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Lehrende im Jahr 2027: Medienkompetente Lernbegleiter in interdisziplinären Teams | SpeedLab: Lehrende der Zukunft | bpb.de

SpeedLab: Lehrende der Zukunft Vom Overhead-Projektor zu digitalen Medien: "Wir müssen bei den Lehramtsstudierenden ein Umdenken erreichen." Kognitive Entwicklung als Voraussetzung für die Nutzung digitaler Medien Lehrende im Jahr 2027: Medienkompetente Lernbegleiter in interdisziplinären Teams "Es geht nicht darum, Digitalisierung um jeden Preis in den Unterricht zu bringen" "Selbstbestimmt, reflektiert und demokratisch in den Lernprozess eingebunden"

Lehrende im Jahr 2027: Medienkompetente Lernbegleiter in interdisziplinären Teams

/ 9 Minuten zu lesen

Wir haben bei unserem "SpeedLab: Lehrende der Zukunft" mit Bildungsakteuren diskutiert und Wünsche, Forderungen und erste Schritte gesammelt, wie der Wandel des Lehrberufs im digitalen Zeitalter gelingen kann.

SpeedLab: Lehrende der Zukunft

Tim Schmalfeldt von der Bundeszentrale für politische Bildung begrüßte die Teilnehmenden des SpeedLabs. Es beschäftigte sich im Rahmen von Inputs und drei parallelen LernLabs mit der Frage nach dem Lehrerberuf in zehn Jahren.

Input Prof. Dr. Julia Knopf, Universität des Saarlandes

Prof. Dr. Julia Knopf, Inhaberin des Lehrstuhls Fachdidaktik Deutsch Primarstufe an der Universität des Saarlandes, eröffnete das SpeedLab mit ihrem Vortrag "Chancen der Digitalisierung: Welche Möglichkeiten eröffnen sich für die Lehrerbildung?". Sie sagt: "Wir müssen bei den Lehramtsstudierenden ein Umdenken erreichen."

Input Ingo Leipner, Co-Autor "Die Lüge der digitalen Bildung"

Ingo Leipner, Diplom-Volkswirt, Journalist und Autor, bei seinem Vortrag "Digitalfreie Oasen in Kitas und Grundschulen". Sein Standpunkt: "Eine Kindheit ohne Computer ist der beste Start ins digitale Zeitalter."

Das SpeedLab digital

Organisatoren und Teilnehmende twitterten zum Hashtag #LdZ17. Wer nicht persönlich anwesend war, konnte die Veranstaltung via Twitter verfolgen. Die beiden einführenden Impulse wurden außerdem im Livestream ins Netz übertragen.

Teilnehmende aus verschiedenen Bildungsbereichen

Acht eingeladene Expertinnen und Experten sowie etwa 50 Teilnehmende tauschten sich beim SpeedLab aus. Mit schulischen und außerschulischen Lehrenden, Medienpädagogen, (Lehramts-)Studierenden, Hochschulvertreterinnen und Teilnehmenden aus Wirtschaft und Institutionen kamen Menschen aus unterschiedlichen Bildungsbereichen zusammen.

Julian Schreiber, Dialog macht Schule

Das SpeedLab moderierte Julian Schreiber von Dialog macht Schule, einem Projekt, das sich mit Dialogmoderatoren an Schulen für die Stärkung der Demokratie bei jungen Menschen einsetzt.

Austausch und Vernetzung

Während der Mittagspause bestand Zeit zum direkten Austausch untereinander und zur Vorbereitung auf die anschließenden LernLabs.

"Aus- und Fortbildung von Lehrenden"

Nico Tobias Wirtz vom John-Lennon-Gymnasium Berlin-Mitte und Björn Bulizek vom Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Duisburg-Essen leiteten das erste LernLab. Kernfragen: Welche Anforderungen an die Lehrenden(-bildung) bringt die Digitalisierung mit sich? Welche Fortbildungsmaßnahmen sind nötig, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden?

"Kompetenzen von Lernenden und Lehrinhalte"

Das LernLab leiteten Mira Thomsen, Lehrerin und Digital-Beauftragte an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, und ihr Schüler Anton Oberländer, engagiert in der AG Digital. Leitfragen: Was sollen Lernende im Jahr 2027 lernen? Welche Kompetenzen und Fähigkeiten benötigen sie künftig? Und welche Rolle spielen Tools, Apps und Lernanwendungen beim Lernen?

