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Glossar | bpb.de

Glossar

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Aschkenas:


Mittelalterliche Bezeichnung für Deutschland. Die Aschkenasim, das heißt die Juden vor allem in Mittel- und Osteuropa, haben einen eigenen Ritus und bilden selbstständige Gemeinden.

Bar Mizwa / Bat Mizwa:


ist der hebräische Ausdruck für "Sohn des Gesetzes" oder "Sohn der Pflicht" und bezeichnet die Aufnahme des 13-jährigen Jungen als Erwachsenen in die jüdische Gemeinde. Am Sabbat nach seinem 13. Geburtstag wird der Junge in der Synagoge erstmals aufgerufen, aus der Tora zu lesen. Die Mädchen werden schon mit zwölf Jahren religionsmündig. Seit dem 19. Jahrhundert wird die Bat Mizwa ("Tochter des Gesetzes") ebenfalls gefeiert, in einigen Reformgemeinden dürfen dann auch Mädchen aus der Tora lesen.

Chassidim/Chassidismus:


Chassidim bedeutet "die Frommen". Der Chassidismus bezeichnet in der Neuzeit eine mystisch-religiöse Bewegung in Osteuropa. Die Chassidim unterstellen sich einem charismatischen Oberhaupt, dem Zaddik (Gerechten), und zeigen ihre religiöse Ergebenheit und Gottesgläubigkeit in tiefer Ergriffenheit und ekstatischer Freude im Gottesdienst.

Diaspora:


ist ein aus dem Griechischen stammender Begriff, bedeutet "Zerstreuung" und drückt in der jüdischen Tradition die Zerstreuung des jüdischen Volkes in der Welt aus. Diaspora bezeichnet zudem auch die Orte, an denen Juden außerhalb Palästinas bzw. Israels leben.

Displaced Person (DP):


ist eine Bezeichnung für Zivilpersonen, die sich aufgrund der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungspolitik sowie der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges bei Kriegsende außerhalb ihres Herkunftslandes befanden. Zu den DPs gehörten auch die Gefangenen der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager. Die Alliierten waren bestrebt, die DPs möglichst zügig in die Herkunftsländer zurückzubringen.

Ghetto:


bezeichnet einen Stadtteil, in dem alle Juden zwangsweise ihren Wohnsitz nehmen mussten und Christen nicht wohnen durften. Der Begriff leitet sich von dem Namen des den Juden 1516 zugewiesenen Wohnbezirks in Venedig ab (Ghetto nuovo = neue Gießerei). Während des Zweiten Weltkrieges wurden im Zuge der antijüdischen Maßnahmen der deutschen Besatzer in Osteuropa neue jüdische Ghettos eingerichtet, die eine wichtige Vorstufe für die systematische Ermordung der europäischen Juden bildeten.

Halacha:


bedeutet "Weg" und wird als das praktische Religionsgesetz der Juden verstanden. Die Halacha beinhaltet das Recht, den Kultus sowie die Moralgesetze. Die Bestimmungen der Halacha wurden ursprünglich mündlich überliefert, später schriftlich kodifiziert, vor allem in Mischna und Talmud.

Jeschiwa:


ist eine "Talmudhochschule" und bezeichnet eine Schule für männliche Erwachsene, die der traditionellen religiösen Bildung dient.

Kabbala:


bezeichnet eigentlich die religiöse Überlieferung im Allgemeinen, wurde aber im Laufe der jüdischen Geschichte zur Überlieferung im Sinne einer geheimen, mystischen Tradition. Das Übersinnliche, wie etwa Engelserscheinungen, Wundererzählungen sowie Ideen über Sinn und Form von Buchstaben oder Zahlen, spielt eine große Rolle.

Kaschrut/koscher:


bezeichnet die Eigenschaft, dass Nahrungsmittel, insbesondere Fleischwaren, zum Verzehr erlaubt sind, weil sie den rituellen Speisegesetzen entsprechen, oder das gesamte System der Speisegesetze. Der Verzehr von Schweine-, Hasen- und Kamelfleisch ist verboten, weil diese als unrein gelten, ebenso Fische ohne Schuppen und Flossen. Fleisch darf nur von einem rituell geschlachteten (also geschächteten) Tier stammen, damit das Verbot, Blut zu essen, eingehalten werden kann. Milchprodukte dürfen auf keinen Fall mit Fleisch zusammen gekocht und verzehrt werden. In der Küche sollen daher Töpfe und Pfannen, Geschirr und Besteck wie auch der Abwaschbereich streng nach "milchig" und "fleischig" getrennt sein.

