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Kleines 3x3 der MOOCs | MOOCs und E-Learning 2.0 | bpb.de

MOOCs und E-Learning 2.0 Editorial: MOOCs & E-Learning 2.0 Kleines 3x3 der MOOCs In zehn Schritten zum eigenen MOOC WebTalk zum Thema E-Learning & MOOCs: Ihre Fragen an unsere Expertin #eduTalk15 Glossar: E-Learning Glossar: MOOCs Aus der Praxis: MOOCs in Schulen – eine gute Idee?! Fazit: MOOCs und E-Learning 2.0

Kleines 3x3 der MOOCs Drei Fragen. Drei Antworten. Drei Perspektiven.

Redaktion

/ 5 Minuten zu lesen

Die Werkstatt der bpb hat die Dozentin Christina Maria Schollerer, den Medienpädagogen Prof. Karsten Wolf und Hannes Klöpper, den Gründer der Plattform "iversity", zu den Stärken und Schwächen und der zukünftigen Entwicklung von Massive Open Online Courses (MOOCs) befragt.

Videovorlesungen sind nur eines von vielen Tools, die bei MOOCs zum Einsatz kommen können. ( NASA Goddard Space Flight Center/ Flickr/ bearbeitet) Lizenz: cc by/2.0/de

Werkstatt: Welche Vorteile hat das Lehren und Lernen mit MOOCs?

Christina Maria Schollerer: Das Spannendste an MOOCs sind für mich die Produktionsweise, die Wiederholbarkeit, die Option auf Vernetzung und der durch MOOCs vereinfachte Zugang zu Bildung – potenziell weltweit. Den MOOC produziere ich nur einmal. Als Studierender kann ich ihn jedoch beliebig wiederholen, mir schwierige Stellen sogar zehnfach ansehen. Außerdem ermöglicht die Produktionsweise, renommierte Gastdozenten und -dozentinnen aus der ganzen Welt zu Wort kommen zu lassen. Zusätzlich können sich weltweit Menschen mit MOOCs weiterbilden, deren Status oder Wohnort ein Studium unmöglich macht. Die Breite der teilnehmenden Nationalitäten und Ausbildungshintergründe ist in Online-Diskussionen wunderbar bereichernd.

Karsten Wolf: Für Lernende mit einer hohen Selbstlernkompetenz und hoher Motivation stellen MOOCs einen Zugriff auf strukturierte Lehrinhalte dar. Self-paced MOOCs (die im eigenen Tempo durchgearbeitet werden können) sind sozusagen Lehrbücher 2.0, mit denen sich Lernende die angebotenen Themen selbständig erarbeiten können. Vorteile sind der meist kostenfreie Zugriff, das breite Themenangebot sowie teilweise hervorragende Materialien. Für Lehrende bieten MOOCs die Möglichkeit, ihre Lehr- und Lernmaterialien öffentlich zur Verfügung zu stellen.  

Hannes Klöpper: Online-Kurse haben viele Vorteile: Die Kursteilnehmenden können jederzeit, an jedem Ort und nach eigenem Tempo lernen. Dabei sind sie Teil einer großen Gemeinschaft, die ihnen Feedback bietet. Um vertieftes Verständnis zu erreichen, setzen wir auf Kollaboration und praktische Übungen. Dies gibt Lehrenden und Lernenden die Möglichkeit, sich ständig weiterzuentwickeln. Gegenseitiges Feedback ist ein zentrales Element dieser Lehr- und Lernform. Für Lehrende bieten Online-Kurse die Möglichkeit, Lernende auf der ganzen Welt zu erreichen und mit ihnen in Austausch zu treten.

Für welche Lehr- und Lernsettings sind MOOCs nicht geeignet?

Karsten Wolf: Die Skalierungsvorteile von MOOCs kommen bei komplexen Feedbackprozessen nicht zum Tragen: alle MOOC-Anbieter verlangen mittlerweile für unmittelbare Betreuung, insbesondere bei komplexen Kursleistungen (alles, was nicht automatisiert beurteilt werden kann), Gebühren, so dass die ursprüngliche Idee der freien Bildung nicht mehr überall eingehalten werden kann. Ansonsten sind MOOCs wie alle Fernlernangebote so gut wie ihre didaktische und mediale Gestaltung.  

Hannes Klöpper: Einen guten Online-Kurs zu erstellen, erfordert Zeit. Dessen sollten sich Lehrende bewusst sein und die sollten sie sich auch nehmen. Einfach mal die eigene Vorlesung abzufilmen und dann ins Netz zu stellen, ergibt noch lange keinen guten Online-Kurs. Das wäre lediglich eine größere Verbreitung des Frontalunterrichts, so wie es das Telekolleg vorgemacht hat. Ein guter Online-Kurs entsteht dann, wenn der oder die Kursleitende die Teilnehmenden zum Austausch anregt. Die Lehrenden sind eher Moderierende und Anstoßgebende als Dozierende. Die Vielfalt der Teilnehmenden ist dabei zugleich Herausforderung und Chance. Denn dadurch, dass unterschiedlichste Herangehensweisen miteinander in den Wettbewerb treten, lässt sich in der Masse Qualität identifizieren. Dies fördert Ideen zutage, von denen nicht nur alle Kursteilnehmenden, sondern oft auch die Lehrenden profitieren.

