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Analyse: Strukturelle Veränderungen des ukrainischen Außenhandels | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Strukturelle Veränderungen des ukrainischen Außenhandels

Veronika Movchan Kiew) Von Veronika Movchan (Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung (IER)

/ 8 Minuten zu lesen

Einfuhrverbote und Beschränkungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie andere ukrainische Waren haben die Handelsbeziehungen zwischen Russland und der Ukraine zurückgehen lassen. Dagegen zahlt sich die Neuausrichtung des ukrainischen Außenhandels Richtung EU aus.

Der Hafen von Odessa ist der größte Seehafen in der Ukraine. (© picture alliance / Arco Images GmbH)

Zusammenfassung

Der ukrainische Handel hat sich nach der schweren Krise 2014–2015 erholt: Sowohl die Exporte als auch die Importe sind gestiegen. Zudem sind strukturelle Veränderungen der Handelsströme zu beobachten. Das Land hat seinen Handel von Russland auf andere Märkte, insbesondere auf die EU, umgestellt, was zum einen auf die restriktiven Maßnahmen durch Russland als auch auf die Liberalisierung des Handels mit der EU zurückzuführen ist. Die Reformen zum Abbau von Handelsbarrieren tragen bereits erste Früchte, z. B. bei der Ausfuhr von Agrarprodukten.

Krise und Neuausrichtung des Außenhandels nach 2014

Der ukrainische Außenhandel wird 2019 vermutlich 113 Mrd. US-Dollar betragen und damit etwas höher liegen vor Ausbruch der Wirtschaftskrise. Damals geriet der Außenhandel in eine tiefe Krise, für die mehreren Faktoren verantwortlich waren: die Besatzung durch Russland, der Verlust von Vermögenswerten, die Unterbrechung von Produktionsverbindungen, von Russland erlassene Handels- und Transportbeschränkungen, die Währungs- und Bankenkrise sowie die globale Preisentwicklung einiger wichtiger ukrainischer Exportwaren. Die einzige positive Entwicklung waren die schrittweise Einführung des Assoziierungsabkommens und der Freihandelszone mit der EU, die ebenfalls 2014 erfolgten. 2016 setzte eine Erholung ein und seitdem wächst der Außenhandel im Durchschnitt um zehn Prozent jährlich.

Die größten Veränderungen im Außenhandel ergeben sich durch die Liberalisierung des Handels mit der EU (und in geringerem Maße mit anderen Märkten) sowie durch die von Russland erlassenen Handels- und Transportbeschränkungen.

Zur Erinnerung: Das Vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen mit der EU DCFTA beinhaltet auf beiden Seiten die schrittweise Abschaffung fast aller Einfuhrzölle und den Abbau von Handelsbarrieren, u. a. in den Bereichen Industrie- und Lebensmittelsicherheit, Zoll, Umwelt und Arbeitssicherheit. Die Umsetzung des DCFTA begann im Januar 2016; wobei die EU der Ukraine bereits ab April 2014 Handelsvergünstigungen einräumte.

Die Ukraine hat seit 2014 zwei weitere Freihandelsabkommen, mit Kanada und Israel, unterzeichnet. Sie trat dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen bei, das die gegenseitige Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens aller Vertragspartner vorsieht, zu denen unter anderem die EU, die USA und Japan gehören. Und die Ukraine wurde Mitglied der Pan-Euro-Mediterranean Cumulation (PEMC), welche die Entwicklung der Produktionsketten zwischen ihren Mitgliedstaaten fördert. Der PEMC gehören etwa fünfzig Mitgliedstaaten an, darunter die EU, die EFTA-Staaten, die Balkanländer, Georgien, Moldawien, die Türkei und Israel.

Einbruch des Handels mit Russland

Während sich die EU und andere Märkte für ukrainische Waren geöffnet haben, hat Russland den Zugang zu seinem Markt sowie den Transitverkehr eingeschränkt. Seit Januar 2016 ist der zollfreie Handel zwischen Russland und der Ukraine ausgesetzt, da Russland das GUS-Freihandelsabkommen mit der Ukraine beendete. Bemerkenswerterweise nutzt die Ukraine das GUS-Freihandelsabkommen weiterhin für den Handel mit anderen Mitgliedsstaaten, darunter Belarus, das wiederum Teil der von Russland dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion ist. Darüber hinaus schränkte Russland den Import aus der Ukraine für mehrere Warengruppen ein. Zwischen 2013 und 2015 begründete Russland die Importeinschränkungen mit technischen Vereinbarungen wie dem Technical Barriers to Trade (TBT) und dem Sanitary and Phytosanitary-Agreement (SPS) der Welthandelsorganisation WTO. So wurden beispielsweise im Herbst 2013 die Sicherheitszertifikate für ukrainische Schienenverkehrsprodukte annulliert. Als Ursache für den Importstopp landwirtschaftlicher Erzeugnisse wurden Hygienevorschriften genannt. Ab 2016 wurden die Einfuhrverbote verstärkt: Im Januar 2016 nahm Russland die Ukraine in die Liste der sanktionierten Länder für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf. Im Dezember 2018 verbot es die Einfuhr verschiedener maschineller Erzeugnisse und im April 2019 die Einfuhr von Metallwaren. Als Reaktion darauf verbot die Ukraine die Einfuhr bestimmter russischer Waren, etwa von Nahrungsmitteln und Chemikalien.

