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Geschlechterdemokratie Editorial Geschlechterverhältnisse im 21. Jahrhundert Gender-Datenreport Neue Lebensformen – alte Verhältnisse? Medien, Öffentlichkeit, Geschlechterverhältnisse Geschlechterverhältnisse im Recht Die Anerkennung der Vielen Literaturhinweise Impressum

Gender-Datenreport

Katrin Menke Ute Klammer Ute Klammer und Katrin Menke

/ 29 Minuten zu lesen

Der Faktencheck zeigt, dass Geschlecht noch immer ein sozialer Platzanweiser ist, selbst wenn damit verbundene Benachteiligungen weniger deutlich geworden sind. Amtliche Datenerhebungen in wesentlichen Lebensbereichen beleuchten den Stand der Entwicklung und verweisen auf Handlungsnotwendigkeiten.

Die Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung übergibt im Januar 2017 ihr Gutachten an die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. (© BMFSFJ / Geschäftsstelle Zweiter Gleichstellungsbericht / Katrin Lange)

Fragen der Gleichstellung von Männern und Frauen sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten komplexer geworden. So erreichen Mädchen und junge Frauen seit Jahren häufiger einen höheren schulischen Bildungsabschluss, und sie haben Jungen und junge Männer auch bezüglich der Noten überholt. Werden die noch höheren Bildungsabschlüsse im Hochschulsystem betrachtet, so kehrt sich das Verhältnis allerdings um: Bei den Promotionen und Habilitationen sind es nach wie vor die Männer, die die Mehrzahl der erfolgreichen Abschlüsse für sich verbuchen können.

Frauen sind nicht nur zunehmend im Erwerbsarbeitsmarkt aktiv, sie nehmen vermehrt auch Spitzenpositionen in der Politik, in den Medien und – wenn auch in geringerem Ausmaß – in der Wirtschaft ein. Im Gegenzug gibt es Anzeichen einer Entlastung der Frauen von unbezahlten Sorgetätigkeiten: Die öffentliche Kinderbetreuung (in Westdeutschland) ist ausgebaut worden, zunehmend übernehmen auch Männer Elternzeit und Pflegetätigkeiten. Zwei von der Bundesregierung in Auftrag gegebene, durch Sachverständigenkommissionen erarbeitete Gleichstellungsberichte für Deutschland, die 2011 bzw. 2017 veröffentlicht wurden, haben die Situation von Frauen und Männern analysiert, Gleichstellungsdefizite aufgezeigt und Empfehlungen für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf dem Weg zu mehr Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit formuliert.

Viele politische Vorgaben und Programme der vergangenen Jahre waren und sind der Gleichstellung von Frau und Mann gewidmet: Dazu gehören die Gleichstellungsgesetze von Bund und Ländern, die Reform der Elternzeit- und Elterngeldregelungen oder die Einführung von Quotenregelungen für die Besetzung von Aufsichtsräten. Auch in den Programmen und Richtlinien der Europäischen Union sowie in der Rechtsprechung durch den Europäischen Gerichtshof sind Frauenförderung bzw. Gleichstellung der Geschlechter seit vielen Jahren ein Thema.

Rechtliche Schritte zu mehr Gleichstellung hat es in den vergangenen Jahren in Deutschland jedoch nicht nur für Menschen gegeben, die den heterosexuellen Normvorstellungen entsprechen. Seit 2001 gibt es die eingetragene Lebenspartnerschaft für homosexuelle Paare, seit dem 1. Oktober 2017 werden Schwulen und Lesben mit der "Ehe für alle" gleiche Rechte wie heterosexuellen Paaren bei einer Eheschließung zugestanden. Im November 2017 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass es intersexuellen Menschen zukünftig möglich sein muss, ihre geschlechtliche Identität "positiv" als drittes Geschlecht im Geburtenregister und im Pass vermerken zu lassen.

Es gibt allerdings auch politische und gesellschaftliche Kräfte, die die Gleichstellung der Geschlechter, Feminismus, sexuelle Selbstbestimmung und Geschlechterforschung nicht nur als unerheblich, sondern als problematisch betrachten. Antifeministen, Maskulinisten, Vertreter der extremen Rechten, der AfD und der Pegida, Männerrechtsgruppen ebenso wie christlich-fundamentalistische oder islamistische Ultrareligiöse wollen die Entwicklungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte rückgängig machen. Politiker und Politikerinnen, aber auch andere Personen, die sich für die Gleichstellung einsetzen, sehen sich teilweise massiven Anfeindungen ausgesetzt; Genderforschenden wird die Wissenschaftlichkeit ihres Tätigkeitsfeldes abgesprochen; rechtspopulistische Parteien, die sich klar von Gleichstellungszielen distanzieren, gewinnen an Zulauf.

Doch der Faktencheck zeigt, dass das Geschlecht auch heute noch ein sozialer Platzanweiser ist und dabei zumeist den Frauen zum Nachteil gereicht – in Deutschland, wie in anderen Ländern. Nach dem Gleichstellungsindex, den das "European Institute for Gender Equality" (EIGE) errechnet hat, ist die Geschlechtergleichstellung (Gender Equality) in den EU-Ländern insgesamt zwischen 2005 und 2019 auf einer Skala von 1 bis 100 lediglich um 5,4 Punkte auf nun 67,4 Punkte gestiegen. Die Gleichstellung in Deutschland wurde auf dieser Skala zwischen 2005 und 2019 um 6,9 Punkte auf nunmehr 66,9 Punkte erhöht. Damit liegt Deutschland noch unter dem EU-28 Durchschnittswert.

Wenn die Zahlen belegen, dass die faktische Gleichstellung der Geschlechter bei weitem nicht erreicht ist, so ist zumindest für Deutschland doch festzustellen, dass Benachteiligungen nach dem Geschlecht weniger eindeutig sind als vor 20 Jahren. Häufig müssen Verschränkungen mit weiteren Kategorien und Zuschreibungen wie sozialer Klasse, Herkunft, Ethnizität, Alter oder Glaube in den Blick genommen werden. Verbesserungen für bestimmte Gruppen von Frauen und Männern können mit zunehmenden Benachteiligungen und Problemen für andere Gruppen von Frauen und Männern einhergehen.

Auf der Basis der amtlichen Statistik können diese "Intersektionalitäten" – so der wissenschaftliche Begriff für Verschränkungen bzw. wechselseitige Abhängigkeiten verschiedener sozialer Kategorien, die Ungleichheit erzeugen (siehe auch Abschnitt Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Kapitel Geschlechterverhältnisse im Recht) – allerdings bisher nur begrenzt abgebildet werden. Wenn im Anschluss schlaglichtartig anhand empirischer Daten nachverfolgt wird, wie sich die Situation in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland gewandelt hat, wo Gleichstellung erreicht ist und wo weiterhin Benachteiligungen zu identifizieren sind, konzentriert sich die Betrachtung daher weiterhin vorwiegend auf die Situation von Frauen und Männern. Die Verschränkungen der Kategorie Geschlecht mit anderen relevanten Strukturkategorien zu erforschen und zu dokumentieren bleibt eine wichtige Zukunftsaufgabe.

Grundlage der folgenden Analysen sind, soweit nicht anders angegeben, die Daten der Amtlichen Statistik, insbesondere des Mikrozensus. Der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, eine laufende, amtliche Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland, wird auf der Basis einer einprozentigen-Haushaltsstichprobe jährlich durchgeführt. Alle Daten, die zusammengestellt wurden, beziehen sich auf Deutschland, sofern nicht anders angegeben.

Eine weitere Vorbemerkung: Da die Datenerhebung mit dem Mikrozensus in den Jahren 2005, 2011 und 2016 zum Teil umgestellt wurde, sind die Zeitreihen nicht direkt vergleichbar. Ab 2005 erfolgte die Umstellung von einer Erhebung mit fester Berichtswoche auf eine kontinuierliche Erhebung mit gleitender Berichtswoche. Ab 2011 wurde die Hochrechnung umgestellt von einer Fortschreibung der Ergebnisse der Volkszählung 1987 sowie der Daten des zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR vom 3. Oktober 1990 auf eine Hochrechnung anhand der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011. Ab 2016 wurden auch die Vorratsstichproben, welche vorher auf Basis der Volkszählung 1987 beziehungsweise des Bevölkerungsregisters, Statistik der DDR, beruht hatten, auf Basis des Zensus 2011 vorgenommen.

Bevölkerungsentwicklung

Die Bevölkerungszahlen in Deutschland sind in den vergangenen 20 Jahren trotz zwischenzeitlicher Schwankungen weitgehend stabil geblieben. Lebten 1997 82,05 Millionen Menschen in Deutschland, waren es 2017 knapp 83 Millionen (genau: 82,986 Mio.). Unter den 40,5 Millionen Jungen und Männern hatten dabei etwa zehn Millionen einen Migrationshintergrund, das bedeutet, sie selbst oder mindestens ein Elternteil wurden mit einer nicht deutschen Staatsangehörigkeit geboren, unter den rund 41,2 Millionen Mädchen und Frauen waren es etwa 9,4 Millionen.

