aus dem Vortrag von Markus Beckedahl vom 25.04.2017 im Medienzentrum der bpb in Bonn
Der Gründer von netzpolitik.org, Markus Beckedahl, analysiert in seinem Vortrag die aktuellen Debatten rund um die Themen Big Data und Datenschutz. Darin nennt er 10 konkrete Tipps, die durch ihre Anwendung auch ohne Vorkenntnisse und großen Aufwand zu mehr individueller digitaler Sicherheit beitragen können. Hier finden Sie die verschriftlichen 10 Tipps kurz und prägnant im Überblick:
1. Die Notwendigkeit der Herausgabe eigener Daten kritisch hinterfragen
Hinterfragen: Welche Informationen sind für die jeweilige Anmeldung wirklich relevant? Benötigt ein E-Mail-Anbieter z.B. die Information des privaten Wohnsitzes?
Das "entscheidende Datum" ist meist das eigene Geburtsdatum: Nur in offiziellen Dokumenten angeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Max Mustermanns mit demselben Geburtsdatum gibt ist nicht so hoch wie die Wahrscheinlichkeit mehrerer Max Mustermanns in derselben Stadt. Wichtige Daten nur dann herausgeben, wenn wirklich notwendig! Im Zweifel persönliche Daten verändern.
Tipp:
Leichte Dreher in den eigenen Daten, einzelne Buchstaben auslassen oder ergänzen. Damit lassen sich Daten nicht mehr so leicht miteinander verknüpfen.
Veränderter Namen wie z.B. 'Max Musterman' oder veränderte Adresse
Verändertes Geburtsdatum, z.B. der besten Freundin oder des besten Freundes
2. Alternative Browser, Ad Blocker, Anti Tracking Tools verwenden
Kostenlose Dienste finanzieren sich meist durch die Sammlung und Weitergabe von Daten.
Eine Webseite, die sich über Werbung finanziert, schickt Daten an alle dort werbeschaltenden Unternehmen weiter. Identisches Prinzip bei kommerziellen Browsern wie "Google Chrome".
Tipp:
Browser "Firefox": von einer NGO getragen, Open Source und nicht kommerziell
Passwort auf unverschlüsselter Seite, also http:// ohne "s" kann theoretisch von Dritten mitgelesen werden. Internetaktivität kann demnach leicht überwacht werden. Problematisch vor allem für Seiten auf denen man Passwörter eingibt.
Veraltete Software und Betriebssysteme sind anfälliger für Sicherheitslücken. Die übergroße Mehrheit der Updates sind Sicherheits-Updates.
Tipp:
Die Wahrscheinlichkeit, dass aufgedeckte Sicherheitslücken durch Updates geschlossen werden, ist sehr groß.
5. Keine unnötigen Datenspuren hinterlassen
Smartphone, Tablet oder Laptop nur dann mitnehmen, wenn die Geräte wirklich benötigt werden.
Ohne Smartphone in der Tasche können z.B. keine Bewegungsdaten aufgezeichnet werden.
6. Kameras bekleben
Kameras an Laptops, Smartphones oder Tablets können zur Überwachung der Nutzer missbraucht werden. Selbst Zuckerberg überklebt seine Kamera. Dies sollte Warnung an alle User kamerafähiger Geräte sein.
Tipp:
Kameralinse z.B. mit einem Post-It oder Klebepunkt zukleben.
Mikrofone der Geräte überkleben. (Allerdings ist dabei weniger gut zu verifizieren, ob eine Überklebung wirklich vor dem unerlaubten Abhören schützt.)
7. "Kostenlose" Angebote bezahlen wir mit unseren Daten - lieber geringen Geldbetrag für Datensicherheit aufwenden
Messenger-, Mail- oder Suchmaschinenanbieter vom europäischen Markt sind empfehlenswert, denn sie unterliegen europäischem Datenschutz;
Beachte:
Nicht nur europäische Niederlassung, sondern nur die Ansässigkeit garantiert für tatsächlichen Rechtschutz!
a) Messengerdienste
"Whatsapp" konnte durch Datenschutzverstöße groß werden, beispielsweise durch unerlaubte Telefonbuch-Einsicht der Nutzercommunity. Die Information darüber, wer mit wem wie häufig kommuniziert besitzt höheren Informationsgehalt als die inhaltliche Information, welche verschlüsselt ist. Verschlüsselungen schützen also nicht vor Datenmissbrauch!