2019 erweiterte Russland die Beschränkungen für ukrainische Waren und führte weitere Verbote ein sowie eine Quote für den Export von Energieerzeugnissen in die Ukraine. Auch der Transit ukrainischer Produkte über Russland in zentralasiatische Länder ist seit 2016 eingeschränkt, wobei es 2019 kleine Erleichterungen gab.

EU-Handel stark gestiegen

Durch das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen und den Rückgang des Handels mit Russland ist der Anteil der EU an den Gesamtausfuhren seit 2014 stetig gestiegen; 2018 gingen 43 Prozent der ukrainischen Exporte in die EU. Dabei ging das Wachstum des EU-Anteils überwiegend auf Kosten Russlands, während der Absatz auf den übrigen Märkten (insbesondere in Asien), in die rund die Hälfte der ukrainischen Waren exportiert werden, verhältnismäßig stabil geblieben ist. Insgesamt exportiert die Ukraine in fast zweihundert Länder. Ukrainische Exporteure sollen dem Hörensagen nach die Zertifizierung ihrer Waren nach EU-Standards als Verkaufsargument für den Eintritt in andere Märkte nutzen, sodass das DCFTA einen positiven Spillover-Effekt für Handelspartner über die EU hinaus generiert.

Ähnliche Veränderungen der Warenströme gab es auch bei den Importen. 2018 erreichte der Anteil der EU an den Importen in die Ukraine 41 Prozent, was etwa zehn Prozentpunkte über dem früheren Niveau liegt. Zum Teil geht die Steigerung auf die ukrainischen Gasimporte zurück, da das Gas nicht mehr direkt aus Russland bezogen wird, sondern vermehrt per "reverse flow" aus EU-Staaten. Auch die Bedeutung von Importen aus anderen Ländern, wie China, nimmt zu. Dies geschieht ebenfalls vorrangig auf Kosten Russlands, von wo zwischen 2016 und 2018 nur noch 13–15 Prozent der Importe stammten – und damit weniger als die Hälfte im Vergleich zu früher (vor dem Ausbruch des Konflikts).

2018 exportierte die Ukraine Waren im Wert von mehr als 47 Mrd. US-Dollar. Davon entfielen alleine 20 Mrd. US-Dollar auf Exporte in die EU – ein neuer Höchstwert seit der Unabhängigkeit der Ukraine.

Die Importe der Ukraine beliefen sich 2018 auf 57 Mrd. US-Dollar, wovon 23 Mrd. US-Dollar aus der EU stammten und 8 Mrd. US-Dollar aus Russland.

Polen (Exporte) und China (Importe) überholen Russland als wichtigste Handelspartner

Das Jahr 2019 stellt für den ukrainischen Außenhandel einen weiteren Wendepunkt dar: Bis dato war trotz aller Schwierigkeiten Russland stets der größte Handelspartner der Ukraine, sowohl bei den Exporten als auch den Importen. Doch nach offiziellen Angaben des Staatlichen Statistikamts der Ukraine hat Russland in den ersten sieben Monaten dieses Jahres seine führende Position sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen eingebüßt. Polen ist zum größten Absatzmarkt für ukrainische Exporte geworden, während China Russland bei den Importen überholte. Russland bleibt dennoch zweitgrößter Handelspartner der Ukraine.