"Rollenverschiebungen im Lehrerberuf"

Dieter Holstein von der Oskar-von-Miller-Schule Kassel und Dr. Frederik Ahlgrimm von der Universität Potsdam führten durch das LernLab zum Rollenverständnis von Lehrenden in zehn Jahren. Kernfragen: Welche Rollenverschiebungen finden sowohl zwischen Lehrenden und Lernenden als auch innerhalb des Kollegiums statt? Wie verändert sich die Rolle der Schulleitung?

Diskussion und Austausch in den LernLabs

In den drei parallelen Kurzworkshops formulierten die Teilnehmenden Thesen, Wünsche und Forderungen sowie erste Schritte, wie mit Blick auf die Digitalisierung ein positiver Wandel des Lehrerberufs gelingen kann.

Abschlussplenum

Abschließend wurden die Ergebnisse der LernLabs im Plenum zusammengetragen. Nico Tobias Wirtz bei der Zusammenfassung der Diskussion im LernLab zur Aus- und Fortbildung von Lehrenden im Jahr 2027.

Erste Schritte und Erfahrungen

Mira Thomsen empfahl anhand ihrer persönlichen Erfahrungen, die eigenen Spuren im Internet zu überprüfen, um zu einer digitalen Souveränität im Internet zu kommen.

Feedback und Ausblick

Die abschließende Diskussionsrunde im Plenum ermöglichte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern weiteren Austausch und abschließende Anmerkungen.

Wie sieht der Lehrerberuf im Jahr 2027 aus? Welche neuen Fähigkeiten brauchen Lehrende künftig, welche bleiben weiterhin wichtig? Wie muss sich die Aus- und Fortbildung von Lehrenden wandeln? Welche Lerninhalte stehen im Zentrum, um welche Themen und Kompetenzen geht es für die Schülerinnen und Schüler? Und welche Rollenverschiebungen finden statt, sowohl im Kollegium als auch zwischen Lehrenden und Lernenden?

Bei unserem Interner Link: SpeedLab: Lehrende der Zukunft am 19. Oktober 2017 in Berlin kamen schulische und außerschulische Lehrende, Hochschulmitarbeiter, Studierende, Aus- und Weiterbildungsanbieterinnen sowie Vertreter aus Bildungspolitik und Wirtschaft zusammen, um zu diesen Fragen ihre Wünsche, Forderungen und Thesen zu sammeln und erste Schritte für die Umsetzung in den individuellen Arbeitsbereichen zu überlegen. Wir haben die zentralen Ergebnisse hier für Sie zusammengetragen.

1. Kompetenzen und Aus-/Fortbildung Lehrender


Bei diesem Punkt dienten folgende Leitfragen als Ausgangspunkt für die Diskussion: Welche Anforderungen an die Lehrenden(-bildung) bringt die Digitalisierung mit sich? Welcher Schritte bedarf es, diesen Anforderungen im Bereich der hochschulischen Bildung und im Vorbereitungsdienst gerecht zu werden? Über welche Kompetenzen müssen Lehrende verfügen, um den Kompetenzerwerb der künftigen Lehrerinnen und Lehrer zu fördern? Welche schulischen und außerschulischen Fortbildungsmaßnahmen sind nötig, um alle Lehrenden entsprechend der veränderten Anforderungen zu berücksichtigen?

These 1: Zentrale Kompetenzen der Lehrenden der Zukunft sind Medienkompetenz, kritisches Denken und Selbstreflexion.

Eine häufige Forderung an den Lehrerberuf der Zukunft ist die verstärkte Medienkompetenz. Im Jahr 2027 ist Medienbildung als Fach in der Lehrerausbildung fest verankert. So vorbereitet, treten die Lehrenden für die Lernenden als Mittler der täglichen Lehr- und Lebenswelt auf. Sie lassen sich im Unterricht auf Augenhöhe auf die Lebenswirklichkeit der Lernenden ein, in deren Alltag digitale Medien eine Selbstverständlichkeit sind. Gleichzeitig bleiben "traditionelle" Fähigkeiten wie kritisches Denken und ständige Selbstreflexion von zentraler Bedeutung, um sich souverän und selbstbestimmt in der digitalen Welt zu bewegen.

These 2: Die Lehrenden der Zukunft sind offen für lebenslanges Lernen.

Der technologische Wandel fordert von den Lehrenden eine große Flexibilität in Bezug auf ihren Kompetenzerwerb. Eine Grundvoraussetzung des Lehrerberufs in der Zukunft ist daher die Bereitschaft, sich permanent weiterzubilden. Im Jahr 2027 findet – bereits in der Ausbildungsphase – ein fächerübergreifendes Denken und Arbeiten statt, da nur interdisziplinäres Lernen dem digitalen Wandel gerecht werden kann. Lebenslanges Lernen als ganzheitlicher Prozess kann darüber hinaus nur gelingen, wenn die Lehrenden der Zukunft eine Grundhaltung von individuellem Engagement, Neugierde, Innovativität und Vernetzungsbereitschaft leben.

