Damit wir weiterhin selbstverwaltet leben können, ist die
Teilhabe der Bürger an der Kommunalpolitik unverzichtbar.
Dieses Wissen ist die Grundvoraussetzung für eine starke
politische Position der Gemeinden in der Zukunft.
Auch wenn die Situation in den einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich sein kann, lässt sich feststellen, dass die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland stark unter Druck steht. Sinkende Wahlbeteiligung, finanzielle Engpässe, die nicht aus eigener Kraft bewältigt werden können, Segregation (Entmischung) in "schrumpfenden" und Segregation in "boomenden" Regionen, die Probleme wurden im Heft ausführlich dargestellt.
Kommunen in Deutschland werden gleichsam von "unten" und von "oben" gesteuert: von aktiven Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von Bund und Ländern. Letztere haben Sorge zu tragen, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht zu sehr eingeschnürt wird. Doch in den Verhandlungen der drei ungleichen Partner haben die Kommunen die wenigsten Möglichkeiten. Ablesen lässt sich das regelmäßig daran, wie sich die Schulden der öffentlichen Hand verteilen. Auch wenn die Steuereinnahmen Rekordniveau erreichen, können sich stets zuerst der Bund, dann die Länder entlasten.
Die kommunale Forderung nach mehr Möglichkeiten, Gesetzgebungsprozesse im Bund frühzeitig kommentieren zu dürfen, lässt sich daher nachvollziehen. Mittelfristig wird die Bundesregierung nicht darum herumkommen, die Leistungsfähigkeit der Kommunen wieder zu erhöhen. Dies war bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise der Fall, und dies wird wohl auch der Fall sein, wenn die Anzahl der Nichtschwimmer [Kommunale Aufgaben] weiterhin steigen wird.
Bei der Steuerung von "unten" lassen sich zwei gegenläufige Bewegungen feststellen: Einerseits die bereits skizzierte sinkende Wahlbeteiligung [Politische Mitbestimmung] und
innere Abkehr von Lokalpolitik, andererseits aber ein unerwartetes Engagement bei der Aufnahme von Geflüchteten, welches nun fortbesteht in äußerlich unspektakulären, aber zahlreichen Sprachkursen, Fahrradwerkstätten und anderen Formen der Unterstützung.
Viele positive Beispiele lassen sich finden, wie Bürgerinnen und Bürger sich jenseits der bekannten Möglichkeiten einbringen. Ein Milliardär schenkt Geld, Einwohner geben Kredit (was inzwischen untersagt wurde) oder gründen, wie die Energiewerke Schönau, gewinnbringende kommunale Unternehmen.
Eine grundlegende Bedingung dafür, dass Menschen sich für die kommunalen Belange einsetzen ist zunächst, dass sie sich der Bedeutung der Kommunen für ihre Lebensqualität, aber auch für die öffentliche Ordnung in Deutschland bewusst werden. Es muss daher ein zentrales Anliegen sein, dass insbesondere Heranwachsende noch stärker als bisher an Kommunalpolitik herangeführt werden.
In Kommunen können Bürger ihre Lebensqualität spürbar verbessern, müssen sich dafür aber vor allem für die Angelegenheiten vor der eigenen Haustür engagieren.
Auftaktveranstaltung zur 12. Woche des Bürgerschaftlichen Engagements 2016 in Berlin.
Prof. Dr. Ralf Vandamme, Jg. 1963, Politikwissenschaftler, lehrt seit
2009 an der Hochschule Mannheim mit den Schwerpunkten Kommunalpolitik,
Politische Ordnung, Bürgerschaftliches Engagement
und Partizipation. Zuvor war er für den Städtetag Baden-Württemberg
12 Jahre als Fachberater für Bürgerschaftliches Engagement tätig.
Kontakt: r.vandamme@hs-mannheim.de
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