Lubawitscher/Chabad:


Chabad oder auch Lubawitsch ist eine chassidische Gruppierung innerhalb des orthodoxen Judentums. Anhänger der Bewegung werden als Chabad Chassidim bezeichnet. Lubawitsch, eine westrussische Kleinstadt nahe Smolensk, war ursprünglich das Zentrum der Bewegung.

Mikwe:


ist ein rituelles Tauchbad, das aus fließendem Wasser, meistens Grundwasser, gespeist wird. Mikwe bedeutet "Becken" oder "Brunnen". Der Besuch der Mikwe ist zu verschiedenen Anlässen vorgeschrieben, um sich rituell zu reinigen, bei verheirateten Frauen etwa nach Beendigung der Menstruation oder nach einer Geburt.

Pogrom:


ist ein russisches Wort für "Massaker, Verwüstung" und bezeichnet eine gewalttätige Verfolgung einer Minderheit mit Plünderungen und Morden durch eine aufgebrachte Gruppe von Menschen. Seit den mittelalterlichen europäischen Judenverfolgungen diente der Begriff Pogrom vor allem zur Bezeichnung von Massenausschreitungen gegen Juden. Die Verfolgung deutscher Juden am 9. November 1938 in Deutschland und die Zerstörung vieler Synagogen wird als "Reichspogromnacht" bezeichnet.

Rabbiner:


ist ein aus dem lateinischen Wort rabbinus und dem hebräischen Wort Raw/Rabbi abgeleitetes Wort, das "Meister" oder "mein Lehrer" bedeutet. Dieser Titel wurde bis zur Moderne einem Gelehrten verliehen, der Recht sprechen und über religiöse Fragen entscheiden konnte. Seit dem 19. Jahrhundert gehört eine universitäre Bildung zunehmend zu einer Rabbinerausbildung in Westeuropa dazu. Ein Rabbiner wird von der Gemeinde angestellt und für seine Tätigkeit bezahlt.

Sanhedrin:


(griechisch "Synhedrion", "Rat", "Gerichtshof")
1. Oberste politische, juristische und religiöse Körperschaft der jüdischen Bevölkerung Palästinas in griechisch-römischer Zeit bis zur Auflösung des Patriarchats (425 n. Chr.)
2. Grand Sanhédrin, von Napoleon I. 1807 initiierte Gesamtvertretung der Juden in Frankreich, um die Integration der jüdischen Bevölkerung in den Nationalstaat durchzusetzen.

Schoah (auch: Shoah):


ist ein hebräisches Wort, das Katastrophe oder Zerstörung bedeutet. Schoah bezeichnet ursprünglich Judenverfolgungen und Pogrome, wird aber seit dem Zweiten Weltkrieg vor allem als Begriff für den millionenfachen Mord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Regime benutzt.

Sefarad/Sefardim:


Sefarad ist eine Länderbezeichnung aus der Bibel, die als Spanien identifiziert wurde. Sefardim sind spanische und portugiesische Juden, die seit 1492 zur Auswanderung gezwungen wurden, sowie deren Nachkommen. Die Sefardim haben wie die Aschkenasim einen eigenständigen Ritus und bilden selbstständige Gemeinden.

Talmud:


bedeutet wörtlich "Belehrung" oder auch "Studium". Talmud bezeichnet die schriftliche Fassung der Lehre und der gesetzlichen Vorschriften des nachbiblischen Judentums, das aus zwei Teilen besteht: Mischna und Gemara. Die Mischna ist in sechs Ordnungen gegliedert: die Gebete und Gesetze zur Landwirtschaft, die Vorschriften zu den Fest- und Feiertagen, die Ehe- und Familiengesetzgebung, das Zivil- und Strafrecht, die Opfer- und Schlachtbestimmungen und die Reinheitsbestimmungen. Insgesamt beinhaltet die Mischna 63 Traktate und 525 Kapitel. In der Mischna sind die Lehren gesammelt, in der Gemara ("Vollendung" oder "Vervollständigung") folgt die Interpretation. Die Auslegungen erfolgten vor allem in Babylonien bis circa 500 n. Chr.

Tora:


bedeutet "Lehre" und ist im weitesten Sinne die Bezeichnung für die Lehre des Judentums, im engeren Sinne für die fünf Bücher Mose (Pentateuch). In der Synagoge werden die Bücher Mose, die als Handschrift auf einer Pergamentrolle geschrieben sind und in einer besonderen Lade verwahrt werden, während eines Jahres im Gottesdienst verlesen.

Zusammengestellt nach Arno Herzig / Cay Rademacher (Hg.), Die Geschichte der Juden in Deutschland, Hamburg 2007, S. 314 bis 321; Julius H. Schoeps (Hg.), Neues Lexikon des Judentums, Gütersloh / München 2000, S. 163 f. und 733 f.

Fussnoten