Im Zuge der ab 2015 gestiegenen Fluchtmigration kamen deutlich mehr Männer nach Deutschland – ihr Anteil unter den Schutzsuchenden bei Asylerstanträgen lag auf dem Höhepunkt 2016 bei knapp zwei Dritteln. Fast drei Viertel der Antragstellenden (73,8 %) waren laut Bericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 2017 zu diesem Zeitpunkt jünger als 30 Jahre. Der höhere Anteil der Männer und der jungen Erwachsenen könnte sich in Zukunft tendenziell wieder ausgleichen, wenn es zu einem vermehrten Familiennachzug kommt oder männliche Zuwanderer ohne Bleibeperspektive das Land wieder verlassen.

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf Basis: StBA, 2019. Durchschnittliche Lebenserwartung (Periodensterbetafel). Werte 1993/1995 nach Statistisches Bundesamt: Wirtschaft und Statistik 12/1998, S. 960

Frauen in Deutschland haben seit vielen Jahren Männern eines voraus: Sie können auf ein längeres Leben hoffen. Wie in den meisten anderen Ländern liegt die durchschnittliche Lebenserwartung von Mädchen bei der Geburt mit inzwischen über 83 Jahren deutlich höher als diejenige von Männern, die inzwischen gut 78 Jahre beträgt. Die Differenz zwischen den Geschlechtern ist – bei insgesamt gestiegener Lebenserwartung – in den letzten 20 Jahren etwas geringer geworden. Statistisch steigt das insgesamt zu erwartende Lebensalter im Laufe des Lebens. Frauen können an ihrem 60. Geburtstag heute noch auf durchschnittlich weitere 25 Jahre hoffen, Männer auf 21,3 Jahre.

Für die Entwicklung der Bevölkerung ist neben der Entwicklung der Lebenserwartung und der Zu- und Abwanderung die Frage wichtig, wie viele Kinder geboren werden. Die verzeichneten Werte liegen seit vielen Jahren weit unter dem Niveau, das (ohne Zuwanderung) nötig wäre, um den Bevölkerungsstand zu halten. In Bezug auf die Geburtenrate ist Deutschland damit seit vielen Jahren international eines der "Schlusslichter". Allerdings ist die Geburtenrate in den vergangenen 20 Jahren wieder etwas angestiegen. Wies der statistisch verwendete Indikator, die sogenannte zusammengefasste Geburtenziffer, 1995 noch 1,25 Kinder pro Frau aus, waren es 2017 wieder 1,57, wobei im Berichtszeitraum vor allem die Entwicklung in den neuen Bundesländern bemerkenswert war. Dort brachen die Geburtenzahlen nach der Wiedervereinigung ein, inzwischen liegt die zusammengefasste Geburtenziffer aber wieder höher als im früheren Bundesgebiet.

Dabei werden seit vielen Jahren mehr Jungen als Mädchen geboren: 2017 waren es laut der Geburtenstatistik des Statistischen Bundesamtes 402.510 Jungen gegenüber 382.374 Mädchen. Ab 2016 enthält die Gesamtzahl der Lebendgeborenen auch die Fälle unbestimmten Geschlechts, 2017 war dies bei 17 lebendgeborenen Kindern der Fall. Erst mit zunehmendem Alter kehrt sich aufgrund der unterschiedlichen Lebenserwartung von Männern und Frauen das Geschlechterverhältnis in der Bevölkerung um.

Kennzeichnend für Deutschland bleibt trotz der zuletzt gestiegenen Geburtenrate ein relativ hoher Anteil kinderloser Frauen. Nach Daten des Mikrozensus hat die endgültige Kinderlosenquote (bei Frauen, die das Lebensalter 50 erreicht haben) in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich zugenommen und sich von elf auf 21 Prozent fast verdoppelt. Deutschland gehört in Europa zu den Ländern mit der höchsten Kinderlosigkeit. Diese Verteilung der Kinder – viele kinderlose Frauen/Männer/Paare einerseits, Frauen/Männer/Familien mit mehreren Kindern andererseits – trägt mit zu unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituationen innerhalb der Gruppe von Frauen bzw. zu unterschiedlichen Haushalts- und Familientypen bei. Diese unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituationen sind ein Faktor, der zu sozialer Ungleichheit führt.

Lebensformen

Der Begriff der Lebensformen umschreibt unterschiedliche Formen des Zusammenlebens, wie und mit wem Menschen unter- bzw. miteinander leben. Er gibt beispielsweise Auskunft darüber, in welcher Größe und Rechtsform Personen in einem Haushalt leben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich die Lebensformen verändert. So leben Menschen tendenziell mit weniger Personen gemeinsam im gleichen Haushalt.

Der Anteil der Einpersonenhaushalte ist gegenüber dem Anteil der Mehrpersonenhaushalte in den vergangenen 20 Jahren gestiegen: Lag er 1996 noch bei 35 Prozent, stieg er bis zum Jahr 2016 auf 41 Prozent. Mehr als vier von zehn Haushalten sind heute Single-Haushalte, darunter viele Haushalte älterer verwitweter bzw. alleinstehender Frauen. Insgesamt ist allerdings in den letzten zwei Jahrzehnten die Zahl alleinstehender Männer deutlich stärker angestiegen (von ca. 5,6 Mio. auf ca. 9 Mio.) als diejenige alleinstehender Frauen (von ca. 8,6 Mio. auf ca. 9,6 Mio.). Auch innerhalb der Mehrpersonenhaushalte lässt sich eine Wende hin zu kleineren Haushalten ausmachen. Der gestiegene Anteil von Kleinhaushalten geht mit einem gestiegenen Finanzbedarf pro Person einher, da in Einpersonenhaushalten nicht die Einspareffekte des gemeinsamen Wirtschaftens genutzt werden können.

Eine Pluralisierung von Lebensformen zeigt sich in den vielfältiger gewordenen Familien- und Partnerschaftsformen (siehe auch Kapitel Neue Lebensformen - alte Verhältnisse?). Das bürgerliche Familienideal der 1950er- und 1960er-Jahre – welches eine heterosexuelle Ehegemeinschaft von Mann und Frau unterstellte, in der die Eltern mit ihren biologischen Kindern in einem Haushalt leben und der Mann für die Erwirtschaftung des Erwerbseinkommens und die Frau für Kind(er) und Haushalt sorgt – stellt für einen Großteil der Bevölkerung keine Lebensrealität mehr dar. Hatten 1997 beispielsweise 53 Prozent aller Ehepaare Kinder, waren es 2017 nur noch 45 Prozent. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bereits 1997 47 Prozent aller verheirateten Paare kinderlos blieben, 20 Jahre später waren es 55 Prozent. Bei diesen Angaben handelt es sich um Ehepaare nach Vorhandensein von ledigen Kindern unabhängig von Alter der Kinder bzw. deren Vorkommen im Haushalt. Die Zahlen sagen nichts über gewollte bzw. ungewollte Kinderlosigkeit aus.

Betrachtet man ausschließlich Familien mit ledigen Kindern, zeigt sich, dass Eltern Kinder nach wie vor mehrheitlich als Paargemeinschaft großziehen, wenngleich sich der Anteil der Alleinerziehenden in Deutschland von 17,1 im Jahr 1997 auf 22,6 Prozent im Jahr 2017 erhöht hat. Unter ihnen überwiegen Mütter – dies hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht grundsätzlich verändert. Sie stellten 2017 wie 1997 84 Prozent aller alleinerziehenden Elternteile. Somit war noch nicht mal jedes sechste alleinerziehende Elternteil männlich. Nimmt man Alleinerziehende hinzu, deren Kinder bereits erwachsen sind, so liegt die absolute Zahl der alleinerziehenden Mütter inzwischen nach den Daten der amtlichen Statistik bei rund 2,2 Millionen, die Zahl der alleinerziehenden Väter beträgt demgegenüber nur 416.000.

Lebensformen von Familien mit ledigen Kindern (in %). (© Quelle: StBA, Mikrozensus, Haushalte und Familien 2017, Fs 1, R 3, S. 112)

Unter den Familien mit minderjährigen Kindern sind ungeachtet der Pluralisierung der Familien- und Lebensformen die meisten Eltern verheiratet. Im Jahr 2017 waren ungefähr zwei Drittel (fast 70 %) der Eltern durch einen Trauschein miteinander verbunden (1997: 81 %). Demgegenüber lebten 11,4 Prozent der Eltern als Lebensgemeinschaft ohne Trauschein zusammen. Dieses Lebensmodell der Eltern hat seit 1997 (5 %) allerdings stark zugenommen. Zu der steigenden Zahl der Paare ohne Trauschein passt, dass die Zahl der Eheschließungen im Zeitraum 1997 bis 2007 von 422.776 auf 407.466 zurückgegangen ist, wobei hier allgemeine Veränderungen der Bevölkerungsstruktur zu berücksichtigen sind. Die Anzahl der Scheidungen ist im gleichen Zeitraum jedoch ebenfalls rückläufig: 1997 wurden 187.802 Ehen geschieden, 2017 waren es noch 153.501.