These 3: Die Lehrerausbildung im Jahr 2027 ist interdisziplinär und partizipativ.

Die Digitalisierung ist nicht auf ein Fach Informatik beschränkt, sondern durchdringt alle Unterrichtsfächer. Mit neuen Tools und Techniken ermöglicht sie fächerübergreifend neue Lehr- und Lernprozesse: Kooperation und Partizipation treten in den Vordergrund und lösen den Frontalunterricht teilweise ab. In allen Ausbildungsphasen – von der Hochschule über das Referendariat bis hin zum Weiterbildungsbereich – sind im Jahr 2027 Strukturen geschaffen worden, die (angehenden) Lehrenden entsprechende Kompetenzen vermitteln. Stichworte sind: vertikaler Austausch, Peer-To-Peer-Learning, partizipatives und kooperatives Lernen sowie die Integration ausbildungsinterner und -externer Expertinnen und Experten.

Erste Schritte: Alternative Strukturen schaffen

Lehrende formen die Veränderungen aktiv "von unten" mit, indem sie selbst beginnen, alternative Strukturen zu den bestehenden zu schaffen. An den eigenen Bildungseinrichtungen schaffen sie transparente Standards, vernetzten sich und bilden sich mit Peer-To-Peer-Learning gegenseitig fort.


2. Lehrinhalte und Kompetenzen Lernender


Zum Fokus auf die Lernenden gingen die Teilgebenden von folgenden Kernfragen aus: Was sollen Lernende im Jahr 2027 lernen? Welche Kompetenzen und Fähigkeiten benötigen sie künftig? Welche Rolle spielen Tools, Apps und Lernanwendungen beim Lernen? Wie wird bestimmt, was gelernt wird?

These 1: Das Lernen der Zukunft findet gemeinsam, selbstbestimmt und selbständig statt.

Angesichts der Veränderungen, die die Digitalisierung in Bezug auf neue Lehr- und Lernmöglichkeiten bringt, ist Frontalunterricht mit Lehrenden in der Rolle der alleinigen Wissensträger nicht mehr zeitgemäß. Lernen findet in 2027 verstärkt kooperativ in der Gruppe und auf Augenhöhe mit den Lehrenden statt. Lehrende sind selbst permanent Lernende. Schülerinnen und Schüler lernen selbstbestimmt, selbständig und interdisziplinär, und bringen selbst ein, was sie interessiert.

These 2: Zentrale Kompetenzen künftiger Lernender im emotionalen Bereich sind Kritikfähigkeit, Urteilsvermögen und mehrdimensionales Denken.

Um sich selbstbestimmt in der digitalen Welt zu bewegen, bleibt eine grundlegende Fähigkeit von Schülerinnen und Schülern kritisches Denken. Sie werden dazu befähigt, sicher mit Quellen umzugehen und sich eigene Urteile zu bilden. In Zeiten von Fake News, Bots und Hate Speech entwickeln sie Techniken, die tägliche Fülle von Informationen aus dem Internet zu analysieren, zu bewerten und einzuordnen. Sie lernen Inszenierungen im Netz einzuschätzen und sich der digitalen Filterblase bewusst zu sein, in der sie leben. Sie werden in die Lage versetzt, verantwortungsbewusst mit eigenen Veröffentlichungen und Identitäten im Netz umzugehen und diese mit Blick auf die verschiedenen Dimensionen privates/öffentliches/berufliches Leben bzw. digitaler und analoger Raum zu steuern.

These 3: Lernende der Zukunft wissen, wie ein Computer funktioniert und verstehen das Bauprinzip von Algorithmen.

Auch die Vermittlung technischer Skills ist Grundlage für Selbstbestimmtheit in der digitalen Welt. Nicht jeder muss programmieren können – erst wer jedoch weiß, wie Computer und Algorithmen funktionieren, kann ein grundsätzliches Verständnis für Prozesse und Mechanismen im Netz und deren Auswirkungen auf die eigene Person entwickeln. Erst wer dazu in der Lage ist zu hinterfragen, wie Handlungsentscheidungen durch Algorithmen ausgewählt und gesteuert werden, kann eigene Handlungsstrategien entwickeln und souverän mit den persönlichen Daten umgehen.

