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Editorial | Massenmedien | bpb.de

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Editorial

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Jutta Klaeren

Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien" schrieb der Soziologe Niklas Luhmann. Dieser Satz gilt heute mehr denn je, denn Angebot und Vielfalt der Medien, aus denen wir Informationen beziehen, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gewandelt. Die Informationsfülle ist explosionsartig gewachsen und auch die Schnelligkeit, mit der sich Nachrichten verbreiten, hat stark zugenommen.

Waren früher Bücher, Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen maßgebliche Quellen unseres Wissens über die Welt, so bieten heute zusätzlich das Internet und Web 2.0-Anwendungen vielfältige Möglichkeiten, neue Informationen zu erhalten und zu verbreiten. E-Mail, SMS, Chats, Blogs, Twitter und soziale Netzwerke wie Facebook werden besonders von jungen Menschen genutzt, um miteinander zu kommunizieren und Informationen,auszutauschen. Diese neuen Informationskanäle funktionieren häufig auch dann noch, wenn die "klassischen Medien" von diktatorischen Machthabern schon längst zensiert und abgeschaltet worden sind, wie die Ereignisse im Iran und in der arabischen Welt 2010/11 gezeigt haben.

Das beliebteste Massenmedium ist jedoch nach wie vor das Fernsehen. 86 Prozent der Gesamtbevölkerung schauen, folgt man der ARD/ZDF-Langzeitstudie "Massenkommunikation" (zusammengestellt in Media Perspektiven 1/2011) täglich fern. Selbst die 14- bis 29-Jährigen nutzen das Fernsehen (77 %) noch vor dem Internet (73 %) und dem Radio (68 %). Zur täglichen Zeitungslektüre greifen dagegen nur noch 44 Prozent der Bevölkerung, bei den 14- bis 29-Jährigen sind es 26 Prozent. Punkten können Tageszeitungen nach der Langzeitstudie bei der Frage nach Glaubwürdigkeit, Sachlichkeit und kritischer Grundhaltung: Hier liegen sie bei der Mehrheit der Befragten vor Fernsehen, Radio und Internet.

Nutzerinnen und Nutzer profitieren von der zunehmenden medialen Vielfalt. Doch mit dem wachsenden Angebot hat auch der Konkurrenzdruck unter den Medien zugenommen. Redaktionen werden zusammengelegt, Aufgabenbereiche neu strukturiert; die Zukunft ist crossmedial. Der wirtschaftliche Druck auf die Unternehmen kann auch zu einer Boulevardisierung der Medieninhalte führen, um dem vermeintlichen Massengeschmack durch Skandalberichterstattung entgegenzukommen. Längst sehen sich auch die Öffentlich-Rechtlichen unter Quotendruck, und parteipolitische Interessen drücken sich nicht zuletzt in Personalentscheidungen aus. Versprach das Internet zunächst, allein durch die Masse der beteiligten Akteure eine breitere Basis für die Meinungsbildung und die Stärkung der Zivilgesellschaft zu schaffen, um die Informationsmacht weniger einflussreicher Medienmacher einzuschränken, so zeigt sich, dass politische und wirtschaftliche Interessen derjenigen, die öffentliche Meinung im Netz prägen, bisweilen schwerer durchschaubar sind als früher. Im Internet nutzt bislang nur eine Minderheit die Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme an politischer Partizipation, die dieses Medium bietet.

Massenmedien erfüllen in einer funktionierenden Demokratie eine zentrale Aufgabe. Sie sollen " möglichst unbeeinflusst von Beschränkungen " Informationen beschaffen, verbreiten, bewerten und politische Institutionen bzw. politisch Handelnde kontrollieren und kritisieren, damit die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Eigenschaft als Souverän in der Lage sind, mündig zu entscheiden und zu handeln. Es ist heutzutage nicht mehr das Problem, an Informationen zu kommen, sondern eher, die Informationsflut bewältigen, die Zuverlässigkeit von Informationen prüfen und deren Wertigkeit einschätzen zu können.

Politische Bildung hat auch die Aufgabe, ein Instrumentarium bereitzustellen, um Medienkompetenz zu erwerben und anzuwenden. Zur Medienkompetenz ist das Wissen über die Medienlandschaft und ihre Wirkmechanismen ein erster Schritt. Dieser Reader lädt dazu ein.

Jutta Klaeren