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Wie Fernunterricht die Unterrichtsmethoden verändert | Corona und die neue Lernwelt | bpb.de

Corona und die neue Lernwelt Krisen als Reformtreiber des Schulsystems Der Einfluss der Pandemie auf die deutsche Hochschullehre – zwei Perspektiven Gerechte Bildungschancen in der Krise? Beziehungen gestalten und aufrechterhalten – eine wichtige Kompetenz in der Pandemie Die Auswirkungen von Corona auf das Berufsbild angehender Lehrerinnen und Lehrer Cybermobbing in der Corona-Pandemie – Präventions-Tipps für Lehrende Welche Rolle spielen Bildungsvideos der öffentlich-rechtlichen Medien in der Corona-Pandemie? Mentale Gesundheit von Lehrkräften in der Pandemie So beeinflusst der Distanzunterricht das Stressempfinden von Schülerinnen und Schülern 2x3x3 Eltern-Lehrenden-Kommunikation in Zeiten des Distanzunterrichts Wie das Fernlernen den Alltag von Schülerinnen und Schülern beeinflusst Wie Fernunterricht die Unterrichtsmethoden verändert Für eine politische Bildung, die Digitalisierung integriert Kleines 3x3: Systemadmins Digitaler Unterricht – was hat sich für Lehrende durch Corona verändert? Benachteiligung in Zeiten des Fernunterrichts Neun Tipps und Erkenntnisse für den digitalen Unterricht

Wie Fernunterricht die Unterrichtsmethoden verändert

Leonie Meyer

/ 4 Minuten zu lesen

Seit Mitte Dezember sind die Schulen zum zweiten Mal wegen der Pandemie geschlossen. Es heißt nun: zurück zum Fernunterricht, zurück zum rein digitalen Unterricht. Wir wollten von Lehrenden aus ganz Deutschland wissen: Welche Erfahrungswerte aus der letzten Schulschließung kommen jetzt zum Einsatz?

Julia Hastädt, 27 Jahre, Sozialkunde/ Geschichte/ Berufliche Orientierung, Lehrerin und Medienbeauftragte, Mecklenburg-Vorpommern

Julia Hastädt (© privat)

"Während der Fokus zunächst auf der Wissensvermittlung lag, geht es nun viel mehr um die Beziehungsförderung, denn die psychischen Folgen dieser Krise belasten stärker als versäumte Inhalte der Curricula. Deshalb setze ich in Videokonferenzen noch stärker auf Interaktion und Gruppenaustausch in Breakout-Rooms . Zusätzlich biete ich meinen Schülerinnen und Schülern an, jeden Schultag gemeinsam per Videokonferenz zu beginnen und zu beenden, um sich über Anliegen, das Wetter, Fitnesstrends u.v.m. auszutauschen."

Christian Wettke, 36 Jahre, Spanisch/ Sport, Baden-Württemberg

Christian Wettke (© privat)

"Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, meine Schülerinnen und Schüler nicht nur vor Aufgaben, sondern auch vor kreative Herausforderungen zu stellen, um sie so ein wenig aus Ihrem Trott herauszuholen. Neben dem „Ansprechbar- und Da-Sein“ ist das, so glaube ich, das Wichtigste in einer herausfordernden Zeit wie dieser."

Bahar Aslan, 35 Jahre, Englisch/Sozialwissenschaften, Hauptschule, NRW

Bahar Aslan (© privat)

"Der Distanzunterricht mag bei Kindern und Jugendlichen, die aus gut situierten und bildungsnahen Familien kommen, funktionieren, dies trifft jedoch auf meine Schülerinnen und Schüler nicht zu. Vor allem im Hinblick auf die aktuell viel zitierte Bildungsgerechtigkeit, empfinde ich diesen Zustand als sehr belastend. Zum Wohle meiner Schülerinnen und Schüler versuche ich den Ressourcenmangel zu kompensieren, stoße hierbei jedoch immer wieder an meine Grenzen. Daher sollte es in der Debatte über Digitalisierung an Schulen, grundsätzlich ein stärkeres Problembewusstsein für die Schieflagen in unserem Bildungssystem geben."

Lars Zumbansen, 43 Jahre, didaktischer Leiter am Gymnasium Harsewinkel, NRW

Lars Zumbansen (© privat)

"Gelingender Distanzunterricht zeichnet sich für mich vor allem durch eine gute Rhythmisierung aus, die Einseitigkeit (Materialpakete vs. Dauer-Videokonferenz) vermeidet. Dabei gilt es, Prinzipien des Interner Link: Blended Learning zu berücksichtigen und asynchrone Phasen selbstorganisierten Lernens mit synchronen Phasen abzuwechseln, die gemeinsame Resonanzräume für Peer-review und Diskussion ermöglichen."