Diversifizierung der Exportpalette

Neben der geografischen Neuausrichtung lässt sich auch eine Veränderung der Warenstruktur feststellen, insbesondere bei den Exporten. Die Ukraine hat den Export von Agrarprodukten deutlich ausgebaut, während die Ausfuhr von Metallen und Maschinenbauerzeugnissen zurückging. Das hat verschiedene Ursachen: Negative Schocks wie die verlorenen Produktionsanlagen in den besetzten Gebieten und die Schließung des russischen Marktes für einige traditionelle Produkte wie Maschinen und Fahrzeuge ließen die Exporte von Metallen und Maschinen zurückgehen. Gleichzeitig stiegen im Agrar- und Lebensmittelsektor die Produktionskapazität und die Arbeitsproduktivität stark an und die Produzenten hielten sich viel stärker an internationale Lebensmittelstandards, was ihre Exportmöglichkeiten vergrößerte. Die Ausfuhr von tierischen Erzeugnissen in die EU ist dafür ein gutes Beispiel: Seit 2013 hat die Ukraine die Liste der tierischen Produkte, die exportiert werden dürfen, erheblich erweitert und ihren Umfang zwischen 2013 und 2019 fast verdoppelt. Ukrainische Produzenten exportieren z. B. Geflügelfleisch, Milchprodukte, Eier, aber auch exotische Produkte wie Schnecken und Froschschenkel in die EU. Die Zahl der geprüften Betriebe, denen die Ausfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs in die EU erlaubt ist, ist von etwa 150 auf aktuell knapp 400 gestiegen. Diese Entwicklung, in Verbindung mit dem verbesserten Marktzugang durch das DCFTA, ermöglichten es, den Umsatz ukrainischer Exporte von Produkten tierischen Ursprungs in die EU von 55 Mio. US-Dollar im Jahr 2013 auf 380 Mio. US-Dollar im Jahr 2018 zu erhöhen.

Weitere neue Trends in der Warenstruktur der Exporte gibt es insbesondere im Handel mit der EU. Während beispielsweise der Anteil von Maschinenbauerzeugnissen an den Exporten seit 2013 zurückgegangen ist, sind die Exporte von elektronischen Produkten angestiegen, aufgrund eines neuen Automobilzulieferungs-Clusters in der (West-)Ukraine, das den EU-Markt beliefert. Zwischen 2015 und 2018 eröffneten Investoren aus der EU, den USA und Japan mindestens neun neue Fabriken für die Produktion von elektronischen Geräten und schufen mehr als 15.000 neue Arbeitsplätze. So wurden 2018 Zündkabelsätze zum zweitwichtigsten Exportprodukt in die EU (nach Mais) und machten etwa sieben Prozent der Gesamtexporte aus.

Die Ukraine hat die Exporte von verarbeiteten Gütern in die EU aktiv ausgebaut. Der Anteil der verarbeiteten Produkte ist von 32 Prozent im Jahr 2013 auf 41 Prozent im Jahr 2018 gestiegen, während der Anteil von Rohstoffen von 34 Prozent auf 30 Prozent gesunken ist, was den Mythos widerlegt, dass Rohstoffe die einzigen auf dem europäischen Markt wettbewerbs­fähigen Produkte sind. Auch die Zahl der Produkte, die die Ukraine in die EU exportiert, ist gestiegen – von 2.610 im Jahr 2013 auf 2.868 im Jahr 2018. Das entspricht etwa 80 Prozent der gesamten Produktpalette, die die Ukraine weltweit exportiert.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Außenhandel der Ukraine nach dem Schock von 2014–2015 erholt hat und kontinuierlich wächst. Dabei lassen sich wichtige strukturelle Veränderungen beobachten. Die Handelsströme verlagerten sich weg von Russland hin zur EU und zu anderen Ländern. 2018 erreichten die Ausfuhren in die EU sowohl nominal als auch relativ gesehen ihren historischen Höchststand und nehmen seither weiter zu. Russland büßte 2019 seine Position als größtes Handelspartnerland der Ukraine sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen ein, wo es von Polen bzw. China abgelöst wurde. Die Produktpalette der ukrainischen Exporte hat sich stärker auf Nahrungsmittel verlagert, was sowohl auf die positive Entwicklung im Agrarsektor als auch auf negative Schocks im Zusammenhang mit dem Konflikt im Osten des Landes zurückzuführen ist. Neue Exportcluster haben sich entwickelt, so zum Beispiel im Bereich der Automobilzulieferindustrie. Bei den Importen stellt die Diversifizierung der Energieversorgung die wichtigste Veränderung der letzten Zeit dar. Die neue Regierung hat weitere ehrgeizige Reformen angekündigt, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und damit auch den Außenhandel der Ukraine weiter ankurbeln sollen.

Übersetzung aus dem Englischen: Dr. Eduard Klein

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Fussnoten

Veronika Movchan ist Absolventin der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie und leitet das Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung (IER) in Kiew. Ihr Forschungsschwerpunkt ist Handelspolitik, insbesondere mit Blick auf die EU.