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: StBA, Mikrozensus 1998 sowie Datenreport 2018, S. 52. Vgl. auch: Externer Link: www.destatis.de/DE/Service/Statistik-Campus/Datenreport/Downloads/datenreport-2018.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Es gibt also einen anhaltenden Wandel sowie eine zunehmende Ausdifferenzierung von Lebensformen in Deutschland. Allerdings war auch schon 1997 die deutsche Bevölkerung "bunter" als gemeinhin angenommen wird. So prägten auch vor 20 Jahren kinderlose Ehepaare, Alleinerziehende und Familien ohne Trauschein das Bevölkerungsbild. Als wirklich neue Lebens- bzw. Familienform können dagegen gleichgeschlechtliche Paare bzw. sogenannte Regenbogen-Familien, bestehend aus gleichgeschlechtlichen Elternteilen, gelten. Den Hintergrund dafür stellen jüngere gesellschaftspolitische Entwicklungen dar, die mit einer Abschaffung von Gesetzen einhergingen, die diese Paare bzw. Eltern diskriminierten. Seit 2001 können sich homosexuelle Paargemeinschaften beispielsweise als Lebenspartnerschaft eintragen lassen; bis 2016 war die Zahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften auf 44.000 gestiegen. Im Jahr 2017 wurde schließlich das Recht zur Eheschließung für Personen des gleichen Geschlechts geschaffen, welches ihnen auch das Recht zur Adoption von Kindern ermöglicht. Der Anteil gleichgeschlechtlicher Paare an allen Lebensgemeinschaften stieg innerhalb der vergangenen 20 Jahre von 0,2 Prozent 1997 auf 0,6 Prozent 2017. Da die Einstufung der Befragten bis 2017 freiwillig erfolgte, sind die Angaben als untere Grenze interpretierbar.

Bildung und Ausbildung

Von der allgemeinen Bildungsexpansion in Deutschland konnten Mädchen und Frauen in den vergangenen zwei Jahrzehnten überproportional profitieren: Über die Hälfte von ihnen (rund 57 %) absolviert heute das Abitur oder die Fachhochschulreife und ist damit zum Studium berechtigt. Damit liegt der Anteil rund drei Prozentpunkte höher als bei den gleichaltrigen Jungen und Männern (rund 50 %). Die höheren Bildungserfolge von Frauen zeigen sich jedoch nicht nur am oberen Ende der Bildungsabschlüsse, sondern auch am unteren Ende: Frauen verlassen seit Jahren weniger häufig die Schule ohne Abschluss als Männer, sodass inzwischen die (mögliche) Bildungsbenachteiligung von Jungen und jungen Männern zum Thema geworden ist.

Höchster Schulabschluss der 20- bis 29-jährigen Frauen und Männer (in %) (© Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: StBA, Mikrozensus; verschiedene Jahrgänge.)

Unter der heutigen Wohnbevölkerung ist der Anteil der Männer mit einem Hochschulabschluss noch deutlich höher als der von Frauen (19,7 % gegenüber 16,3 %). Demgegenüber ist der Anteil von Frauen, die gar keinen beruflichen Abschluss haben, höher als der der Männer. Deutliche Unterschiede zeigen sich bei niedrigen Bildungsabschlüssen allerdings, wenn nach Migrationshintergrund differenziert wird: Frauen mit Migrationshintergrund haben im Vergleich zu ihren Geschlechtsgenossinnen ohne Migrationshintergrund etwa doppelt so häufig überhaupt keinen beruflichen Abschluss, Männer mit Migrationshintergrund sogar fast dreimal so häufig wie Männer ohne Migrationshintergrund. Dies betrifft fast die Hälfte aller in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, unabhängig vom Geschlecht. Im oberen Bildungsbereich fallen demgegenüber die Unterschiede geringer aus.

Höchster beruflicher Abschluss von Frauen und Männern nach Migrationshintergrund (2017, in %) (© Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: StBA, Mikrozensus 2017, Bildungsstand der Bevölkerung, S. 28, 30.)

Allerdings wird die bloße Unterscheidung nach Personen mit und ohne Migrationshintergrund – wie sie die amtliche Statistik vorgibt – einer intersektionalen Analyse nicht unbedingt gerecht. Eine Sonderauswertung des Mikrozensus in einem Forschungsprojekt der Soziologin Ilse Lenz zeigt entsprechende Daten für die Teilhabe an Bildung und Berufsgruppen nach Geschlecht, Migrationsstatus und Herkunftsregion von 1996 bis 2011. Die Ergebnisse sind unerwartet: Anstelle des zuvor diagnostizierten weitgehenden Ausschlusses von Teilhabe in Bezug auf Bildung und Beruf zeigt sich nun eine Differenzierung. So sind in allen Einwanderergruppen aus Ost- und Südeuropa unter Einschluss der Türkei klare Aufstiege festzustellen. Unter deutschtürkischen Männern etwa ist der Anteil derer, die im Management beschäftigt sind, ebenso hoch wie unter deutschen Männern. Innerhalb der Gruppe der aus Südeuropa Zugewanderten gibt es allerdings neben diesen Aufsteigern etwa ein Drittel bis 50 Prozent mit fortbestehendem Ausschluss oder Abstieg/Abweichung (Segmentation) nach unten, sodass deutliche Polarisierungen innerhalb der Gruppen auftreten. Dramatisch ist diese Abtrennung nach unten bei polnischen, türkischen und russischen Einwanderinnen mit ausländischem Pass, von denen etwa ein Drittel in Einfacharbeit und damit in ungelernter, niedrig entlohnter und oft irregulärer Beschäftigung bleibt.

Die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Bildungsabschlüsse wird sich weiter ändern, da unter denjenigen, die ein Studium beginnen, wie inzwischen auch unter denjenigen, die ein Studium absolvieren, der Anteil der Frauen seit Jahren den Anteil der Männer übersteigt. Wenig geändert hat sich allerdings die geschlechtsspezifische Wahl von Studiengängen und Ausbildungsberufen. Trotz vieler Bemühungen, junge Frauen für Berufe in Naturwissenschaft und Technik sowie Männer für soziale Berufe zu begeistern, hält sich in Deutschland die Trennung der Geschlechter bei der Wahl von Studium und Ausbildung hartnäckig, und sie ist bei Frauen sogar noch ausgeprägter als bei Männern.

Dies zeigt ein Blick auf die beliebtesten Ausbildungsberufe, die sich seit der Jahrhundertwende abgesehen von den modernisierten Berufsbezeichnungen wenig geändert haben: Entfiel nach den Daten des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2002 bei den jungen Frauen fast ein Drittel aller Ausbildungsverträge (32,6 %) auf die fünf "Favoriten" Bürokauffrau, Arzthelferin, Kauffrau im Einzelhandel, Friseurin und Zahnmedizinische Fachangestellte, waren es 2016 sogar 37,7 Prozent, die sich für die Berufe Kauffrau für Büromanagement, Kauffrau im Einzelhandel, Medizinische Fachangestellte, Verkäuferin und Zahnmedizinische Fachangestellte entschieden. Nur die "Friseurin" war auf Platz 7 abgerutscht. Mehr als jeder fünfte junge Mann (21,6 %) entschied sich 2002 für einen der fünf Berufe KFZ-Mechaniker, Maler/Lackierer, Kaufmann im Einzelhandel, Elektroinstallateur oder Koch. In der Hitliste von 2016 finden sich hier der Kraftfahrzeugmechatroniker, der Kaufmann im Einzelhandel, der Elektroniker, der Industriemechaniker und der Fachinformatiker (insgesamt 22,1 %), während der "Koch" auf Platz 13 an Popularität verloren hat.

Sorgearbeit

Sorgearbeit umschreibt gesellschaftlich notwendige Arbeit wie das Aufziehen und Betreuen von Kindern oder das Gesunderhalten bzw. Pflegen und Betreuen von älteren oder kranken Personen, etwa Familienangehörigen. Sorgearbeit bleibt in unserer Gesellschaft häufig un- oder unterbezahlt und erfährt oft wenig Anerkennung. Hinzu kommt, dass sie nach wie vor überwiegend von Frauen verrichtet wird, während Männer häufiger in bezahlter Erwerbsarbeit tätig sind.

Der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung von 2017 weist den Unterschied der durchschnittlichen täglichen Zeitverwendung von Männern und Frauen für unbezahlte Sorgearbeit als sogenannten Gender Care Gap aus. Dieser wurde auf Grundlage der dritten Zeitverwendungserhebung 2012/2013 berechnet. Unter Care-Arbeit werden dabei die folgenden Arbeiten gefasst: Tätigkeiten der Haushaltsführung (einschließlich Reparaturarbeiten, Gartenpflege, Sorge für Tiere), Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen sowie ehrenamtliches Engagement und informelle Hilfen für andere Haushalte (inkl. Wegzeiten). Je höher der Gender Care Gap ausfällt, desto höher ist die durchschnittliche tägliche Zeitverwendung für Care-Arbeit der Frauen im Vergleich zu derjenigen der Männer. Bei einem aktuellen Gender Care Gap von 52,4 Prozent üben Frauen demnach ungefähr gut 50 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit aus als Männer, das heißt das Anderthalbfache. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das täglich im Durchschnitt 87 Minuten mehr, die Frauen beispielsweise für den Haushalt oder die Versorgung eines Menschen aufbringen.

QuellentextStrittige Themen auszuhandeln lohnt sich

"Du hättest mich einfach fragen sollen." Der Satz steht in einem sehr erfolgreichen Comic aus […] [2018]. "Mental Load" heißt das Buch, in dem eine Mutter ihren Alltag illustriert und damit offenbar einen Nerv getroffen hat. Es ist ein Satz, der vermutlich in sehr vielen klassisch heterosexuellen Beziehungen schon gefallen ist, von Mann zu Frau, und der viel aussagt über moderne Familien und ihren Alltag in der deutschen Gesellschaft und ja, auch Wirtschaft.

