parteivorsitzender von Solidarisches Polen (Solidarna Polska), dem Juniorpartner in der Regierung, und Justizminister, nimmt in einer Erklärung zur vorläufigen Vereinbarung des Europäischen Parlamentes und der von Deutschland ausgeübten EU-Ratspräsidentschaft Stellung. Die Vereinbarung, dass die Auszahlung von EU-Haushaltsmitteln von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeitsprinzipien im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat abhängig gemacht werden soll, sei eine politische, kulturelle und wirtschaftliche Kolonisierung. Sie sei der Versuch, die Souveränität Polens und Ungarns radikal zu beschränken sowie der Länder, die es in Zukunft wagen, Unabhängigkeit gegenüber dem Hauptentscheidungszentrum der EU zu zeigen. Solidarisches Polen unterstütze die Ankündigung des Regierungspartners Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), gegen den EU-Haushalt unter dieser Bedingung ein Veto einzulegen.
11.11.2020 Beim Marsch der Unabhängigkeit in Warschau kommt es zu schweren Ausschreitungen. Ca. 300 Personen werden, zum Teil vorbeugend, festgenommen; 35 Polizisten werden verletzt. Der Marsch der Unabhängigkeit wird alljährlich vom rechtsextremistischen "Verband Marsch der Unabhängigkeit" (Stowarzyszenie Marsz Niepodległości) zum Nationalfeiertag der Unabhängigkeit (11. November 1918) organisiert. Um die Corona-Schutzmaßnahmen einzuhalten, riefen die Organisatoren in diesem Jahr zu einem Autokorso auf, dennoch nahmen zahlreiche Personen zu Fuß teil. Die Polizei informierte darüber, dass diese Form der Teilnahme illegal ist. Stadtpräsident Rafał Trzaskowski hatte den Marsch in der vergangenen Woche aufgrund der herrschenden Corona-Epidemie verboten; Klagen der Organisatoren wurden von den Gerichten abgelehnt.
12.11.2020 Der Ministerrat stellt die Einrichtung der Stelle eines Regierungsbevollmächtigten für Meeres- und Wasserwirtschaft und Investitionen in Aussicht. Zu seinen Aufgaben sollen die Erstellung von wirtschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Analysen und Konzepten zur Unterhaltung der Wasserwege, zum Überschwemmungsrisiko und zu Investitionen im Bereich der Meeres- und Wasserwirtschaft gehören.
13.11.2020 Auf einer Veranstaltung der Klubs der rechtsnationalen Wochenzeitung "Gazeta Polska" spricht sich Präsident Andrzej Duda für einen Gesetzesentwurf zur "Repolonisierung" der Medien aus. Über ein solches Vorhaben werde ohne Konkretisierung seit fünf Jahren in der Regierungskoalition gesprochen. In anderen Ländern gebe es Lösungen zum Schutz des heimischen Medienmarktes. Interessant sei, dass Politiker dieser Länder Polen drohen würden, dass es ähnliche Lösungen nicht einführen dürfe, so Duda.
14.11.2020 Gesundheitsminister Adam Niedzielski teilt mit, dass ein Plan zur Verbesserung des Gesundheitssystems ausgearbeitet worden sei, der Defizite ausgleichen soll, die infolge der Corona-Epidemie sichtbar wurden. Er umfasse die Prophylaxe, den Fachärztemangel und den Ausbau der Onkologie sowie der Kardiologie.
15.11.2020 Der stellvertretende Innenminister Błażej Poboży sagt, die vom Innenministerium öffentlich zugänglich gemachten Filmaufnahmen des Marsches der Unabhängigkeit am 11.11. in Warschau sollen dazu dienen, den tatsächlichen Hergang der Ausschreitungen am Charles de Gaulle-Rondo aufzuklären. Bisher seien in den Sozialen Netzwerken verschiedene Aufnahmen verbreitet worden, die u. a. Tätlichkeiten der Antifa-Bewegung oder Provokationen vonseiten der Polizei haben belegen sollen. Jedoch würden die auf der Webseite des Innenministeriums veröffentlichten Aufnahmen zeigen, dass die Gewalt von Hooligans und Rowdys des Unabhängigkeitsmarsches ausgegangen sei und sich die Polizei richtig verhalten habe.

Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf  http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

Fussnoten