Tipp:
"Threema" - keine Werbung, Schweizer Unternehmen, kostet 1,99 € einmalig
"Signal" - von Edward Snowden empfohlen, Open Source, kostenlo
"Wire" - speziell für Videokonferenzen eine Skype Alternative, kostenlos
b) Mailanbieter
Mail-Anbieter, die kostenfrei sind, haben ein Interesse an den User-Daten. Ihr Geschäftsmodell basiert auf der Nutzung der Daten, um zielgerichtete Werbung zu schalten. Es lohnt sich auch bei der Auswahl eines Mail-Anbieters auf Datenschutz zu achten und man sollte bereit sein, einen niedrigen Kostenbeitrag zu zahlen, um die eigenen Daten zu schützen. In Deutschland ist der Anbieter "Posteo" der bekannteste Mail-Anbieter, der seinen Kunden einen datenschutzfreundlichen und werbefreien Service anbietet.
Tipp:
"Posteo" - datenschutzfreundlicher Service, ca. 1,00 € pro Monat
"Mailbox" - datenschutzfreundlich, ca. 1,00 € pro Monat
c) Suchmaschinen
Knapp 93 Prozent der deutschen Internet-User nutzen "Google" als ihre favorisierte Suchmaschine. Dadurch manifestiert sich die Monopolstellung von Google, wobei der Konzern mit den Suchanfragen der User stetig Daten sammelt und kommerziell verwertet. Als Alternativen zu Google empfehlen sich solche Suchmaschinen, deren Server auf europäischem Boden stehen und damit dem europäischen Datenschutzrecht unterliegen. Zudem bieten datenschutzfreundliche Suchmaschinen wie "Startpage" oder "Duckduckgo" bereits heute eine gute Alternative für die Recherche im Netz. Suchmaschinen lernen durch die Anfragen. Weiter verbessern können sich diese Alternativen daher nur, wenn sich die Zahl ihrer Suchanfragen erhöhen.
Tipp:
"Startpage" - bezeichnet sich selbst als "die diskreteste Suchmaschine der Welt" und speichert kein Nutzerprofil. Man muss daher die Suchbegriffe selbst vollständig eingeben.
ein modifizierter Firefox Browser: bietet Zugang zum Darknet. Nutzen auch Journalisten, um in Ländern mit eingeschränkter Meinungsfreiheit nicht in Gefahr zu geraten.
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Darknet-Debatte
Das anonymisierte Surfen im Darknet ist umstritten. In zwei Beiträgen diskutiert "Die Netzdebatte" der bpb einerseits die Gefahren des Darknets durch die Nutzung von Kriminellen und andererseits die Notwendigkeit digitaler Anonymität für eine kritische journalistische Berichterstattung in vielen Staaten. Prof. Dr. Arndt Sinn beschreibt das Darknet als "Paradies für Kriminelle" , während Christian Mihr das Darknet in seinem Debattenbeitrag als "Geschützten Raum gegen Überwachung und Selbstzensur" diskutiert.
9. Das Recht auf Datenauskunft nutzen
Laut Bundesdatenschutzgesetzt hat man das Recht auf Datenauskunft bei Unternehmen.
In vielen Fällen existiert sogar das Recht der Löschung personenbezogener Daten, sofern man dieses bei Unternehmen vorbringt. Insbesondere Werbetreibende sind zur Auskunft darüber verpflichtet, wie sie an Kontaktdaten gelangt sind, wenn sie danach gefragt werden.
Tipp:
Mustervorlagen zur Einforderung von Datenauskünften bzw. Datenlöschung finden sich bei den Verbraucherzentralen der Länder sowie den Datenschutzbeauftragten.
10. Freifunk Communities bilden
Menschen schließen sich zusammen und teilen ihr WLAN. Für die Erstellung eines Freifunk-Netzwerks ist technische Expertise erforderlich. Beitritt zu Freifunk jedoch vergleichsweise einfach; von digitaler Infrastruktur vor Ort abhängig.
Tipp:
Offene, dezentrale Netzwerke auf lokaler Ebene machen in ihrer Vielzahl eine Gesamtüberwachung schwieriger. Infos unter freifunk.net
Alle Tipps von Markus Beckedahl für eine digitale Selbstverteidigung zum Nachverfolgen in der Videoaufzeichnung seines Vortrags vom 25.04.2017...
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