Eine oft lässig hingeworfene Bemerkung, die manche Männer gern nutzen, wenn ihre Partnerinnen wieder Tage hinter sich haben, an denen sie zwischen Büro und Hort noch den Einkauf erledigt haben, nach dem Abendessen mit Laptop am Wohnzimmertisch saßen und auf dem Weg ins Bett die Wäsche aufgehängt haben, um zu klagen, dass sie nicht mehr können. "Hättest Du gefragt", heißt es dann, "ich hätte Dir geholfen". Frauen lachen sarkastisch über solche Aussagen und natürlich macht es sich zu einfach, wer sagt "frag’ halt". In einer idealen Welt müsste man das nicht, in einer idealen Welt gäbe es keine Vereinbarkeitskonflikte. Aber die Welt ist nicht ideal. Und deshalb hätte man nicht fragen sollen. Sondern streiten.

In den vergangenen Jahrzehnten ist viel über Vereinbarkeit debattiert worden, und es wurde einiges getan, damit Menschen Karriere und Kinder unter einen Hut bringen können. […]

Das alles aber reicht nicht. […] Was zum einen daran liegt, dass die Ziele lobenswert sind, aber selten vollständig erreicht werden. Zum anderen liegt es daran, dass nicht alle familiären Probleme durch äußere Strukturen lösbar sind. Politik und Wirtschaft können den Rahmen setzen, innerhalb dessen jede Familie die tägliche Balance zwischen Kita-Schließzeiten, Abendmeetings und Projektabgaben sucht. Aber solange es nicht staatlich verordnete Hauswirtschafterinnen oder Seniorenbetreuerinnen für alle gibt, müssen Nudeln gekocht (und vom Boden aufgesammelt), Schuhe geputzt und Arzttermine eingehalten werden. Man könnte auch sagen: Jeder Tag hat nur 24 Stunden. In den passen Arbeit, Familie, Haushalt und Freizeit gelegentlich nicht hinein oder nur mit viel Abstimmung und Optimierung.

Problematisch ist das, weil die daraus entstehenden Vereinbarkeitsprobleme oft Frauen zugeordnet werden. […] Studien zeigen, dass Männer in Teilzeit nicht mehr Haushaltsarbeit erledigen. Befördert wird der große Abstand dadurch, dass Frauen in der Regel den besseren Überblick über alles haben, was im Haus zu tun ist – sie managen die Familie. Für diese Aufgabe hat sich der erwähnte Begriff "mental load" etabliert.

Natürlich gibt es für diesen Missstand Ursachen, die weit über den fehlenden strukturellen Rahmen und problematische Instrumente wie das Ehegattensplitting hinausreichen. Frauen und Männer lernen von klein auf, bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Diese Tendenz verstetigt sich im Verlauf des Lebens, weil jeder das, was er oft macht, gut kann. Eines der Ergebnisse davon ist, dass Frauen immer noch weniger ökonomischen Verhandlungsspielraum haben – wer mehr Geld in den Haushalt bringt, hat das Sagen. Und auch Abgeben will gelernt sein […]. […]

Dennoch sind die Menschen zumindest in dem, was sie theoretisch für erstrebenswert halten, weiter als in der Praxis […] Die Frage ist: Wie lassen sich Theorie und Praxis annähern? […]

Es sollte zu einer auf Dauer angelegten Partnerschaft gehören, sich nicht nur damit zu befassen, ob man Kinder will und wo die aufwachsen sollen, und für alles Übrige auf die Liebe zu vertrauen, sondern auch andere Fragen abzustimmen. Wann willst Du wo sein im Beruf? Wie oft wollen wir unser Kind selbst betreuen? Was machen wir, wenn der Opa dement wird? Wie gehen wir damit um, dass in solchen Fällen einer weniger verdient? Das ist kein einmaliger Akt – sondern ein Prozess. […]

Strittige Fragen auszuhandeln, lohnt sich. Ob die Lösung letztlich eine 20:80- oder 50:50-Teilung der Aufgaben ist, muss jedem Paar überlassen sein. Doch von einer bewussten Auseinandersetzung profitieren alle: Kinder, Eltern, Arbeitgeber, die Gesellschaft. Studien zeigen, dass Männer, die weniger engagiert in der Hausarbeit und bei der Kinderbetreuung sind, diesen Zustand als wenig befriedigend empfinden. Gleichzeitig hilft es, die Arbeit in jeder Phase des Lebens so aufzuteilen, dass beide zufrieden sind. […]

Lea Hampel, "Küche, Kampf, Karriere", in: Süddeutsche Zeitung vom 20. Juli 2019

Auf Grundlage von Zeitbudgeterhebungen des Statistischen Bundesamtes aus den Jahren 1991/1992, 2001/2002 sowie 2012/2013 lassen sich Kontinuitäten, aber auch Veränderungen in der Zeitverwendung von Frauen und Männern für bezahlte und unbezahlte Arbeit nachzeichnen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass aufgrund methodischer Abweichungen der ersten Zeitbudgeterhebung zu den zwei Folgeerhebungen die Vergleichbarkeit der Daten eingeschränkt ist. Vor einem Vierteljahrhundert zeigten sich noch deutliche Unterschiede bei der täglichen Zeitverwendung für bezahlte und unbezahlte Arbeit von Frauen und Männern (gemeint sind alle Personen des jeweiligen Geschlechts ab dem Alter von zehn Jahren). So verwendeten Männer täglich durchschnittlich knapp viereinhalb Stunden (4:25 Std.) auf die Erwerbsarbeit, bei Frauen waren es mit 2:11 Stunden noch nicht einmal halb so viel. Deren Alltag war mit täglich 4:45 Stunden überwiegend geprägt von der Übernahme unbezahlter Arbeit – darunter die Haushaltsführung sowie die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen. Die Männer kostete die Erledigung dieser notwendigen Arbeiten in den Jahren 1991/1992 gerade einmal 2:02 Stunden am Tag. Auch wenn die Durchschnittswerte nichts über die Verteilung innerhalb eines Geschlechts aussagen, wird daran doch deutlich, dass Frauen damals in der Addition mehr bezahlte und unbezahlte Arbeit leisteten (6:56 Stunden) als Männer (6:27 Stunden).

Dies ist grundsätzlich auch heute noch der Fall, wie die jüngeren Zeitverwendungsstudien belegen. Insgesamt zeigt sich jedoch ein weiterer Trend: Im Vergleich zu 1991/1992 verbringen sowohl Frauen als auch Männer im Alltag inzwischen mehr Zeit mit Erwerbsarbeit und weniger Zeit mit unbezahlter Arbeit. Die wöchentlichen Stunden für Erwerbsarbeit stiegen für Frauen von 2001/2002 bis 2012/2013 um gut drei Stunden, bei den Männern – von einem bereits hohen Wert kommend – um rund eine halbe Stunde. Demgegenüber fiel der Anteil der unbezahlten Arbeit in diesem Zeitraum von 32:56 Stunden pro Woche auf 29:29 Stunden bei den Frauen bzw. von 20:41 Stunden auf 19:21 Stunden bei den Männern.

Erwerbsarbeit und unbezahlte Arbeit von Personen ab 18 Jahren (in Stunden pro Woche). (© Quelle: StBA, Zeitverwendungserhebungen 2001/2002 und 2012/2013.)

Der Alltag von Frauen und Männern gleicht sich in dieser Hinsicht insofern langsam an, auch wenn Frauen noch immer den weitaus größeren Teil der unbezahlten Arbeit übernehmen. Im Zeitvergleich zu 2001/2002 haben sich die Zeitanteile der Frauen für unbezahlte Tätigkeiten allerdings deutlicher verringert, als sie sich bei Männern erhöht haben. Dies lässt vermuten, dass zum einen weniger Zeit insgesamt etwa für Kochen oder Einkaufen verwendet wird und zum anderen Arbeiten wie die Reinigung der Wohnung zunehmend aus dem Haushalt ausgelagert werden, etwa indem dafür eine Reinigungskraft angestellt wird.

Die Ungleichverteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern spiegelt sich auch in der geschlechtsspezifischen Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten durch Mütter bzw. Väter wider. Seit dem Jahr 2007 können Mütter und Väter für 12 (bzw. 14 Monate) für jedes Kind ein individuelles einkommensabhängiges Elterngeld beziehen. Wenn sich beide Elternteile an der Elterngeldphase mit mindestens zwei Monaten beteiligen, erhalten sie zwei zusätzliche Monate. Seit dem Jahr 2015 wurden mit dem "Elterngeld Plus" zusätzliche Optionen auf Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges gewährt.

