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Editorial | Familie und Familienpolitik | bpb.de

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Editorial

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Jutta Klaeren

Die Wurzeln der Familie reichen zurück bis in die Frühzeit der Menschheit. Sie ist die kleinste, aber auch intensivste Lebensgemeinschaft, die Keimzelle der Gesellschaft. In den meisten Familien unterstützen sich die Generationen emotional, geben sich gegenseitig sozialen Rückhalt und Sicherheit, gerade auch in schwierigen Zeiten. Die Familie ist die erste Sozialisationsinstanz. Kinder lernen in der häuslichen Geborgenheit, sich auf das Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.

Wegen ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung werden Ehe und Familie im Grundgesetz (Artikel 6, Absatz 1) unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Die Absätze 2 und 3 regeln die Elternrechte und -pflichten. Die Familienpolitik steht im Spannungsfeld zwischen Privatem und Öffentlichem. Wurde zu Beginn der 1950er Jahre noch darüber diskutiert, ob überhaupt ein Bundesfamilienministerium eingerichtet werden sollte, und fand das Ministerium lange nicht die gleiche Beachtung wie die klassischen Ressorts, so hat sich dies heute gewandelt. Familienpolitik gilt als ein wichtiges Politikfeld und findet verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen der letzten Jahrzehnte wie der demographische Wandel, gekennzeichnet durch Geburtenrückgang und Überalterung, die zunehmende Zahl von Alleinerziehenden mit teilweise prekären Lebensverhältnissen, von Alleinstehenden bzw. Kinderlosen, sowie eine veränderte Arbeitswelt, in der immer mehr Männer und Frauen Familie und Beruf miteinander vereinbaren müssen und auch wollen, erfordern staatliches Engagement im Sinne des Gemeinwohls und eine Anpassung des ordnungspolitischen Rahmens an veränderte Gegebenheiten.

In Deutschland leben etwa 40 Prozent der Bevölkerung als Familie, das heißt nach der Definition des Statistischen Bundesamtes: Ein oder zwei Elternteile mit mindestens einem minderjährigen Kind wohnen in einem gemeinsamen Haushalt. Dabei hat in den letzten Jahren die Vielfaltder Familienformen zugenommen. Neben dem traditionellen Modell der "bürgerlichen Familie" (Ehepaarmit Kind bzw. Kindern) etablieren sich alternative Formen (Alleinerziehende und Lebensgemeinschaften mit Kindern): Ihr Anteil betrug 2007 gut ein Viertel aller Familien. Mit den Familienstrukturen ändern sich auch die Lebensentwürfe der Menschen: Es gibt eine größere Buntheit in beruflichen und privaten Lebensabschnitten. Nach Einschätzung des Soziologen Ulrich Beck ist nicht mehr sicher, "ob man heiratet, wann man heiratet, ob man zusammenlebt und nicht heiratet, heiratet und nicht zusammenlebt, ob man das Kind innerhalb oder außerhalb der Familie empfängt oder aufzieht, mit dem, mit dem man zusammenlebt, oder mit dem, den man liebt, der aber mit einer anderen zusammenlebt, vor oder nach der Karriere oder mittendrin".

Bei allem Wandel, dem die Familie unterliegt, hat sie nach wie vor eine große Bedeutung für die meisten Menschen. Dies belegen auch Umfragen: Für mehr als zwei Drittel der deutschen Erwachsenen gehört eine Familie zum Glücklichsein dazu. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 25, so die Schellstudie von 2006, sind die Angaben mit 72 Prozent sogar noch höher.

Wie sich die Familienformen entwickelt und gewandelt haben, welchen Herausforderungen sich die Familien, aber auch die Politik stellen mussten und müssen, wird in diesem Heft erläutert.

Jutta Klaeren