Erste Schritte: Bewusstsein schaffen

Jeder kann in Schule und Alltag dazu beitragen, bei sich und bei anderen ein Bewusstsein für die Verantwortung zu schaffen, die wir für unser Agieren in der digitalen Welt tragen. Dazu gehört unter anderem der aufgeklärte Umgang mit Quellen im Netz oder die kritische Prüfung genutzter Tools, Apps und Anwendungen mit Blick auf Datensicherheit. Mit dem englischsprachigen Angebot Externer Link: 8-Day-Data-Detox-Kit des Projekts Me And My Shadow der Non-Profit-Organisation Tactial Technology Collective beispielsweise kann jeder die eigenen Spuren im Netz untersuchen und dabei die eigene Haltung zu digitaler Souveränität trainieren, empfiehlt Mira Thomsen, Lehrerin an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum und LernLab-Leiterin bei unserem SpeedLab.


3. Rollenverschiebungen im Lehrerberuf


Zum Rollenverständnis Lehrender im Jahr 2027 waren folgende Leitfragen Ausgangspunkt der Diskussion: Welche Rollenverschiebungen zwischen Lehrenden und Lernenden finden im Unterricht statt? Was wird digital stattfinden, was analog? Wie verändert sich die Rolle von Lehrenden innerhalb des Kollegiums? Wie verändert sich die Rolle der Schulleitung in diesem Prozess?

These 1: Die Lehrenden der Zukunft sind Lernbegleiter mit persönlicher Präsenz im Klassenraum.

Heute schon verstehen sich Lehrende teilweise nicht mehr als alleinige Wissensträgerinnen und -träger, sondern mehr und mehr als Lernbegleiter und Beraterinnen der Lernenden. Digitale Methoden wie Flipped-Classroom-Konzepte werden verstärkt eingesetzt, sie werden den "traditionellen" Unterricht und die Person der Lehrenden aber nicht komplett ersetzen. Im Jahr 2027 werden digitale Lehr- und Lernkonzepte ergänzend und unterstützend eingesetzt. Lehrende bleiben eine persönliche Instanz im Klassenraum, da die zwischenmenschliche Interaktion mit den Lernenden eine wichtige Grundlage für das gemeinsame Lehren und Lernen ist. Methodisch ist in zehn Jahren nicht alles digital – sowohl analoge Bücher und Inputs von Lehrenden haben ihre Berechtigung, als auch digitale Tools und Technik wie Lernstandanalysen oder digitale Arbeitsblätter.

These 2: Lehrende arbeiten in interdisziplinären Teams zusammen und nutzen digitale Kommunikationstechniken.

Im Jahr 2027 hat sich das verbreitete Einzelkämpfertum von Lehrenden mehr und mehr aufgelöst zugunsten eines Arbeitens in interdisziplinären Teams über Fächer- und Professionsgrenzen hinweg. Es hat eine Entwicklung vom fächerbasierten hin zum projektorientierten Unterricht stattgefunden, bei dem Lehrende in multiprofessionellen Teams kooperieren. Diese arbeiten selbständig und autonom und öffnen sich wo es sinnvoll ist auch für externe Expertise. Digitale Tools vereinfachen die Kommunikation untereinander im Kollegium, machen sie transparenter und effektiver.

These 3: Die Schulleitung ist Dirigent in einem kooperativen Orchester der Lehrenden.

Top-Down-Hierarchien in Bildungseinrichtungen haben sich in zehn Jahren zugunsten eines kooperativen Modells mit dem Lehrerkollegium geöffnet: Schulleitungen verstehen sich weniger als bestimmende Führungsspitze, sondern mehr als Dirigenten eines großen kooperativen Orchesters. Dabei gewähren sie dem Kollegium genügend Freiräume, um autonom eigene Ansätze zu entwickeln. Schulleitungen sind in 2027 Richtungsgebende mit Vorbildfunktion, die mit dem vorausgehen, was von Lehrenden erwartet wird. Sie sind Personal- und Organisationsentwickler und schaffen die Strukturen für eine transparente digitale Kommunikation untereinander.

Erste Schritte: Teamentwicklung und Vernetzung

Die Digitalisierung ist im Veränderungsprozess von Bildungseinrichtungen nur eine Ebene von vielen. Der Fokus sollte sich ausweiten auf die Frage, was die Institutionen in der Zukunft insgesamt brauchen. Ein zentraler Punkt ist die Teamentwicklung und die Vernetzung der Lehrenden untereinander, um alte Strukturen und Grenzen aufzubrechen und ein Bildungssystem für zeitgemäßes Lehren und Lernen zu schaffen. Lehrende sollten sich an ihren Bildungseinrichtungen für mehr Autonomie einsetzen, um in Bottom-Up-Prozessen eigene Dinge zu entwickeln, beispielsweise bei der Lehrerfortbildung und bei der Etablierung digitaler Kanäle für die Kommunikation untereinander.