Noch immer übernehmen Frauen den Großteil der Versorgung des Kindes im ersten Lebensjahr und steigen dafür beruflich aus bzw. treten kürzer. Im Jahr 2018 nahmen knapp 90 Prozent der Frauen zehn bis zwölf Elterngeldmonate in Anspruch, 2009 waren es noch 92,7 Prozent gewesen. Männer beteiligen sich zwar ebenfalls an der Elternzeit, übernehmen aber mehrheitlich "nur" ein bis zwei Monate. Der Anteil der Väter, die drei bis neun Monate Elternzeit in Anspruch nehmen, ist jedoch seit 2014 kontinuierlich angestiegen und lag 2018 bei 17,8 Prozent. Die dargestellten Zahlen für 2016 und 2018 berücksichtigen zudem nicht die Elternteile, die von der neuen Regelung nach Elterngeld Plus Gebrauch machen. Im Jahr 2018 waren dies laut Elterngeldstatistik immerhin 12,6 Prozent aller Väter und 30 Prozent der Mütter. Ein Hinweis auf eine besonders gleichberechtigte Aufteilung der Elterngeld Plus-Monate zwischen den Elternteilen zeigt der Anteil der Partnerschaftsbonus-Monate unter allen, die Elterngeld Plus bezogen. Dieser lag für die Männer bei 27,4 bzw. für die Frauen bei 4,2 Prozent.

Elternzeiten mit Elterngeldbezug von Müttern und Vätern (in %, nach Geburtsjahr des Kindes). (© Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: StBA, Reihe öffentliche Sozialleistungen, Statistik zum Elterngeld, Leistungsbezüge; diverse Jahrgänge.)

Zur Betrachtung von Sorgearbeit gehört nicht nur ihre Verteilung zwischen den Geschlechtern bzw. Elternteilen. Eine Rolle spielt auch, inwiefern der Staat Elternteile bei der Betreuung von (Klein-)Kindern unterstützt bzw. entlastet, indem er öffentliche Kinderbetreuungsplätze bereitstellt. Lange Zeit lag vor allem die Quote der öffentlich betreuten Unter-Dreijährigen (U3) in Deutschland vergleichsweise niedrig. Dabei gab es allerdings große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland, da die außerhäusliche U3-Betreuung in der DDR eine Selbstverständlichkeit gewesen war.

Nachdem die gesetzlichen Grundlagen für den Ausbau eines bedarfsgerechten Betreuungsangebots durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) von 2005 und das Kinderförderungsgesetz (KiföG) von 2008 gelegt worden waren und Bund, Länder sowie Kommunen 2007 vereinbart hatten, bis 2013 bundesweit für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsangebot zu schaffen, stieg die U3-Betreuungsquote bis 2017 auf 33 Prozent an. Immer noch stehen in den westdeutschen Ländern jedoch prozentual weniger Betreuungsplätze für Kleinkinder zur Verfügung als in Ostdeutschland (28,8 % gegenüber 51,3 %). Von den Drei- bis Sechs-Jährigen besuchen dagegen mehr als neun von zehn Kindern (alte Bundesländer: 93 %, neue Bundesländer: 95 %) eine öffentliche Kinderbetreuungseinrichtung.

Quote der betreuten Kinder in Kitas und Tagespflegeeinrichtungen nach Altersgruppen und Gebiet (in %). (© Quelle: Eigene Zusammenstellung aus StBA, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, 2018, S. 117.)

Alles in allem lässt sich festhalten, dass sich der Alltag von Männern und Frauen in Deutschland zwar noch immer unterscheidet, innerhalb der vergangenen 20 Jahre jedoch eine gewisse Angleichung stattgefunden hat. Da sich gesellschaftliche Entwicklungen auch in Form von Veränderungen im Alltag der Menschen abbilden, ist dies ein Zeichen für eine (wenn auch langsam) voranschreitende Gleichstellung von Männern und Frauen im täglichen Leben. Von einer Gleichverteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen ist Deutschland allerdings noch weit entfernt. Nicht zuletzt, weil etwa die bezahlte Auslagerung von Betreuungsleistungen und von haushaltsnahen Dienstleistungen wie Waschen oder Putzen häufig mit prekären Beschäftigungsverhältnissen oder sogar illegalen Ausbeutungsverhältnissen von Frauen mit Migrationshintergrund einhergehen und somit aus intersektionaler Perspektive zu neuen sozialen Ungleichheiten führen.

Erwerbsarbeit

Gemessen an der Entwicklung der Erwerbstätigenquoten haben Frauen in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich aufgeholt: Waren 1997 nur gut 55 Prozent der Frauen im Erwerbsalter auf dem Arbeitsmarkt aktiv, so stieg ihr Anteil bis 2017 kontinuierlich auf gut 72 Prozent. Der Unterschied zwischen den Erwerbstätigenquoten von Männern und Frauen liegt damit inzwischen nur noch bei 7,4 Prozent – gegenüber knapp 21 Prozent im Jahr 1992. Die Differenzen zwischen den Geschlechtern variieren jedoch im Zeitverlauf insbesondere unter Berücksichtigung von Ost- und Westdeutschland: Die Erwerbstätigenquote der Frauen in den neuen Bundesländern, die zu DDR-Zeiten höher gelegen hatte, als die der Frauen in den westdeutschen Bundesländern, fiel nach der Wiedervereinigung zunächst ab: von 58 Prozent im Jahr 1992 auf 56,5 Prozent fünf Jahre später. Die Erwerbstätigenquote der westdeutschen Frauen stieg demgegenüber kontinuierlich an. Seit dem Jahr 2007 weisen Frauen in Ostdeutschland jedoch wieder eine höhere Erwerbstätigenquote auf als ihre westdeutschen Geschlechtsgenossinnen. Für Männer zeigt sich eine umgekehrte Entwicklung: Ostdeutsche Männer waren kurz nach der Wende seltener erwerbstätig als westdeutsche Männer, die Quote lag im Jahr 1992 bei knapp 72 gegenüber 78,3 Prozent. Auch die Männer in Ostdeutschland weisen zunächst einen Rückgang der Erwerbstätigenquote im weiteren Zeitverlauf auf. Erst in den Jahren 2007 bis 2012 zeigt sich ein Anstieg – die Quote liegt jedoch bis heute hinter der der westdeutschen Männer.

Von Arbeitslosigkeit waren Frauen lange, relativ gesehen, häufiger betroffen als Männer, dies hat sich jedoch in den vergangenen Jahren angeglichen. Eine Betrachtung der Arbeitslosenquote nach Ost- und Westdeutschland zeigt, dass nach der Wende insbesondere ostdeutsche Frauen arbeitslos waren (1992: knapp 21 %). Bis heute sind Männer wie Frauen in Ostdeutschland deutlich häufiger arbeitslos als in Westdeutschland. Es zeigt sich: Die Geschlechterunterschiede scheinen hier weniger relevant als die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland, auch bald 30 Jahre nach der Wiedervereinigung.

Erwerbstätigenquoten und Arbeitslosenquoten von Frauen und Männern nach Gebiet (in %). (© Quellen: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: Erwerbstätigenquoten: StBA, Mikrozensus, diverse Jahrgänge. Arbeitslosenquoten: Bundesagentur für Arbeit: Arbeitslosigkeit im Zeitverlauf.)

Die gestiegene Frauenerwerbstätigkeit ging allerdings mit einem deutlichen Anstieg weiblicher Teilzeitbeschäftigung einher. Waren 1997 noch 35 Prozent der erwerbstätigen Frauen im Umfang von maximal 32 Wochenstunden beschäftigt, erhöhte sich ihr Anteil seitdem schrittweise und lag 2017 schon bei knapp 48 Prozent. Die hohe Bedeutung von Teilzeitarbeit für Frauen, dies zeigt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten nach Ost- und Westdeutschland, lässt sich vor allem durch die gewachsene Bedeutung der – freiwilligen oder unfreiwilligen – Teilzeitarbeit von Frauen in Ostdeutschland erklären. Der Wert erhöhte sich dort von 28 Prozent im Jahr 2002 auf knapp über 40 Prozent im Jahr 2017, während er für westdeutsche Frauen im gleichen Zeitraum auf hohem Niveau gleichblieb. Auch bei den Männern lässt sich, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, in den vergangenen Jahrzehnten eine Zunahme der Teilzeitarbeit feststellen. Auch hier erhöhte sich der Anteil der teilzeitarbeitenden Männer in Ostdeutschland, während er in Westdeutschland – nach zwischenzeitlichem Rückgang – beinahe unverändert blieb. Insgesamt muss erwähnt werden, dass mit der vom Statistischen Bundesamt verwendeten Abgrenzung die Teilzeitarbeit noch unterschätzt wird, denn für vollzeitnahe Teilzeit sind Arbeitszeiten im Stundenbereich von 32 bis unter 40 Stunden durchaus üblich.

Anteil der Teilzeitbeschäftigten (mit max. 32 Wochenstunden) an allen abhängig beschäftigten Frauen und Männern nach Gebiet (in %). (© Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: StBA, Mikrozensus, Fs 1, R. 4.1.1.; diverse Jahrgänge)

Insbesondere die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse – der sogenannten Minijobs – nahm zeitweilig deutlich zu, unter anderem als Folge der Förderung dieser Jobs 2003 im Rahmen der Hartz-Gesetze. Seit 2013 liegt der monatliche Maximalbetrag für einen Minijob bei 450 Euro. Betrug die Zahl der Mini-Jobs im Juni 2003 noch etwa 5,6 Millionen, so hatte sie bis Juni 2016 bereits 7,8 Millionen erreicht. Zwar ist seit 2007 vor allem die Zahl der Minijobs gestiegen, die im Nebenjob ausgeübt werden. Immer noch waren Mitte 2016 aber etwa 5,1 Millionen Personen ausschließlich in einem Minijob erwerbstätig, unter ihnen etwa zwei Drittel Frauen. Mit Stand Juni 2018 waren den verfügbaren Statistiken der Minijobzentrale zufolge im gewerblichen Bereich 6,76 Millionen Personen mit Minijob gemeldet (darunter fast 4 Mio. Frauen), dazu knapp 311.000 mit Minijob in Privathaushalten (darunter mit 280.000 zu fast 90 % Frauen). Rund 920.000 im gewerblichen Bereich und 70.000 in Privathaushalten beschäftigte Männer und Frauen mit Minijob hatten keine deutsche Staatsangehörigkeit.