Birte Kampmann, 33 Jahre, Latein/Deutsch, Gymnasium, Berlin

Birte Kampmann (© privat)

"Die Herausforderung für Lehrerinnen und Lehrer in Zeiten von Schulschließungen besteht in der Koordination verschiedener Bereiche: der fachlich-inhaltlichen Vermittlung des Lernstoffes, der Übernahme pädagogischer Verantwortung durch regelmäßigen Kontakt und individuelles Feedback, der Ein- und Durchführung digitaler Lernarrangements, der Dokumentation und Verwaltung von Anwesenheit und Lernergebnissen sowie zum Teil der Bereitstellung einer IT-Infrastruktur als technische Basis für Bildung im Kontext von Digitalität. Hier werden aber auch Potenziale sichtbar: Lehrende könnten sich zukünftig überfachlich vernetzen und digitale Lernszenarien dauerhaft Eingang in den Unterrichtsalltag finden."

Markus Christoph, 40 Jahre, Mathe/ Geschichte/ Politik/ u.v.m., Koordinator für digitale Medien und Tablet-Klassen, Niedersachsen

Markus Christoph (© privat)

"Ich fand es äußerst schwierig, ALLE Unterrichtsfächer digital vor- und nachzubereiten. Daher habe ich mir ein, zwei Schwerpunktfächer gesucht und diese digital-didaktisch stärker in den Fokus gerückt. Außerdem habe ich mich in das Drehen von Lernvideos eingearbeitet, was zwar viel Vorbereitungszeit kostet, aber auch unabhängig von Corona ein gutes digitales Medium ist, um den Unterricht zu differenzieren."

Hilal Ebcin, 35 Jahre, Geschichte/ Sozialwissenschaften/ DaZ (Deutsch als Zweitsprache)/ Philosophie, Realschule, NRW

Hilal Ebcin (© privat)

"Wir sind nach dem ersten Lockdown sicherer im Umgang mit digitalem Unterricht geworden: Es wird darauf geachtet, dass Schülerinnen und Schüler nicht mit Hausaufgaben überhäuft werden und wir Lehrkräfte sind über Videokonferenztools organisierter, strukturierter und besser miteinander vernetzt als zuvor. Auch die Schülerinnen und Schüler können wir jetzt über ihre eigenen Videokonferenz-Accounts ganz einfach erreichen."

Björn Nölte, 48 Jahre, Deutsch/ Geschichte/ Politik, Berlin

Björn Nölte (© Frank Woelffing)

"Meine Erfahrung aus der Pandemie zeigt, dass wir anhand der Leistung nicht vorhersehen können, welche Schülerinnen und Schüler welche Unterstützung benötigen. Unauffällige Schülerinnen und Schüler können in der digitalen Freiheit auch aufblühen, die leistungsstarken dagegen benötigen manchmal mehr Zuwendung oder Struktur, als wir denken. Also: Beziehungen stärken, individuelle Bedürfnisse ermitteln!"

Steffen Jauch, 37 Jahre, Geschichte/ Politik/ Technik/ Informatik, Niedersachsen

Steffen Jauch (© privat)

"Unser langjähriges Engagement der internen Fort- und Weiterbildung des Kollegiums zu Themen der digitalen Didaktik, Methodik und Medienpädagogik gab uns in der ersten Schulschließung die nötige Sicherheit, um uns auf die Beziehungsarbeit mit den Lernenden zu konzentrieren und strukturierte Schultage online abwechslungsreich zu gestalten. Diese Sicherheit gibt sowohl den Lehrenden als auch den Schülerinnen und Schülern die nötige Resilienz mit, diese unsichere Pandemiezeit bestmöglich zu überstehen. Sie können so die Veränderungen durch eine digitalisierte Lebenswelt mit einer motivierenden Aufbruchstimmung in die Schulentwicklung einer Post-Pandemiezeit mitnehmen."

Elke Noah, 56 Jahre, Stellvertretende Schulleiterin, Sachsen-Anhalt

Elke Noah (© privat)

"Im Distanzunterricht ist es wichtiger denn je, eine enge, ehrlich interessierte und herzliche Kommunikation zu pflegen. Nur mit Empathie und Rücksicht auf die sehr unterschiedlichen Bedingungen aller kann es trotz Entfernung gelingen, dass die Schulgemeinschaft näher zusammenrückt."

Tobias Schreiner, 41 Jahre, Deutsch/ Ev. Religion/ IT, Schulleiter, Bayern

Tobias Schreiner (© privat)

"Lernen ist ein sozialer Prozess, der auf Basis gelingender Kommunikation und vertrauensvoller Beziehungen stattfindet. Wir haben deshalb bei der Auswahl der Tools wie auch beim Konzept für den Distanzunterricht den Beziehungsaspekt in den Fokus gestellt. Das hat sich auch aktuell im Winter-Lockdown bewährt und zukünftig wollen wir daran arbeiten, diese Erfahrungen auf den Präsenzunterricht zu übertragen, um auch dort digitale Werkzeuge für Zusammenarbeit und gemeinsame kreative Prozesse noch mehr zu nutzen."

Leonie Meyer ist Redakteurin für werkstatt.bpb.de. Daneben studierte sie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Master Politikwissenschaft. Ihr thematischer Schwerpunkt liegt auf den Wechselwirkungen von Sozialen Netzwerken und Politik bzw. politisch-historischer Bildung.