Christina Maria Schollerer: Aktuell geraten wir besonders bei Fächern an Grenzen, die persönliche Betreuung und lokale Anwesenheit von Studierenden erfordern. Das heißt: Fächer, die beispielsweise die Nähe zu Maschinen oder besonderer Technik benötigen, welche zu teuer oder komplex sind, als dass sich die Studierenden diese selbst kaufen könnten. Oder medizinische Fächer, welche die Ausbildung an Patienten und Patientinnen zum Kern haben. Per se würde ich aber auf Dauer kein Thema ausschließen. Technische Restriktionen sind überbrückbar. Von der Weiterentwicklung von Virtual-Reality-Brillen und anderen Technologien, die bereits jetzt zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden, um komplexe Lernsettings zu imitieren, werden auch MOOCs profitieren. Ein anderer Punkt sind jedoch die zwischenmenschlichen Faktoren, die für mich einen essenziellen Part des Studiums darstellen. Hier könnten regionale Lerngruppen auf MOOC-Basis helfen.

Wie wird sich das Lehren und Lernen mit MOOCs künftig entwickeln?

Hannes Klöpper: Zukünftig werden unsere Lehrenden sicher noch mehr von den kollaborativen Möglichkeiten Gebrauch machen, die unsere Online-Kurse bieten. Es wird mehr Kleingruppen und Kleingruppenarbeit in MOOCs geben. Wir werden weitere Ansätze erproben, Qualität aus der Vielfalt der Teilnehmenden zu schöpfen, von Essay- bis hin zu Ideenwettbewerben. Außerdem wird es noch mehr Möglichkeiten geben, das Lernmaterial an die individuellen Fähigkeiten der Teilnehmenden anzupassen – durch adaptive Lernpfade, die je nach Vorkenntnis und Interessenlage unterschiedlich sind.

Karsten Wolf: Es wird kommerzielle Anbieter im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung geben, die von Nano-Degrees (Mini-Zertifikaten) bis hin zu ganzen staatlich geprüften Abschlüssen alles gegen Geld anbieten. Alternative MOOC-Formate wie die cMOOCs werden in informellen Lernsettings zukünftig als Interner Link: Bildungs-Mashups auf neuen Plattformen erstarken. Universitäten werden ihre Angebote zunehmend über Open Source Plattformen wie (M)OOC.IP oder edX selbst anbieten und ggf. über kommerzielle Plattformen auch in den Weiterbildungsmarkt vermarkten. MOOCs sind allerdings nur ein kleines Element der „rich landscapes for learning“ in der universitären Lehre, weitere Beispiele sind Interner Link: "academic level geeking out zones" und Interner Link: "intellectual raid instances" (Fischer/Wolf 2015).

Christina Maria Schollerer: Häufig werden MOOCs von Kritikern und Kritikerinnen mit abgefilmten Vorlesungen gleichgesetzt. Für mich sind sie aber sehr viel mehr! Unser MOOC „The Future of Storytelling“ z.B. bestand aus insgesamt acht Stunden Material. Die eigens für den Kurs erstellten Lehrvideos wurden begleitet von Experten-Interviews und Animationen, Quizzen, wöchentlichen Hausaufgaben und Mailverteilern, zusätzlichen Video- und Textmaterialien, einer Facebook-Seite, einem Twitter-Account und einem Diskussionsforum. Social Media, Grafik-Tools, Echtzeit-Streaming per Videokonferenz: Die Optionen, die uns das Netz heute schon (teils kostenlos) bietet, können und sollten wir auch im Bildungssektor nutzen. Doch die Produktion von hochwertigen MOOCs ist nicht billig. Ich gehe daher davon aus, dass es in Zukunft verstärkt zu Kooperationen mit oder gar Auftragsproduktionen von finanzstarken Organisationen und Firmen kommen wird. Dass die Bildung davon profitiert und nicht darunter leidet, sehe ich in unserer Verantwortung als Lehrende.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Über unsere Interviewpartner/-in:

Hannes Klöpper ist Geschäftsführer von Externer Link: iversity, einer deutschen Plattform für Online-Lehrangebote, die er 2011 zusammen mit Jonas Liebmann gegründet hat.

Christina Maria Schollerer ist Akademische Mitarbeiterin im Fachbereich Design an der FH Potsdam. 2013 entwickelte sie einen der ersten und erfolgreichsten MOOCs im deutschsprachigen Raum mit (Titel: Externer Link: The Future of Storytelling).

Prof. Dr. Karsten D. Wolf ist Leiter des Arbeitsbereich Externer Link: Medienpädagogik an der Universität Bremen. Dort forscht er unter anderem zur Mediatisierung des Lernens und Lehrens und der mediendidaktischen Gestaltung multimedialer Lernumgebungen.

Für die Redaktion schreiben: Oliver Baumann, Jördis Dörner, Kirsten Mieves.