Verheiratete, die als "Zuverdienerinnen" bzw. "Zuverdiener" die Minijobgrenze nicht überschreiten, brauchen ihren Verdienst nicht zu versteuern, und sie bleiben im Rahmen der beitragsfreien Mitversicherung über die gesetzliche Krankenversicherung des Partners bzw. der Partnerin krankenversichert. Dies erscheint vielen Frauen, insbesondere Müttern, bei kurzfristiger Betrachtung als attraktive oder auch neben der Kinderbetreuung einzig mögliche Form der Erwerbsarbeit. Langfristig erweist es sich für sie allerdings oft als Sackgasse und erschwert die eigenständige Existenzsicherung nach einer Scheidung oder im Rentenalter. Die aus diesen Gründen vielfach – zum Beispiel im Ersten und Zweiten Gleichstellungsbericht für Deutschland – geforderte Reform der Minijobs ist bisher jedoch nur in Ansätzen vollzogen worden.

Insgesamt lässt sich festhalten: Frauen haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend, doch mit ständig geringerem Arbeitszeitumfang, eine Erwerbstätigkeit aufgenommen; in sogenannten Vollzeitäquivalenten gerechnet, hat es über längere Zeit vor allem eine Umverteilung der von Frauen geleisteten Erwerbsarbeit auf mehr (weibliche) Köpfe gegeben. Faktisch gehen in kaum einem europäischen Land (außer den Niederlanden) die durchschnittlichen Arbeitszeiten von Frauen – die oft in Teilzeit arbeiten – und Männern – die oft in Vollzeit plus Überstunden arbeiten – so weit auseinander wie in Deutschland. Befragungen nach den Arbeitszeitwünschen haben wiederholt gezeigt: Könnten Männer und Frauen wählen, würden viele teilzeitbeschäftigte Frauen gerne mehr (vielfach etwa 30 Stunden) arbeiten, während Männer sich oft zwar einen Vollzeitjob, aber weniger Überstunden wünschen. Die Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern liegen also näher beieinander als die derzeitigen Arbeitszeitrealitäten.

Einkommen und Erwerbsarbeit

Geschlechtsspezifische Lohnlücke (Gender Pay Gap) auf Stundenlohnbasis (in %). (© Quelle: StBA, Basis Verdienststrukturerhebung, Fs 16, H 1; diverse Jahrgänge.)

Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Arbeitnehmerinnen in Deutschland liegt deutlich unter dem ihrer männlichen Kollegen. Während Frauen im Jahr 2016 pro Stunde durchschnittlich 16,26 Euro verdienten, erzielten Männer einen Stundenlohn von 20,71 Euro. Auch wenn sie erwerbstätig sind, ist das eigene Einkommen von Frauen daher viel häufiger als das Einkommen von Männern nicht existenzsichernd, sodass sie auf familiäre oder staatliche Unterstützung angewiesen bleiben. Neben dem unterschiedlichen Erwerbsumfang ist hierfür auch die geschlechtsspezifische Lohnlücke, der sogenannte Gender Pay Gap (GPG), verantwortlich. Seit vielen Jahren ist Deutschland eines der Schlusslichter in Europa bezüglich des GPG. Auf Stundenlohnbasis gerechnet verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich rund 21 Prozent weniger als Männer. Diese Lücke hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur geringfügig verändert.

Generell ist der GPG in den alten Bundesländern deutlich größer als in den neuen Bundesländern – für 2017 weist das Statistische Bundesamt für Westdeutschland einen GPG von 22 gegenüber sieben Prozent in Ostdeutschland aus. Zudem ist der GPG auf dem Land größer als in der Stadt. Die regionalen Unterschiede lassen sich unter anderem mit unterschiedlichen Geschlechterarrangements erklären. So gehörte Erwerbstätigkeit von Frauen und Müttern in der ehemaligen DDR im Gegensatz zur damaligen Bundesrepublik Deutschland zur Norm, was zu einer Art Gleichstellungsvorsprung ostdeutscher Frauen gegenüber ihren westdeutschen Geschlechtsgenossinnen hinsichtlich der Teilhabe am Arbeitsmarkt und der Entlohnung führte. Auch in Städten zeigt sich eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt im Vergleich zu Frauen, die auf dem Land wohnen.

Umfangreiche Studien beschäftigen sich mit der Frage, welche Anteile des Gender Pay Gap auf erklärbare Unterschiede im Erwerbsleben von Männern und Frauen zurückgehen. Zu diesen erklärbaren Unterschieden zählen beispielsweise die unterschiedlich häufigen und langen Erwerbsunterbrechungen, die vermehrte Teilzeitbeschäftigung von Frauen oder die unterschiedliche Verteilung auf Branchen und Berufe.

Um diese Faktoren ausblenden und detailliertere Aussagen zu den Verdienstunterschieden von Männern und Frauen treffen zu können, berechnet das Statistische Bundesamt seit 2006 alle vier Jahre für Deutschland, das frühere Bundesgebiet und die neuen Länder den sogenannten bereinigten Gender Pay Gap. Der aktuellste verfügbare Wert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Manuskripts aus dem Jahr 2014 bezifferte den bereinigten Gender Pay Gap auf "nur" sechs Prozent. Das heißt, dass über zwei Drittel der Stundenlohndifferenz zwischen Männern und Frauen vom Bundesamt durch identifizierte Faktoren "erklärt" werden.

Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass sich Lohndiskriminierung ausschließlich in diesem Anteil der geschlechtsspezifischen Lohnlücke verbergen kann, da die Faktoren, die zur Erklärung der niedrigeren Frauenlöhne herangezogen werden (z. B. Teilzeitarbeit) selbst Einfallstore für Lohndiskriminierung bieten können. Zudem zeigen Untersuchungen, dass die Arbeitsplatzanforderungen in typischen Männertätigkeiten und typischen Frauentätigkeiten nicht geschlechtsneutral bewertet werden und Frauenberufe offensichtlich auch gerade deshalb schlechter bezahlt werden, weil in ihnen überwiegend Frauen tätig sind. Unter Berücksichtigung der Arbeitsbewertung erhöht sich der GPG auf rund zehn Prozent (Berechnungen von Klammer/Klenner/Lillemeier).

Die Unterschiede in den Erwerbseinkommen von Frauen und Männern setzen sich im Alter direkt in unterschiedlich hohen Altersrenten fort. Bezogen auf alle eigenständigen Alterssicherungsleistungen aus unterschiedlichen Systemen weist der aktuelle Alterssicherungsbericht des Bundesarbeitsministeriums von 2016 eine Lücke in den eigenständigen Alterssicherungsleistungen von 53 Prozent als "Gender Pension Gap" aus. Frauen erhielten 2015 im Durchschnitt um 53 Prozent niedrigere eigene Alterssicherungsleistungen als Männer. Dabei lag der Unterschied in Westdeutschland mit 58 Prozent deutlich höher als in Ostdeutschland mit 28 Prozent. Viele Frauen sind daher nach wie vor stark auf Hinterbliebenenrenten angewiesen, die allerdings nicht den gleichen Charakter wie eigenständige Renten haben und beispielsweise bei Wiederheirat nach einer Übergangszeit entfallen.

Legt man den nach internationaler Konvention gängigsten Begriff "relativer" Armut zugrunde, wird von einer Armutsgefährdung ausgegangen, wenn Personen (nach Haushaltsgröße gewichtet) weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung haben. Für das Jahr 2017 galt dementsprechend in Deutschland als armutsgefährdet, wer als Einzelperson weniger als 13.152 Euro oder als Paarhaushalt mit zwei kleinen Kindern weniger als 27.620 Euro im Jahr zur Verfügung hatte. Dieser Definition folgend ist das Armutsrisiko nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) von rund elf Prozent in den 1990er-Jahren bis 2014 nahezu kontinuierlich auf knapp 16 Prozent gestiegen. Je nach verwendeter Datenquelle und nach verwendeter Äquivalenzskala zur Gewichtung der Haushaltsgröße können sich die ausgewiesenen Armutsquoten unterscheiden, doch auch der Mikrozensus kam mit 15,7 Prozent armutsgefährdeter Bevölkerung in Deutschland für das Jahr 2016 auf ein annähernd gleiches Ergebnis.

Obwohl Armut am Haushalt gemessen wird und Frauen mit niedrigem eigenen Einkommen bei hohem Partnereinkommen nicht als arm gelten, sind Frauen im Durchschnitt seit jeher etwas stärker armutsgefährdet als Männer. Allerdings ist die Armutsgefährdung in den vergangenen Jahrzehnten für beide Geschlechter angestiegen. Besonders betroffen sind seit vielen Jahren Alleinerziehende, von denen regelmäßig über ein Drittel die Armutsschwelle nicht zu überschreiten vermag. Überdurchschnittlich hoch liegt auch die Gefährdungsquote für die Gruppe der allein lebenden Frauen. Eine Ursache ist das Verarmungsrisiko für Frauen nach einer Scheidung, zumal der nacheheliche Unterhalt deutlich eingeschränkt wurde und Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit längerfristig zugunsten von Familienarbeit verringert haben, oft auf dem Arbeitsmarkt nur noch schlecht Fuß fassen.

Seit einigen Jahren weist das Statistische Bundesamt die Armutsgefährdung auch differenziert nach Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund aus. Die Zahlen belegen, dass Personen mit Migrationshintergrund (mit zuletzt 28 %) weit mehr als doppelt so häufig durch Armut gefährdet sind wie Personen ohne Migrationshintergrund. Noch höher ist die Armutsgefährdung bei Personen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (mit zuletzt 35,5 %). Alleinerziehend zu sein und keinen deutschen Pass zu haben, birgt somit ein besonders hohes Risiko, nur eingeschränkt am sozialen Leben in Deutschland teilhaben zu können.

Einfluss in Politik und Wirtschaft

Frauenanteil im Deutschen Bundestag (in %). (© Quelle: Werte bis 2009: StBA, Blickpunkt: Frauen in Deutschland; Werte ab 2009: Bundeszentrale für politische Bildung, Bundeswahlleiter, eigene Zusammenstellung.)

Unter politischer Partizipation werden gemeinhin die Möglichkeiten verstanden, auf politische und gesellschaftliche Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Diese Teilhabe kann sich auf die verschiedenen Ebenen des politischen Systems (Kommune, Land, Bund, Europa) beziehen. Einfluss auf politische Entscheidungen kann man zum Beispiel nehmen, indem man ein politisches Amt ausübt. Die Tabelle auf S. 31 zeigt den Anteil weiblicher Abgeordneter im Deutschen Bundestag seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949. Aus den Zahlen wird ersichtlich, dass Frauen bisher in jedem Deutschen Bundestag unterrepräsentiert waren, auch wenn ihr Anteil im Zeitverlauf bis 2017 gestiegen ist. Am geringsten waren Frauen im höchsten politischen Gremium Deutschlands im Wahljahr 1972 vertreten, den höchsten Frauenanteil erreichte der Bundestag im Wahljahr 2013 mit einem Wert von 36 Prozent. Dass einmal erreichte Gleichstellungsquoten nicht selbstverständlich erhalten bleiben, zeigt die Zusammensetzung des aktuellen Bundestages im Wahljahr 2017: Der Anteil an Frauen fiel deutlich auf 31 Prozent und bewegt sich jetzt auf dem Niveau von vor zehn Jahren.

QuellentextMit Quote in den Bundestag?

Pro Frauenquote

[…] Polit-Karrieren von Frauen [enden] oft da, wo keine Zeit mehr für Kinder und Privatleben bleibt oder die vielen Männer in den hohen Positionen lieber ihresgleichen und keine Frauen fördern. Oft haben Frauen auch auf die Härte in der immer noch von Männern dominierten Politik keine Lust. Und weil trotz aller Appelle der Anteil von Frauen im Bundestag im 21. Jahrhundert zuletzt sogar wieder gesunken ist und nicht annähernd dem Frauenanteil in der Bevölkerung entspricht, muss nachgeholfen werden. Ohne Quote geht es nicht. Und das ist erst der Anfang. Am Ende wird das alle entlasten. Auch die Männer. [...]

Wenn denn die Bedenken so groß sind, dass ein Paritätsgesetz, das den Parteien 50 Prozent Frauen auf ihren Wahllisten vorschreibt, gegen das Grundgesetz verstoßen würde, dann muss man das Grundgesetz eben ändern – so wie es seit 1949 unzählige Male geschehen ist. Es kann nicht so schwer sein, für die Gleichberechtigung in Artikel 3 ein Sätzchen anzufügen: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin – auch bei der Aufstellung von Wahllisten."

Hat Frankreich ähnlich gemacht. Und zwar schon vor fast 20 Jahren. Den Parteien wird ja nicht vorgeschrieben, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie aufstellen sollen, sondern nur, dass sie Frauen so wichtig nehmen müssen wie Männer.

Bestünden die Parlamente zur Hälfte aus Frauen, würde sich die Politik verändern. Die Bundesregierung schlägt den Vereinten Nationen den Einsatz von mehr Frauen bei Friedensverhandlungen vor, weil sie dann "schneller und erfolgreicher" geführt werden könnten und weil Frauen und Kinder mehrheitlich die Leidtragenden in Kriegen seien. Säßen deutlich mehr Frauen im Bundestag, gäbe es mehr Erfahrung mit dem schlechten Gewissen, das Betreuungssystem würde mit Sicherheit verbessert und die Arbeit am Menschen vom Kindergarten bis zum Pflegeheim würde besser anerkannt und bezahlt. Vielleicht interessierten sich dann auch mehr Männer für solche Berufe. […] Die Quote bedeutete, dass Männer Macht abgeben und Frauen sie als Normalität annehmen müssen. Das hätte auch Vorbildcharakter für die Wirtschaft, die Gesellschaft könnte sich entspannen. Auch der Mann an sich. Es fiele eine Last von ihm ab, sich für alles verantwortlich zu fühlen.

Und die gute Nachricht ist: Frauen können es auch!

Kontra Frauenquote

[…] Es wird Zeit für mehr Frauen in den Parlamenten. Doch die nun debattierten Quoten sind der falsche Weg.

Erstens: Frauenquoten im Parlament verstoßen gegen die Verfassung. So müssen nach dem in Frankreich eingeführten Parité-Gesetz Parteien ihre Listen abwechselnd mit Frauen und Männern besetzen. Parteien, die sich nicht an dieses Reißverschluss-Verfahren halten, bekommen weniger Geld aus der Staatskasse. […] Das ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar formuliert Artikel 3 das Gleichberechtigungs-Gebot: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern." Der Artikel sagt aber nichts über das Wie aus.

Das Reißverschluss-Verfahren jedenfalls verstößt gegen die Freiheit der Wahl, die grundgesetzlich ebenso garantiert ist. So heißt es in Artikel 38: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in freier und geheimer Wahl gewählt." Schreibt der Staat nun paritätisch besetzte Listen vor, greift er in die Freiheit der Wähler ein. Er verwehrt ihnen, Parteien mit mehr Frauen oder mehr Männern zu wählen. […] Ebenso würde der Staat die gesetzlich garantierte Freiheit der Parteien beschränken, selbst über Kandidaten wie Inhalte zu entscheiden.

Zweitens: Frauenquoten sind willkürlich. Wer sie zulässt, kann mit gleichem Recht auch andere Quoten fordern – etwa nach Herkunft, Religion oder Beruf. Denn wer Artikel 3 zur Rechtfertigung der Frauenquote heranzieht, kann dies mit gleichem Recht auch zur Rechtfertigung einer Rheinländer-, Katholiken- oder Unternehmer-Quote tun. […] Schließlich heißt es in Artikel 3: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen Anschauungen benachteiligt werden." Das zeigt, wie willkürlich eine Frauenquote ist.

Drittens: Frauenquoten sorgen nicht für bessere Politik, dafür sorgen Politiker, die ihren Verfassungsauftrag ernst nehmen – "Vertreter des ganzen Volkes" zu sein. Daher hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof im März 2018 entschieden, dass ein Parlament "kein möglichst genaues Spiegelbild" der Bevölkerung darstellen müsse.

Gerade weil der Staat den Parteien bei der Kandidatenkür nichts vorschreibt, haben alle die gleiche Chance. Ergreift sie einfach!

Kristina Dunz, "Den Männern die Last nehmen"; Antje Höning, "Eingriff in die Freiheit der Wähler", in: Rheinische Post vom 8. März 2019
Externer Link: https://rp-online.de/politik/deutschland/internationaler-frauentag-brauchen-wir-eine-frauenquote-pro-und-kontra_aid-37308733

Betrachtet man die Frauenanteile in den politischen Ämtern auf Länderebene, zeigen sich erhebliche Unterschiede sowohl zwischen den Bundesländern als auch im Zeitverlauf.

Anteil der Regierungschefinnen, Ministerinnen und Senatorinnen in den Bundesländern (in %). (© Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis von: Erhebungen der Gleichstellungsministerkonferenz, 3. Atlas zur Gleichstellung von Männern und Frauen.)

Im Juni 2019 hatten lediglich zwei Bundesländer eine Frau an der Spitze ihrer Landesregierung: Mecklenburg-Vorpommern (Manuela Schwesig) und Rheinland-Pfalz (Malu Dreyer). Unter den Spitzenreitern beim Frauenanteil im Hinblick auf Regierungschefinnen, Ministerinnen und Senatorinnen befinden sich Rheinland-Pfalz (60 %), Bremen (50 %) und als einziges neues Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (44 %). Am geringsten sind Frauen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen (31 %), Sachsen-Anhalt (30 %) sowie – Schlusslicht – Hessen (27 %) vertreten. Im Zeitverlauf zeigt sich erneut, dass Gleichstellungstendenzen sich auch wieder umkehren können. So fallen vor allem Berlin und Hamburg seit 2008 durch eine abnehmende politische Teilhabe von Frauen an politischen Spitzenämtern auf Landesebene auf. Gleichstellungspolitischer Stillstand ist zudem in Sachsen-Anhalt zu beobachten. Alle anderen Bundesländer zeigen jedoch eine zum Teil erhebliche Erhöhung des Frauenanteils.

Gesellschaftliches Mitspracherecht drückt sich nicht allein in der Partizipation an politischen Entscheidungen aus. Auch der Anteil von Frauen an den Führungspositionen der Wirtschaft ist ein Anzeichen dafür, ob Frauen an gesellschaftlicher Macht teilhaben.

Nach der Internationalen Standardklassifikation der Berufe ISCO 88 hat sich der Frauenanteil an Führungskräften in der deutschen Privatwirtschaft von rund 28 Prozent im Jahr 1997 auf 36 Prozent im Jahr 2015 erhöht (DIW 2017, Führungskräftemonitor, S. 18). Mehr als jede dritte Führungskraft ist demnach inzwischen weiblich. Das Managerinnen-Barometer weist den Anteil von Frauen an allen Vorstandsmitgliedern für das Jahr 2017 mit 8,1 und für 2018 mit neun Prozent aus, vor zehn Jahren lag dieser Wert noch bei 2,5 Prozent. Der Anteil von Frauen an Vorstandsvorsitzenden betrug im Jahr 2018 nur knapp vier Prozent, im Jahr 2008 war dieser mit 0,5 Prozent allerdings verschwindend gering gewesen.

Weibliche Führungskräfte in der Privatwirtschaft nach unterschiedlichen Datenquellen. (© Quellen: DIW, zu 1): Führungskräftemonitor 2017, Berechnungen auf der Basis des Soep V.32; zu 2) Managerinnen-Barometer 2018, Erhebung und Berechnungen des DIW, eigene Zusammenstellung.)

Der Anteil der weiblichen Führungskräfte unterscheidet sich je nach Branche: Mehr Frauen in Führungspositionen als Männer gab es 2017 in den Bereichen Erziehung und Unterricht (64,6 %) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (61,3 %). In diesen Branchen ist auch der Frauenanteil unter den Erwerbstätigen insgesamt höher. Frauen steigen vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen und vor allem in Ostdeutschland und strukturschwachen Regionen in verantwortungsvolle Positionen auf, während diese in den großen Industrieunternehmen weitgehend von Männern besetzt werden.

Es ist aus den Zahlen allein nicht abzulesen, inwieweit veränderte Erwerbs- und Karriereorientierungen von Frauen, die steigende Angewiesenheit von Unternehmen auch auf weibliche Fachkräfte oder aber der gestiegene politische Druck auf die Wirtschaft, mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken zu lassen, an dieser Entwicklung Anteil haben. Seit 2016 hat die Bundesregierung mit Hilfe einer gesetzlichen Frauenquote die größten börsennotierten, mitbestimmungspflichtigen Unternehmen darauf festgelegt, bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten eine 30-Prozent-Quote von Frauen sicherzustellen. Ausgenommen von dieser Quote sind allerdings weiterhin die Vorstände der Unternehmen. Aktuelle Studien wie das DIW Managerinnen-Barometer berichten, dass die Aufsichtsräte großer Unternehmen zwar messbar weiblicher würden, die Vorstände aber weiterhin eine Männerdomäne blieben: In den Vorständen der 200 größten Unternehmen in Deutschland waren Frauen Ende 2016 lediglich mit einem Anteil von acht Prozent vertreten – hier sind Männer immer noch weitgehend unter sich. Der Weg für Frauen in die Führungsspitzen privatwirtschaftlicher Unternehmen bleibt also weiterhin mühsam und weit.

Gesundheit und Lebenszufriedenheit

Lässt sich aus den in den vergangenen Abschnitten deutlich gewordenen, fortbestehenden Geschlechterdifferenzen schließen, dass Frauen mehr gesundheitliche Probleme haben als Männer und mit ihrem Leben unzufriedener sind?

Anteil der Frauen und Männer, die ihren Gesundheitszustand als „schlecht“ oder „weniger gut“ beurteilen, nach Einkommensposition (in %). (© Quelle: StBA, Datenreport 2018, Gesundheit und soziale Sicherung, S. 311.)

Aus entsprechenden Befragungen kristallisieren sich drei Befunde heraus: Bei der Einschätzung des eigenen Gesundheitszustands unterscheiden sich Frauen und Männer viel weniger als Personen aus unterschiedlichen Einkommensklassen: Wer arm ist, empfindet den eigenen Gesundheitszustand als deutlich schlechter als jemand mit einem überdurchschnittlichen Einkommen, und diese Kluft hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten merklich vergrößert. Zuletzt berichtete schon fast ein Drittel aller Frauen und Männer mit einem Einkommen im Bereich relativer Armut von einem "schlechten" oder "weniger guten" Gesundheitszustand, während es bei den sehr gut gestellten Befragten nur 12,4 (Frauen) bzw. 11,1 Prozent (Männer) waren.

Frauen und Männer in Deutschland sind insgesamt mit ihrem Leben eher zufrieden als unzufrieden, wobei die Lebenszufriedenheit in den vergangenen Jahren bei beiden Geschlechtern noch einmal merklich angestiegen ist und etwa gleich hoch liegt (jeweils 7,3 auf einer Skala von 1–10). Besonders gestiegen ist die Zufriedenheit der Frauen mit dem Haushalts- und dem eigenen Erwerbseinkommen sowie mit der Kinderbetreuung – hier lassen sich Zusammenhänge zur gestiegenen Erwerbsteilhabe und dem Ausbau der Kinderbetreuung herstellen. Nahezu gleich geblieben ist dagegen in den vergangenen 20 Jahren bei den Frauen die Zufriedenheit mit den Tätigkeiten im Haushalt und bei beiden Geschlechtern die Zufriedenheit mit der Gesundheit.

Zufriedenheit von Frauen und Männern im Zeitverlauf (Skala 1-10). (© Datenquelle: Soep V34, eigene Auswertung Thorsten Kalina/IAQ.)

Erneut zeigen sich bei Auswertungen der Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) jedoch Unterschiede zwischen verschiedenen soziodemografischen Gruppen, die stärker sind als die reinen Geschlechterunterschiede: Jüngere Menschen beiderlei Geschlechts sind jeweils zufriedener als ältere Menschen. Ausländische Staatsangehörige sowie Zugewanderte sind erwartungsgemäß zwar unzufriedener mit ihren (im Durchschnitt niedrigeren) persönlichen Einkommen und Haushaltseinkommen, weisen in Bezug auf die allgemeine Lebenszufriedenheit in Deutschland aber ähnlich hohe, bezüglich ihres Familienlebens sogar höhere Zufriedenheitswerte als Deutsche auf (eigene Berechnungen des IAQ).

Fazit

Die hier präsentierten Daten legen eindeutig nahe, dass Frauen in Deutschland in vielen Dimensionen aufgeholt haben, aber gegenüber Männern in Bezug auf Einkommen, soziale Sicherheit, Macht und Einfluss immer noch zurückbleiben. Dies ist der Mehrheit der Bevölkerung durchaus bewusst: So äußerten in einer im Rahmen des ARD-DeutschlandTrends durchgeführten repräsentativen Befragung im Februar 2018 34 Prozent der Befragten die Überzeugung, dass die Diskriminierung von Frauen in der deutschen Gesellschaft ein sehr großes oder ein großes Problem sei. Nur 14 Prozent waren der Auffassung, dass hier gar kein Problem vorliege. Es bleibt also einiges zu tun. Wie die Befunde ebenfalls verdeutlicht haben, wird dabei künftig verstärkt zu beobachten sein, wie die Kategorie "Geschlecht" mit anderen Merkmalen der Person zusammenwirkt und inwiefern sich zukünftig damit auch Differenzlinien und Teilhabechancen jenseits der Kategorien "Frau" und "Mann" entwickeln.

Die beiden Autorinnen danken Hatice Diker und Tom Heilmann für ihre Unterstützung bei der Datenrecherche.

Dr. Katrin Menke ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe "Migration und Sozialpolitik" am Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Sie forscht dort im Kontext einer qualitativen Studie zur Arbeitsmarktteilhabe von Frauen mit Fluchthintergrund aus intersektionaler Perspektive. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (mit Fokus auf Familien- und Gleichstellungspolitik) sowie Asyl- und Migrationspolitik und deren wechselseitigem Zusammenspiel aus Sicht der Adressat*innen.

Prof. Dr. Ute Klammer ist Professorin und Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen. Von 2008 bis 2015 war sie dort Prorektorin für Diversity Management und Internationales. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (insbesondere Familienpolitik, Alterssicherung, Erwerbstätigkeit und soziale Sicherung von Frauen, europäische Sozialpolitik), der Gleichstellungsforschung sowie Armut und Einkommensverteilung. Ute Klammer war Vorsitzende der Sachverständigenkommission Gleichstellung des Bundesfamilienministeriums und ist Mitglied des Sozialbeirats der Bundesregierung.